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Bestattungskosten – Übernahme durch Sozialamt bei mehreren Bestattungspflichtigen

Hessisches Landessozialgericht

Az.: L 9 SO 20/08 B ER

Urteil vom 20.03.2008 rechtskräftig

Vorinstanz: Sozialgericht Gießen, Az.: S 20 SO 218/07 ER, Entscheidung vom 18.12.2007


Entscheidung:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller macht Bestattungskosten für seine 2007 verstorbene Mutter geltend.

Die Mutter wohnte zuletzt im Haus „A.“ in N-Stadt, wo sie auch verstarb. Zu Lebzeiten der Mutter war der Antragsteller im Besitz einer Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht, im Übrigen war für die Mutter in N-Stadt ein Betreuer bestellt worden mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge, Kontrolle und Überprüfung der Betreuungsführung, die im Rahmen der Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht vom 26.06.1996 erfolgte“.

Am 10.04.2007 kontaktierte der Antragsteller ein Beerdigungsinstitut in N-Stadt und machte am gleichen Tage bei dem Antragsgegner die Übernahme „sämtlicher erforderlicher Kosten für die Bestattung der Mutter“ geltend. Beigefügt war eine Auflistung der bereits entstandenen Kosten, die mit Schreiben vom 13.04.2007 weiter präzisiert und um eine Rechnung für einen Sarg aus Kiefernvollholz sowie der Überführung der Verstorbenen von N-Stadt zum Krematorium in FD. in Höhe von insgesamt 600,95 Euro beigefügt war.

Unter dem 25.04.2007 schrieb der Antragsgegner die beiden Geschwister des Antragstellers an und teilte mit, dass sie als Sohn bzw. Tochter der Verstorbenen vorrangig zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet seien, soweit ihnen die Kostenübernahme zumutbar sei. Der Antragsgegner werde die Kosten der Bestattung aus Sozialhilfemitteln übernehmen, soweit eine Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergebe, dass die Kostentragung nicht zumutbar sei. Der Antragsteller selbst machte mit weiteren Schreiben u.a. vom 19.04.2007 weitere Kosten geltend und vertrat die Auffassung, dass er als Betreuer seiner Mutter für die Abwicklung der Beerdigungsangelegenheiten verantwortlich sei.

Der Antragsgegner errechnete sodann am 03.05.2007 die aus seiner Sicht erforderlichen Kosten für die Beisetzung und berücksichtigte dabei die genannte Rechnung über 600,95 Euro sowie eine weitere Rechnung der Pietät Z. in N-Stadt über 243,95 Euro. Weiterhin wurden öffentlich-rechtliche und sonstige Gebühren wie Nutzung der Leichenhalle, Gebühren für Feuerbestattung, Sterbeurkunde, Portokosten für Trauerkarten, Telefonkosten und Leichenschauschein berücksichtigt. Die erforderlichen Kosten wurden insgesamt mit 1.695,63 Euro beziffert.

Mit Bescheid vom 10.05.2007 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller eine Beihilfe zu den erforderlichen Kosten der Bestattung in Höhe von 553,84 Euro. Zugrunde gelegt wurde dabei der errechnete Gesamtbetrag, der durch drei geteilt wurde. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Antragsteller und seine Geschwister gleichzeitig Bestattungsverpflichtete im Sinne des Gesetzes seien. Ein Anspruch auf Kostenübernahme komme nur dann in Betracht, wenn die Kostentragung dem Verpflichteten nicht zugemutet werden könne. Die Prüfung des Antrags des Antragstellers habe ergeben, dass ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse die Kostentragung bezüglich seines Ein-Drittel-Anteils nicht zugemutet werden könne, weshalb dieser übernommen werde.

Mit Schreiben vom 18.05.2007 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass er allein Anspruch auf Kostenerstattung habe, da seine Geschwister keine Aufträge erteilt hätten und er auch nicht deren Beteiligung an seinen Aufwendungen verlangen könne. Er sei verpflichtet gewesen, sich kurzfristig um die Bestattung seiner Mutter zu kümmern und sei dabei von dem Antragsgegner nicht ordnungsgemäß beraten worden. Er habe für seine Mutter kein „Armenbegräbnis“ gewollt, sondern eine würdevolle Bestattung unter Berücksichtigung ihres Wunsches, in der Familiengrabstelle in FD. beigesetzt zu werden. Dabei habe er auch Arbeiten soweit wie möglich selbst ausgeführt.

Der Widerspruch des Antragstellers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2007 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2007 begehrte der Antragsteller die Übernahme weiterer Kosten gemäß eines Gebührenbescheides der Stadt FD. vom 07.05.2007 in Höhe von 2.980,00 Euro. Es handelte sich dabei um den Vorgang: „Bestattung und Verlängerung der Nutzung“, Doppelgrab/Erdgrab, Nutzungsdauer 12.07.2014 bis 11.07.2027 (13 Jahre).

Mit Bescheid vom 21.06.2007 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller eine Beihilfe in Höhe eines Drittels der erforderlichen Kosten, ausgehend von dem vorgenannten Bescheid der Stadt FD. Die erforderlichen Kosten wurden mit 852,00 Euro beziffert und umfassten ein Urnenreihengrab für 20 Jahre, Aschenbeisetzung bei auswärtiger Einäscherung und Benutzung von Friedhofseinrichtungen für 20 Jahre. Dem Antragsteller wurden 284,00 Euro überwiesen.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 04.07.2007 Widerspruch ein, veranlasste aber einen Tag später eine Zahlung an die Stadt FD. in Höhe von 1.258,00 Euro.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2007 zurückgewiesen. Lediglich der Drittelanteil des Antragstellers wurde von 284,00 Euro auf 288,70 Euro erhöht. Der Widerspruchsbescheid wurde am 24.09.2007 zur Post gegeben.

Mit am 25.10.2007 bei dem Sozialgericht Gießen eingegangen Schriftsatz hat der Antragsteller Klage erhoben und zugleich im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beantragt, die Bestattungskosten für seine verstorbene Mutter an ihn zu erstatten.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 18.12.2007 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, über die geltend gemachten Kosten sei zum großen Teil durch Bescheid vom 10.05.2007 entschieden worden, der auf den Widerspruch hin erlassene Widerspruchsbescheid sei bestandskräftig geworden. Der Antragsteller habe diesbezüglich erst am 25.10.2007 und damit weit nach Ablauf der Klagefrist Klage erhoben.

Soweit es demnach noch um die offene Rechnung der Stadt FD. in Höhe von 2.980,00 Euro ging, hat das Sozialgericht bereits einen Anordnungsgrund verneint, da offenbar keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen der Stadt FD. drohten und auf die Forderung der Stadt seitens des Antragstellers sogar 1.258,00 Euro gezahlt worden seien.

Im Übrigen sei aber auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden, der Antragsgegner sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller nur Anspruch auf Ersatz eines Drittels der notwendigen Bestattungskosten habe.

Dieser Beschluss ist dem Antragsteller am 20.12.2007 zugestellt worden, mit am 21.01.2008 (Montag) eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller Beschwerde erhoben, die er nicht begründet hat.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, bleibt ohne Erfolg.

Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weitere Beihilfen für die anlässlich der Bestattung seiner Mutter entstandenen Kosten über die bereits gewährten Beträge von 553,84 Euro sowie 288,70 Euro hinaus zu gewähren.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 3 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Hinsichtlich der mit Schreiben vom 10.04., 13.04. und 19.04.2007 geltend gemachten Kosten scheidet der Erlass einer einstweiligen Anordnung von vornherein aus, denn hierüber hat der Antragsgegner durch den Bescheid vom 10.05.2007 entschieden und einen Betrag von 553,84 Euro bewilligt (ein Drittel der für notwendig erachteten Gesamtkosten). Der hiergegen fristgerecht eingelegte Widerspruch des Antragstellers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 12.06.2007, zugestellt am 14.06.2007, als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den genannten Bescheid hat der Antragsteller nicht binnen eines Monats (§ 87 Abs. 1 SGG) Klage erhoben, so dass der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides bestandskräftig geworden ist. Daran ändert auch die am 25.10.2007 erhobene Klage des Antragstellers nichts mehr, denn die Klagefrist war zu diesem Zeitpunkt längst verstrichen und Wiedereinsetzungsgründe (§ 67 SGG) sind für den fraglichen Zeitpunkt dem Vortrag des Antragstellers nicht zu entnehmen. Bei bestandskräftigem Abschluss des Verwaltungsverfahrens kommt eine vorläufige Regelung in einem Eilverfahren nicht mehr in Betracht (vgl. z. B. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 11.08.2005 – 9 AS 14/05 ER – und vom 31.07.2006 – L 9 AS 140/06 ER –; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b Rdnr. 7).

Hinsichtlich der Rechnung der Stadt FD. über Friedhofsgebühren in Höhe von 2.980,00 Euro bestehen bereits Zweifel an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Ein solcher ist nur zu bejahen, wenn eine dringliche Notlage vorliegt, die eine sofortige Entscheidung erfordert (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 22.09.2005 – L 9 AS 47/05 ER – und vom 05.12.2006 – L 9 AS 123/06 ER –; Conradis in LPK-SGB II, 2. Auflage, Anhang Verfahren, Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b Rdnr. 28). Zu Recht hat das Sozialgericht insofern darauf hingewiesen, dass Vollstreckungsmaßnahmen seitens der Stadt FD. gegen den Antragsteller bisher nicht ersichtlich sind. Außerdem sind auf die bestehende Forderung 1.258,00 Euro gezahlt worden, so dass auch von daher Zweifel an der Eilbedürftigkeit bestehen, weil offensichtlich doch Mittel vorhanden sind. Andererseits erklärt der Antragsteller, dass er sieben Kinder habe, von denen drei regelmäßig bei ihm seien und dass er von daher an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt sei. Gläubiger drohten ihm wegen der Bestattungskosten bereits mit Zwangsverfahren und er müsse auch die geliehenen Gelder zurückzahlen. Angesichts dieses Vortrags und aufgrund der großen Differenz zwischen den insgesamt geleisteten 842,54 Euro und der noch in Streit stehenden Rechnung in Höhe von 2.980,00 Euro, was einen offenen Differenzbetrag von 2.137,46 Euro ergibt, kann ein Anordnungsgrund diesbezüglich nicht von vornherein verneint werden.

Es fehlt insoweit aber an einem Anordnungsanspruch.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Bestattungskosten durch den Antragsgegner aus § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII –. Die Vorschrift ist nahezu wortgleich mit § 15 Bundessozialhilfegesetz – BSHG –, wobei nach geltendem Recht Bestattungskosten allerdings nicht mehr zu den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt gehören, sondern zur Hilfe in anderen Lebenslagen (vgl. dazu H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 74 Rdnr. 2). Allerdings hatte das Bundesverwaltungsgericht schon zur bisherigen Rechtslage entschieden, dass es sich bei dem Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten durch den Träger der Sozialhilfe gemäß § 15 BSHG um einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigener Art handele, dem nicht entgegenstehe, dass die Bestattung bereits vor Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durchgeführt worden sei und die Kosten vor seiner Entscheidung beglichen worden seien (vgl. BVerwGE 105, 51 ff.). Bei der Übernahme von Bestattungskosten handelt es sich um eine Muss-Leistung der Sozialhilfe, auf die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtanspruch besteht.

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Voraussetzung für die Durchsetzung dieses Anspruchs ist zunächst, dass der Anspruchsteller zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet ist.

Zu Recht sind insofern sowohl der Antragsgegner als auch das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller zu den „Verpflichteten“ im Sinne des § 74 SGB XII gehört. Zwar trifft es nicht zu, wenn das Sozialgericht eine Verpflichtung deshalb angenommen hat, weil der Antragsteller Erbe sei und ihm deshalb eine Verpflichtung nach § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – treffe. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich aus einer Auskunft des Amtsgerichts N-Stadt, dass der Antragsteller und seine Geschwister wohl nicht Erben geworden sind. Es kann letztlich hier auch dahingestellt bleiben, ob der Antragteller und seine Geschwister aus einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung (§ 1615 BGB) hätten handeln müssen, denn jedenfalls traf sie eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Bestattung. Dies ergibt sich aus dem Hessischen Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen (§ 13 Abs. 1 und Abs. 2; vgl. H. Schellhorn, a.a.O., § 74, Rdnrn. 6 und 7; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 74, Rdnr. 24).

Weiterhin ist es zutreffend, dass der Antragsteller darüber hinaus auch deshalb Bestattungspflichtiger und damit Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII ist, weil er die entsprechenden Verträge mit dem Bestattungsunternehmen und der Friedhofsverwaltung geschlossen hat. Ob er dazu im Innenverhältnis ermächtigt war, weil es einen bestellten Betreuer mit dem Wirkungskreis Vermögenssorge gab, der unter anderem auch die Betreuungsführung durch den Antragsteller kontrollieren sollte, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die faktische Verpflichtung durch Vertragsabschluss führt nämlich entgegen der Ansicht des Antragstellers jedenfalls nicht dazu, dass ihm als alleinigen Verpflichteten der Ersatz der insgesamt erforderlichen Kosten zustehen würde. Dies gilt auch mit Blick auf das vom Antragsteller zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2001 (5 C 8.00, BVerwGE 114, 57 ff.). Danach reicht nämlich der Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger nur so weit, als der Verpflichtete von Dritten keinen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann. Vorliegend hätte der Antragsteller aber, wenn er alle Kosten selbst übernommen hätte, Ansprüche gegenüber seinen Geschwistern aus einem Gesamtschuldverhältnis (§ 426 BGB), da – wie oben dargestellt – auch die Geschwister Bestattungspflichtige sind. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass es grundsätzlich die Aufgabe eines Anspruchstellers ist, sich um die Verwirklichung seiner Ansprüche zu kümmern (anders offenbar SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 13.02.2007 – S 35 SO 12/06 –; vgl. GV., Aktuelle Rechtsprechung zu § 74 SGB XII in ZfF 2/2008, 40 [41]). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz (vgl. Grube, a.a.O., Rdnr. 27).

Ersatz der Bestattungskosten oder eines Teils davon durch den Sozialhilfeträger kann nach § 74 SGB XII jedoch nur ein Verpflichteter erhalten, dem nicht zugemutet werden kann, die Kosten selbst zu tragen.

Gibt es – wie vorliegend – mehrere Bestattungspflichtige, bei denen die Zumutbarkeit der Kostentragung nach den Recherchen des Antragsgegners jeweils in Frage steht, so haben alle drei Bestattungsverpflichtete auch als Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII einen Anspruch auf Kostenübernahme. Dementsprechend hat der Antragsgegner zutreffend dem Antragsteller nur ein Drittel der Gesamtkosten überwiesen. Sollte der Antragsteller für einen Teil der entstandenen Kosten allein aufgekommen sein, muss er sich den entsprechenden Anteil von seinen Geschwistern im Innenverhältnis erstatten lassen, weil eine Kostentragung nur dann unzumutbar ist, wenn von anderer Seite kein Ersatz erlangt werden kann. Sind die Geschwister selbst anspruchsberechtigt gegenüber dem Antragsgegner, müssen sie mit dem ihnen gewährten Anteil gegebenenfalls Ansprüche des Antragstellers befriedigen.

Bezüglich aller drei Bestattungsverpflichteter und damit Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII gilt jedoch, dass eine Kostenübernahme nur für die erforderlichen Kosten einer Bestattung in Betracht kommt. „Erforderlich“ in dem genannten Sinne sind die Kosten für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 7. Auflage 2005, § 74 Rdnr. 12). Zwar weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass der Eindruck eines Armenbegräbnisses oder Armengrabes zu vermeiden ist, vielmehr ist auch bei einem Begräbnis ortsüblicher einfacher Art auf eine Bestattung in Würde zu achten (vgl. so bereits Hess. VGH, Urteil vom 10.02.2004 10 UE 2497/03 –). Andererseits ist nicht alles, was bestimmten Traditionen oder Gebräuchen entspricht auch sozialhilferechtlich angemessen und muss deshalb vom Hilfeträger nicht finanziert werden (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 13.01.2006 – 10 UZ 1391/05 – m.w.N.).

Daraus ergibt sich, dass der Antragsgegner richtigerweise die Aufwendungen für Leichenschau, Leichenbeförderung, Sarg usw. übernommen hat. Zu den erforderlichen Kosten hätten auch das Waschen und das Einkleiden des Leichnams gehört, dies hat der Antragsteller aber offensichtlich selbst besorgt.

Weiterhin gehören zu den erforderlichen Kosten auch die Gebühren für eine Grabstätte. Auch hier gilt jedoch der sozialrechtliche Grundsatz, dass ein Grab ortsüblicher, einfacher Art zu bezahlen ist. Was ortsüblich und angemessen ist, bestimmt sich in erster Linie nach der jeweils maßgeblichen Friedhofssatzung (vgl. Berlit, a.a.O. mit Bezug auf VGH Baden-Württemberg, FEVS 41, 318). Hier ist dem Antragsteller entgegenzuhalten, dass sich die Ortsüblichkeit auf den Sterbeort, nämlich N-Stadt, bezieht und dass eine Überführung und die entsprechenden Mehrkosten für eine Bestattung in FD. nicht vom Sozialhilfeträger zu übernehmen sind.

Dies gilt erst recht für die Wahl des Grabes. Sozialhilferechtlich angemessen ist ein einfaches Reihengrab (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 13.1.2006 – 10 UZ 1391/05 -). Kosten für ein solches Urnenreihengrab sind vom Antragsgegner anerkannt worden. Die Aufwendungen für ein sehr viel teureres Wahlgrab sind dagegen nicht vom Sozialhilfeträger und damit letztlich von der Allgemeinheit zu finanzieren. Dies gilt im vorliegenden Falle umso mehr, als der größte Teil der Gebührenrechnung der Stadt FD. auf die Verlängerung der Grabnutzung entfällt, und zwar für eine Nutzungsdauer vom 12.07.2014 bis zum Jahre 2027. Es liegt auf der Hand, dass eine „Vorfinanzierung“ auf Jahrzehnte hinaus aus Sozialhilfemitteln unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Dem Antragsteller steht somit kein Anspruch auf weitere Kostenerstattung zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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