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Bodenbelagsmängel – Werklohnminderung

Kammergericht Berlin

Az: 7 U 120/08

Urteil vom 15.09.2009


In dem Rechtsstreit hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2009 für Recht erkannt:

Auf die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das am 3. Juli 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 20 des Landgerichts Berlin – 20 O 464/07 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 13.298,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 349,22 EUR seit dem 5. Februar 2007 und aus 12.949,15 EUR seit dem 11. Mai 2007 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger vorprozessual ausgelöste Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.647,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens – 20 OH 5/06 – hat die Beklagte zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz fallen den Klägern 41 % und der Beklagten 59% zur Last.

Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin in zweiter Instanz haben die Kläger bei einem Streitwert von 783,26 EUR zu 65% zu tragen. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Das gilt entgegen der Ansicht der Kläger auch für die Berufung der Streithelferin der Beklagten, die geltend macht, die Beklagte sei mit einem Betrag von 783,26 EUR beschwert. Dieser Betrag liegt über der zulässigen Berufungssumme von 600,00 EUR (§ 511 Abs. Nr. 1 ZPO). Ob die Streithelferin damit durchdringt, ist keine Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels. Da die Beklagte der Berufung der Streithelferin nicht ausdrücklich widersprochen hat, bleibt ihr Rechtsmittel insgesamt zulässig.

I.

Die Berufung der Streithelferin hat teilweise Erfolg.

1. Die Kläger können für die Ebenheitsabweichungen des Bodens im Dachgeschoss keine Minderung von 508,13 EUR beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 638 BGB liegen dafür nicht vor.

Gemindert werden kann der Werklohn nach dieser Bestimmung nur, wenn der Mangel den Wert des Werkes herabsetzt. Üblicherweise lehnt sich die Wertminderung an den Geldbetrag an, der aufgewendet werden muss, um die bei Abnahme vorhandenen Mängel zu beheben. Dabei hat das Gericht nach § 638 Abs. 3 S. 2 BGB die Möglichkeit, unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände nach freier Überzeugung die Höhe zu schätzen, wobei die Schätzung möglichst nahe an die Wirklichkeit heranführen soll (vgl. BGH NJW-RR 1997, 688, 689). Diese Schätzung führt auch unter Berücksichtigung der Mängelbeseitigungskosten zu der Feststellung, dass das Werk nicht als minderwertig anzusehen ist. Ein Minderwert ist nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen … in seinem Gutachten vom 28. Februar 2007 (S. 22) bei den Ebenheitsabweichungen im Dachgeschoss nicht festzustellen, weil diese optisch nicht wahrnehmbar sind und keine Beeinträchtigung für irgendwelche Funktionen von den Unebenheiten ausgehen. Es handelt sich nur um eine messtechnisch feststellbare Ungenauigkeit, die die Nutzung des Teppichbodens in keiner Weise beeinträchtigt. Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen auch dann, wenn die Kläger diesen Mangel optisch wahrgenommen und den Sachverständigen bei der Ortsbesichtigung darauf hingewiesen haben sollten; denn der Mangel fällt nach sachverständiger Begutachtung nicht ins Gewicht. Der Sachverständige hat sich zwar auftragsgemäß auch zu den Kosten der Mängelbeseitigung geäußert (S. 23), dabei aber nochmals klargestellt, dass er in den Ebenheitsabweichungen im 1. Obergeschoss keine Wertminderung sieht. Das hat das Landgericht nicht beachtet und mit 508,13 EUR eine Minderung zugesprochen, die auch der Höhe nach durch das Gutachten des Sachverständigen Barth nicht belegt wird. Danach betragen die Kosten der Mängelbeseitigung nur rd. 480,00 EUR brutto.

Die Kläger können sich zur Begründung des Minderungsanspruchs auch nicht auf die vom Sachverständigen … auf S. 22 des Gutachtens genannten Ausnahmen berufen. Sie betreffen Abweichungen im Bereich der Tür vom Windfang zum Treppenbereich und im Bereich der Fliesen. Das hat nichts mit dem Teppichbelag im Dachgeschoss zu tun.

Hinzu kommt, dass die Kläger die Kosten der Mängelbeseitigung, die ausweislich der Anlage 5 zum Gutachten des Sachverständigen … für das Spachteln und Grundieren des Estrichs anfallen würden, auch nicht als Mängelbeseitigungskosten verlangen könnten. Die Beseitigung der Unebenheiten im Bodenbelag des Dachgeschosses könnte die Beklagte gemäß § 635 Abs. 3 i.V.m. § 275 Abs. 2 BGB wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu den dafür erforderlichen Aufwendungen unter Abwägung aller Umstände mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist (BGH NJW-RR 2006, 304, 305). Davon ist hier auszugehen. Es gibt kein vernünftiges Interesse der Kläger an der Beseitigung der Unebenheiten des Estrichs, die mit der kostenaufwändigen Erneuerung des Fußbodenbelags einher gehen, wenn diese Unebenheiten optisch nicht ins Gewicht fallen und auch sonst keine Beeinträchtigungen davon ausgehen. Auch aus diesem Grund kommt eine an den Mängelbeseitigungskosten orientierte Minderung hier nicht in Betracht. Verlangt werden kann in diesem Fall nur der technische Minderwert, der sich aus der Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Gebäudes ergibt (BGH NJW 2003, 1188). Eine solche Beeinträchtigung ist hier aber nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … nicht festzustellen.

Schließlich ist der Vortrag der Streithelferin in der Berufungsbegründung auch nicht verspätet. Die Streithelferin hat keine neuen Tatsachen vorgetragen, sondern lediglich die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen.

2. Unbegründet ist die Berufung der Streithelferin hinsichtlich des vom Landgericht zugesprochenen Minderungsbetrages für die Ebenheitsabweichungen auf dem Fußboden des Gäste-WCs im Erdgeschoss.

Wie das Landgericht zu der Annahme kommt, die Herstellungskosten könnten auf einen Betrag von 2.000,00 EUR geschätzt werden, aus dem sich ein Minderungsbetrag von 300,00 EUR ergebe, erschließt sich dem Senat zwar nicht. Eine Grundlage für diese Schätzung ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Gleichwohl ist die vom Landgericht zugesprochene Wertminderung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist nicht allein auf die vom Sachverständigen BEE festgestellte Wertminderung von 15% abzustellen. Nach den unter 1. genannten Rechtsgrundsätzen, können die Kläger dem Minderungsverlangen die tatsächlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten zu Grunde legen, weil im Gäste-WC, anders als bei den Unebenheiten im Dachgeschoss, ein optischer Mangel erkennbar ist, der die Erneuerung des Fußbodens rechtfertigen würde. Dabei ist nicht nur von den Herstellungskosten auszugehen, die die Streithelferin mit 166,00 EUR beziffert; denn darin ist jedenfalls nicht der Betrag enthalten, der für das Entfernen der vorhandenen Fliesen anfällt. Hinzukommen außerdem die üblichen Nebenkosten für An- und Abfahrt. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung von Kosten in Höhe von 427,00 EUR netto ausgeht, hat der Senat im Rahmen der ihm durch § 638 Abs. 3 S. 2 BGB eingeräumten Möglichkeit der Schätzung keine Zweifel, dass die Mängelbeseitigungskosten jedenfalls in Höhe der vom Landgericht zugesprochenen 300,00 EUR anfallen.

III.

Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls teilweise begründet.

1. Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten soweit sie sich gegen die Einbeziehung der Mehrwertsteuer in die Berechnung der Minderung bezieht.

Wird die Minderung nach dem Geldbetrag berechnet, der aufzuwenden ist, um den Mangel zu beseitigen, ist die zu zahlende Vergütung der Schätzung zu Grunde zu legen, die die Mehrwertsteuer jedenfalls dann umfasst, wenn keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. Das entspricht der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht (OLG München OLGR 2004, 349; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1668). Auf die Rechtsprechung des Senats zum Schadenersatz (KG BauR 2009, 107) kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen. Der Minderungsanspruch ist kein Schadensersatzanspruch und darf deshalb auch nicht wie ein solcher berechnet werden (BGHZ 58, 181, zitiert nach juris, Rn.27). § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ist mangels planwidriger Regelungslücke auf die Berechnung der Minderung auch nicht entsprechend anwendbar (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 249 Rn. 18). Entscheidend für die Einbeziehung der Mehrwertsteuer in die Berechnung der Minderung spricht der Umstand, dass die verminderte Vergütung im selben Verhältnis zum vollen Werklohn steht, wie der Verkehrswert des mangelhaften Werkes zu dem Verkehrswert der mangelfreien Leistung. Fällt auf den vom Auftraggeber geschuldeten Werklohn mithin die Mehrwertsteuer an, muss sie bei der Berechnung der Minderung berücksichtigt werden, soweit die Minderung nicht nur als merkantiler oder technischer Minderwert berechnet und geltend gemacht wird. Das ist bei den von der Beklagten mit der Berufungsbegründung angegriffenen Mängelbeseitigungskosten nicht der Fall. Weitere Gründe, die für die Herabsetzung der Minderung sprechen könnten, trägt die Beklagte nicht vor.

2. Die gegen den Feststellungsantrag gerichtete Berufung der Beklagten ist begründet. Die Kläger haben das erforderliche Interesse an alsbaldiger Feststellung gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht dargetan.

Soweit die Kläger die Feststellung begehren, dass ihnen jede weitere finanzielle Einbuße im Zusammenhang mit den im selbständigen Beweisverfahren festgestellten baulichen Defiziten zu erstatten seien, fehlt es an der schlüssigen Darlegung, welche Kosten hier noch anfallen sollten. Die im selbständigen Beweisverfahren ermittelten Kosten können durch eine Leistungsklage geltend gemacht werden. Das gilt insbesondere auch für die Sachverständigenkosten, die jedenfalls bezifferbar sind und daher nicht ersichtlich ist, worin das Feststellungsinteresse liegen könnte. Das gilt auch für bereits angefallene Zinsen auf die von den Klägern verauslagten Sachverständigenkosten. Weitere Kosten durch Preissteigerungen können schon deshalb nicht anfallen, weil die Kläger mit ihrer Klage keine Vorschüsse zur Mängelbeseitigung, sondern endgültige Schadens- und Minderungsbeträge geltend gemacht haben.

Die erstmals mit der Berufungserwiderung zur Diskussion gestellten Schäden durch Wärmeverlust begründen ebenfalls kein Feststellungsinteresse. Befindet sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, steht das dem Feststellungsinteresse zwar nicht entgegen (BGH NJW 1985, 1552; NJW 1996, 2097; zitiert nach juris). Es ist aber nicht einmal ansatzweise dargetan, wie die Kläger den Schaden, der grundsätzlich bereits entstanden ist, zu einem späteren Zeitpunkt berechnen wollen. Der schlichte Vergleich von Heizkosten reicht schon deshalb nicht aus, weil ein höherer Energieverbrauch auf vielfältigen Ursachen beruhen kann und daher die schlüssige Darlegung eines Schadens der Höhe nach, der auf einer unzureichenden Wärmedämmung der Fensterrahmen beruhen könnte, auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht erkennbar ist. Die „Auswertung der Heizkostenverbräuche“ reicht dafür jedenfalls nicht aus.

IV.

Danach ergibt sich folgende Abrechnung der Forderung der Kläger:

Restforderung Carport| 349,22 EUR

Mangel an Dachflächenfenster| 6.221,81 EUR

Minderung Parkett| 1.920,49 EUR

Mangel an Teppichböden| 3.917,78 EUR

Entsorgung Balkonbohlen| 483,16 EUR

Beseitigung von Geräuschbeeinträchtigungen| 105,91 EUR

Unebenheiten im Dachgeschoss| – EUR

Unebenheiten im Gäste-WC| 300,00 EUR

| 13.298,37 EUR

Der Urteilstenor zu 2. Ist nicht angefochten worden und bleibt daher unberührt.

V.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

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