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PKW-Kauf: Beweis- und Darlegungslast des Käufers für Mängel

OLG Köln

Az: 11 U 199/04

Urteil vom 01.03.2006


In dem Rechtsstreit hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2006 für Recht erkannt:

1.) Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 30.09.2004 (12 O 431/02) wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte. 3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Das Landgericht hat der Klage im zuerkannten Umfang zu Recht stattgegeben. Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug litt im Zeitpunkt des Gefahrüberganges (§ 446 BGB) am 29.01.2002 an einem Sachmangel im Sinne des § 434 BGB, weil der Motor einen übermäßigen Verschleiß aufwies.

a)
Das hat das Landgericht aufgrund der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen S im Einzelnen richtig ausgeführt. Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung allerdings zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sachverständige in seinen erstinstanzlich erstatteten Gutachten das Vorliegen eines übermäßigen Verschleißes nicht in unmissverständlicher Weise positiv festgestellt hat, so dass das landgerichtliche Urteil zu den gesetzlichen Grundsätzen über die Beweislastverteilung hätte im Widerspruch stehen können. Macht der Käufer – wie hier der Kläger – unter Berufung auf das Vorliegen eines Sachmangels Rechte gem. § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat, trifft ihn auch nach neuem Schuldrecht die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (BGHZ 159, 215, 217 ff. = NJW 2004, 2299; NJW 2005, 3490, 3491 f., NJW 2006, 434, 436 = Betriebs-Berater 2006, 68, 69 = BGHReport 2006, 205 m. Anm. Mankowski). Soweit § 476 BGB für den – hier gegebenen – Verbrauchsgüterkauf die Beweislast zu Gunsten des Käufers umkehrt, betrifft das nicht die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Die Vorschrift setzt vielmehr einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrüberganges vorlag (BGH a. a. O.). Im Schrifttum wird diese Rechtsprechung des BGH insoweit kritisiert, als der BGH bei der Anwendung des § 476 BGB allein auf den zu Tage getretenen Endmangel (dort: Motordefekt) abgestellt hat, nicht aber darauf, dass dessen Ursache (dort: Lockerung des Zahnriemens) selbst schon einen Mangel darstellt (vgl. Lorenz, NJW 2004, 3020, 3021; Roth, ZIP 2004, 2025, 2026; Gsell, JuS 2005, 967, 971; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1305, S. 850 f., jew. m.w.N.; sowie den Fall OLG Köln – 22. ZS – NJW-RR 2004, 268). Das führt vorliegend indes nicht zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers, weil er als Käufer auch im Falle des § 476 BGB den Mangel an sich in vollem Umfang zu beweisen hat. Als den Motordefekt verursachender Grundmangel kommt hier übermäßiger Verschleiß in Betracht. Dieser äußert sich in Erscheinungen, die typischerweise auch andere Ursachen, etwa fehlerhaften Gebrauch, haben können. In diesem Fall sind sie nicht Ausdruck eines Mangels. Der Käufer hat daher den Beweis zu führen, dass die von ihm als Mangel geltend gemachten Erscheinungen Ausdruck übermäßigen Verschleißes sind und nicht auf sonstigen Ursachen beruhen (Roth a. a. O.; vgl. auch BGH NJW 2006, 434, 436 = Betriebs-Berater 2006, 68, 69 = BGHReport 2006, 205 m. Anm. Mankowski). Damit bleibt die Beweislast beim Kläger als Käufer.

Diese Beweislastverteilung verhilft der Berufung des Beklagten indes nicht zum Erfolg. Denn der Sachverständige hat in dem vom Senat eingeholten ergänzenden Gutachten im einzelnen und überzeugend ausgeführt, dass der Motor des gekauften Fahrzeuges schon im Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger an übermäßigem Verschleiß litt. Eine Verursachung durch den Kläger hat er eindeutig ausgeschlossen. Der festgestellte Verschleiß am Kolben und Zylinder sei nicht auf das Betreiben des Motors ohne Motoröl zurückzuführen. Dieses Ergebnis hat der Sachverständige überzeugend begründet und gegen die Einwendungen des Beklagten plausibel verteidigt. Seine gutachterlichen Ausführungen sind vollständig, widerspruchsfrei und überzeugend, so dass die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht gegeben sind (dazu Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 412 Rn. 1).

b)

Danach haftet der Beklagte für die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen, insbesondere auch auf Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte den Sachmangel zu vertreten hat oder nicht. Sollte das nicht der Fall sein, ergibt sich der Anspruch jedenfalls aus §§ 434, 439 Abs. 1, 281, 284 BGB. Der Beklagte schuldete dem Kläger im Rahmen der Nacherfüllung die Beseitigung des Mangels. Sowohl bei der geleisteten Anzahlung als auch den zur Begleichung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten handelte es sich um Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB, die der Kläger im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung, insbesondere auch im Vertrauen auf eine etwaige Nacherfüllung, vorgenommen hat. Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich, da der Beklagte durch das Leugnen eines Mangels die geschuldete Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat, so dass er sich aus diesem Grunde ersatzpflichtig gemacht hat (vgl. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502 ff.; Harke, ZGS 2006, 9, 11) Auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss hat sich der Beklagte im vorliegenden Prozess zu Recht nicht berufen. Ein solch umfassender Gewährleistungsausschluss verstößt gegen § 475 BGB; eine geltungserhaltende Reduktion der hier als AGB gestalteten Klausel dahin, dass jedenfalls der gem. § 475 Abs. 3 BGB mögliche Ausschluss von Schadensersatzansprüchen wirksam bliebe, kommt nicht in Betracht (vgl. OLG Bremen OLGR 2004, 117, 118).

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die dafür nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Berufungsstreitwert: 6.639,60 € (77,02 €, 6.062,58 €, 500,00 €)

 

 

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