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Wandelung – Eigenschaftszusicherung bzgl. Verwendung von Biodiesel

Oberlandesgerichts Karlsruhe

Az.: 9 U 165/01

Urteil vom 29.05.2002

Vorinstanz: LG Konstanz – Az.: 5 O 139/01

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


Leitsätze:

1. Zur Frage der Gewährleistung für die Zusicherung beim Verkauf eines Neufahrzeugs als uneingeschränkt zum Betrieb mit Biodiesel geeignet, wenn nach vom Hersteller später mitgeteilter Unzulässigkeit der Verwendung von Biodiesel diese Angabe zwar zurückgenommen, verbleibende Zweifel aber nicht ausgeräumt werden.

2. Zur Aufnahme der Berechnung der Gebrauchsvorteile in den Urteilstenor.


In Sachen hat das Oberlandesgericht Karlsruhe 9. Zivilsenat in Freiburg für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird Ziff. 1 des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 15.08.2001 wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.867,13 € abzüglich eines Eurogeldbetrags, der sich nach der Formel 31.867,13 mal Kilometerstand des Fahrzeugs bei der Rückgabe dividiert durch 200.000 errechnet, zuzüglich Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz für die Zeit vom 21.03.2001 bis 31.12.2001 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB n.F. ab 01.01.2002 Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs …., amtliches Kennzeichen ….., Fahrgestellnummer…….zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn dass der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrags in Anspruch.

Der Kläger kaufte bei der Beklagten am 07.06.2000 einen Neuwagen …Diesel, Modelljahr 2001, zum Preis von 62.526,69 DM inklusive Mehrwertsteuer. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte das Fahrzeug im Rahmen der Betriebsanleitung des Herstellers für den Betrieb mit sogenanntem Biodiesel (RME = Raps Methylester) uneingeschränkt tauglich sein. Nach Übergabe des Fahrzeugs am 21.09.2000 übersandte die Beklagte dem Kläger am 23.01.2001 per Fax eine Mitteilung der…. GmbH, wonach die Verwendung von Biodiesel u.a. für Dieselfahrzeuge der Baureihe……..neu nicht zulässig sei. Der Grund sei, „dass Kraftstofftank- und Leitungsdichtungen u. U. schwellen oder Rückstände hinterlassen, die zu einem späteren Zeitpunkt Motorlaufprobleme verursachen könnten“. Ein Zubehörsatz zur Umrüstung auf Biodieseltauglichkeit sei nicht vorgesehen und auch nicht in der Planung.

Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte. Am 06.03.2001 teilte ihm diese telefonisch mit, dass das Fahrzeug nunmehr wieder mit RME betrieben werden könne. Eine entsprechende schriftliche Bestätigung lehnte die Beklagte unter Hinweis auf eine entsprechende Weisung der Fa. GmbH ab.

Mit Schreiben vom 21.03.2001 erklärte der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrags unter Hinweis auf die fehlende oder zumindest zweifelhafte Tauglichkeit des Fahrzeugs für den Betrieb mit RME. Dessen Verwendung sei für den Vertragsschluss maßgebend gewesen.

Der Kläger ist der Ansicht, da die Beklagte eine schriftliche Unbedenklichkeitserklärung in Bezug auf die Verwendung auf RME nicht abgegeben habe, müsse er davon ausgehen, dass der Betrieb des Fahrzeugs mit Biodiesel nicht ohne – sich möglicherweise erst nach Ablauf von Gewährleistungsfristen entwickelnde – Schäden an Kraftstoffleitungen und Motor möglich sei.

Unter Berufung auf die erklärte Anfechtung, hilfsweise auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 62.526,69 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach §1 Diskontsatzüberleitungsgesetz vom 09.06.1998 Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges……amtliches Kennzeichen ….., Fahrgestellnummer….. zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich in Verzug der Annahme des im Klageantrag Ziffer 1 näher bezeichneten Fahrzeugs befindet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat das Vorliegen eines Mangels bestritten; jedenfalls müsse sich der Kläger die gezogene Nutzung im Wert von 0,67 % je gefahrene 1000 km anrechnen lassen.

Das Landgericht hat der Klage unter Abzug der gezogenen Nutzungen stattgegeben. Dem Kläger stehe ein Wandlungsanspruch zu. Es sei vom Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft auszugehen, da die Beklagte die durch die Mitteilung der Fa. … GmbH vom 23.01.2001 erweckten ernsthaften Zweifel an der Betriebssicherheit des Fahrzeugs, bezogen auf den Betrieb mit RME, nicht ausgeräumt habe.

Wegen der Einzelheiten der Begründung und ergänzend zum Sachverhalt wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach das Fahrzeug keinen Mangel habe, und verweist auf

eine Erklärung der Fa…..GmbH, die dem Kläger vor Prozessbeginn zugegangen sei (Anlage B 2, II 43). Hilfsweise für den Fall der Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangt sie die Übergabe einer Rechnung mit gesondertem Ausweis des Umsatzsteuerbetrags, ferner die Zugrundelegung des Listenpreises für die Ermittlung des Werts der gezogenen Nutzungen. Dieser könne, da das Fahrzeug vom Kläger weiterhin genutzt werde, nur durch Festlegung der zu verwendenden Formel festgestellt werden; Verzugszinsen könne der Kläger nicht verlangen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 15.08.2001 die Klage abzuweisen.

Hilfsweise: Das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 15.08.2001 (5 O 139/01) wird insoweit aufgehoben, als das Landgericht die Beklagte verurteilt hat und dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger DM 62.326,79 abzüglich eines Geldbetrages, der sich errechnet nach der Formel Kilometerstand bei Rückgabe: 200.000 x 72.318,25, zu bezahlen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges …., Fahrgestell-Nr.: ….und gegen Übergabe einer ordentlichen Rechnung, adressiert an die Beklagte, welche die in dem zu errechnenden Betrag enthaltene Umsatzsteuer ausweist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger bestreitet den Erhalt der von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegten Erklärung. Soweit die Beklagte bestreite, das Fahrzeug könne nicht mit Biodiesel betrieben werden, sei dies als unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen zu werten. Im Übrigen ist er der Ansicht, der Bemessung der Gebrauchsvorteile sei der tatsächliche Kaufpreis zugrunde zu legen; zur Übergabe einer Rechnung sei er nicht verpflichtet, die Verzugszinsen habe das Landgericht zutreffend festgesetzt.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen nicht begründet.

Der Kläger ist zur Wandlung des Kaufvertrags vom 07.06.2000 berechtigt, weil das Fahrzeug einen erheblichen Sachmangel aufweist.

Es entspricht allgemeiner Rechtsansicht, dass auch der begründete Verdacht mangelnder Eignung einer Kaufsache zu dem vertraglich vereinbarten Zweck einen Fehler darstellen kann, sofern dieser Verdacht nicht nachträglich ausgeräumt wird.

Aufgrund der Mitteilung der Fa……GmbH vom 22.01.2001, die die Beklagte im Rahmen

ihrer vertraglichen Nebenpflichten dem Kläger am 23.01.2001 übermittelt hat, besteht der begründete Verdacht, dass das Fahrzeug entgegen der vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit zum Betrieb mit RME-Kraftstoff nicht geeignet ist, weil Kraftstofftank- und Leitungsdichtungen u. U. schwellen oder Rückstände hinterlassen, die zu einem späteren Zeitpunkt Motorlaufprobleme verursachen können. Aus diesem Grund ist in diesem Schreiben die Verwendung von Biodiesel u. a. für die Fahrzeugreihe ….für nicht zulässig erklärt. Es ist nicht anzunehmen, dass die Vertragshändler diese mit den bisherigen Werbeaussagen der Fa. … GmbH in Widerspruch stehende Herstellerinformation ohne begründeten Anlass erhalten haben.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger die als Anlage B 2 im Berufungsverfahren vorgelegte Mitteilung der…. GmbH vom 05.03.2001 vor Prozessbeginn zugegangen ist. Mit dieser Mitteilung ist der durch die Information vom 22.01.2001 entstandene Verdacht nicht ausgeräumt worden. Der nicht näher ausgeführte Hinweis, dass Langzeittests gezeigt hätten, dass der Gebrauch von RME unbedenklich sei, reicht dazu nicht aus. Vielmehr hätte die Beklagte eingehend darlegen müssen, aufgrund welcher Vorgänge der von der Firma .. GmbH im nachhinein für unbegründet erklärte Verdacht entstanden war und durch welche Untersuchungen, an wie vielen Fahrzeugen und über welchen Zeitraum, der Verdacht entkräftet wurde. Auch eine schriftliche Zusicherung etwa des Inhalts, dass Schäden am Fahrzeug infolge der Verwendung von Biodiesel nicht entstehen können, hat die Beklagte nicht abgegeben.

Da die Rückzahlung des Kaufpreises keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne darstellt, weil sich der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs darin erschöpft, einen bereits vollzogenen Leistungsvorgang wieder rückgängig zu machen, fällt keine Umsatzsteuer an (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, /.Aufl., Rn. 772). Es besteht deshalb auch kein Anspruch auf Vorlage einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis.

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Zutreffend hat das Landgericht zur Ermittlung des Werts der gezogenen Nutzungen nicht den Listenpreis sondern den tatsächlichen Kaufpreis zugrunde gelegt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger das Fahrzeug inzwischen weiter gefahren hat, so dass sich ein höherer Betrag als Nutzungsvergütung ergibt. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bis zur Rückgabe des Fahrzeugs. Diese berechnen sich nach der Formel: Brutto kauf p reis mal gefahrene Kilometer dividiert durch die erwartete Gesamtlaufleistung; letztere haben die Parteien übereinstimmend mit 200.000 angegeben. Der Senat schließt sich der Auffassung von Reinking/Eggert (aaO, Rn. 826) an, wonach aus praktischen Erwägungen eine über den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung hinausweisende Tenorierung zugelassen werden kann, sodass sich im vorliegenden Fall der vom Landgericht zugrundegelegte Brutto kauf p reis von 62.326,69 DM (gem. Angebot vom 05.06.2000) = 31.867,13 € um einen Euro-Betrag vermindert, der sich berechnet wie folgt:

31.867,13 x Kilometerstand bei Rückgabe 200.000.

Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern.

Gemäß § 347 S. 3 BGB hat der Verkäufer im Falle der Wandlung den empfangenen Kaufpreis nebst Zinsen ab Empfang des Kaufpreises zurückzuzahlen. Geltend gemacht sind Zinsen erst ab 21.03.2001 und zuzusprechen – vom Kläger nicht angegriffen – nur für den um die Gebrauchsvorteile verminderten Betrag.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 92 Abs.2, 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 ZPO in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung liegen nicht vor.

 

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