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Deckungszusage Rechtschutzversicherung – Kosten

 AG Karlsruhe

Az.: 1 C 36/09

Urteil vom 09.04.2009


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 120,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.139,56 seit dem 19.07.2008, aus EUR 215,– seit dem 26.09.2008 und aus EUR 120,67 seit dem 5.2.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 186,24 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 26.9.2008 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Bei einer Kollision mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug am 27.6.2008 in Rheinstetten wurde ein im Eigentum der Klägerin stehender Pkw VW Golf beschädigt. Die volle Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit.

Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. R. ermittelte in seinem Gutachten vom 4.7.2008 Nettoreparaturkosten in Höhe von EUR 2.584,96 sowie einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von EUR 5.400,-. Die voraussichtliche Reparaturdauer veranschlagte er mit 5 bis 6 Arbeitstagen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.7.2008 (As.31) ließ die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Sachverständigenkosten sowie der von dem Sachverständigen kalkulierten Bruttoreparaturkosten unter Berücksichtigung eines Abzugs Neu für Alt sowie Zahlung einer Auslagenpauschale in Höhe von EUR 26,- unter Fristsetzung auf den 18.7.2008 auffordern.

Die Beklagte erstattete in der Folge die Sachverständigenkosten und zahlte auf den Fahrzeugschaden auf der Grundlage einer Abrechnung nach Totalschadensbasis lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 1.450,- und auf die geltend gemachte Auslagenpauschale einen Betrag in Höhe von EUR 21,-. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.9.2008 (As.33) ließ die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf den 25.9.2008 zur Zahlung weiteren Schadensersatzes, unter anderem eine Nutzungsausfallentschädigung für 5 Tage in Höhe von EUR 215,– auffordern.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 28.10.2008 (As.65) darauf hin, dass die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der  Reparaturkosten nur geltend machen könne, wenn sie die Weiternutzung ihres Fahrzeugs für mindestens 6 Monate nachweise. Die Klägerin, die ihr Fahrzeug instandgesetzt hat, beauftragte daraufhin ihren Prozessbevollmächtigten mit der Einholung einer Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung für die gerichtliche Geltendmachung eines restlichen Schadensersatzanspruchs in Höhe von EUR 1.510,26, die nach weiterem Schriftwechsel schließlich erteilt wurde.

Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin nunmehr einen restlichen Fahrzeugschaden in Höhe von EUR 1.134,96, eine Nutzungsausfallentschädigung für 5 Tage in Höhe von EUR 215,– sowie eine restliche Auslagenpauschale in Höhe von EUR 5,- geltend. Des weiteren begehrt sie Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung, wobei sie diese auf einen Betrag Höhe von EUR 155,30 beziffert.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.510,26 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins vom 19.7.2008 bis Rechtshängigkeit aus EUR 1.344,96 und seit Rechtshängigkeit aus EUR 1.510,26 sowie EUR 229,55 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten einschließlich Auslagen und Mehrwertsteuer nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.9.2008 zu bezahlen.

Die Beklagte anerkennt einen Betrag in Höhe von EUR 1.354,96 und beantragt im übrigen, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Kosten für die Einholung der Deckungszusage nicht erstattungsfähig seien.

Wegen der Einzelheiten des beidseitigen Parteivorbringens wird auch die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Im Hinblick auf das Teilanerkenntnis der Beklagten ist diese mit Teilanerkenntnisurteil vom 17.3.2009 zu Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 1.354,96 verurteilt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

I.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 7 StVG, §115 VVG, 823, 249 BGB Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung in Höhe von EUR120,67 verlangen.

a) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 127,348). Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer. Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können ersatzfähig sein, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (BGH NJW 2006, 1065).

Danach können grundsätzlich auch die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz restlicher Reparaturkosten, einer Nutzungsausfallentschädigung sowie einer restlichen Auslagenpauschale wegen Beschädigung eines Kraftfahrzeugs bei einem Verkehrsunfall zum erstattungsfähigen Schaden gehören; denn die hierdurch entstehenden Aufwendungen dienen im Ergebnis allein dem Ausgleich des von dem Geschädigten zu ersetzenden materiellen Schadens und nicht etwa der Erlangung versicherungsrechtlicher Leistungen, die den vom Unfallverursacher zur erbringenden Ersatzleistungen nicht entsprechen  (vgl. hierzu BGH NJW 2006,1065). Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war im Streitfall auch erforderlich, weil sich die Beklagte  jedenfalls hinsichtlich der Höhe des auszugleichenden Schadens teilweise streitig gestellt hat; die Klägerin muss sich daher nicht darauf verweisen lassen, dass sie selbst bei ihrer Rechtsschutzversicherung um Deckungsschutz hätte nachsuchen können.

b) Bei der Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung handelt es sich im Verhältnis der Klägerin zu ihren Prozessbevollmächtigten um eine gesonderte Angelegenheit im Sinne von §15 RVG ( vgl. Müller-Rabe in: Gerold / Schmidt, RVG, 18.Auflage, §19 Rdnr. 27 mwN), für die der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr gemäß Nummer 2300 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschale (Nummer 7200 VV RVG) und Mehrwertsteuer ( Nummer 7008 VV RVG) beanspruchen kann.

Der für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebliche Streitwert entspricht den  voraussichtlichen Kosten einer Deckungsschutzklage, also den aller Vorrausicht nach entstehenden beiderseitigen Rechtsanwaltskosten sowie den Gerichtskosten für eine Instanz ( vgl. Schneider / Herget , Streitwertkommentar, 12. Auflage, Rdnr. 5944). Die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren der Deckungsschutzklage hängen wiederum vom Streitwert der Deckungsschutzklage ab; diese bemisst sich nach dem restlichen Fahrzeugschaden in Höhe von EUR 1134,96, der Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von EUR 215,- sowie der restlichen Auslagenpauschale von EUR 5,-, mithin einem Gesamtbetrag von EUR 1.354,96. Die (von der Klägerin bei ihrer Berechnung berücksichtigten) Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage haben dem gegenüber außer Betracht zu bleiben, weil es sich hierbei um eine nicht Streitwert erhöhende Nebenforderung handelt. Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten (restlichen) Hauptanspruchs wirken nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs nämlich nicht werterhöhend (vgl. BGH NJW-RR 2008, 374).

Für die Rechtsanwaltsgebühren ist somit aus einem Streitwert von EUR 1354,96 eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nummer 3100 VV RVG) sowie eine 1,2 Terminsgebühr (Nummer 3104 VV RVG) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu berücksichtigen; insoweit ergibt sich ein Betrag von EUR 336,18. Bei Anwälten auf jeder Seite entstehen im Rahmen einer Klage auf Deckungsschutz vorrausichtlich Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 672,36 zuzüglich Gerichtskosten in Höhe von EUR 195,-. Der Streitwert, der für die Berechnung der für die Einholung der Deckungszusage entstehenden Geschäftsgebühr maßgeblich ist, beläuft sich danach auf einen Betrag von EUR 867,36. Aus diesem Streitwert können die Prozessbevollmächtigten der Klägerin -wie auch die Beklagte nicht mehr in Abrede stellt - für die Einholung der Deckungszusage eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer beanspruchen, was einem Betrag von EUR 120,67 entspricht.

2. Gemäß § 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB ist die Beklagte außerdem verpflichtet, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 186,24 zu erstatten.

Die Klägerin war berechtigt, sich zur Regulierung des Unfallsschadens anwaltliche Hilfe zu bedienen. Für die vorgerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruches der Klägerin können die klägerischen Prozessbevollmächtigten eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer beanspruchen, allerdings errechnet sich die Gebühr (nur) aus einem Streitwert von EUR 1354,96, weil die Kosten für die Einholung der Deckungszusage als Nebenforderung außer Betracht zu bleiben haben.

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3. Die Zinsansprüche ergeben sich aus den §§ 280, 286, 288 BGB.

Aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 14.7.2008 befindet sich die Beklagte seit dem 19.7.2008 nur mit einem Betrag von EUR 1.139,56 in Verzug, weil mit diesem Schreiben eine Nutzungsausfallentschädigung noch nicht geltend gemacht wurde. Hinsichtlich der Nutzungsausfallentschädigung von EUR 215,- ist  Verzug erst mit Ablauf der im Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 13.9.2008 gesetzten Frist eingetreten; gleiches gilt für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die ebenfalls mit diesem Schreiben geltend wurden.

Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage kann die Klägerin hingegen Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit beanspruchen, weil insoweit ein früherer Verzugseintritt nicht ersichtlich ist.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO war die Berufung zuzulassen, weil die für eine Vielzahl von Fällen relevante Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage obergerichtlich noch nicht geklärt ist und für die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung  eines Berufungsgericht erforderlich erscheint.

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