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Beförderung im öffentlichen Dienst

THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT

Az.: 2 EO 515/01

Beschluss vom 19.10.2001

Vorinstanz: Verwaltungsgericht Gera – Az.: 1 E 228/01 GE


In dem Verwaltungsstreitverfahren wegen Rechts der Richter (Beförderung) hier: Beschwerde nach § 123 VwGO hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts am 29. Oktober 2001 b e s c h l o s s e n :

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gera für beide Instanzen auf 38.182,00 DM festgesetzt.

G r ü n d e

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts.

Der 1951 geborene Antragsteller wurde am 1. Juni 1980 unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zum Staatsanwalt ernannt. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1981 wurde er dann in das Beamtenverhältnis auf Probe und zum 1. Juni 1983 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Staatsanwalt ernannt. Insgesamt war er sieben Jahre als Staatsanwalt tätig. Seit dem 1. August 1987 war er im richterlichen Dienst als Richter am Amtsgericht Bamberg und mit Wirkung vom 1. März 1991 als Richter am Landgericht Bamberg beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 1991 war er dem Bezirksgericht Meiningen zugewiesen bzw. abgeordnet und am Kreisgericht Meiningen tätig. Am 26. August 1993 erfolgte seine Ernennung zum Direktor des Kreisgerichts bzw. am 1. September 1993 zum Direktor des Amtsgerichts Meiningen. Vom 15. April 1996 bis zum 31. Dezember 1999 war er an das Thüringer Justizministerium abgeordnet. Er hat dort die Aufgaben eines Referatsleiters sowie stellvertretenden Abteilungsleiters wahrgenommen. Hier war er u. a. zuständig für Grundsatzangelegenheiten des Justizhaushalts und der Gerichtsautomation sowie für Personalangelegenheiten des höheren Dienstes. Am 1. April 1998 wurde er zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ernannt.

Der 1952 geborene Beigeladene ist seit dem 4. Januar 1989 im richterlichen Dienst. Nach seiner Ernennung zum Richter auf Probe beim Landgericht Marburg wurde er am 4. Januar 1992 zum Richter am Landgericht ernannt. Mit Wirkung vom 1. November 1992 erfolgte seine Abordnung an das Kreisgericht Eisenach. Nach seiner Versetzung nach Thüringen schloss sich am 13. Oktober 1993 die Ernennung zum Richter am Oberlandesgericht an. Vom 1. März 1996 bis zum 31. März 1997 war er an das Landgericht Erfurt abgeordnet und nahm dort die Funktion eines Vorsitzenden Richters wahr. Am 1. April 1998 wurde der Beigeladene zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ernannt.

Im JMBl. Nr. 4/00 vom 19. Juli 2000, Seite 35, wurde die Stelle des Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts (Besoldungsgruppe R 4) ohne nähere Beschreibung der wahrzunehmenden Aufgaben und des Bewerberprofils ausgeschrieben.

Um die ausgeschriebene Stelle bewarben sich u. a. der Antragsteller und der Beigeladene.

Für beide Bewerber liegen jeweils Beurteilungen vom 17. November 2000 des Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts vor. Der maßgebliche Beurteilungszeitraum betrifft für den Antragsteller die Zeitspanne vom 1. Januar 2000 bis 15. November 2000 und für den Beigeladenen ab Juni 1998 bis Mitte November 2000. Der Präsident des Oberlandesgerichts kam bei beiden Bewerbern zu der Gesamtbeurteilung „besonders hervorragend“. Die Einzelbewertungen sind bei beiden Bewerbern – mit einer Ausnahme – übereinstimmend. Sie werden als „sehr weit überdurchschnittlich“ eingestuft. Nur bei den Fachkenntnissen wurde der Antragsteller mit „weit überdurchschnittlich“ und der Beigeladene mit „sehr weit überdurchschnittlich“ bewertet. Der Antragsteller wurde dabei weiter als „für das angestrebte Amt … ohne jeden Zweifel gut geeignet“ beurteilt, während der Beigeladene insoweit eingestuft wurde, dass er „den Anforderungen des angestrebten Amtes … ohne Zweifel entsprechen (kann)“.

Der Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts schlug in seinem Besetzungsbericht vom 4. Dezember 2000 vor, dem Antragsteller die ausgeschriebene Stelle zu übertragen.

Der Antragsgegner schlug dem Präsidialrat am 16. Februar 2001 den Beigeladenen für dieses Amt vor. Der Präsidialrat erklärte sich in seiner Sitzung am 28. Februar 2001 mit dem Besetzungsvorschlag des Antragsgegners einverstanden.

Mit Schreiben vom 2. März 2001 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller formlos mit, dass seine Bewerbung keinen Erfolg gehabt habe und er die Stelle anderweitig besetzen wolle. Am 12. März 2001 wandte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen die beabsichtigte Stellenbesetzung, ohne förmlich Widerspruch zu erheben. Er beantragte lediglich die Erteilung von Auskünften.

Der Antragsteller hat am 22. März 2001 beim Verwaltungsgericht Gera um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen ausgeführt, er nehme an, dass die von ihm angefochtene dienstliche Beurteilung vom 7. Juli 2000, die die Gesamtbeurteilung „übertrifft die Anforderungen erheblich“ enthält, für die Besetzungsentscheidung ausschlaggebend gewesen sei. Weiterhin könne er in erheblichem Umfang Verwaltungserfahrung nachweisen, so dass er gegenüber dem Beigeladenen, der bislang ausschließlich richterliche Tätigkeiten ausgeübt habe, besser geeignet sei. Die zu besetzende Stelle weise als Funktionsstelle eine Doppelnatur auf; neben der Ausübung des Richteramtes werde sie auch durch Verwaltungstätigkeit geprägt. Auch sei die Entscheidung fehlerhaft, weil für die maßgebliche Beurteilung lediglich ein Zeitraum von 11 Monaten zugrundegelegt worden sei, während beim Beigeladenen dieser Zeitraum wesentlich länger gewesen sei.

Der Antragsteller hat beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle als Vizepräsident beim Thüringer Oberlandesgericht in Jena mit einem Mitbewerber zu besetzen, solange nicht über seine Bewerbung bestandskräftig entschieden ist.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Er ist der Auffassung, die Auswahlentscheidung sei weder formell noch materiell zu beanstanden. Der Entscheidung seien die letzten dienstlichen Beurteilungen zugrunde gelegt worden. Danach seien beide Bewerber in beinahe gleicher Weise geeignet. Beide hätten die Beurteilung „besonders hervorragend“ erhalten. Ausschlaggebend sei letztlich die bessere Einzelbewertung der „Fachkenntnisse“ des Beigeladenen, ihm den Vorzug bei der Besetzung zu geben. Da beiden Bewerbern Spitzenleistungen attestiert würden, habe er davon abgesehen, Einzelheiten des jeweiligen beruflichen Werdeganges heranzuziehen. Auch lasse die Beurteilung des Beigeladenen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass dieser aufgrund seiner persönlichen und intellektuellen Fähigkeiten in der Lage sein werde, ein etwaiges „Erfahrungsdefizit“ in Verwaltungstätigkeiten in Ausübung seines neuen Amtes gegenüber dem Antragsteller wettzumachen. Deshalb habe man dem Aspekt der Verwaltungserfahrung keine besetzungsrelevante Bedeutung beigemessen.

Der Beigeladene hat beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er ist der Auffassung, maßgeblicher Bezugspunkt für die Besetzungsentscheidung sei das Anforderungsprofil des zu besetzenden Amtes. Dieses werde in erster Linie durch die spruchrichterliche Tätigkeit bestimmt. Die Verwaltungstätigkeit sei für das Amt des Vizepräsidenten eines Oberlandesgerichts weit weniger prägend als für das Amt des Präsidenten. Im Übrigen übertreffe seine forensische Erfahrung und seine fachliche Eignung die des Antragstellers. Auch er habe hinreichende Verwaltungserfahrung vorzuweisen. So sei er 1991/92 mit der Notaraufsicht betraut gewesen. Er habe langjährig das Amt eines Pressesprechers des Thüringer Oberlandesgerichts innegehabt und habe wiederholt an Geschäftsprüfungen nachgeordneter Gerichte teilgenommen. Schließlich habe er 1999 drei Einigungsstellen geleitet.

Das Verwaltungsgericht Gera hat mit Beschluss vom 15. Juni 2001 den Eilantrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Bei beiden Bewerbern habe der Antragsgegner rechtsfehlerfrei die letzte dienstliche Beurteilung vom 17. November 2000 zugrunde gelegt. Im Hinblick auf ihre letzte richterliche Tätigkeit sei insoweit festzustellen, dass beide Bewerber im Gesamtergebnis „im Wesentlichen“ gleich bewertet worden seien, mit der Maßgabe, dass der Beigeladene bezüglich der Fachkenntnisse um eine Stufe höher eingestuft wurde. Die vom Antragsteller angefochtene vorausgegangene Beurteilung vom 07. Juli 2000 sei ebenso wie der Umstand, dass die Beurteilungszeiträume deutlich voneinander abwichen, ohne Belang, da jedenfalls zwei aktuelle Zeiträume vorlägen, die für die Beurteilung geeignet seien. Von der Beurteilung des bislang innegehabten Amtes eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht sei zu unterscheiden die Einschätzung der Eignung im Hinblick auf das angestrebte Beförderungsamt. Die Anforderungen an dieses Amt ergäben sich einerseits aus der richterlichen Tätigkeit in einem Spruchkörper und andererseits aus den Aufgaben der Justiz- und Gerichtsverwaltung als Vertreter im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts. Insoweit sei der Antragsteller als „ohne jeden Zweifel gut geeignet“ beurteilt worden, für den Beigeladenen sei ausgeführt, dass „er den Anforderungen des angestrebten Amtes … ohne Zweifel entsprechen (kann)“. Insoweit könne das Gericht keine Differenzierung erkennen. Beide Bewerber seien ohne Zweifel für das Beförderungsamt geeignet. Ausschlaggebendes Kriterium für den Dienstherrn sei bei der von ihm getroffenen Auswahl das dem Beigeladenen in der Beurteilung verbriefte höhere Fachwissen. Damit habe der Dienstherr ein zulässiges Hilfskriterium eingeführt. Es sei auch keine unzulässige Doppelwertung erfolgt, denn es müsse zwischen der Beurteilung des bislang innegehabten Amtes und der Eignungsprognose unterschieden werden. Es stehe im willkürfreien Ermessen des Dienstherrn, diese Hilfskriterien zu bestimmen. Beide Kandidaten seien aufgrund der Beschreibungsmerkmale in der Lage, noch möglicherweise bestehende Defizite – sei es in der richterlichen oder sei es in der Verwaltungstätigkeit – auszugleichen. Die Abweichung vom Besetzungsvorschlag sei ohne Bedeutung, da er, der Antragsgegner, an diese Vorgabe bei seiner Entscheidung nicht gebunden sei.

Gegen den dem Antragstellerbevollmächtigten am 20. Juni 2001 zugestellten Beschluss hat dieser am 3. Juli 2001 beim Verwaltungsgericht Antrag auf Zulassung der Beschwerde gestellt.

Mit Beschluss vom 8. August 2001 – 2 ZEO 421/01 – hat der Senat die Beschwerde zugelassen.

Der Antragsteller führt zur Begründung seiner Beschwerde weiter aus, dass dann, wenn das einzelne Merkmal „Fachwissen“ entscheidungserheblich sein solle, es der Heranziehung eines zeitlich ausreichenden und vergleichbaren Zeitraumes für beide Bewerber bedurft hätte. Denn die Beurteilungen stellten allein auf die Wahrnehmung der Aufgaben eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ab. Eine Feststellung der Eignung für das doppelfunktionsbezogene Richteramt sei damit nicht möglich. Leistung, Eignung und Befähigung des Antragstellers im Bereich der Justiz- und Gerichtsverwaltung blieben unberücksichtigt. Der Dienstherr hätte in seine Ermessensentscheidung auch den Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts einfließen lassen müssen, auch wenn keine rechtliche Bindung bestünde. Im Übrigen läge entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sehr wohl eine unzulässige Doppelbewertung des Kriteriums „Fachwissen“ vor.

Der Antragsteller beantragt, unter Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gera vom 15. Juni 2001 – 1 E 228/01 – wird dem Antragsgegner untersagt, die Stelle des Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts mit einem Mitbewerber zu besetzen, solange dieser nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut rechtskräftig entschieden hat.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und meint, es sei nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei seiner Entscheidung allein auf die Beurteilung vom 17. November 2000 zurückgegriffen habe, auch wenn die Beurteilungszeiträume der beiden Bewerber unterschiedlich lang seien. In ermessensfehlerfreier Weise habe er dem Fachwissen ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. Das fachliche Wissen komme dem Vizepräsidenten nicht nur bei seiner richterlichen Tätigkeit zugute, sondern auch als Repräsentant des Oberlandesgerichts gegenüber einer fachlich interessierten Öffentlichkeit. Der Antragsgegner sei deshalb nicht gehalten, die frühere Verwaltungstätigkeit des Antragstellers eigenständig zu bewerten. Zum anderen seien die dort gewonnenen Erfahrungen in die aktuelle Beurteilung eingeflossen.

Der Beigeladene beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt die Entscheidung des Antragsgegners und des erstinstanzlichen Gerichts.

Der Senat hat das Verfahren am 22. August 2001 mit den Beteiligten erörtert. In diesem Termin hat der Antragsteller Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erhoben. Auf das Protokoll der Sitzung wird wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2001 und einem Vermerk vom 10. September 2001, den der Antragsgegner als „Ergänzende Ermessenserwägungen zur Auswahlentscheidung vom 13. Februar 2001 …“ bezeichnet, begründet der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung weitergehend, stellt die aus seiner Sicht maßgeblichen Umstände dar und setzt sich mit dem weiteren Inhalt der Personalakten des Antragstellers und des Beigeladenen auseinander.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Behördenakten (5 Heftungen) Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung, mit der einstweilen verhindert werden soll, dass der Beigeladene in das Amt des Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts befördert wird, liegen nicht vor. Eine einstweilige Anordnung ist schon vor Klageerhebung zu erlassen, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung).

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Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine Sicherung seines Anspruchs ist geboten, da der Antragsgegner beabsichtigt, den Beigeladenen zum Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts zu ernennen und ihn, den Antragsteller, als Mitbewerber für dieses Amt endgültig nicht zu berücksichtigen. Mit der Besetzung dieser Stelle würde die Beförderung des Antragstellers als unterlegenem Bewerber unmöglich werden, da die Beförderung des Beigeladenen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (Grundsatz der Ämterstabilität, vgl. die Beschlüsse des Senats vom 05.02.1998 – 2 EO 594/96 – und vom 07.03.2000 – 2 ZEO 187/00 -).

Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser setzt voraus, dass das Auswahlverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit fehlerhaft ist und bei korrektem Vorgehen der Antragsteller möglicherweise erfolgreich gewesen wäre (Beschluss des Senats vom 04.07.1995 – 2 EO 27/94 – m. w. N.).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die vom Antragsgegner zugunsten des Beigeladenen getroffene Entscheidung im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht – mehr – zu beanstanden.

Ein Richter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Verleihung eines höheren statusrechtlichen Amtes. Die Entscheidung über die Beförderung eines Richters wie eines Beamten liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Der jeweilige zu befördernde Bewerber ist gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 11 ThürRiG i. V. m. §§ 29, 8 Abs. 2 ThürBG nach Eignung, fachlicher Leistung und Befähigung (sog. Leistungsgrundsatz) auszuwählen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 11.04.2001 – 3 BS 84/01 -, SächsVBl. 2001, 196 ff.; OVG Schleswig, Beschluss vom 01.02.1996 – 3 M 89/95 – NVwZ 1996, 806 m. w. N.; vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 04.07.1995 – 2 EO 27/94 – und vom 15.12.1998 – 2 EO 319/98 -). Das Merkmal „fachliche Leistung“ beschreibt die (fachliche) Bewährung in der Praxis; bei der „Befähigung“ wird abgestellt auf die durch Ausbildung und in anderer Weise (z. B. berufliche Erfahrung) erworbenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Die „Eignung“ im engeren Sinne schließlich umfasst weitere Gesichtspunkte, auf die generell oder nach den Erfordernissen des Beförderungsamtes abzustellen ist, wie persönlichkeitsbildende, intellektuelle oder charakterliche Fähigkeiten (vgl. Schöbener, BayVBl. 2001, 321, 328 m. w. N.).

Der Dienstherr verfügt dabei für die Einschätzung der Eignung, fachlichen Leistung und Befähigung über eine Beurteilungsermächtigung, die nur beschränkt gerichtlicher Prüfung zugänglich ist, nämlich nur insoweit, als der Dienstherr den gesetzlichen Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt hat, er von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet hat und schließlich sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Der jeweilige Bewerber für ein Beförderungsamt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr das ihm bei der zu treffenden Entscheidung zustehende Auswahlermessen unter Einhaltung etwaiger Verfahrensvorschriften fehlerfrei ausübt (Bewerbungsverfahrensanspruch). Dabei bleibt es der Entscheidung des Dienstherrn letztlich überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen er das größere Gewicht beimisst. Die Auswahlkriterien als solche sind durch die Verfassung vorgegeben (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 26.10.1993 – 1 TG 1585/93, ZBR 1994, 347). Der Dienstherr ist verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen, zu gewichten und seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.

Im Hinblick auf die erforderliche Bestenauslese für ein Beförderungsamt ist dabei eine Rangfolge der Bewerber unter Hinzuziehung eines Vergleichsmaßstabes zu bestimmen. Eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung setzt insoweit voraus, dass der Dienstherr vorab für den zu besetzenden höherwertigen Dienstposten ein Anforderungsprofil festlegt, soweit dies nicht bereits durch Vorschriften vorgegeben ist (so auch VGH Kassel, a. a. O.; OVG Schleswig, Beschluss vom 01.02.1996 – 3 M 89/95 -, NVwZ 1996, 806; OVG Bautzen, Beschluss vom 11.04.2001 – 3 BS 84/01 -, SächsVBl. 2001, 196, 197; VGH München, Beschluss vom 19.01.2001 – 3 CE 99.3309 -, DVBl. 2000, 1140; GKÖD, § 23 BBG, Rn. 39; Schöbener, a. a. O., S. 329). Nur so kann der Dienstherr die erforderliche Chancengleichheit herstellen und wahren, willkürliche Entscheidungen vermeiden und die erforderliche Transparenz der Auswahlentscheidung sicherstellen. Das Anforderungsprofil selbst muss leistungsbezogen sein und sich an den Anforderungen des zu besetzenden Amtes orientieren (GKÖD, § 23 BBG, Rn. 39; VGH München, Beschluss vom 29.07.1993 – 3 CE 93.1964 -, ZBR 1994, 350). Allerdings muss dieses Anforderungsprofil nicht in jedem Fall vor der Auswahlentscheidung schriftlich festgelegt werden, auch wenn dies förderlich sein kann. Es ist ausreichend, wenn sich die wesentlichen Merkmale des Beförderungsamtes aus einschlägigen gesetzlichen Regelungen, Verwaltungsvorschriften oder Stellenbeschreibungen ergeben (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 02.07.1996 – 1 TG 1445/96 -, zitiert nach Juris; OVG Bautzen, Beschluss vom 11.04.2001 – 3 BS 84/01 -, a. a. O., S. 197). Unzulässig ist es allerdings, das Anforderungsprofil im nachhinein, d. h. nach der Stellenausschreibung aufzustellen (BVerwG, Urteil vom 21.08.2001 – 2 A 3/00 -, zitiert nach Juris). Der Dienstherr hat anhand der gesamten für die persönliche und fachliche Einschätzung von Eignung und Leistung der Bewerber bedeutenden Entscheidungsgrundlagen, die er vollständig zu ermitteln hat, eine wertende Abwägung und Zuordnung vorzunehmen. Dabei kommt den letzten, aktuellen dienstlichen Beurteilungen eine besondere Bedeutung zu (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 15.12.1998 – 2 EO 319/98 – und vom 17.12.1997 – 2 EO 112/96 -). Aber auch ein Rückgriff auf den weiteren Inhalt der Personalakten, soweit er den beruflichen Werdegang u. s. w. betrifft, auf den Besetzungsvorschlag/-bericht und frühere Beurteilungen kann geboten sein (vgl. auch VGH München, Beschluss vom 19.01.2000 – 3 CE 99.3309 -, a. a. O.).

Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab kann die vom Antragsgegner zunächst getroffene Auswahlentscheidung vom 13. Februar 2001, die durch seine späteren schriftsätzlichen Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren noch erläutert und begründet wurde, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht als von Anfang an ermessensfehlerfreie Entscheidung gesehen werden. Der Antragsgegner hat zunächst das Anforderungsprofil verkannt.

Ausgehend vom konkreten Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle ist festzustellen, dass sich die besonderen Voraussetzungen für das Amt des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts zum einen aus den Regelungen der §§ 8 – 10 ThürAGGVG entnehmen lassen, wonach der Vizepräsident als Vertreter des Präsidenten des Oberlandesgerichts im Bereich der Justiz- und Gerichtsverwaltung für bestimmte Aufgaben zuständig ist, die wiederum im Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts ihren Niederschlag finden. Dies wird auch aus dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts ersichtlich, der hinsichtlich des Antragstellers feststellt, das das aus dem Bereich der „Justizverwaltungsaufgaben erworbene(s) Wissen“ sich den richterlichen Erfahrungen anfügt. Damit wird hinreichend deutlich, dass die hier zu besetzende Richterstelle als Funktionsstelle besondere Anforderungen stellt, die in den der Auswahlentscheidung zu Grunde zu legenden Vergleichsmaßstab einfließen müssen, dass insbesondere das Kriterium „Verwaltungserfahrung“ entgegen der ursprünglichen Auffassung des Antragsgegners sehr wohl ein besetzungsrelevantes Merkmal ist (besondere Berücksichtigung hat die Verwaltungserfahrung der Bewerber z. B. auch in folgenden Entscheidungen gefunden: VGH Kassel, Beschluss vom 05.09.2000, – 1 TG 2709/00 -; OVG Schleswig, Beschluss vom 01.02.1996 – 3 M 89/95 -, NVwZ 1996, 806 [Stelle eines Vizepräsidenten des OVG]; OVG Münster, Beschluss vom 22.06.1998 – 12 B 698/98 -, DRiZ 1998, 426 [Stelle eines Präsidenten des LG]; VGH Kassel, Beschluss vom 18.02.1985 – 1 TG 252/85 -, NJW 1985, 1103 [Stelle eines Vizepräsidenten des OLG]. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird insbesondere in dem Fall deutlich, in dem der Vizepräsident in seiner Funktion als „Vertreter im Amt“ (des Präsidenten das Oberlandesgerichts) – auch als Dienstvorgesetzter der Präsidenten der nachgeordneten vier Landgerichte und der Direktoren einer Vielzahl von Amtsgerichten – für die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit Verantwortung in nicht unerheblichem Maße trägt. Auch repräsentative Aufgaben, die ein überzeugendes Auftreten in der Öffentlichkeit verlangen, gehören dazu und sind in die Auswahlentscheidung einzubringen.

Dieses Merkmal der Verwaltungserfahrung durfte der Antragsgegner nicht unter Hinweis auf seine Beurteilungsermächtigung bzw. sein Auswahlermessen außer Acht lassen. Denn in Anlehnung an die Grundsätze zur Ermessensausübung, die auch hier Anwendung finden (Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 40 Rn. 87 m. w. N.), ist es zwar dem Dienstherrn überlassen, die einzelnen Kriterien, die in die Entscheidung einfließen, zu gewichten und zu werten (in diesem Sinne auch die Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 22.02.1990 – 2 C 13.87 -, DVBl. 1990, 867, 868). Er ist jedoch verpflichtet, alle entscheidungsrelevanten Kriterien in die Entscheidung einfließen zu lassen, da sie ansonsten an einem Ermessensdefizit leidet.

Zum anderen war für dieses Anforderungsprofil die forensische Erfahrung der Bewerber in einem Spruchkörper durch den Dienstherrn bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dabei waren die für ein Obergericht spezifischen Kenntnisse eines Kollegialgerichts unter Berücksichtigung der besonderen Stellung des Vorsitzenden bei nicht ganz einfach gelagerten Fällen eines Berufungs- oder Revisionsgerichts einzubringen.

Diesen beiden Anforderungen ist der Antragsgegner zunächst nicht gerecht geworden, da er die Leistungserfordernisse des zu besetzenden Dienstpostens nicht hinreichend erkannt hat. Die Auswahlentscheidung war fehlerhaft, weil der Antragsgegner nicht alle Voraussetzungen beachtet hat, die für die Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber bedeutsam sind. Er hat sich vielmehr zunächst nur auf die Anforderungen an das Richteramt in Spruchkörpertätigkeit beschränkt.

Der Antragsgegner hat dabei ausweislich seines Besetzungsvorschlags die Auswahl ausschließlich anhand der jeweils letzten dienstlichen Beurteilung getroffen. Ausschlaggebend war für ihn nach Aktenlage die um eine Qualtitätsstufe bessere Beurteilung der „Fachkenntnisse“ des Beigeladenen, der mit „sehr weit überdurchschnittlich“ beurteilt worden war. Hingegen wurde der Antragsteller mit „weit überdurchschnittlich“ beurteilt. Die Leistung im Richteramt, insbesondere die dabei notwendigen Fachkenntnisse, bezogen sich aber lediglich auf die Beurteilung hinsichtlich des innegehabten richterlichen Amtes beider Bewerber während des Beurteilungszeitraumes (s. auch Ziff. 5.1 der Verwaltungsvorschrift für die dienstliche Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten vom 1. Juli 1994, JMBl. 1994, 104). Eine Beurteilung der Befähigung und der Eignung im engeren Sinne, d. h. im Hinblick auf das Beförderungsamt, ist damit noch nicht automatisch verknüpft. Die Berücksichtigung des Beurteilungskriteriums „Befähigung“ verlangt die Heranziehung weiterer, aus den Personalakten ersichtlichen Kriterien wie beruflicher Werdegang, weitere Zeugnisse, fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten. Um also eine Auswahlentscheidung anhand aller Hauptkriterien des Leistungsgrundsatzes zu treffen, hätte der Antragsgegner in seine Entscheidungsfindung auch den weiteren Inhalt der Personalakten, frühere Beurteilungen und den Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts einbeziehen müssen. Der Auffassung des Antragsgegners, die Entscheidung wäre nur dann ermessensfehlerhaft, wenn das Kriterium des Fachwissens für das Amt eines Vizepräsidenten eines Oberlandesgerichts ohne Bedeutung wäre, ist deshalb nicht zu folgen. Hier wird das zunächst feststellbare Ermessensdefizit des Antragsgegners besonders deutlich. Sicherlich ist das Fachwissen der Bewerber ein ganz wesentliches Kriterium für die Auswahlentscheidung, aber eben nicht das einzige.

Soweit der Antragsgegner der Auffassung ist, die Erfahrungen des Antragstellers aus der früheren Verwaltungstätigkeit seien in die aktuelle Beurteilung eingeflossen, widerspricht dieser Hinweis der geltenden Beurteilungsrichtlinie, wonach sich die Beurteilung lediglich auf die Leistungen im Beurteilungszeitraum, hier also ab dem 1. Januar 2000, zu beziehen hat. In dieser Zeit war aber der Antragsteller ausschließlich beim Oberlandesgericht als Vorsitzender Richter tätig. Und auch soweit die Beurteilungen vom 17. November 2000 in der Zusammenfassung beide Bewerber für das angestrebte Amt für geeignet halten, ohne hier (nach Auffassung des Verwaltungsgerichts) zu differenzieren, ersetzen diese keine eigenständige Gesamtbeurteilung durch den Antragsgegner, denn auch diese jeweilige Prognose kann sich nur auf die Leistungen im Beurteilungszeitraum, nicht aber auf frühere Tätigkeiten beziehen.

Weiterhin ist es zwar richtig, dass der Besetzungsvorschlag für den Dienstherrn nicht bindend ist. Doch hat dieser Vorschlag für die Auswahlentscheidung maßgebliche Bedeutung, nicht zuletzt deshalb, weil er eine Beurteilung gerade im Hinblick auf die zu besetzende Stelle, auch im Hinblick auf das Anforderungsprofil, enthält (OVG Schleswig, Beschlüsse vom 01.02.1996 – 3 M 89/95, NVwZ 1996, 806 und vom 30.05.1996 – 3 M 36/96 -, ZBR 1996, 339; OVG Bautzen, Beschluss vom 11.04.2001 – 3 BS 84/01, a. a. O., S. 199). Dem Entscheidungsvorschlag des Antragsgegners vom 13. Februar 2001 lässt sich eine Berücksichtigung des Besetzungsvorschlags des Präsidenten des Oberlandesgerichts nicht entnehmen. Soweit der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren schriftsätzlich weiter vorträgt, man habe den Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts zwar in die Auswahlentscheidung mit einbezogen, er habe aber kein griffiges Unterscheidungsmerkmal enthalten, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Denn der Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts stellt im Hinblick auf das von ihm gesehene „komplettere Befähigungsbild“ sowohl auf die Erfahrungen des Antragstellers als Staatsanwalt und Richter als auch auf die gewonnenen Erfahrungen in der Justizverwaltung ab. Dabei hat der Präsident des Oberlandesgerichts keineswegs nur auf die längere Berufserfahrung, und damit auf ein Hilfskriterium verwiesen, sondern er hat ausdrücklich auf das in der Justizverwaltung erworbene Wissen und damit auf ein Hauptkriterium abgestellt.

Insoweit kann auch nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts Gera gefolgt werden, dass der Antragsgegner die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt habe, und er deshalb in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das Merkmal „Fachwissen“ als Hilfskriterium nochmals in die Auswahlentscheidung einbeziehen durfte, ohne dass insoweit eine unzulässige Doppelwertung vorläge. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Auswahlentscheidung erst dann auf Hilfskriterien gestützt werden darf, wenn sich bei einem Vergleich anhand der Hauptkriterien herausstellt, dass zwei oder mehr Bewerber „im Wesentlichen“ gleich geeignet sind (Schöbener, a. a. O., S. 329, 330 m. w. N.), wobei zwischen Beurteilung (bezogen auf das innegehabte Amt) und Eignung (bezogen auf das angestrebte Beförderungsamt) zu unterscheiden ist. Nach Auffassung des Senats hat der Antragsgegner in seine Entscheidungsfindung nicht von vornherein alle Eignungskriterien einbezogen, so dass er zu dem Zwischenergebnis, dass „im Wesentlichen“ gleich geeignete Bewerber um die Stelle konkurrieren, noch gar nicht kommen konnte, und damit die Voraussetzungen für ein Heranziehen von Hilfskriterien auch noch nicht vorlagen. Im Übrigen lässt sich dem Besetzungsvorschlag des Antragsgegners vom 13. Februar 2001 auch nicht entnehmen, dass er das „Fachwissen“ der Bewerber als Hilfskriterium in der Auswahlentscheidung herangezogen hat.

Nicht gehört werden kann der Antragsteller mit dem Einwand, der Antragsgegner habe die von ihm angefochtene Beurteilung vom 7. Juli 2000 in die Auswahlentscheidung einbezogen. Wie der Antragsgegner unwidersprochen ausgeführt hat, hat diese Beurteilung bei seiner Entscheidung keine Rolle gespielt. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die letzte aktuelle Beurteilung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Rechtlich relevant für den Ausgang dieses Rechtsstreits ist aber, dass der Antragsgegner letztlich mit Schriftsatz vom 12. September 2001 und einer vorangegangenen Verfügung vom 10. September 2001 die Auswahlentscheidung noch rechtzeitig anhand von Kriterien begründet hat, die erkennen lassen, dass er nicht nur die fachlichen Leistungen im Beurteilungszeitraum der letzten dienstlichen Beurteilung, sondern auch die Befähigung der Bewerber, insbesondere ihre Verwaltungserfahrung neben ihrer richterlichen Erfahrung, in die Auswahlentscheidung einbezogen hat.

Diese ergänzenden Ausführungen sind im Verfahren noch zu berücksichtigen, da das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Im Widerspruchsverfahren kann bei einer Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde eine unzureichende Ermessensentscheidung durch Nachholung einer ermessensfehlerfreien Entscheidung geheilt werden (Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 12. Aufl., § 68 Rn. 11 m. w. N.; Kopp, VwVfG Kommentar, 6. Aufl., § 45 Rn. 40 a). Vorliegend ist das Thüringer Justizministerium sowohl Ausgangs- als auch Widerspruchsbehörde (§ 126 Abs. 3 Ziff. 2 BRRG). Insoweit kommt es auf die zeitliche Schranke des § 114 Satz 2 VwGO bezüglich der Ergänzung von Ermessenserwägungen nicht an.

Zunächst ist festzustellen, dass der Antragsgegner das Anforderungsprofil des zu besetzenden Amtes und die Aufgaben des Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts nun dahingehend beschreibt, dass dieser sowohl „Vorsitzender eines Senats und damit in einer herausgehobenen richterlichen Position“ ist, als auch eine der beiden Verwaltungsabteilungen leitet, weiterhin den Präsidenten als Vorsitzenden im Präsidium und höchsten Repräsentanten der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Thüringen vertritt (Seite 2 der ergänzenden Verfügung vom 10. September 2001). Dabei geht der Antragsgegner davon aus, dass die richterliche Tätigkeit nicht hinter den anderen Aufgaben zurücksteht.

Auf der Grundlage der Doppelnatur der ausgeschriebenen Funktionsstelle hat der Antragsgegner nunmehr nachvollziehbar dargelegt, dass er bei der Auswahlentscheidung nicht nur die fachliche Leistung herangezogen hat, sondern auch weitere notwendige Kriterien für die Befähigung und Eignung des konkret ausgeschriebenen Amtes in die Bewertung einbezogen hat. Insoweit hat er die entscheidungserheblichen Tatsachen ermittelt und gewichtet. So haben seiner Entscheidung jetzt nicht mehr allein die letzten dienstlichen Beurteilungen vom 17. November 2000 zugrundegelegen, sondern er hat auch den weiteren Inhalt der Personalakten gewürdigt und daraus schlussfolgernd begründet, weshalb er sich dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts nicht angeschlossen hat.

Zum Anforderungsmerkmal „Verwaltungserfahrung“ wird nunmehr der jeweilige berufliche Werdegang beider Bewerber dargestellt. Danach verfüge der Antragsteller über „mehrjährige hauptberufliche Kenntnisse in reinen Verwaltungsfunktionen“ und damit über einen Erfahrungsvorsprung in diesem Bereich der Aufgaben eines Vizepräsidenten, während der Beigeladene als Richter an einem Obergericht einen Erfahrungsvorsprung in seinem herausgehobenen Amt als Vorsitzender eines Senats in der Spruchpraxis habe. Diesen so ermittelten Sachverhalt würdigt und gewichtet der Antragsgegner dahingehend, dass er die richterliche Erfahrung im Hinblick auf das Anforderungsprofil des konkreten Amtes höher bewertet als die Verwaltungserfahrung.

Diese Bewertung ist einer gerichtlichen Überprüfung entzogen, da sie durch den Beurteilungsspielraum des Antragsgegners gedeckt ist. Die Feststellungen und Würdigungen des Antragsgegners werden auch nicht dadurch fehlerhaft, dass der Antragsteller einwendet, er sei bereits seit 1987 Richter auf Lebenszeit, der Beigeladene aber erst seit 1992. Denn der Antragsgegner darf insoweit auf die längere obergerichtliche Erfahrung des Beigeladenen abstellen. Zwar wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Auseinandersetzung mit dem beruflichen Werdegang der Bewerber und die dadurch erworbenen Kenntnisse einer detaillierteren Bewertung unterzogen worden wären, vor allem im Hinblick auf das Anforderungsprofil und darauf, dass beiden Bewerbern zugestanden wird, dass sie die Fähigkeit haben, sich in neue Aufgaben rasch einzuarbeiten (Seite 3 des Schriftsatzes vom 12. September 2001). Dennoch kann insoweit nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegner nach den oben genannten Kriterien fehlerhaft von seiner Beurteilungsermächtigung Gebrauch gemacht hat.

Nicht zutreffend ist, wie der Antragsgegner meint, die berufliche Erfahrung eines Bewerbers sei nur ein Hilfskriterium, das herangezogen werden darf (Seite 2 und 3 des o. g. Schriftsatzes). Die berufliche Erfahrung ist im Rahmen der Befähigung ein Hauptkriterium des Leistungsgrundsatzes, dass im konkreten Fall in die Bewertung Eingang finden muss. Der Dienstherr ist insoweit lediglich in der Gewichtung frei. Diese unzutreffende rechtliche Einschätzung des Antragsgegners bleibt allerdings ohne Folgen, da die berufliche Erfahrung ausweislich der ergänzenden Verfügung vom 10. September 2001 tatsächlich bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt wurde (Seite 5 der ergänzenden Ermessenserwägungen). In diesem Sinne versteht auch der Senat die Formulierung in der ergänzenden Verfügung vom 10. September 2001, dass „der beruflichen Erfahrung … keine auswahlerhebliche Bedeutung beigemessen“ wird. Denn die berufliche Erfahrung hat sehr wohl auswahlerhebliche Bedeutung, sie hat nach der zu billigenden Auffassung des Antragsgegners aber keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Sie lässt die Waagschale in diesem Bewerbungsverfahren nicht zugunsten des Antragstellers ausschlagen, da zulässigerweise eine Gewichtung dahingehend vorgenommen wurde, dass der richterlichen Erfahrung das größere Gewicht beigemessen wird.

Auch die vorangehenden dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen werden einander gegenübergestellt und in die Entscheidung einbezogen. Dazu stellt der Antragsgegner fest, „dass beide Bewerber in ihren jeweiligen Aufgaben über all die Jahre hin überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben. Nuancen im Einzelnen sind allenfalls von untergeordneter Bedeutung“. Der angefochtenen Beurteilung des Antragstellers vom 7. Juli 2000 misst der Antragsgegner keine besondere Bedeutung bei, da er insoweit feststellt, dass der Antragsteller während seiner Dienstzeit im Justizministerium überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe und die letzte dienstliche Beurteilung mit „besonders hervorragend“ diese Beurteilung überlagere. Auch diese Bewertung des Antragsgegners ist im Rahmen des summarischen Verfahrens nicht zu beanstanden. Denn gegen die angefochtene Beurteilung und ihre etwaige Fehlerhaftigkeit muss der Antragsteller in einem gesonderten Verfahren vorgehen (vgl. Schöbener, BayVBl. 2001, 321, 329).

Auch den Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts hat der Antragsgegner ausweislich der ergänzenden Verfügung vom 10. September 2001 nun nicht mehr außer Betracht gelassen. Mit den in der Verfügung dargelegten Erwägungen hat er begründet, weshalb er sich dem Besetzungsvorschlag nicht angeschlossen und eine anders lautende Auswahlentscheidung getroffen habe. Auch diese Beurteilung hält einer rechtlichen Prüfung stand. Vorliegend hat der Antragsgegner eine Abweichung vom Besetzungsvorschlag damit gerechtfertigt, dass er den größeren obergerichtlichen Erfahrungen des Beigeladenen (s.o.) und der geringfügig besseren letzten dienstlichen Beurteilung größeres Gewicht beimesse als der größeren Verwaltungserfahrung des Antragstellers. Ausgehend von der bereits dargelegten Bedeutung des Besetzungsvorschlages kann die so begründete Abweichung nicht als Überschreitung des dem Antragsgegner eingeräumten Beurteilungsspielraums bewertet werden.

Auch die Bewertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen vom 17. November 2000 durch den Antragsgegner ist vom Senat nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beide Bewerber im Wesentlichen gleich geeignet für die zu besetzende Stelle seien, dass insbesondere in der Gesamtbeurteilung beide das Spitzenprädikat „besonders hervorragend“ erhalten hätten. Das Leistungsbild des Beigeladenen ist allerdings nach Auffassung des Antragsgegners dadurch geprägt, dass seine Fachkenntnisse mit „sehr weit überdurchschnittlich“, die Fachkenntnisse des Antragstellers aber abgestuft als „weit überdurchschnittlich“ eingeschätzt wurden. Diese zwar nur geringfügige Differenzierung ist für die Auswahlentscheidung des Antragsgegners ein – wenn auch unter Einbeziehung der ergänzenden Verfügung vom 10. September 2001 nicht allein – entscheidendes Kriterium. Auch wenn beide Bewerber mit dem Gesamturteil „besonders hervorragend“ bewertet wurden, kann und muss der Antragsgegner die dienstlichen Beurteilungen selbständig werten. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, einzelnen Beurteilungsmerkmalen ein besonderes Gewicht beizumessen, denn, wie sich auch aus Ziffer 5.6. der Beurteilungsrichtlinie ergibt, sind die „standardisierten Abschlussbewertungen … nicht mit mathematischen Mitteln aus den Einzelbeurteilungen zu errechnen, sondern sollen sich aus der funktionsbezogenen Gewichtung der Beurteilungsmerkmale ergeben“. Dies ist nicht nur vom Beurteiler zu fordern, sondern muss auch dem Dienstherrn im Rahmen einer Beförderungsentscheidung zugestanden werden. Diese Bewertung ist am Leistungsgrundsatz orientiert, und deshalb gerichtlich nicht zu beanstanden.

Zu keiner anderen Beurteilung durch den Senat führt der Umstand, dass beim Antragsteller lediglich ein Beurteilungszeitraum von 11 Monaten zugrunde lag, während der Beigeladene über ca. 2 ½ Jahre beurteilt wurde. Zum einen ist eine solch unterschiedliche Zeitspanne bei mehreren Bewerbern bereits in den Beurteilungsrichtlinien angelegt. Nach Ziffer 5.1. der Richtlinie kann und darf nur der wahrgenommene Aufgabenbereich beurteilt werden. Zum anderen hat der Antragsgegner mittlerweile rechtsfehlerfrei nicht mehr allein auf die letzte dienstliche Beurteilung abgestellt, sondern den gesamten Inhalt der Personalakte in die Beurteilung mit einbezogen. Dies hat zur Folge, dass der nur kurze Beurteilungszeitraum dadurch relativiert wird, dass die weiteren Beurteilungen von Vortätigkeiten sowie sonstige Fachkenntnisse in die Entscheidung Eingang gefunden haben.

Auch das vom Antragsteller vorgelegte „textlinguistische Gutachten“, wonach seine zusammenfassende Beurteilung eine deutlich bessere Bewertung als die des Beigeladenen enthalte, veranlasst den Senat zu keiner anderen Entscheidung. Denn dieses Privatgutachten, das als Parteivortrag zu werten ist, könnte im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens nur dann Bestandteil einer Beweisaufnahme sein, wenn beide Bewerber mit der Heranziehung und Verwertung des Gutachtens und der darin gefundenen Ergebnisse einverstanden wären. Davon kann aber kaum ausgegangen werden. Eine Beweiserhebung, d. h. die Einholung eines Gutachtens durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen, verbietet sich aber aus verfahrensrechtlichen Gründen bereits im Eilverfahren, ohne dass entschieden werden muss, ob es einer solchen Beweisaufnahme hier überhaupt bedarf.

Letztlich kann auch dem Einwand des Antragstellers nicht gefolgt werden, der Antragsgegner habe nicht die Eignung der Bewerber gewürdigt. Der Antragsgegner hat die „Eignung im engeren Sinne“ beider Bewerber hinreichend beurteilt. Aus der Besetzungsentscheidung vom 13. Februar 2001 ergibt sich nämlich, dass nach Auffassung des Antragsgegners beide Bewerber über eine „außerordentliche Auffassungsgabe, Engagement, Führungsfähigkeit und Sozialkompetenz“ verfügen. Diese Feststellungen sind für eine Eignungsbeurteilung ausreichend. Hinsichtlich der Gewichtung hat er insoweit offensichtlich keinen Unterschied zwischen beiden Bewerbern gesehen.

Als unterliegende Partei hat der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und somit ein Kostenrisiko übernommen hat, sind seine außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen erstattungsfähig (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) und ebenfalls dem Antragsteller aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14, 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Buchst. a), Satz 2, 20 Abs. 3 GKG. Bei Zugrundelegung eines Endgrundgehalts nach der Besoldungsgruppe R 4 von 11.748,31 DM (Stand: 1. Januar 2001) ergibt sich ein Hauptsachestreitwert von 76.364,01 DM, der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf 38.182,00 DM zu halbieren ist. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung war entsprechend abzuändern. Die Befugnis hierzu folgt aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

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