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Honorarvereinbarung eines Architekten bei Unterschreitung der HOAI unwirksam

OLG Hamm

Az.: 12 U 126/03

Urteil vom 09.06.2004


In dem Rechtsstreit hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2004 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.09.2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 18.071,48 € (= 35.344,75 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.1999 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Sachverhalt:
(Wegen des Sachverhalts wird auf den nachstehend mit Änderungen eingescannten Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.)

Der Kläger verlangt restliches Architektenhonorar. Mit schriftlichem Architektenvertrag vom 06.08.1997 (9 ff) beauftragten die Beklagten den Kläger mit der Planung und Objektüberwachung (Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 Abs.2 HOAI) für die Errichtung ihres Einfamilienwohnhauses mit Garage auf dem Baugrundstück Auf dem Kar 10 in Arnsberg-Oeventrop. Als Honorar vereinbarten die Parteien pauschal einen Betrag von 32.000 DM zzgl. MwSt. (10). Während der Bauphase erbrachten die Beklagten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 24.400 DM. Nach Fertigstellung forderte der Kläger die Beklagten mehrfach, u.a. mit anwaltlichen Schreiben vom 17.09.1998 (14-15) und 15.10.1998 (17-18), zur Zahlung des ausstehenden Restbetrages von 12.500 DM auf. Dies lehnten die Beklagten wegen Vorliegens von Mängeln ab. Mit Schreiben vom 14.12.1998 (23-27) übersandte der Kläger den Beklagten seine Honorarschlußrechnung vom 10.11.1998 (28-34) auf Grundlage der Mindestsätze der HOAI über 47.844,75 DM.
In dem Rechtsstreit des Bauunternehmers Einhäuser gegen die Beklagten – 1 0 379/01 LG Arnsberg = 12 U 31/02 OLG Hamm einigten sich die Parteien des dortigen Verfahrens in der Berufungsverhandlung vor dem Senat am 31.01.2003 vergleichsweise auf eine Zahlung in Höhe von 20.000 DM, wobei bestimmte Mängelbeseitigungskosten bzw. Minderwerte vom restlichen Werklohn in Abzug gebracht wurden (207-209).
Der Kläger ist der Ansicht, die Honorarvereinbarung im schriftlichen Architektenvertrag sei wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI unwirksam. Auch unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes sei er daher nicht gehindert, nunmehr das Honorar auf der Grundlage der Mindestsätze geltend zu machen. Hierzu behauptet er, den Beklagten sei bei Auftragserteilung bekannt gewesen, daß die Mindestsätze unterschritten würden. In der Planungsphase sei den Beklagten im Beisein von Frau Astrid Hillebrand das Honorierungssystem der HOAI erläutert worden. Auch habe er den Beklagten – dies ist unstreitig – eine Kostenaufstellung (96) übermittelt, in der die Architektenleistungen mit 51.000 DM netto eingerechnet gewesen seien (96). Auch habe er entgegen der anderslautenden Behauptung der Beklagten die Grundleistungen der Leistungsphase 8 erbracht. Insbesondere habe er Bauzeitenpläne (66 ff) erstellt und die Rechnungsprüfung vorgenommen, soweit die Schwarzgeldzahlungen der Beklagten dies zugelassen hätten.
Vorsorglich erklärt der Kläger mit den das restliche Pauschalhonorar überschreitenden Honoraransprüchen die Aufrechnung gegenüber etwaigen Schadensersatzansprüchen der Beklagten.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 47.844,75 DM nebst 4% Zinsen seit dem 18.01.1999 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, der Kläger sei gehindert, ein höheres Honorar als das restliche Pauschalhonorar einzuklagen. Hierzu behaupten sie, das Abrechnungssystem der HOAI sei ihnen nicht bekannt gewesen. Auch hätten sie das Bauvorhaben nicht realisiert, wäre der Kläger ihnen nicht beim Honorar entgegen gekommen. Außerdem hätten sie sich im Rahmen ihrer Finanzierung auf das vereinbarte Honorar eingestellt. Es sei – insofern unstreitig – ein Kostenrahmen von maximal 800.000 DM ohne Außenanlagen einzuhalten gewesen, der sich nur zu ca. 50% aus Eigenmitteln finanziert habe. Da ihnen die vom Kläger mit 51.000 DM angegebenen Architektenkosten noch zu hoch gewesen seien, habe der Kläger sein Honorar in Verhandlungen schließlich auf 32.000 DM netto ermäßigt. Auch habe der Kläger Grundleistungen der Leistungsphase 8, so die Erstellung eines Zeitplans, die Führung eines Bautagebuchs, ein gemeinsames Aufmaß mit den ausführenden Unternehmen sowie die Rechnungsprüfung, nicht erbracht. Der Innenausbau sei weitestgehend ohne Mitwirkung des Klägers erfolgt.
Außerdem erklären die Beklagten die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen folgender Mängel in Höhe von 57.560 DM sowie Minderungsansprüchen in Höhe von 35.000 DM gemäß Gutachten des Sachverständigen …:
1.
Entgegen der Planung und Ausschreibung habe der Kläger die lichten Raumhöhen für das Kellergeschoß und für das Erdgeschoß statt mit 2,49 m nur mit 2,35 m (Kellergeschoß) und 2,43 m (Erdgeschoß) ausführen lassen. Der Keller könne daher nur noch sehr eingeschränkt zu Sportzwecken genutzt werden.

2.
An den Sockelzonen des Kalksandsteinverblendmauerwerks befinde sich aufsteigende Mauerfeuchte.
3.
Der Fugenmörtel entspreche nicht der Norm, da er zu wasseraufnehmend sei. Infolgedessen wiesen die Verblenderrollschichten über den Fensterabdeckungen Biegungen auf, oberhalb der Rollschichten hätten sich Setzungsrisse in den Fugen gebildet.
4.
Die Kellerwandaußentreppe sei mangelhaft. Im Innenbereich sei aufsteigende Mauerfeuchte festzustellen.
5.
An der Grenzwand zur Garage zum nordwestlichen Nachbarn sei die Dickbeschichtung der Sockelzone ca. einen Meter zu hoch über die Oberkante des ursprünglichen Nachbargeländes geführt worden. Dies sei überflüssig und vom Kläger zu vertreten.
6.
Laut Bauzeichnung seien im Ostgiebel des 1. OG drei gleich große Fenster vorgesehen gewesen. Bei der Bauausführung habe sich herausgestellt, daß innen eine Zwischenwand genau auf das Fensterkreuz zugelaufen sei. Es sei keine andere Möglichkeit übrig geblieben, als die Fensteröffnung ganz zu schließen. Dadurch sei die Symmetrie gestört, was eine weitere Minderung von mindestens 3.000 DM rechtfertige.
7.
Das Haus sei so konzipiert, daß es aus zwei abtrennbaren Wohneinheiten bestehe. Im östlichen Teil des Hauses bestehe die einzige Verbindung zum Obergeschoß in einer Spiraltreppe, die einen Durchmesser von nur 1,6 m habe und daher zu gering dimensioniert sei. Dies stelle einen Planungsfehler dar, aus dem ein Minderwert von mindestens 5.000 DM resultiere.
8.
Der Kläger habe die Garagentore falsch geplant, so daß keine Normtore, sondern um 1.168 DM teurere Maßanfertigungen hätten eingebaut werden müssen. Schließlich machen die Beklagten Zurückbehaltungsrechte geltend. Hierzu behaupten sie, mittlerweile seien neue Risse in beiden Kinderzimmern aufgetreten, die die Einbehaltung von 12.000 EUR rechtfertigten. An der Rollschicht über der Haustür seien ebenfalls neue Risse aufgetreten. Das Zurückbehaltungsrecht für diese Position belaufe sich auf 3.000 EUR. Auch seien Schäden am Mörtel unterhalb des Wohnzimmerfensters aufgetreten. Für diese Position belaufe sich das Zurückbehaltungsrecht auf 1.500 EUR. Die Rißbildungen seien auch nicht durch den Vergleich vor dem OLG Hamm erledigt. Der Senat habe darauf hingewiesen, daß die Beklagten sich gegenüber Herrn Einhäuser ein Planungsverschulden des Klägers zurechnen lassen müßten, so daß eine Einigung auf einen Nachlaß von nur 2.000 DM erfolgt sei. Es sei daher ein Mitverschulden des Klägers von 50% zu berücksichtigen. Auch seien künftige Rißbildungen nicht erfaßt.
Der Kläger erwidert:
1.
Die Betonage der Erdgeschoßdecke sei an nur einem Tag erfolgt. Die um 4 cm reduzierten Geschoßhöhen im Erdgeschoß hätten die Beklagten in den Ausführungszeichnungen gegengezeichnet.
2.
Es sei ausdrücklicher Wunsch der Beklagten gewesen, die Kalksandsteine nicht zu verfugen, sondern lediglich mit Fugenglattstrich auszumauern.
3.
Die Feuchtigkeit an der Kellerwandaußentreppe sei durch den Bauunternehmer Einhäuser beseitigt worden.
4.
Nach ausführlichen Erörterungen hätten die Beklagten sich selbst entschieden, das dritte Fenster im Ostgiebel wegfallen zu lassen.
5.
Die Treppe sei ausreichend dimensioniert, da es sich um eine Treppe innerhalb einer Wohnung handele. Sie entspreche im übrigen dem von den Beklagten gegengezeichneten Ausführungsplan.
6.
Die Garagentore habe er ordnungsgemäß geplant. Der Einbau von Normtoren sei durchaus möglich.
7.
Die Rißbildungen im Innen- und Außenbereich seien durch den Vergleich mit dem Bauunternehmer Einhäuser erledigt, da dieser gemäß § 423 BGB auch zu seinen des Klägers – Gunsten wirke.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 15.10.2001 (164 f) und 17.09.2002 (197 f):
Anlagenhefter: 16.04.02 Sachverständigengutachten des Sachverständigen Architekt Dipl.-Ing. ….
Anlagenhefter: 16.4.03 Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Architekt Dipl.-Ing. …
Sodann hat das Landgericht wie folgt entschieden:
„Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 12.500 DM 6.391,15 EUR) nebst 4% Zinsen seit 18.01.1999 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 74% der Kläger und 26 % die Beklagten ….“
Zur Begründung führt das Landgericht aus:
„Die Klage ist nur in dem tenorierten Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung restlichen Architektenhonorars in Höhe von 12.500 DM aus § 631 BGB.
Unstreitig haben die Parteien einen Architektenvertrag über vom Beklagten zu erbringende Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 geschlossen. Soweit die Beklagten die Erbringung einzelner Grundleistungen der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI bestreiten, nämlich die Erstellung eines Zeitplans, die Rechnungsprüfung, ein gemeinsames Aufmaß mit den ausführenden Unternehmern sowie die Koordinierung des Innenausbaus, steht dies einer Vergütungspflicht nicht entgegen. Was den Bauzeitenplan betrifft, so ergibt sich bereits aus den vom Beklagten zur Akte gereichten Unterlagen (Bl. 66 bis 71 d.A.), daß der Kläger diesen sehr wohl erstellt hat. Im übrigen kann der Bauherr – worauf der Kläger zu Recht hinweist – nicht damit gehört werden, einzelne Teilleistungen seien unvollständig erbracht. Denn die Leistung des Architekten besteht in der Erstellung eines mangelfreien Bauwerks als einer Gesamtleistung. Etwas anderes gilt nur, wenn die unvollständige Teilleistung zu einem Mangel des Werkes geführt hat (Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl., Rdnr. 786). Dies behaupten die Beklagten selbst jedoch nicht.
Was die Höhe des restlichen Honoraranspruchs betrifft, so ist die Honorarabrede im schriftlichen Architektenvertrag gemäß § 4 HOAI wegen einer unzulässigen Unterschreitung der Mindestsätze nichtig. Gleichwohl ist der Kläger gehindert, seinen restlichen Honoraranspruch auf Grundlage der Mindestsätze der HOAI geltend zu machen, da dies ein widersprüchliches Verhalten und damit einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) darstellt. Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrages nämlich ein Honorar, das die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschreitet, so verhält sich der Architekt, der später nach den Mindestsätzen abrechnen will, widersprüchlich. Dieses widersprüchliche Verhalten steht nach Treu und Glauben einem Geltendmachen der Mindestsätze entgegen, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, daß ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH, NJW 1997, 2329). So liegt der Fall auch hier. Die Beklagten haben auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut. Dieses Vertrauen ist auch schutzwürdig, da dies, selbst wenn sie Kenntnis von einer Unterschreitung der Mindestsätze gehabt haben sollten, für die Beklagten als juristischen Laien nicht zwangsläufig den Schluß nahelegt, daß die Honorarvereinbarung nichtig ist und sie daher mit einer Nachforderung hätten rechnen müssen. Vielmehr durften sie darauf vertrauen, daß, wenn der Kläger als Architekt sich auf ein Honorar unterhalb der Mindestsätze einläßt, dies rechtlich nicht zu beanstanden ist. Auch haben die Beklagten sich auf die Vereinbarung eingestellt. Unstreitig hat der Kläger ihnen eine Kostenaufstellung übermittelt, in der das Architektenhonorar ebenfalls berücksichtigt war. Der Kostenrahmen betrug 800.000 DM, die Eigenmittel machten ca. 50% der Finanzierung aus. Wenn die Beklagten nunmehr das restliche Honorar aufgrund der Schlußrechnung vom 10.11.1998 zahlen müßten, hätte dies zur Folge, daß ein weiterer Betrag von ca. 35.000 DM nachfinanziert werden müßte. Dies aber ist den Beklagten nicht zumutbar. Dementsprechend ist der Kläger gehindert, einen über 12.500 DM hinausgehenden Honoraranspruch geltend zu machen.
Der restliche Honoraranspruch ist nicht durch die von den Beklagten erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen der geltend gemachten Mängel erloschen (§ 389 BGB), da keine Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger bestehen.
Zu 1.) Der Sachverständige Langemeier führt in seinem Gutachten überzeugend aus, daß es sich bei der Unterschreitung der im Keller vorgesehenen lichten Höhe von 2,46 m um 11 cm vorrangig um einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers handelt.
Zu 2.) Hinsichtlich der Geschoßhöhe im Erdgeschoß führt der Sachverständige aus, daß dort das Sollmaß teilweise um 1 cm unterschritten wird. Diese Unterschreitung des Sollmaßes liege nach DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau Baugewerke“ innerhalb der zulässigen Abmaße und sei daher nicht zu beanstanden.
Zu 3.) Bezüglich der Mauerfeuchte in den Sockelzonen führt der Sachverständige aus, daß die Außenfassade zwischenzeitlich mit einer Beschichtung der Firma Caparol versehen worden sei und Feuchteschäden daher nicht hätten festgestellt werden können.
Zu 4.) Der Sachverständige Langemeier hat hinsichtlich des Fugenmörtels ausgeführt, daß aufgrund der vom Zemlabor entnommenen Proben davon auszugehen sei, daß hier ein eindeutiger Mangel vorliege. Gleichwohl können die Beklagten diese Position dem Kläger nicht mehr entgegenhalten. Im Falle eines Oberwachungsverschuldens des Klägers würde er nämlich gemeinsam mit dem ausführenden Unternehmer als Gesamtschuldner haften. Da die Beklagten sich aber mit dem Bauunternehmer Einhäuser verglichen haben, können sie dem Kläger gegenüber die Rißbildungen infolge des mangelhaften Fugenmörtels nicht mehr geltend machen. Denn der Vergleich wirkt gemäß § 423 BGB auch zugunsten des Klägers. Denn nicht nur der Erlaß, sondern auch der Vergleich mit einem Gesamtschuldner entfaltet im Zweifel Gesamtwirkung (Palandt/Heinrichs, BGB, 61.Aufl., § 423 Rdnr.2). So liegt der Fall auch hier. Dem Protokoll läßt sich nämlich nicht entnehmen, daß der Vergleich nur im Verhältnis der Beklagten zum ausführenden Unternehmer gelten sollte.
Zu 5.) Die Beklagten selbst räumen mittlerweile ein, daß ein Mangel der Entwässerungssituation nicht gegeben ist (vgl. Bl. 226 d.A.).
Zu 6.) Soweit sich an der Kellerwandaußentreppe sowohl nach dem ersten Gutachten als auch der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Langemeier Feuchtigkeit zeigt, deren Ursache vermutlich in einer unzureichenden Abdichtung liegt, handelt es sich nicht um ein Überwachungsverschulden des Klägers, sondern primär um einen Ausführungsfehler des Unternehmers. Für den Umfang der Aufsichtspflicht sind Bedeutung und Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Arbeiten zu berücksichtigen. Obereinstimmung besteht darüber, daß den örtlichen Bauführer in Bezug auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen, einfachen Arbeiten keine Überwachungspflicht trifft. In solchen Fällen braucht der Architekt nicht jeden Arbeitsvorgang zu kontrollieren, da er sich bis zu einem gewissen Grade auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen kann. Einer der entscheidenden Grundsätze für die Oberwachungspflicht des Architekten ist, daß er die wichtigsten Bauabschnitte, von denen das Gelingen des ganzen Werkes abhängt, persönlich oder durch einen erprobten und sachkundigen Erfüllungsgehilfen unmittelbar zu überwachen oder sich sofort nach der Durchführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit zu überzeugen hat (Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 1506). Da es sich bei der Erstellung der Kellerwandaußentreppe um eher untergeordnete Arbeiten handelte, von denen nicht das Gelingen des ganzen Werkes anhängt, durfte der Beklagte sich vorliegend darauf verlassen, daß der Unternehmer die Arbeiten ordnungsgemäß erledigt.
Zu 7.) Zwar hat der Sachverständige festgestellt, daß es sich bei der Dickbeschichtung der Garage um einen Planungsfehler handelt. Dieser Punkt ist jedoch unstreitig durch den Vergleich mit dem Unternehmer erledigt.
Zu 8.) Hinsichtlich des Wegfalls des dritten Fensters im Ostgiebel führt der Sachverständige Langemeier aus, daß in den ursprünglichen Plänen in der Tat ein drittes Fenster vorgesehen gewesen sei. Bei dieser Anordnung der Fenster sei das fragliche Fenster durch eine Wand geteilt gewesen, wodurch sich eine unschöne ca. 30 cm breite Sprosse ergeben hätte, welche sich nicht in das Gesamtbild eingepaßt hätte. Denkbar sei eine Änderung der Wandführung gewesen. Da diese Lösung nicht statt der Zumauerung gewählt worden sei, müsse angenommen werden, daß dies nicht gewünscht gewesen sei. Da die auf das Fenster zulaufende Wand in allen unterzeichneten Plänen vorhanden und auch für einen Laien ersichtlich sei, daß die Sprosse mindestens die Breite der Wandstärke und der 2-fachen Fensterflügelbreite haben müsse, könne zwar von einer unschönen Planung ausgegangen werden. Ob dies einen Planungsfehler darstelle, bleibe jedoch einer rechtlichen Beurteilung vorbehalten. Danach ist ein Planungsfehler jedoch nicht gegeben. Denn die Beklagten haben sich unstreitig nach eingehenden Erörterungen dazu entschieden, das weitere Fenster einfach entfallen zu lassen, obwohl sich hier – wie vom Sachverständigen nachvollziehbar ausgeführt – auch eine weitere Alternative angeboten hätte.
Zu 9.) Die Spiraltreppe stellt entsprechend der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Langemeier keinen Planungsfehler dar, da es sich bei der Treppe um eine solche innerhalb einer Wohnung handelt, für die die notwendige Breite nach LBauO NW nicht gilt.
Zu 10.) Ein Planungsfehler ist insofern ebenfalls nicht gegeben. Der Sachverständige führt hierzu überzeugend aus, sowohl die geplante Öffnung als auch die später örtlich ausgeführte Toröffnung ließen den Einbau eines Normtores zu. Soweit die Beklagte zu 1.) in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, der Unternehmer habe seinerzeit mehrere Normtore mitgebracht, die allesamt nicht gepaßt hätten, so besagt dies nicht, daß er die Tore mit den richtigen Abmessungen mitgeführt hat. Soweit die Beklagten nunmehr weitere Schäden durch Rißbildungen sowie am Mörtel unterhalb des Wohnzimmerfensters rügen, sind diese durch den Vergleich mit dem Unternehmer Einhäuser miterledigt, da die Position „Rißbildung innen und außen“ Gegenstand des dortigen Rechtsstreits war und abschließend im Vergleich berücksichtigt ist. Hingegen kommt es nach dem Sinn und Zweck des Vergleichs, hinsichtlich der streitigen Punkte eine abschließende Regelung zu treffen, nicht darauf an, welche Risse bereits zum Zeitpunkt des Vergleichs vorlagen und weiche nicht. Vielmehr ergibt sich aus der Erledigungsklausel („Damit sind sämtliche Ansprüche der Parteien, die Gegenstand dieses Rechtsstreits waren, erledigt.“), daß nur noch die Geltendmachung neuer, andersartiger Mängel möglich sein soll“
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung des Klägers, der unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiteres Honorar verlangt. Der Kläger vertritt die Auffassung, sein Architektenhonorar nach den Mindestsätzen der HOAI abrechnen zu können, da die getroffene Honorarvereinbarung unstreitig wegen der Unterschreitung der Mindestsätze unwirksam ist und das Vertrauen der Beklagten auf die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht schutzwürdig sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 23.09.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Arnsberg – 1 O 526/99 die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 18.071,48 € (= 35.344,75 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.1999 zu verurteilen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Urteil und meinen, der Kläger sei nach Treu und Glauben gehindert, aufgrund der im Architektenvertrag getroffenen Honorarabrede, auf die sie – die Beklagten vertraut und sich finanziell eingerichtet hätten, seine Leistungen anhand der HOAI Mindestsätze abzurechnen. Außerdem sei die Klageforderung teilweise unschlüssig, da der Kläger aus den anrechenbaren Kosten nicht die Umsatzsteuer herausgerechnet habe und eine nicht schriftlich vereinbarte Nebenkostenpauschale abrechne. Das Landgericht habe ihre aufgerechneten Schadensersatzansprüche teilweise zu Unrecht zurückgewiesen. Insoweit machen sie Minderungs-, Zurückbehaltungs- und Schadensersatzansprüche mindestens in Höhe der vom Landgericht dem Kläger zuerkannten Forderung geltend.
II.
Für das Berufungsverfahren gelten die seit dem 01.01.2002 gültigen Vorschriften der ZPO (§ 26 Nr. 5 EGZPO).
Auf das Schuldverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Artikel 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
III.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet, weil er gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung des verlangten weiteren Architektenhonorars in Höhe von 18.071,48 € (= 35.344,75 DM) nebst Zinsen in der ausgeurteilten Höhe hat (§§ 8, 15 HOAI, §§ 631, 632 BGB).
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Kläger berechtigt, seine Leistungen für das Bauvorhaben der Beklagten gemäß § 4 Abs. 4 HOAI nach den Mindestsätzen der Honorarordnung abzurechnen, weil die von den Parteien getroffene abweichende Pauschalhonorarvereinbarung unwirksam ist, da sie die von der HOAI festgesetzten Mindestsätze unterschreitet und damit gegen gesetzliches Preisrecht verstößt (§ 134 BGB).
Die HOAI gilt gemäß § 1 dieser Verordnung zwingend und allgemein verbindlich für die Berechnung der Entgelte für Architekten- und Ingenieurleistungen, soweit diese durch die Leitbilder der HOAI erfaßt werden, wie es hier zweifellos der Fall ist.
Dies hat zur Folge, daß gemäß § 4 Abs. 2 HOAI zu berücksichtigen war, daß die in der Verordnung festgesetzten Mindestsätze durch schriftliche Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden können. Das ist nicht beachtet worden, da die Pauschalpreisvereinbarung der Parteien von netto 32.000,00 DM im schriftlichen Architektenvertrag vom 06.08.1997 weit unter den Mindestsätzen der HOAI bleibt und ein Ausnahmefall im Sinne der Vorschrift nicht vorliegt. Dazu zählen z.B. Verwandtschaft, außergewöhnlich geringer Aufwand, mehrfache Verwendung einer Planung, enge Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher und persönlicher Art sowie andere besondere Umstände, die das Vertragsverhältnis deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, so daß ausnahmsweise ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist (Beispiele in BGH NJW 1997, 2329, 2330).
Ob es angesichts der im Allgemeininteresse liegenden Zielsetzung überhaupt möglich ist, den Architekten (Statiker) gleichwohl an dem unwirksam vereinbarten niedrigeren Honorar aus Gründen festzuhalten, die allein im Interesse des Auftraggebers liegen, ist zweifelhaft, wird aber vom Bundesgerichtshof nicht ausgeschlossen (vgl. BGH NJW 1997, 2329 ff). Selbst wenn man dieser Auffassung folgt, müssen jedenfalls schützenswerte Interessen des Auftraggebers das Allgemeininteresse an der Einhaltung der Mindestsätze im Einzelfall so deutlich überwiegen, daß dem Auftraggeber die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen der HOAI nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht zugemutet werden kann. Das setzt voraus, daß der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze vertraut hat und vertrauen durfte und er außerdem sich darauf in seinen Vermögensdispositionen eingerichtet hat.
Diese besonderen Voraussetzungen sind nach dem gesamten Vorbringen der Beklagten, dessen Richtigkeit unterstellt werden kann, nicht gegeben. Ein im Sinne der zitierten Rechtsprechung gemäß § 242 BGB schützenswerter Vertrauenstatbestand der Beklagten ist danach nicht ersichtlich. Es kann dahinstehen, ob die Beklagten den Mindestsatzcharakter der HOAI kannten und ob außerdem die Beklagten von der erheblichen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI Kenntnis hatten, wofür immerhin die den Beklagten bekannte Kostenschätzung des Klägers aus Mitte 1997 mit einem dort berechneten Architektenhonorar in Höhe von 51.000,00 DM für Architektenleistungen nach der HOAI spricht. Es ist jedenfalls weiterhin nicht dargelegt, daß die Beklagten sich im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Pauschalhonorars darauf „eingerichtet“ haben. Dafür reicht auch ihr weiterer Vortrag in der Berufungserwiderung nicht aus. Da ein Architekt bei unwirksamer Honorarvereinbarung grundsätzlich die Mindestsätze nach der HOAI nur dann nicht abrechnen darf, wenn die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen für den Bauherrn schlechthin untragbar ist, genügt es nicht, wenn der Bauherr – wie hier von den Beklagten behauptet im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung seine Finanzierung darauf eingestellt hat (vgl. dazu auch OLG Hamburg IBR 2004, 258). Das ist bei einem Bauvorhaben der Regelfall und bedarf zur Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 242 BGB für den Bauherrn zusätzlicher Umstände, die nicht ersichtlich sind. Da die Beklagten weitere für sie insoweit sprechende Gesichtspunkte nicht vorgetragen haben und dafür keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, bleibt es bei dem Grundsatz, daß § 4 HOAI als zwingendes öffentliches Preisrecht nicht zur freien Disposition der Parteien steht und und deshalb auch hier die Geltendmachung der Mindestsätze der HOAI durch den Kläger gerechtfertigt ist.
Darauf, daß die Beklagten bei Kenntnis der tatsächlichen Honorarhöhe dem Kläger nach ihrem Vortrag in der Berufungsinstanz den Auftrag zu den Mindestsätzen nicht erteilt hätten, kommt es nicht an (ebenso OLG Hamm, 21. Zivilsenat, in IBR 2004, 209). Eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers kann schließlich nicht daraus abgeleitet werden, daß seine jetzige Abrechnung nach Mindestsätzen möglicherweise seine Reaktion auf die Geltendmachung von Mängelrügen bzw. Schadensersatzansprüchen der Beklagten ist (vgl. dazu OLG Hamm a.a.O.).
Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten aus culpa in contrahendo wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten) auf Ersatz des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen scheidet aus, weil die Beklagten keine wirksame Vereinbarung hätten treffen können, welche die Mindestsätze unterschreitet (vgl. BGH NJW-RR 1997, 1448, 1149). Außerdem fehlt es bereits an einer Aufklärungspflichtverletzung des Klägers, der ersichtlich zunächst nur das vereinbarte Pauschalhonorar abrechnen wollte.
Nach den Mindestsätzen der HOAI kann der Kläger folgendes Architektenhonorar verlangen:
Die Honorarzone III und die Beauftragung der Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 Abs. 2 HOAI sind unstreitig.
Dann ergibt sich nachstehende Berechnung:
Leistungsphasen 1 bis 4:
27 % gemäß § 15 Abs. 1 HOAI
Gemäß § 10 Abs. 2 HOAI sind die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 1 bis 4 nach der Kostenberechnung, solange diese nicht vorliegt, nach der Kostenschätzung zu ermitteln.
Die Kostenberechnung des Klägers beläuft sich auf brutto 803.721,20 DM. Daraus errechnet sich unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 4 HOAI, wonach Kosten nur zum Teil anrechenbar sind, ohne 15 % Mehrwertsteuer ein Nettobetrag der anrechenbaren Kosten von 698.487,48 DM. Daraus ergibt die Interpolation nach § 5 a HOAI der Honorartafel zu § 16 Abs. 1 HOAI ein Gesamthonorar von 68.673,08 DM, so daß 27 % hiervon 18.541;73 DM betragen.
Leistungsphasen 5 bis 7:
39 % gemäß § 15 Abs. 1 HOAI
Gemäß § 10 Abs. 2 HOAI sind die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 5 bis 7 nach dem Kostenanschlag, solange dieser nicht vorliegt, nach der Kostenberechnung zu ermitteln.
Der Kostenanschlag des Klägers beläuft sich auf brutto 725.600,00 DM. Das sind ohne 15 % bzw. 16 % MWSt netto 619.891,01 DM. Davon ergibt die Interpolation ein Gesamthonorar von 62.597,50 DM, so daß 39 % hiervon 24.413,06 DM betragen.
Leistungsphase 8:
31 % gemäß § 15 Abs. 1 HOAI Gemäß § 10 Abs. 2 HOAI sind die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 8 bis 9 nach der Kostenfeststellung, solange diese nicht vorliegt, nach dem Kostenanschlag zu ermitteln.
Die Kostenfeststellung des Klägers beläuft sich auf brutto 701.571,00 DM. Das sind ohne 15 % bzw. 16 % MWSt bei zutreffender Berechnung netto 584.691,92 DM. Daraus folgt durch Interpolation ein Gesamthonorar von 59.772,59 DM, so daß für die Phase 8 anteilige 31 % hiervon 18.529,50 DM betragen.
Die Addition der vorstehenden Nettobeträge ergibt für die Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 Abs. 2 HOAI ein Gesamtnettohonorar von 61.484,29 DM bzw. brutto 71.321,78 DM. Unter Abzug der unstreitigen Abschlagszahlungen der Beklagten von 24.400,00 DM verbleiben insoweit 46.921,78 DM.
Die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten von 5 % der Auftragssumme in Höhe von (2.965,71 DM zuzüglich 16 % MWSt =) brutto 3.440,22 DM sind zwar als Pauschale nicht begründet, da hierzu die erforderliche schriftliche Vereinbarung bei Auftragserteilung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI fehlt.
Gleichwohl kann aber der Kläger den betreffenden Rechnungsbetrag von brutto 3.440,22 DM verlangen, weil er seine Nebenkosten nunmehr durch Einzelnachweis in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe dargelegt hat.
Unter Abzug des erstinstanzlich bereits zuerkannten Honorars von 12.500,00 DM ergibt sich ohne Nebenkosten eine weitere Forderung des Klägers von 34.421,78 DM = 17.599,58 € und somit einschließlich der berechtigten Nebenkosten von brutto 3.440,22 DM ein Restbetrag von 37.862,00 DM = 19.358,53 €, der unter dem im Berufungsverfahren verlangten weiteren Betrag von 18.071,48 € = 35.344,75 DM liegt.
Gegen die Fälligkeit des Architektenhonorars des Klägers bestehen keine Bedenken.
Nach § 8 Abs. 1 HOAI wird das Architektenhonorar fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlußrechnung überreicht worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat seine nach dem Architektenvertrag vom 06.08.1997 geschuldeten Leistungen erbracht. Das von ihm geplante Gebäude wurde inzwischen fertiggestellt und ist von den Beklagten bezogen worden. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, daß der Kläger möglicherweise einzelne Teilleistungen nicht vollständig ausgeführt hat, weil nach gefestigter Senatsrechtsprechung eine Minderung des Vergütungsanspruches wegen unvollständiger Teilleistungen, die in § 15 Abs. 1 HOAI mit einem bestimmten Vomhundertsatz der Gesamtleistung bewertet werden, jedenfalls dann entfällt, wenn der vom Architekten geschuldete Erfolg in Gestalt des fertiggestellten Bauwerks erreicht wird (vgl. z.B. BGH BauR 1982, 290, 291 und Senatsurteil in NJW-RR 1998, 811). Daß die Honorarschlußrechnung des Klägers vom 10.11.1998 prüffähig ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Darauf ob die Rechnung inhaltlich in einzelnen Punkten falsch ist, kommt es für die Beurteilung der Frage ihrer Prüfbarkeit nicht an (vgl. z.B. BGH NJW 1998, 3123 und Senatsurteil in OLGR Hamm 1995, 196).
IV.
Die Aufrechnung der Beklagten mit ihren streitigen, nicht zur Entscheidung reifen Gegenforderungen wegen angeblicher Planungs- bzw. Objektüberwachungsfehler des Klägers im Rahmen des vorliegenden Bauvorhabens scheitert an Ziffer 6 der Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Architektenvertrag (AVA), die nach Ziffer 9 des Architektenvertrages Vertragsinhalt sind. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagten gegen den Kläger den streitigen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB wegen mangelhafter Erfüllung des Architektenvertrages haben.
Nach Ziffer 6 der AVA kann gegen die Honorarforderung des Auftragnehmers (Architekten) nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufgerechnet werden. Mit streitigen und nicht entscheidungsreifen Forderungen ist die Aufrechnung ausgeschlossen. Ein solches Aufrechnungsverbot, das in Einklang steht mit § 11 Nr. 3 AGBG, der hier anzuwenden ist, aber auch mit der Rechtslage nach § 309 Nr. 3 BGB n. F. übereinstimmt, kann wirksam formularmäßig vereinbart werden (BGH NJW – RR 1989, 481; BGH NJW 2002, 2279) und begegnet keinen rechtlichen Bedenken (ständige Senatsrechtsprechung; ebenso z.B. auch OLG Bamberg IBR 2002, 495; OLG Frankfurt IBR 1999, 278; BauR 2000, 435, 437; OLG Schleswig IBR 2001, 625; BauR 2001, 1615; OLG Düsseldorf NJW – RR 1999, 244; jeweils mit weiteren Nachweisen).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Aufrechnungsverbot nach Ziffer 6 der AVA nicht mit Rücksicht auf Artikel 3 Abs. 3 Anhang 1 b der EG – Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (kurz: RL) unwirksam.
Nach Artikel 3 Abs. 1 der RL (Abdruck in NJW 1993, 1838) ist eine Formularklausel als mißbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
Nach Artikel 3 Abs. 3 enthält der Anhang der RL eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für mißbräuchlich erklärt werden können, jedoch nicht zwangsläufig als mißbräuchlich anzusehen sind (vgl. EuGH NJW 2004, 1647 unter Ziffer 20). In Ziffer 1 dieses Anhangs wird in der Liste unter Buchstabe b auf Klauseln hingewiesen, die darauf abzielen oder zur Folge haben, daß die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden oder einer anderen Partei, einschließlich der Möglichkeit, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewerbetreibenden durch eine etwaige Forderung gegen ihn auszugleichen, ausgeschlossen oder ungebührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt (vgl. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, Ergänzungsband zu Palandt, 61. Auflage, § 310 Rdn. 28 m.w.N.; Abdruck dieses Anhangs dort unter Rdn. 27).
Zwar gilt Artikel 3 der RL nach Artikel 229 § 5 S. 1 EGBGB erst für Verträge, die nach dem 01.01.2002 geschlossen worden sind und damit nicht für den Architektenvertrag der Parteien vom 06.08.1997. Allerdings sollte schon für den davor liegenden Zeitraum ein nationales Gericht grundsätzlich bei der Anwendung nationalen Rechts dessen Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer EG – Richtlinie ausrichten (vgl. z. B. EuGH NJW 1994, 2473, 2474 und 1997, 3365, 3367). Eine solche richtlinienkonforme Auslegung führt hier ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der streitigen Klausel. Die Voraussetzungen, die Formularklausel in Ziffer 6 AVA als rechtsmißbräuchlich anzusehen, liegen nicht vor, weil dadurch kein gegen Treu und Glauben verstoßendes erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis im Sinne von Art. 3 I der RL der beiderseitigen Rechte und Pflichten zum Nachteil der Beklagten – sofern sie überhaupt Verbraucher im Sinne von § 13 BGB sind verursacht wird und ihre Rechte nicht ungebührlich eingeschränkt werden. Nach gefestigter Rechtsprechung wurzelt das Klauselverbot in § 11 Nr. 3 AGBG (§ 309 BGB n. F.) im Grundverständnis von Treu und Glauben (BGH, Urteil v. 16.01.2003 – IX ZR 171/00). Diese Auffassung liegt ersichtlich auch der RL zugrunde. Dem entsprechend muß bei der Würdigung des formularmäßigen Ausschlusses der Aufrechnung in Ziffer 6 AVA eine angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen bei einem Architektenvertrag erfolgen. Architekten haben ein durchaus schutzwürdiges Interesse daran, daß durch ein vertragliches Aufrechnungsverbot sichergestellt wird, daß ihnen das Honorar unbeschadet etwaiger Gegenrechte des Bauherrn gezahlt wird. Dies gilt umso mehr, als Architektenprozesse im Hinblick auf gerügte, durch Gutachten abzuklärende Mängel sich meist über Jahre hinziehen und durch eine zur Aufrechnung gestellte, möglicherweise zweifelhafte Gegenforderung des Bauherrn der berechtigte Honoraranspruch des Architekten mit für ihn oft existensbedrohender Wirkung über einen längeren Zeitraum blockiert wird. Der Senat hat in der Vergangenheit mehrere derartige Fälle entschieden, in denen ein Architekt aufgrund unbegründet aufgerechneter Gegenforderungen aus demselben Vertragsverhältnis insolvent wurde: Eine ungebührliche Einschränkung der Verbraucherrechte liegt ebenfalls nicht vor, da der Auftraggeber des Architekten wegen der streitigen Mängel der Architektenleistung seinerseits gegen den Architekten gerichtlich vorgehen kann, etwa durch Widerklage im Honorarprozeß. Dadurch wird die Position des Verbrauchers nicht entscheidend geschwächt und der Grundsatz der „Waffengleichheit“ der Vertragsparteien bei Streit über die Mangelfreiheit der Architektenleistung nicht zum Nachteil des Verbrauchers aufgehoben.
Für die von den Beklagten beantragte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof besteht keine Veranlassung, da es Sache des nationalen Gerichts ist, festzustellen, ob eine Vertragsklausel wie die vorliegende die Kriterien erfüllt, um im konkreten Einzelfall als mißbräuchlich im Sinne von Art. 3 I der Richtlinie 93/13/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen qualifiziert zu werden (EuGH NJW 2004, 1647).
Die Anwendung des Aufrechnungsverbots zugunsten des Klägers scheitert schließlich nicht daran, daß er sich auf diese Formularklausel in der Vorinstanz nicht berufen hat. Da ein vertraglich vereinbartes Aufrechnungsverbot die materiell rechtliche Wirksamkeit einer Aufrechnung und nicht nur deren Geltendmachung im Rechtsstreit ausschließt, haben die Gerichte einen solchen Aufrechnungsausschluß von Amts wegen zu beachten (BGH WM 1983, 1359 und NJW 2002, 2279). Der Umstand, daß die Verfahrensbeteiligten in erster Instanz das Aufrechnungsverbot nicht angesprochen haben, führt auch nicht gemäß § 242 BGB zu einer Verwirkung des Rechts des Klägers, im Berufungsverfahren das Aufrechnungsverbot geltend zu machen. Seine zunächst unterbliebene Berufung auf das Aufrechnungsverbot während des Prozesses in erster Instanz vermag schon angesichts der Kürze der verstrichenen Zeit noch keinen Vertrauenstatbestand für die Beklagten dahin zu begründen, daß der Kläger von einer Geltendmachung des Aufrechnungsverbots weiterhin absehen werde.
V.
Das hilfsweise wegen der streitigen Architektenmängel geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist nicht begründet, da der Kläger keine Nachbesserung schuldet, nachdem sich seine Planung in Gestalt des Hauses der Beklagten verwirklich hat. Denn die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB greift gegenüber einem Architekten nur ein, solange eine Nachbesserung der Architektenleistung noch möglich, der Vertrag von Seiten des Architekten noch nicht erfüllt ist. Eine etwaige Nachbesserungspflicht des Klägers hinsichtlich eines angeblichen Planungs- und Überwachungsfehlers bestand daher nur solange, wie die behauptete fehlerhafte Leistung nachholbar war, d. h. sich noch nicht im Bauwerk verwirklicht hatte (vgl. Werner-Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 1639), weil danach die Planungs- und Überwachungsleistung eines Architekten nicht mehr korrigierbar ist.
VI.
Die Zinsforderung des Klägers folgt aus §§ 284, 286, 288 BGB.
VII.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziffer 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

 

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