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Inkasso der Abschleppfirmen für das Land NRW rechtmäßig?

Nein!!

(bei Behinderung des öffentlichen Verkehrsraums bzw. Behinderung von Dritten)


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

Az.: 20 U 16/99

Verkündet am 9. November 1999

 Vorinstanz: LG Duisburg – Az.:94 Q 199/97


In dem Rechtsstreit hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 1999 für R e c h t erkannt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlußurteil der 44. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 19. Januar 1999 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Ansprüche hoheitlicher Dritter im – eigenen oder fremden Namen gegen Eigentümer, Halter oder Fahrer von Kraftfahrzeugen geltend zu machen, die darauf beruhen, daß die Beklagte diese Kraftfahrzeuge im Auftrage des hoheitlichen Dritten abschleppt, weil sie ohne Erlaubnis des Grundstückseigentümers auf Privatgrundstücken behindernd oder aber im öffentlichen Straßenverkehrsraum behindernd abgestellt sind.

3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Einzelfall, insgesamt bis zu zwei Jahren angedroht.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d:

Die Beklagte betreibt ein Abschleppgeschäft, das nach ihrem Vortrag seinen Schwerpunkt in der Durchführung von Abschlepp­aufträgen des Ordnungsamtes der Stadt  der Autobahnpolizei Bezirksdirektion D und der Kreispolizeibe­hörde D hat. Für die Zusammenarbeit mit der Kreispoli­zeibehörde und der Autobahnpolizei gilt der Vertrag mit dem Land N  6. Dezember 1996 (7-14 GA). § 5 Abs. 1 dieses Vertrages lautet: „(1) Die Vertragsfirma ist auf Verlangen der Polizei verpflichtet, von dem Berechtigten die Bezahlung der Kosten zu verlangen und entgegenzunehmen. Ist der Berechtigte nicht bereit, die Kosten vor der Übernahme des Fahrzeuges zu zahlen, so entscheidet die Polizei über die Herausgabe des Fahrzeuges. Wird das Fahrzeug im Einvernehmen mit der Polizei herausgegeben, so rechnet sie mit der Vertragsfirma ab.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zu den Akten gereichten Vertrag verwiesen.

Der Kläger, ein in D tätiger Rechtsanwalt, nimmt die Beklagte auf Unterlassung insbesondere der im Vertrag beschriebenen Inkassotätigkeit in Anspruch, weil er darin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz sieht. Anlaß für sein gerichtliches Vorgehen war ein Vorfall vom 16. Juni 1997, bei dem die Beklagte im Auftrag der Betreiberin der LM-Filiale in D das Auto einer Mandantin des Klägers abgeschleppt hatte.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Einzelfall, insgesamt bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ansprüche Dritter im eigenen oder fremden Namen gegen Eigentümer bzw. Halter oder Fahrer von Kraftfahrzeugen geltend zu machen, die darauf beruhen, daß die Beklagte diese im Auftrag eines Dritten abschleppt, weil sie ohne Erlaubnis des Grundstückseigentümers bzw. auf Privatgrundstücken behindernd oder aber im öffentlichen Straßenverkehrsraum behindernd abgestellt .sind.

Nachdem der Kläger in dem vorausgehenden Verfügungsverfahren 20 U 34/98 ein entsprechendes Verbot gegen die Beklagte erwirkt hatte (Urt. v. 21. Juli 1998, 57-69 GA), hat die Beklagte das Klagebegehren insoweit anerkannt, als es sich darauf bezieht, daß die Beklagte es zu unterlassen hat, Ansprüche auf Kostenersatz privater Dritter im eigenen oder fremden Namen gegen Eigentümer bzw. Halter oder Fahrer von Kraftfahrzeugen geltend zu machen, die darauf beruhen, daß die Beklagte diese im Auftrag Privater abschleppt. Im übrigen hat die Beklagte weiterhin Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat daraufhin ein Teilanerkenntnisurteil erlassen und im übrigen die Klage abgewiesen. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt, daß die Beteiligung eines Privaten an der Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben nicht unter den Begriff der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten falle.

Dagegen, wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er wiederholt und vertieft seine Rechtsansicht, die Beklagte werde bei dem Forderungseinzug zivilrechtlich tätig. Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Landgerichts fehle es ihr auch nicht an der erforderlichen Selbständigkeit.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie meint – wie das Landgericht -, auch wenn der Vertrag zwischen der Beklagten und dem Land N privatrechtlicher Natur sei, werde sie gegenüber Dritten öffentlich-rechtlich tätig. Auch fehle es an der notwendigen Selbständigkeit, weil sie nur Weisungen der Behörden ausführe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen. Die Akten des Verfügungsverfahrens 44 O 103/97 LG D Gegenstand der mündlichen Verhandlung lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger kann gemäß § 1 UWG in Verbindung mit dem Rechtsberatungsgesetz von der Beklagten verlangen, daß sie den Forderungseinzug auch insoweit unterläßt, als sie die Fahrzeuge nicht im Auftrage Privater abgeschleppt hat. Die Verletzungs- handlung der Beklagten, die Inhalt und Reichweite des Unterlassungsanspruchs bestimmt (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. S, Rdnr. 5; Pastor/Ahrens/ Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeß).

Aus diesem Grund hat sie den Prozeß fortgesetzt, nachdem sie den Unterlassungsanspruch des Klägers hinsichtlich von Abschleppaufträgen Privater anerkannt hatte.

Zur Begründetheit des Unterlassungsanspruchs wird zunächst auf das den Parteien bekannte Urteil vom 21. Juli 1998 im Verfügungsverfahren Bezug genommen (57 ff. GA). Das Landgericht ist dem nicht gefolgt, weil es der Auffassung war, daß die Beteiligung eines Privaten an der Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben nicht unter den Begriff der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten falle (im Anschluß an OLG Stuttgart NJW-RR 88, 678). Hierzu hat der Senat schon in seinem früheren Urteil ausgeführt (Seite 10 = 66 GA), für Art. 1 § 1 RBerG mache es keinen Unterschied, ob die einzuziehenden Forderungen einem Privatmann oder einer öffentlichen Stelle wie der Kreispolizeibehörde zustünden (so auch KG NJW-RR 95, 1268 gegen OLG Stuttgart a.a.O.; offengelassen in demselben Fall von BGH NJW 99, 497). Die Frage bedarf aber vorliegend nicht einmal einer Entscheidung. Sowohl das Landgericht als auch die Parteien sind übereinstimmend und zutreffend der Ansicht, daß der Vertrag der Beklagten mit dem Land N vom 6. Dezember 1996 zivilrechtlicher Natur ist. Für die darauf gestützte Inkassotätigkeit der Beklagten kann dann aber nichts anderes gelten (vgl. BGH NJW 95, 3122, 3123).

Das Vorbringen der Berufungserwiderung, die öffentliche Verwaltung bedürfe nicht der Hilfe von Rechtsanwälten, weil sie ihre Forderungen durch Leistungsbescheide selbst beitreibe, ist außerdem genauso abstrakt und unerheblich wie das entsprechende frühere Vorbringen der Beklagten im Verfügungsverfahren (vgl. Seite 10 f. des früheren Urteils, 66 f. GA). Es ist nämlich nichts dafür vorgetragen, daß die Behörden, mit denen die Beklagte zusammenarbeitet, tatsächlich Leistungsbescheide erlassen würden, die dann von der Beklagten als Verwaltungshelfer den Schuldnern (Besitzern der abgeschleppten Fahrzeuge) übergeben würden. Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung noch einmal festgestellt hat, ist es keineswegs so, daß bei der Beklagten entsprechende Leistungsbescheide gewissermaßen in der Schublade lägen, durch die den Schuldnern die Zahlung an die jeweilige Behörde aufgegeben würde. Vielmehr erteilt die Beklagte über ihre Leistungen den Schuldnern selbst eine Rechnung, obwohl diese der Beklagten unmittelbar gar nichts schulden (vgl. früheres Urteil Seite 12 = 69 GA). Nur das daneben angefallene Bußgeld und die Verwaltungsgebühr werden .von der Stadt D separat erhaben, wie der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vor allem mit der Anlage B 1 unwidersprochen vorgetragen hat.

Die Beklagte zieht also die ihr im Innenverhältnis zur Behörde zustehenden Entgelte selbständig und ohne Beteiligung der Behörde von den Schuldnern ein, wie das auch in § 4 des Vertrages vom 6. Dezember 1996 vorausgesetzt ist. Zwar enthält die Bestimmung eine Tabelle der zulässigen Entgelte, diese werden aber gegenüber den Schuldnern nicht durch Leistungsbescheid der Behörde festgesetzt, sondern es ist die Beklagte selbst, die die Tabellenwerte durch private Rechnung an die Schuldner umsetzt.

Damit erledigt sich gleichzeitig das zusätzliche Argument des angefochtenen Urteils, es fehle an dem Merkmal der Selbstän­digkeit im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes (vgl. im übrigen früheres Urteil Seite 9 f. = 65 f. GA). Aber auch als Ange­stellte im Sinne des Art. 1 6 Abs. 1 RBerG kann die Beklagte aus diesen Gründen nicht angesehen werden. Der Begriff des Angestellten im Sinne dieser Bestimmung setzt jedenfalls voraus, daß der Beklagten eine eigenverantwortliche Letztentscheidung verwehrt wäre (BGH NJW 99, 497, 498). Das ist hier gerade nicht der Fall. Die Beklagte erbringt keineswegs nur Leistungen, die lediglich der Vorbereitung der von der Stadtverwaltung oder der Polizei in eigener Verantwortung zu treffenden Entscheidung dienen sollen (vgl. BGH a.a.O.). Jedenfalls über die Kosten, die nach der unstreitigen Abwicklung gemäß Anl. B 1 von der Beklagten selbst berechnet und kassiert werden, trifft die Auftragsbehörde selbst gar keine Entscheidung mehr, insbesondere erläßt sie keinen Leistungsbescheid. Hierzu hatte der Kläger schon in erster Instanz vorgetragen, es gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei; wenn 5 Abs. 1 des Vertrages so verstanden werde, daß die Beklagte jeweils im Einzelfall stets auch nur eine Anweisung der Polizei erhalte.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Beschwer der Beklagten: Unter 60.000 DM.

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