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Berufung Nebenkläger – Anwendung Strafvorschriften

Oberlandesgericht Hamm

Az: III-3 RVs 52/11

Beschluss vom 15.09.2011


Die Revision wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.

G r ü n d e

I.

Die zugelassene Anklage der Staatsanwaltschaft Detmold vom 5. Juli 2010 legte dem Angeklagten zur Last, sich wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr strafbar gemacht zu haben. Mit Beschluss vom 3. August 2010 ließ das Amtsgericht den Nebenkläger ohne weitere Begründung und lediglich unter Hinweis auf „§§ 395, 396 StPO“ zum Verfahren zu. Am 4. Oktober 2010 sprach das Amtsgericht den Angeklagten frei. Auf die Berufung des Nebenklägers verurteilte das Landgericht den Angeklagten am 15. März 2011 wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässigem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60 €. Mit seiner Revision gegen das landgerichtliche Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Besonderer Erörterung bedarf nur Folgendes:

Das Landgericht hat die ihm aufgrund der – zulässigen – Berufung des Nebenklägers gegen das freisprechende Urteil des Amtsgerichts zukommende Prüfungs- und Entscheidungskompetenz nicht dadurch überschritten, dass es den Angeklagten wegen der nach § 395 Abs. 3 StPO nur unter eingeschränkten Voraussetzungen nebenklagefähigen Delikte der fahrlässigen Körperverletzung und des fahrlässigen gefährlichen Eingriffes in den Straßenverkehr verurteilt hat.

Aus § 400 Abs. 1 StPO folgt, dass das Rechtsmittelgericht das angefochtene Urteil auf ein Rechtsmittel des Nebenklägers ausschließlich auf die Anwendung zur Nebenklage berechtigender Strafvorschriften prüfen darf (BGH, Urteil vom 21. August 2008 – 3 StR 236/08 –, Rdnr. 13 <bundesgerichtshof.de>; NStZ 1997, 402).

Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) und fahrlässiger gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (hier nach § 315b Abs. 5 StGB) berechtigen nach §§ 395 Abs. 3, 396 Abs. 2 Satz 2 StPO nur dann zur Nebenklage, wenn das Gericht – mit konstitutiver und bindender Wirkung für die nachfolgenden Instanzen (OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1996, 310) – entscheidet, dass der Anschluss des Nebenklägers aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint.

Eine derartige Entscheidung lässt sich dem nicht näher begründeten Zulassungsbeschluss des Amtsgerichts vom 3. August 2010 nicht entnehmen, da zum damaligen Zeitpunkt eine Verurteilung des Angeklagten wegen der vom Landgericht als verwirklicht angesehenen Fahrlässigkeitsdelikte noch nicht im Raume stand.

Eine Entscheidung über die Berechtigung zur Nebenklage im Sinne der §§ 395 Abs. 3, 396 Abs. 2 Satz 2 StPO liegt indes jedenfalls in dem Urteil des Landgerichts. Das Landgericht hat den Angeklagten auf die Berufung des Nebenklägers wegen der genannten Fahrlässigkeitsdelikte verurteilt und hat damit zugleich konkludent bejaht, dass der Nebenkläger aus besonderen Gründen zur Wahrnehmung seiner Interessen berechtigt ist, diese Delikte im Wege der Nebenklage zu verfolgen. Eine konkludente Entscheidung über die Berechtigung zum Anschluss als Nebenkläger ist grundsätzlich möglich (BayObLG, GA 1971, 22; KG, VRS 35, 353; OLG Düsseldorf, NStE Nr. 5 zu § 397a StPO). Der Senat sieht keinen Grund, diese Möglichkeit auf die deklaratorische Zulassungsentscheidung in den Fällen des § 395 Abs. 1 und 2 StPO zu beschränken und nicht auch eine konkludente Entscheidung über die Nebenklageberechtigung im Falle der §§ 395 Abs. 3, 396 Abs. 2 Satz 2 StPO für zulässig zu halten, zumal nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur auch in anderem Zusammenhang eine auf konkludentem Wege erfolgte konstitutive und bindende Entscheidung über das Vorliegen einer bestimmten Interessenlage für möglich gehalten wird, namentlich im Falle der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung bei Antragsdelikten (vgl. BGH, NJW 1954, 1536; Fischer, StGB, 58. Aufl. [2011], § 230 Rdnr. 4).

Das nach § 396 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderliche rechtliche Gehör hat das Landgericht dem Angeklagten dadurch gewährt, dass es ihm in der – allein aufgrund des Rechtsmittels des Nebenklägers durchgeführten – Berufungshauptverhandlung am 15. März 2011 in Anwendung des § 265 Abs. 1 StPO den rechtlichen Hinweis erteilt hat, dass auch eine Verurteilung wegen der letztlich dann auch als verwirklicht angesehenen Fahrlässigkeitsdelikte in Betracht komme. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit gehabt, Einwendungen gegen die Verfolgbarkeit dieser Delikte im Wege der Nebenklage vorzubringen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO.

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