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Betriebsvorrichtungen umlagefähig?

OLG Koblenz

Az.: 6 U 720/12

Urteil vom 28.03.2013


Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. Mai 2012 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 35.331,81 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für das Jahr aus einem Betrag von 30.116,62 Euro seit dem 4. Januar 2011 und aus weiteren 5.215,19 Euro seit dem 18. Juni 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Darstellung tatbestandlicher Feststellungen bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

II.

A. Die Berufung ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin die Berufung nicht beschränkt auf die Hauptforderung eingelegt. Die Berufungsanträge der Klägerin aus ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 9. Juli 2012 sind bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass die Klägerin ihr Klagebegehren im Umfang ihres Berufungsantrags zu 11., mithin auch hinsichtlich der eingeklagten Zinsen, weiter verfolgt. Die Klägerin begehrt damit, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 16.859,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 4.757,03 Euro seit dem 18. Juli 2011 (Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008) und aus einem Betrag in Höhe von 12.102,58 Euro seit dem 4. Januar 2011 (Betriebskostenabrechnung 2009) zu zahlen.

B.

Die Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Betriebskosten aus ihren Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2008 und 2009 nach § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Gewerberaummietvertrag vom 15. März 2006 in Höhe von 16.506,59 Euro nebst Zinsen. Das Urteil des Landgerichts ist abzuändern, soweit es die Klage im vorgenannten Umfang abgewiesen hat. Wegen eines weitergehenden Betrags von 353,02 Euro nebst Zinsen ist die Berufung dagegen zurückzuweisen.

1. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Betriebskostenabrechnungen der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 formell ordnungsgemäß sind (zum Maßstab vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2010 – VIII ZR 27/10, NJW 2011, 1867 Rdnr. 8 m.w.Nachw.; diese und alle folgenden Entscheidungen zitiert nach juris). Dagegen wendet sich die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht.

2. Der Klägerin steht über den vom Landgericht bereits zuerkannten Betrag von 18.825,22 Euro hinaus ein Anspruch auf Zahlung weiterer 16.506,59 aus den beiden vorgenannten Betriebskostenabrechnungen zu.

a) Begründet sind aus der Betriebskostenabrechnung 2008 die Positionen Brandmeldeanlage + RWA, Wartung Sprinkleranlage, Wartung Trafo-Station, Wartung Wandhydranten, Sicherheitsbeleuchtung und elektrische Anlagen, insgesamt 4.757,03 einschließlich Umsatzsteuer, und aus der Betriebskostenabrechnung 2009 die Positionen Gasreglerstation, Brandmeldeanlage, Sprinkleranlage und Sicherheitsbeleuchtung in Höhe von 11.749,56 Euro.

Sämtliche vorgenannten Einzelpositionen sind nach § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags umlagefähig. Nach Satz 1 dieser Vertragsklausel ist die Wartung aller im Eigentum der Vermieterin (der Klägerin) befindlichen Betriebsvorrichtungen ohne Reparaturen wie z.B. Lüftung, Heizung, Türanlagen, Rollgitter, Aufzüge, Hebeanlagen, Fettabscheider, Feuerlöscher usw. Sache der Mieterin (der Beklagten). Nach Satz 2 hat die Vermieterin die entsprechenden Wartungsverträge in Abstimmung mit der Mieterin auf ihre Kosten abzuschließen und die Kosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung an die Mieterin weiterzugeben.

Den vorgenannten Kostenpositionen liegen, wie in der Berufungsverhandlung erörtert, jeweils Wartungsarbeiten aufgrund von Wartungsverträgen zugrunde, die die Klägerin abgeschlossen hat. Dies gilt auch hinsichtlich der auf dem Grundstück gelegenen Gasreglerstation, für die die Klägerin mit der Energieversorgung Mittelrhein GmbH einen Instandhaltungsvertrag abgeschlossen hat. Der in der Berufungsverhandlung vorgelegte Rechnungsbeleg für das Jahr 2009 bezieht sich auf die Überwachung und Wartung der Gasreglerstation.

Das Landgericht hat gemeint, sämtliche vorgenannten Kostenpositionen fielen nicht unter den Begriff der Betriebsvorrichtung im Sinne von § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags. Es hat die Klausel dahin ausgelegt, dass eine Betriebsvorrichtung nur dann vorliege, wenn die entsprechende Einrichtung in einer besonderen Beziehung zu dem in den Räumen ausgeübten Gewerbebetrieb stehe und mit ihr insbesondere das Gewerbe unmittelbar betrieben werde. Für die Annahme einer Betriebsvorrichtung genüge es nicht, dass eine Anlage für die Gewerbeausübung allgemein notwendig oder vorgeschrieben sei, etwa in Befolgung einer Brandschutzauflage. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dies ergebe sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und hat sein Verständnis der Klausel mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterlegt.

Dieser Auslegung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Berufungsgericht die durch das Landgericht vorgenommene Auslegung nach §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Dies gilt sowohl dann, wenn es sich um die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen handelt (Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 513 Rdnr. 2) als auch dann, wenn die Klausel als Individualvereinbarung anzusehen ist (BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 – VIII ZR 164/03, BGHZ 160, 83).

aa) Der Vertragsklausel hegt kein übereinstimmendes Verständnis der Parteien zugrunde, das Vorrang vor einer am objektiven Empfängerhorizont ausgerichteten Auslegung hätte (Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 133 Rdnr. 8 m.w.Nachw.).

Die Beklagte will den Begriff der Betriebsvorrichtung in Abgrenzung zu dem Begriff des Grundvermögens verstanden wissen, wie er in § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) beschrieben ist (ebenso § 4 Nr. 12 UStG). Danach sind in das Grundvermögen nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Die Beklagte beruft sich für die Auslegung und Abgrenzung im Einzelnen auf den „Gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen“ vom 15. März 2006 (Anlage B2). Die Beklagte ist der Auffassung, dass die streitigen Kostenpositionen nicht vom Begriff der Betriebsvorrichtungen umfasst sind, weil sie dem Betrieb des Gebäudes allgemein und nicht spezifisch dem Betrieb des Lebensmittelsupermarkts der Beklagten dienen. Dieses aus dem Steuerrecht stammende Begriffsverständnis hat auch das Landgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt.

Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags sämtliche Einrichtungen erfasst, die zum Betreiben des vermieteten Gebäudes – und nicht lediglich des darin ausgeübten Gewerbes – erforderlich sind. Von diesem weitergehenden Begriffsverständnis sind auch die hier streitigen Kostenpositionen umfasst.

bb) Da es an einem übereinstimmenden Verständnis der Vertragsparteien fehlt, ist die Klausel nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Der Senat hält das von der Klägerin vertretene Begriffsverständnis für zutreffend. Dies gilt sowohl dann, wenn – wie die Klägerin meint – § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist (nachfolgend (1)) als auch dann, wenn man die Klausel – wie die Beklagte – als Individualvereinbarung wertet (2)).

(1) (a) Der Senat geht davon aus, dass es sich bei der Klausel in § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Die Beklagte ist Verwenderin der Klausel, weil sie die Klausel gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Vertragspartnerin gestellt hat. Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist derjenige, auf dessen Veranlassung die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag zurückgeht (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 – IV ZR 74/08, NJW-RR 2010, 39 Rdnr. 3 m.w.Nachw.; Palandt/Grüneberg, aa0; § 305 Rdnr. 10). Maßgebend ist die Einseitigkeit der Auferlegung der Vertragsbedingung sowie der Umstand, dass der andere Vertragsteil, der mit einer solchen Regelung konfrontiert wird, auf ihre Ausgestaltung gewöhnlich keinen Einfluss nehmen kann (BGH, Urteil vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259, Rdnr. 12, 18).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig hat die Beklagte den vorformulierten Mietvertrag im Rahmen der Vertragsverhandlungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorgelegt. Das Mietvertragsformular trägt das Logo „Edeka“. Die Beklagte verwendet unstreitig inhaltlich weitgehend gleiche Mietverträge auch in anderen Mietverhältnissen über Lebensmittelsupermärkte. Wie der Leiter der Rechtsabteilung der Beklagten in der Berufungsverhandlung dargelegt hat, stammt der in § 10 Ziffer 6 verwendete Begriff der Betriebsvorrichtungen aus der Steuerabteilung des Edeka-Konzerns. Diese Umstände sprechen entscheidend dafür, die Beklagte als Verwenderin der vorformulierten Vertragsbedingungen anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte, wie sie geltend macht, gegenüber ihrer Vertragspartnerin Verhandlungsbereitschaft bekundet hat. Dass die Klausel im Einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB), zeigt die Beklagte nicht auf.

(b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zu Grunde zu legen sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 – XI ZR 168/08, NJW-RR 2011, 1188 Rdnr. 22; Urteil vom 14. November 2012 – VIII ZR 22/12, MDR 2013, 75, Rdnr. 15, jeweils m.w.Nachw.).

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(aa) Der Begriff der Betriebsvorrichtungen wird in § 10 Ziffer 6 des Gewerberaummietvertrags nicht abstrakt beschrieben. Er wird aber durch eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen konkretisiert, die als Betriebsvorrichtungen im Sinne der Klausel anzusehen sind. Diese Einzelaufzählung ist jedoch nicht abschließend gemeint, wie sich aus den Zusätzen „wie z.B.“ und „usw.“ ergibt.

Nach dem allgemeinen Sprachverständnis sind – weitergehend als das Landgericht gemeint hat – als Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags sämtliche im Eigentum der Klägerin befindlichen Einrichtungen des Gebäudes anzusehen, die dem Betrieb des Gebäudes dienen und eine Wartung erfordern. Insofern kann auch eine Parallele zu dem Begriff der „Betriebs-„Kosten gezogen werden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV sind Betriebskosten die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Zwar ist der vorgenannte Begriff der Betriebskosten mit dem in § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags verwendeten Begriff der Betriebsvorrichtungen nicht gleichzusetzen. Jedoch ist aus der gesetzlichen Umschreibung in § 1 Abs. 1 BetrKV zu ersehen, dass sich das Merkmal des „Betriebs“ nicht auf eine bestimmte Nutzungsart – z.B. als Lebensmittelsupermarkt -, sondern auf den Betrieb des zum Gebrauch überlassenen Gebäudes als solchem bezieht. Dieses Sprachverständnis ist auch dem Begriff der Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags zu Grunde zu legen. Dieses Verständnis entspricht auch dem erkennbaren Zweck der Regelung, bestimmte Wartungskosten, die infolge des Betriebes des vermieteten bebauten Grundstücks entstehen, abweichend von der abdingbaren gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB auf den Mieter abzuwälzen, dem das Mietobjekt zum Gebrauch überlassen ist.

(bb) Demgegenüber enthält der Wortlaut der Klausel keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff der „Betriebsvorrichtungen“ in einem spezifisch steuerrechtlichen Sinne und in Abgrenzung zum Begriff des Grundvermögens zu verstehen sein soll.

Es ist der Klausel auch im Übrigen nicht zu entnehmen, dass nur solche Einrichtungen erfasst sein sollen, die gerade und ausschließlich dem Betrieb eines Lebensmittelsupermarktes wie dem der Beklagten dienen. Dies ergibt sich insbesondere aus der beispielhaften Aufzählung allgemeiner Einrichtungen wie Lüftung, Heizung und Türanlagen. Denn diese Einrichtungen sind Bestandteil vieler Gewerbemietobjekte und werden nicht ausschließlich zum Betrieb eines Lebensmittelsupermarktes benötigt.

Die Verwendung der vorgenannten, weit gefassten Einzelbegriffe zur Konkretisierung des Oberbegriffs der „Betriebsvorrichtungen“ spricht gegen das von der Beklagten vertretene steuerrechtliche Verständnis beziehungsweise gegen ein gewerbespezifisches Verständnis. Aus dem von der Beklagten vorgelegten „Gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen“ vom 15. März 2006 (Anlage B2) ergibt sich, dass nach § 68 BewG Personenaufzüge, Rolltreppen und Rollsteige dem Gebäude zuzurechnen sind, während (nur) Lastenaufzüge in gewerblich genutzten Gebäuden, die unmittelbar dem Betriebsvorgang dienen, als Betriebsvorrichtungen anzusehen sind. Im Gegensatz dazu ordnet § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags Aufzüge allgemein den Betriebsvorrichtungen zu. Dies ist mit dem von der Beklagten vertretenen steuerrechtlichen Verständnis nicht vereinbar. Gleiches gilt für die Schlagworte Heizung und Lüftung. Nach dem vorgenannten Erlass sind Sammelheizungsanlagen, Be- und Entlüftungsanlagen, Klimaanlagen und Warmwasseranlagen regelmäßig Teil des Gebäudes; sie rechnen (nur) dann zu den Betriebsvorrichtungen, wenn sie ganz oder überwiegend einem Betriebsvorgang dienen, z.B. Klimaanlagen in Chemiefaserfabriken, Tabakfabriken und Reinräumen (Erlass Ziffer 3.6, S. 8). Diese Differenzierung wird in § 10 Ziffer 6 des Vertrags nicht vorgenommen; die Einrichtungen der Heizung und Lüftung werden statt dessen allgemein den Betriebsvorrichtungen zugeordnet.

Der Begriff der Betriebsvorrichtungen ist hier auch nicht deshalb in seiner steuerrechtlichen Bedeutung zu verstehen, weil er in § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG und § 4 Nr. 12 UStG gesetzlich umschrieben ist. Die aus dem Steuerrecht stammende gesetzliche Begriffsbestimmung könnte aus der Sicht eines verständigen Durchschnittskunden allenfalls dann maßgebend sein, wenn die Klausel einen entsprechenden Regelungsgegenstand hätte (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. März 2003 – VIII ZR 135/02, NJW 2003, 2607 Rdnr. 11). Das ist jedoch nicht der Fall. § 68 Abs. 2 Satz 1 BewG und § 4 Nr. 12 UStG befassen sich mit der Abgrenzung bestimmter Vorrichtungen vom Grundvermögen. Dabei geht es uni die Frage, ob bestimmte Gegenstände als Grundvermögen beziehungsweise ob bestimmte Umsätze aus Vermietung und Verpachtung zu besteuern sind. Im Gegensatz hat § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags keine steuerrechtliche Fragestellung zum Gegenstand. Vielmehr geht es um die mietrechtliche Frage, welche Kosten der Vermieter abweichend von § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB auf den Mieter abzuwälzen berechtigt ist. Für diese Frage ist die steuerrechtliche Behandlung des Grund- oder Betriebsvermögens der Vermieterin ohne Bedeutung.

(cc) Insoweit ist die Klausel auch nicht als mehrdeutig anzusehen. Das von der Beklagten vertretene steuerrechtliche Verständnis findet in der Klausel keinen Anhaltspunkt und liegt anhand des Regelungsgegenstands der Klausel auch fern. Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind, haben bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 – XI ZR 168/08, NJW-RR 2011, 1188 Rdnr. 22). Selbst wenn jedoch die Klausel als mehrdeutig anzusehen wäre, würden nach der gebotenen kundenfreundlichsten Auslegung Zweifel zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehen (§ 305 c Abs. 2 BGB). Es wäre deshalb ebenfalls das der Klägerin günstige, weitergehende Verständnis des Begriffs der Betriebsvorrichtungen zu Grunde zu legen.

(2) Das vorgenannte Verständnis der Klausel ist im Ergebnis auch dann maßgebend, wenn man die Klausel nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung, sondern als Individualvereinbarung ansehen wollte.

Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sind auch der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können. Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 – VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128 Rdnr. 33 m.w.Nachw.).

Auch nach diesem Auslegungsmaßstab ist nicht ein steuerrechtliches Verständnis maßgebend, sondern das vorstehend dargestellte, am allgemeinen Sprachgebrauch ausgerichtete Begriffsverständnis. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird – mit der Maßgabe, dass nicht auf das Verständnis eines Durchschnittskunden abzustellen ist, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont der Rechtsvorgängerin der Klägerin – auf die vorstehenden Ausführungen (oben (1) (aa) und (bb)) Bezug genommen.

(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Umlagefähigkeit der hier streitigen Betriebskostenpositionen nicht entgegen, dass sie in der Einzelaufzählung in § 10 Ziffer 6 des Mietvertrags nicht ausdrücklich erwähnt sind. Maßgebend für die Umlagefähigkeit ist, dass es sich bei den einzelnen Positionen um „Betriebsvorrichtungen“ handelt. Dies genügt jedenfalls in Verbindung mit der konkretisierenden Aufzählung von Beispielen dem Bestimmtheitsgrundsatz. Bei den in der Klausel aufgezählten Einrichtungen handelt es sich nur um einzelne Anwendungsfälle für umlagefähige Wartungsverträge, die nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel nicht als abschließend zu verstehen sind. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist durch die Fassung der Klausel genügt. Die hier streitigen Kostenpositionen unterfallen sämtlich dem Oberbegriff der Betriebsvorrichtung.

b) Die im Jahr 2009 angefallenen Kosten für Schädlingsbekämpfung in Höhe von 209,62 Euro kann die Klägerin nicht verlangen.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Umlage im Mietvertrag nicht vereinbart ist.

Die Kosten der Schädlingsbekämpfung sind auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt erstattungsfähig, insbesondere nicht als Aufwendungen im Rahmen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB). Die Klägerin hat vorgetragen, es habe sich um Maßnahmen gehandelt, die eigentlich von den jeweiligen Mietern auf ihren Mietflächen durchzuführen gewesen wären. Lediglich zur Gewährleistung einer besseren Koordination sei die Schädlingsbekämpfung von der Klägerin übernommen worden. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass es erforderlich gewesen wäre, an Stelle der Beklagten oder ihres Untermieters deren Geschäft wahrzunehmen, und dass dies im Interesse der Beklagten mit Rücksicht auf deren wirklichen oder mutmaßlichen Willen geschehen wäre (§ 677 BGB). Das (Eigen-) Interesse der Klägerin an der Gewährleistung einer besseren Koordination genügt für die Annahme einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht.

c) Auch die im Jahr 2009 aufgrund einer behördlichen Überprüfung des bebauten Grundstücks angefallenen Prüfungsgebühren in Höhe von 143,40 einschließlich Umsatzsteuer kann die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen. Auch hinsichtlich dieser Kostenpositionen haben die Parteien keine Umlage auf die Mieterin vereinbart. Eine Erstattungspflicht der Beklagten ist auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt erkennbar. Adressat des öffentlich-rechtlichen Bescheides war unstreitig die Klägerin.

3. Die Entscheidung über den Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 3, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 16.859,61 Euro festzusetzen.

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