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Community-Umstellung auf Kostenpflichtigkeit – Unlauter

Landgericht Düsseldorf

Az.: 38 O 34/09

Urteil vom 28.08.2009


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,– € vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben unter anderem die Überwachung der Einhaltung der Regeln des unlauteren Wettbewerbs in Bezug auf die Wahrung von Verbraucherinteressen gehört. Die Beklagte betreibt Internetplattformen unter den Kennungen G und S. Teilnehmer an der sogenannten Community müssen sich registrieren lassen, um die Dienste, beispielsweise einer Rezeptrecherche, in Anspruch zu nehmen. Bis zum 1. Februar 2009 waren die Dienste für die Teilnehmer unter Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten kostenlos. Im Januar 2009 verschickte die Beklagte auf elektronischem Wege sogenannte News-Letter, in denen die zukünftig kostenpflichtige Teilnahme angekündigt wurde, falls nicht eine Vertragskündigung erfolge. Teilnehmer, die nicht kündigten, erhielten sodann im März 2009 Rechnungen über 84,– € als Jahresbeitrag. Die Klägerin hält das Vorgehen der Beklagten für wettbewerbswidrig, §§ 3, 4 Nr. 2 und 7 Abs. 1 UWG. Da die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die eine Umstellung auf eine Kostenpflicht vorsehen, unwirksam seien, stelle das systematische Berühmen einer Forderung gegenüber Verbrauchern ein unzulässiges Verhalten dar. Neben der Unterlassung verlangt sie Erstattung anteiliger Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen

1.

Verbrauchern, die sich vor dem 01.02.2009 bei den Communities auf den Seiten G und S angemeldet haben, diese Mitgliedschaft zu berechnen bzw. berechnen zu lassen, sofern

die betroffenen Verbraucher der Änderung in eine kostenpflichtige Mitgliedschaft nicht ausdrücklich zugestimmt haben,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 192,60 zu zahlen, hilfsweise zu Ziffer 1.) der Beklagten zu untersagen, nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Internet-Community-Verträgen mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf diese Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, zu berufen, wie auf Seite 4 der Klageschrift wiedergegeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Klage für unzulässig, weil der Klageantrag mit dem Wort „Berechnung“ einen unbestimmten Rechtsbegriff enthalte. Auch materiell bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. So fehle es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Alle Kunden seien bereits umgestellt. Die Berechnung sei abgeschlossen. Das Verwenden von Rechnungen und das Einziehen von Forderungen stelle keine geschäftliche Handlung dar. Die Umstellung auf eine Kostenpflicht der Dienstleistung gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig. Der Klageantrag ist nicht im Sinne von § 253 ZPO zu unbestimmt, weil die Klägerin mit dem Begriff „Berechnung“ erkennbar jede Form der Geltendmachung einer Forderung meint, so dass nach der insoweit allein maßgeblichen Sicht der Klägerin der Antragswortlaut in seiner weit gefassten Form das Begehren der Klägerin zutreffend wiedergibt.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung des im Klageantrag zu 1.) beschriebenen Verhaltens gemäß den §§ 3, 4 Nr. 2 oder 7 Abs. 1 UWG. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Verhaltensweise der Beklagten eine Wiederholungsgefahr oder Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf Möglichkeiten vergleichbaren Geschäftsgebarens in der Zukunft zu begründen geeignet ist. Auch kann offenbleiben, ob die früheren oder derzeitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einer Inhaltskontrolle standhalten. Die von der Klägerin als zu unterlassen beantragte „Berechnung“, also die Geltendmachung von Forderungen, dürfte zwar eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellen. Sie ist jedoch für sich betrachtet nicht wettbewerbswidrig.

Unlauter im Sinne von § 3 UWG ist die Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen nur dann, wenn sie irreführend oder die Entscheidungsfreiheit durch Ausübung von Druck oder sonstigen unsachgemäßem Einfluss beeinträchtigt (vgl. Köhler Rdnr. 84 zu § 2 UWG). Erforderlich ist damit letztlich, dass sich gerade die Geltendmachung der Forderung selber als unlauter darstellt. Es reicht aber nicht, dass die Forderung auf einem Vertrag beruht, der seinerseits unter Verwendung unlauterer Geschäftspraktiken zustande gekommen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil 19.05.2009 20 U 12/09). Vorliegend beruft sich die Klägerin auf § 4 Abs. 2 UWG und § 7 Abs. 1 UWG. Die Unlauterkeitsvoraussetzungen dieser Vorschriften sind aber in der bloßen Berechnung, der Inrechnungstellung oder Geltendmachung von Forderungen, nicht festzustellen. Es ist nicht zu erkennen, dass objektiv oder subjektiv die Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit oder eine Zwangslage der Verbraucher ausgenutzt wird, wenn ihnen eine Rechnung geschickt wird, in der eine vermeintlich unberechtigte Forderung geltend gemacht wird. Wie die von der Klägerin geschilderten Einzelfälle ausweisen, war keine der angeschriebenen Personen allein durch die Rechnung so eingeschüchtert, dass sie trotz Kenntnis fehlender Berechtigung etwa beglichen wurde. Die Rechnungen stellen auch keine unzumutbar belästigende Werbung im Sinne von § 7 Abs.1 UWG dar. Zwischen den angeschriebenen Verbrauchern und der Beklagten bestanden geschäftliche Beziehungen. Die Verbraucher waren registriert und Nutzer der Dienstleistungen. Mit den Rechnungen wurde nicht für weitere Dienste geworben und somit ein Entgelt angefordert, über deren Berechtigung ggf. die Gerichte zu entscheiden haben. Eine Belästigung über den Umstand hinaus, dass das Eintreffen von Rechnungen üblicherweise nicht

als angenehm empfunden wird, ist nicht erkennbar.

Für die in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachte Irreführung gilt Entsprechendes. Die Rechnung ist nicht geeignet, ohne weiteres die unzutreffende Vorstellung zu erwecken, die dort geltend gemachte Forderung sei berechtigt.

Der hilfsweise gestellte Unterlassungsanspruch ist bereits unzulässig. Wie dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, ist die Kammer für Handelssachen funktionell nicht zuständig, über Ansprüche nach dem Unterlassungsklagegesetz zu befinden. Unabhängig hiervon fehlt es aber auch an einem Sachvortrag, der den Anforderungen nach § 253 ZPO entspricht. Der Klagevortrag diente bis zur mündlichen Verhandlung ausschließlich der Begründung eines Anspruches auf Unterlassung der Inrechnungstellung. Die Erweiterung des Streitgegenstandes ermöglichte der Beklagten keine ausreichenden Verteidigungsmöglichkeiten in der mündlichen Verhandlung Mangels Unterlassungsanspruch scheidet auch ein Anspruch auf Abmahnkosten aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. 26

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: bis 14. August 2009 auf 15.000,– €, sodann auf 20.000,– €.

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