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Bußgeldverfahren – Rechtswidrigkeit von Videomessverfahren

Oberlandesgericht Rostock

Aktenz: 2 Ss OWi 257/09

Beschluss vom 16.11.2009


In der Bußgeldsache wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Rostock auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ludwigslust vorn 10.08.2009 – 1 OWi 810/08 – auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. November 2009 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 und 3 StPO).

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO.

Gründe:

Das Rechtsmittel des Betroffenen ist zwar gemäß § 79 Abs 1. Nr. 2 OWiG statthaft und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts ordnungsgemäß begründet worden, mithin zulässig. Ihm ist in der Sache indes der Erfolg zu versagen.

I.
Der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit steht vorliegend kein – von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis entgegen. Eine Einstellung des Verfahrens kommt daher nicht.

Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass ein gesetzlich ausdrücklich bestimmtes Prozesshindernis bestehen könnte. Darüber hinaus berechtigen (als solche vom Betroffenen geltend gemachte) Verfahrensmängel in der Regel nur zur Urteilsanfechtung und führen gegebenenfalls zur Urteilsaufhebung, Prozesshindernisse stellen sie nur dar, wenn sie nach dem aus dem Zusammenhang ersichtlichen Willen des Gesetzgebers so schwer wiegen, dass die Zulässigkeit des Verfahrens als Ganzes in Frage stellen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52, Aufl., Einleitung Rn. 146; vgl. auch Krack, GA 2003, 536 ff.). Dies ist bei eventuellen Verfahrensfehlern in Zusammenhang mit der Feststellung eines Geschwindigkeits- bzw. Abstandsverstoßes mittels Videoaufzeichnung nicht der Fall.

Unmittelbar aus dem Grundgesetz – hier dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG – lassen sich Prozesshindernisse grundsätzlich nicht ableiten (BGHSt 32, 345/ 351 f.; Meyer-Goßner a. a. O., Einleitung Rn. 147).

Vom Vorliegen eines Prozesshindernisses geht im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht in seinem von der Verteidigung angeführten Beschluss vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 – ersichtlich nicht aus.

II. Eine im Lichte des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässige Verfahrensrüge ist der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift vom 26.08.2009 nicht zu entnehmen, weshalb die Rechtsbeschwerde auch deshalb mit dem von … monierten Vorliegen eines Beweiserhebungs- bzw. -verwertungsverbotes nicht durchdringen kann.

1. Die Rechtsbeschwerde geht zutreffend davon aus, dass es sich sowohl bei einem Beweiserhebungsverbot wie auch bei einem etwa im Einzelfall daraus resultierenden Beweisverwertungsverbot um Verfahrensverstöße handelt, die vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nur auf entsprechende (zulässige) Verfahrensrüge hin zu beachten wären (vgl. BGH NStZ 2007, 601 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.10.2009 – 2 Ss (OWi) 232/09 1 16W09).

Die von der Rechtsbeschwerde vorgebrachte Rüge, unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 – habe bezüglich der Video-Aufzeichnungen des Verkehrskontrollsystems TYP „VKS“ ein Beweiserhebungsverbot bestanden, da die Anfertigung der Video-Aufzeichnung nach keiner gesetzlichen Befugnis gestattet gewesen sei, woraus ein Beweisverwertungsverbot folge, ist vorliegend nicht ordnungsgemäß erhoben und darum unbeachtlich.

Die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen müssen nämlich so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden. Die Verfahrenstatsachen müssen so vollständig angegeben werden, dass das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Rechtsmittelbegründung in die Lage versetzt wird, darüber – unter Voraussetzung der Beweisbarkeit – endgültig zu entscheiden. Dazu muss der Vortrag grundsätzlich aus sich heraus so verständlich sein, dass das Rechtsmittelgericht ohne weiteres daran anknüpfen kann.

Erforderlich ist hierbei nicht nur, dass der Beschwerdeführer ihm nachteilige Tatsachen nicht übergeht, sondern auch, dass er solche Fakten vorträgt, die für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes sprechen könnten, der seiner Rüge den Boden zu entziehen im Stande wäre (vgl. zu Vorstehendem KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 344 Rn, 38,39 m.w.N.).

2.
Den vorstehenden Voraussetzungen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung vom 26.08.2009 nicht. Sie lässt nämlich insbesondere offen, ob und ggf. wie sich der Betroffene im Verlaufe des gegen ihn gerichteten Bußgeldverfahrens zur Frage der Verwertung der Videoaufzeichnung positioniert hat. Hierzu hätte sich der Betroffene aber äußern müssen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2009 – 2 Ss 117/09 – m.w.N. (zitiert nach JURIS); OLG Celle, Beschluss vom 16.06.2009 – 311 SsBs 49/09 – – m.w.N. (zitiert nach JURIS); BayObLG NStZ 1997, 99 m.w.N.).

Denn schon im Strafverfahren unterliegt die Geltendmachung von Beweisverwertungsverboten weitgehend der Dispositionsfreiheit des verteidigten Angeklagten, der deshalb grundsätzlich ausdrücklich Widerspruch dagegen erheben muss, ansonsten er mit einem darauf abzielenden Rügevorbringen später möglicherweise präkludiert ist (vgl. dazu ausführlich LR-Gössel, StPO, 26. Aufl., Einleitung Abschnitt L Rn. 11 ff., 28 ff. m.w.N.). Diese Grundsätze haben erst recht im verfahrensrechtlich eher einfacher strukturierten Bußgeldverfahren zu gelten, das nicht der Ahnung kriminellen Unrechts dient, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., Einleitung Rn. 6 ff. m.w.N.).

3.

Die auf ein Beweiserhebungsverbot und daraus folgendem Beweisverwertungsverbot abzielende Verfahrensrüge des Betroffenen ist im Lichte der vorstehenden Voraussetzungen nicht ordnungsgemäß und vollständig ausgeführt und darum unzulässig.

III.

Die Überprüfung des gemäß § 72 OWiG ergangenen Beschlusse hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Die Feststellungen tragen ohne weiteres den Schuldspruch. Gegen die amtsgerichtliche Beweisführung ist nichts zu erinnern. Auch der Rechtsfolgensausspruch ist frei von Rechtsfehlern.

IV.

Das Rechtmittel des Betroffenen konnte nach alledem keinen Erfolg haben und war von daher als unbegründet zu verwerfen.

V.

Die Entscheidung des Senats ist nicht weiter anfechtbar, § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO.

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