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Arbeitszimmer – nur über separaten Eingang zu erreichen

BUNDESFINANZHOF

Az.: VI R 164/00

Urteil vom 13.11.2002

Vorinstanz: FG Düsseldorf – Urteil vom 29.02.2000 – Az.: 9 K 8828/98 E


Leitsätze:

Ein Arbeitszimmer kann auch dann „häuslich“ i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG sein, wenn es sich in einem Anbau zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen befindet und nur über einen separaten Eingang vom straßenabgewandten Garten aus betreten werden kann.


Gründe

I.

Streitig ist, ob ein Arbeitszimmer, das sich in einem Anbau zum Wohnhaus der Steuerpflichtigen befindet und nur über einen separaten Eingang vom straßenabgewandten Garten aus betreten werden kann, unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) fällt.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden für das Streitjahr (1996) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bewohnen ein Einfamilienhaus, das über eine Wohnfläche von insgesamt 233 qm verfügt. In einem Anbau befindet sich ein weiterer Raum von 89 qm. Der Anbau verfügt über einen eigenen Eingang vom Garten des Wohnhauses aus; einen Durchgang zwischen Wohnhaus und Anbau gibt es nicht. Der Garten ist von der Straße aus nicht zugänglich; er kann nur von der Küche und vom Esszimmer des Wohnhauses aus oder durch die Garage betreten werden.

Der Kläger nutzte den im Anbau gelegenen Raum als Arbeitszimmer. Mit der Einkommensteuererklärung 1996 machte er hierfür Aufwendungen in Höhe von 13 477 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die Aufwendungen lediglich in Höhe von 2 400 DM. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg. Den Einwand der Kläger, das Arbeitszimmer liege außerhalb der Wohnräume und sei daher kein „häusliches“ Arbeitszimmer, wies das FA mit der Begründung zurück, der Anbau bilde zusammen mit dem Wohnhaus eine bauliche Einheit und falle dementsprechend unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG.

Das Finanzgericht (FG) schloss sich dieser Auffassung an. Es stellte fest, dass die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers durch den Kläger zwar mehr als 50 v.H. seiner gesamten beruflichen Tätigkeit betrug, das Arbeitszimmer aber nicht den Mittelpunkt dieser Tätigkeit bildete.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG. Sie tragen vor, der Bürotrakt im Anbau des Wohnhauses sei ein außerhäusliches Arbeitszimmer. Die Wohnfläche des Einfamilienhauses von insgesamt 233 qm sei für die privaten Wohnzwecke mehr als ausreichend. Im Zeitpunkt des Erwerbs des Hauses sei die Existenz eines separaten Bürotrakts für die Kaufentscheidung ausschlaggebend gewesen. Der Kläger empfange dort in erheblichem Umfang auch Kunden- und Geschäftsbesuche. Es sei ihm daher insbesondere um eine strikte Trennung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und der beruflichen Betätigung gegangen. Sowohl das Wohnhaus als auch der Bürotrakt seien durch getrennte Eingangstüren zu betreten und nicht durch eine Tür oder durch einen sonstigen Durchgang unmittelbar verbunden. Es handele sich um getrennte Gebäudeteile, die über getrennte Briefkästen und Klingelanlagen verfügten. Ebenfalls verfüge der Bürotrakt über einen Sanitärraum und eine Kaffeeküche.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2001 hat das FA den angefochtenen Bescheid aus anderen Gründen geändert und die Einkommensteuer 1996 heraufgesetzt. Der Bescheid wurde den ursprünglichen Prozessbevollmächtigten der Kläger übersandt. Mit Schreiben vom 1. Juni 2001 an das FA haben diese den Bescheid zurückgesandt. Sie hätten bereits mit Schreiben vom 29. März 2001, das ausweislich eines Schreibens des FA vom 27. April 2001 dort auch eingegangen sei, das steuerliche Zustellungs- und Vertretungsmandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Das FA macht demgegenüber geltend, laut telefonischer Auskunft der Geschäftsstelle des VI. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Mai 2001 hätten die ursprünglichen Prozessbevollmächtigten der Kläger dem BFH gegenüber die Niederlegung des Mandats nicht mitgeteilt. Die Bekanntgabe des Änderungsbescheids an die ursprünglichen Prozessbevollmächtigten sei deshalb zulässig gewesen.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2001 haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger vorgetragen, sie hätten mit Schreiben vom 21. Juni 2001 beim FA beantragt, die Nichtigkeit des ihnen zwischenzeitlich übersandten Einkommensteuerbescheids 1996 mangels wirksamer Bekanntgabe festzustellen. Mit Schreiben vom 24. Juli 2001 hätten sie ergänzend beantragt, das Schreiben vom 1. Juni 2001 hilfsweise als Einspruch auszulegen, ersatzweise als Antrag auf Änderung. Eine ggf. notwendige Begründung werde nachgereicht.

Mit weiterem Schreiben vom 25. Februar 2002 haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten dem BFH eine Vollmacht der Kläger übersandt mit der Bitte, sie nunmehr als Prozessbevollmächtigte zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1996 vom 18. Mai 2001 bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere 11 076 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FA tritt der Revision entgegen.

II.

Die Revision der Kläger hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Zwar ist das vorinstanzliche Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben (1.). Das FG hat aber zutreffend entschieden, dass der in dem Anbau zum Wohnhaus der Kläger gelegene Arbeitsraum ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG ist (2.).

1. Das vorinstanzliche Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.

a) Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war noch der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 5. September 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 1998. Während des Revisionsverfahrens ist an dessen Stelle der nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Bescheid vom 18. Mai 2001 getreten. Dieser Bescheid ist gegenüber der früheren Steuerfestsetzung ein neuer Verwaltungsakt, der den Regelungsgehalt des vorangegangenen Bescheides in sich aufgenommen und ihn zugleich der Höhe nach verändert hat (BFH-Beschluss vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Damit ist das vorinstanzliche Urteil, das noch auf der Grundlage des Bescheids vom 5. September 1997 ergangen ist, gegenstandslos geworden (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 VI R 85/00, BFH/NV 2001, 1291, m.w.N.).

Entgegen der Ansicht der Kläger ist der Bescheid vom 18. Mai 2001 wirksam bekannt gegeben worden (§ 122 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Die Niederlegung des Mandats durch die bisherigen Prozessbevollmächtigten ist erst nach Bekanntgabe dieses Bescheides wirksam geworden. Die einem Bevollmächtigten erteilte Prozessvollmacht ermächtigt diesen nach §§ 62, 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 81 der Zivilprozessordnung (ZPO) insbesondere auch zur Entgegennahme von Bescheiden, die den gerichtlich angefochtenen Verwaltungsakt ändern oder ersetzen (BFH-Urteil vom 5. Mai 1994 VI R 98/93, BFHE 174, 208, BStBl II 1994, 806). Ist die Vollmacht durch Widerruf oder Mandatsniederlegung erloschen, werden diese Rechtshandlungen gegenüber dem BFH erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten wirksam (ständige Rspr., z.B. BFH-Beschluss vom 7. Juli 1999 VI R 203/98, BFH/NV 2000, 59; Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 62 Anm. 18, m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise für das Erlöschen der Vollmacht gegenüber dem Prozessgegner (§§ 62, 155 FGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Alt. 2 ZPO; vgl. Zöller/Vollkommer, Zivilprozeßordnung, 23. Aufl., § 86 Rn. 2).

Dementsprechend war das FA durch das Schreiben vom 29. März 2001, das lediglich eine Mitteilung über die Niederlegung des Mandats enthielt, nicht gehindert, den Änderungsbescheid vom 18. Mai 2001 den ursprünglichen Bevollmächtigten bekannt zu geben. Die Kläger haben weder vorgetragen, dass sie dem FA gegenüber die Bestellung eines neuen Anwalts angezeigt hätten, noch geht dies aus den vorgelegten Schreiben hervor.

Letztlich käme es hierauf aber auch nicht an; denn ungeachtet der Frage, ob die Empfangsvollmacht der bisherigen Bevollmächtigten noch wirksam war, wäre ein Bekanntgabemangel spätestens mit der Übersendung des Bescheides vom 18. Mai 2001 an die jetzigen Bevollmächtigten geheilt worden. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken, der der Regelung des § 9 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zugrunde liegt (BFH-Beschluss vom 27. Juli 2001 II B 9/01, BFH/NV 2002, 8; BFH-Urteil vom 25. Januar 1994 VIII R 45/92, BFHE 173, 213, BStBl II 1994, 603; vgl. hierzu auch Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 9 VwZG Tz. 1).

b) Der Bescheid vom 18. Mai 2001 ist nach § 68 Satz 1 (n.F.) i.V.m. § 121 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden (vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 X R 44/00, BFH/NV 2002, 1409).

aa) Der bisherige Antrag der Kläger, der sich auf den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 5. September 1997 bezog, ist dahin gehend anzupassen, dass die Kläger nunmehr eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids 1996 vom 18. Mai 2001 beantragen.

Die jetzigen Prozessbevollmächtigten haben mit Schreiben vom 25. Februar 2002 die Vollmacht der Kläger übersandt und gebeten, sie nunmehr als Prozessbevollmächtigte zu berücksichtigen. Ob dieses Schreiben eine konkludente Anpassung des bisherigen Revisionsantrags an die geänderte Prozesslage darstellt, kann dahingestellt bleiben. Eine solche Anpassung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Änderungsbescheid –wie hier– keinen Einfluss auf die Streitpunkte des Verfahrens hat und die Anpassung im Interesse der Kläger liegt. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 68 FGO (n.F.). Die Vorschrift dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung und soll den Kläger davor schützen, dass seine Klage durch einen Änderungsbescheid des Finanzamts gegenstandslos wird (BTDrucks 14/4061, 8; vgl. auch Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 68 FGO Tz. 3). Diesem Zweck widerspräche es, wenn man in einem Fall wie dem vorliegenden die Fortsetzung des Revisionsverfahrens von einem geänderten Antrag abhängig machte.

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Aus dem Schreiben der neuen Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2002 geht hervor, dass das Verfahren fortgesetzt werden soll. Vor diesem Hintergrund ist der ursprüngliche Antrag von Gerichts wegen an die veränderte Prozesslage anzupassen.

bb) Der Senat entscheidet nach §§ 100, 121 FGO in der Sache selbst. Eine Zurückverweisung an das FG nach § 127 FGO ist nicht geboten, weil die Sache spruchreif ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1291, m.w.N.).

Vorliegend wird der Streitstoff durch die Änderung des ursprünglichen Bescheides nicht berührt. Die tatsächlichen Feststellungen des FG sind mit der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils nicht weggefallen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1291, m.w.N.). Der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht aus, um die hier streitige Frage zu beantworten (vgl. auch BFH-Urteil vom 17. April 1996 X R 143/93, BFH/NV 1996, 769).

2. Die Klage ist unbegründet. Das FG hat das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers zu Recht bejaht. Die Aufwendungen für dieses Zimmer sind lediglich in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen.

a) Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift (in der hier maßgeblichen Fassung) die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf 2 400 DM begrenzt.

b) Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt.

aa) Es handelt sich um einen Typusbegriff, der durch die Rechtsprechung des BFH geprägt worden ist und den der Gesetzgeber mit der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG geschaffenen Regelung übernommen hat. Wesentliche, repräsentative Ausformung des Typus „häusliches Arbeitszimmer“ ist das häusliche Büro, also ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-Urteil vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFH/NV 2003, 247).

bb) Ob ein Arbeitszimmer danach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, lässt sich nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden (BFH-Urteil vom 23. September 1999 VI R 74/98, BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7, 8). Gehört das Arbeitszimmer unmittelbar und ohne besondere räumliche Trennung zu der Wohnung oder dem Wohnhaus des Steuerpflichtigen, so ist es regelmäßig auch in dessen häusliche Sphäre eingebunden (BFH in BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7, 8 f.). Die häusliche Sphäre ist allerdings nicht notwendig auf den eigentlichen Wohnbereich beschränkt; sie kann sich auf weitere Räumlichkeiten erstrecken. So fällt beispielsweise auch ein Kellerraum, der seiner Funktion und Ausstattung nach ein Arbeitszimmer ist, regelmäßig unter die Abzugsbeschränkung, wenn er nicht aufgrund besonderer Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art aus der häuslichen Sphäre herausgelöst ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 247).

cc) Letztlich betrifft die Frage nach der Einbindung eines Arbeitszimmers in die häusliche Sphäre die Tatsachenfeststellung bzw. -würdigung, die in erster Linie den Finanzgerichten obliegt.

c) Auf die Rechtsprechung des BFH zu den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte kann zur Auslegung des Begriffs des häuslichen Arbeitszimmers nicht zurückgegriffen werden.

aa) Das FG geht in seinen rechtlichen Ausführungen davon aus, dass in dem Streitfall „nicht entscheidend auf die jeweiligen baulichen Gegebenheiten abzustellen“ ist. Hierzu beruft es sich auf den zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG entwickelten Grundsatz, dass „Räumlichkeiten, die –wie üblicherweise ein häusliches Arbeitszimmer– nur einen Teil der Wohnung oder eines Wohnhauses bilden, (…) –ungeachtet ihrer Lage und Beschaffenheit im Einzelfall– ihre Qualifikation als ‚häusliche Arbeitszimmer‘ der Zugehörigkeit zum Wohnhaus oder zur Wohnung des Steuerpflichtigen und damit zu dessen privatem Bereich“ verdanken (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. Februar 1994 XI R 52/91, BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468, 469; ebenso: BFH-Urteil vom 19. September 1990 X R 110/88, BFHE 162, 82, BStBl II 1991, 208; BFH-Beschluss vom 26. Mai 1992 IV B 96/91, BFH/NV 1992, 661; BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 5/95, BFH/NV 1997, 279; BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2000 IV B 41/00, nicht veröffentlicht). Dieser Grundsatz setzt aber das Eingebundensein der betroffenen Räumlichkeiten in die häusliche Sphäre bereits voraus; weil die fraglichen Räumlichkeiten einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses des Steuerpflichtigen bilden bzw. diesen zugehörig sind, handelt es sich um häusliche Arbeitszimmer. In dem vorliegenden Fall muss aber gerade entschieden werden, ob das im Anbau befindliche Arbeitszimmer dem Wohnhaus des Klägers zugerechnet werden kann und ob es sich daher um ein „häusliches“ Arbeitszimmer handelt. Um dies festzustellen, müssen die konkreten Umstände des Einzelfalles einer Gesamtwürdigung unterzogen werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 247). Dabei sind auch die konkreten baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

bb) Zum anderen lassen sich die Grundlagen der Rechtsprechung zu den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ausgehend vom Sinn und Zweck der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen nicht auf die Problematik des häuslichen Arbeitszimmers übertragen (a.A.: Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. Lb 68 und 75 ff.).

Die gesetzlichen Regelungen zur Beschränkung des Abzugs von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitsstätte sind verkehrspolitische Lenkungsnormen, die der Verlagerung des Betriebs- und Arbeitsstättenverkehrs auf die öffentlichen Verkehrsmittel dienen (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 I R 99/92, BFH/NV 1994, 701; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 2. Oktober 1969  1 BvL 12/68, BStBl II 1970, 140; ebenso die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG durch das Gesetz zur Einführung der Entfernungspauschale, BTDrucks 14/4435, 7 und 9; ferner Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rdnr. E 1200). Dieser Regelungszweck hat bei der Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG dazu geführt, dass der Privatbereich des Steuerpflichtigen sehr weit gefasst wurde (z.B.: BFH-Urteile vom 7. Dezember 1988 X R 15/87, BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421; in BFH/NV 1997, 279; vom 19. August 1998 XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41).

Dagegen dient § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG der typisierenden Begrenzung von Aufwendungen, die eine Berührung mit dem privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen aufweisen und in einer Sphäre anfallen, die einer sicheren Nachprüfung durch Finanzverwaltung und Finanzgericht entzogen ist (BFH-Urteile vom 27. September 1996 VI R 47/96, BFHE 181, 305, BStBl II 1997, 68, 70; vom 21. November 1997 VI R 4/97, BFHE 184, 532, BStBl II 1998, 351, 353; in BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7, 8). Letztlich handelt es sich auch um eine Regelung zur Missbrauchsabwehr (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 247; ebenso Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rdnr. Lb 19).

Zwar knüpfen beide Bestimmungen an den privaten Wohnbereich des Steuerpflichtigen an. Aufgrund des unterschiedlichen Regelungszwecks ist aber nicht ersichtlich, dass die „Zugehörigkeit zum privaten Bereich“ bei Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte das Gleiche bedeutet wie die „Einbindung in die häusliche Sphäre“ bei häuslichen Arbeitszimmern. Dass es in konkreten Fällen zu übereinstimmenden Ergebnissen kommen kann, ist nicht ausgeschlossen; eine solche Übereinstimmung ist aber nach Ansicht des Senats nicht normativ vorgegeben.

d) Im Ergebnis zutreffend hat das FG unter Berücksichtigung der tatsächlichen baulichen Gegebenheiten die räumliche Einbindung des Arbeitszimmers in die häusliche Sphäre der Kläger bejaht. Diese ist nicht auf das Wohnhaus selbst beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf den im Garten gelegenen, unmittelbar an das Wohnhaus angrenzenden Anbau. Zwar ist der Anbau nicht direkt vom Wohnhaus aus zugänglich; er kann aber nur über den zum Wohnhaus gehörenden Garten betreten werden. Die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus ist daher insgesamt nicht so stark ausgeprägt, dass sie den Zusammenhang der häuslichen Sphäre durchbrechen würde.

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