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Derrick-Episode – Namensunterlassung

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 4 U 621/02

Urteil vom 01.10.2002

Vorinstanz: LG Mainz, Az.:1 O 429/01


In dem Rechtsstreit wegen Unterlassung hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2002 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 04.04.2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger (geb. 1965) ist in T…../Italien zugelassener und wohnhafter promovierter Rechtsanwalt. Er verlangt von der Beklagten die Unterlassung der Benutzung des Namens Avv. M…. G……. in der 1988 produzierten Derrick-Episode „Da läuft eine Riesensache“ sowie Offenlegung, in welchen Ländern diese Episode gesendet worden ist und in welche Länder Videorechte dieser Episode vergeben wurden. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Benutzung des Namens Avv. M…. G…….entstanden ist und künftig entstehen wird.

Die Episode wurde vom italienischen Fernsehen „RAI due“ am 19.10.1998 in Italien als Wiederholung unter dem Titel „Una grossa eredita“ gesendet. Zuvor war diese Episode am 5.2.1990, am 16.12.1991, am 21.9.1992 und am 11.7.1994 jeweils um 20.30 Uhr in der RAI im italienischen Fernsehen ausgestrahlt worden.

Der Kläger fühlt sich in seinem Namens- und Persönlichkeitsrecht dadurch verletzt, dass eine Figur in der Episode durch den Assistenten des Inspektors Derrick beschrieben wird als

Dr. M…. G……., wohnhaft in R.., geb. am ….1938 in M……

Der Assistent liest sodann noch folgende Mitteilungen der Interpol vor:

M…. G……..Anwalt, der seine Lizenz verloren hat, verwickelt in Korruptionsfälle.

Ihm werden Beziehungen zur Mafia nachgesagt.

Der Kläger ist der Auffassung, diese Passage könne seinem Ruf und seinen Erwerbsaussichten schaden, zumal er der einzige in Italien zugelassene Anwalt dieses Namens sei.

Die Beklagte bestreitet ihre Passivlegitimation, da sie die Fernsehnutzungsrechte an die RAI Radio Televisione Italiana übertragen habe. Videorechte habe sie für diese Episode nicht eingeräumt. Eine Verletzung der Rechte des Klägers sei schon deshalb nicht gegeben, weil sich die Figur in der Episode in zahlreichen Merkmalen (Alter, Geburtsort, Wohnsitz) von dem Kläger unterscheide.

Das Landgericht hat die Klage letztlich mit der Begründung abgewiesen, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Kläger und dem in der Derrick-Episode dargestellten Rechtsanwalt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass er der einzige Anwalt mit dem gleichen Namen wie die Filmfigur in Italien, sei. Zudem habe sein Vater ungefähr das gleiche Alter wie die Figur in dem Fernsehfilm und habe schon seit vielen Jahren eine namensrechtlich gleichfalls geschützte Anwaltskanzlei unter dem kennzeichnenden Namen „G…….“.

Die Beklagte hält die Klage für unschlüssig. Weiter weist sie darauf hin, dass für den Zeitpunkt der Tathandlung – Produktion der Sendung im Mai 1988 – eine Verletzung etwaiger Rechte des Klägers nicht in Betracht komme, da er damals weder Rechtsanwalt gewesen sei, noch promoviert habe. Außerdem, seien etwaige Ansprüche auf Grund der damaligen Produktion verjährt. Schließlich sei es allen Fernsehzuschauern bekannt, dass die Folgen der Krimireihe „Derrick“ keine realen Ereignisse darstellten, sondern frei erfundene Handlungen mit erfundenen Filmfiguren seien.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers aus § 12 BGB bzw. entsprechend §§ 823 I, 1004 I BGB (Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) verneint.

Das Berufungsvorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Es ist umstritten, ob ein unbefugter Namensgebrauch im Sinne von § 12 BGB auch vorliegt, wenn ein Name einer in einem Roman, Theaterstück oder Bildwerk dargestellten, auf den berechtigten Namensträger hinweisenden Figur beigelegt wird (so Staudinger/Weick/ Habermann (1995) § 12 BGB Rn. 265). Hiergegen spricht, dass eine Roman- oder Dramenfigur ebenso wie die gespielte Figur in einer Filmepisode nicht am Rechtsverkehr teilnimmt. Identitätstäuschungen und Zuordnungsverwirrungen können sich daher nicht ereignen. Spielt der Autor auf den berechtigten Namensträger an, so kommt allein eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht (Soergel/Heinrich, 13. Aufl. § 12 BGB Rn. 177). Ist die Person frei erfunden, so entfällt jeglicher Rechtsschutz (MüKo/Schwerdtner, 4. Aufl. § 12 BGB Rn. 195).

Auf eine Entscheidung dieser Rechtsfrage kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn unabhängig davon, ob Prüfungsmaßstab § 12 BGB oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist, hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass eine hinreichend konkrete Gefahr der Verwechslung der Filmfigur mit dem Kläger für die Zuschauer der Fernsehserie „Derrick“ nicht besteht. Es ist nicht zu befürchten, dass die beteiligten Verkehrskreise personelle oder organisatorische Zusammenhänge oder eine Zustimmung des Namensträgers zur Namensnutzung vermuten (vgl. zu diesem Kriterium auch OLG München OLGR 1997, 47).

Der Name „G…….“ – ungeachtet der abweichenden Schreibweise im Drehbuch der „Derrick“-Episode – ist in Italien durchaus gebräuchlich. Eine Abfrage nach diesem Namen ergibt in der Suchmaschine „Google“ ca. 396.000 Einträge. Für die Kombination des Vor- und Nachnamens des Klägers werden noch 71.000 Einträge angezeigt, für die genaue Wortfolge 171. Auch der durchschnittliche Fernsehzuschauer in Italien wird keineswegs zwangsläufig einen Zusammenhang zwischen dem Kläger und der Filmfigur herstellen. Zwar mag der Kläger als Rechtsanwalt in T….. inzwischen einen erheblichen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Dies führt jedoch keineswegs zwangsläufig dazu, dass die in T….. wohnhaften Fernsehzuschauer auf die Idee kommen, der Kläger sei der einzige Rechtsanwalt mit diesem Namen in Italien, so dass ein Zusammenhang zwischen ihm und der Filmfigur bestehen müsse. Die vom Kläger durchgeführte Internet-Recherche stellen Fernsehzuschauer üblicherweise nicht an. Vielmehr liegt es für Fernsehzuschauer nahe, anzunehmen, dass ein in Italien gebräuchlicher Name auch unter italienischen Rechtsanwälten häufiger vorkommt. Sollten die Fernsehzuschauer aus dem Raum T….. dessen ungeachtet einen Zusammenhang zwischen dem Kläger und der Filmfigur annehmen wollen, wird ihnen jedoch aufgrund der weiteren eindeutigen Unterscheidungsmerkmale schnell deutlich werden, dass ein derartiger Zusammenhang nicht bestehen kann. So ist der inzwischen bereits 14 Jahre alten Fernsehproduktion bereits aufgrund der Ausstattungsmerkmale (Kraftfahrzeuge, Kleidung, technische Geräte) ohne weiteres anzumerken, dass keine aktuellen Vorgänge mit Bezug zu einem erst seit 7 Jahren berufstätigen Rechtsanwalt dargestellt werden.

Hinzu kommt noch, dass sich die Filmfigur in wesentlichen weiteren Merkmalen (Alter, Wohnort, Geburtsort und Kanzleisitz) erheblich vom Kläger unterscheidet. Der Kläger weist selbst darauf hin, dass die Filmfigur etwa das Alter seines Vaters hat.

Außerdem könnte der Beklagten als Verletzungshandlung nur die Produktion der Sendung sowie deren – vom Kläger allerdings nicht konkret angegriffene – Ausstrahlung in Deutschland vorgeworfen werden. Im Zeitpunkt der Produktion der Sendung (1988) hatte der Kläger jedoch weder promoviert, noch war er als Rechtsanwalt zugelassen. Eine Verwechslungsgefahr zu diesem Zeitpunkt kommt demnach auch nach dem Vortrag des Klägers nicht in Betracht.

Bei diesem Ablauf bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte den Namen des Klägers „angemaßt“ hat. Sie hat auch nicht in ein Namens- oder sonstiges Recht des Klägers eingegriffen. Vielmehr handelt es sich um eine zufällige Namensgleichheit.

Soweit der Kläger in der Berufung nunmehr auch auf den Namensschutz der bereits von seinem Vater betriebenen Kanzlei hinweist, erscheint eine Verwechslungsgefahr – ungeachtet der Ortsverschiedenheit – schon wegen des häufigen Vorkommens des Nachnamens des Klägers bzw. seines Vaters als ausgeschlossen.

Ansprüche aus § 824 BGB scheiden schon deshalb aus, weil die Beklagte lediglich eine eindeutig fiktive Filmhandlung und keine Tatsachen verbreitet hat. Zudem bezog sich diese – wie dargestellt – nicht auf den Kläger.

Da es damit bereits an den Eingangsvoraussetzungen für sämtliche vom Kläger geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-, Beseitigungs- und Ersatzansprüche fehlt, kann dahingestellt bleiben, dass diese weltweit geltend gemachten Ansprüche zu weit gefasst sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht gegeben sind.

Der Streitwert beträgt – wie auch die Beschwer des Klägers -10.000,– €.

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