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Geschlechtsdiskriminierung bei Beförderung

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Az: 15 Sa 517/08

Urteil vom 26.11.2008


In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.01.2008 – 35 Ca 7441/07 – teilweise abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.214,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 2.911,56 EUR ab dem 14.05.2007, auf 727,89 EUR ab dem 01.06.2007, auf 1.419,39 EUR seit dem 01.07.2007, auf jeweils 459,76 EUR seit dem 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, auf 896,53 EUR seit dem 01.12.2007, auf 459,76 EUR seit dem 01.01.2008, auf jeweils 1.467,86 EUR seit dem 01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008, 01.05.2008, 01.06.2008, auf 2.862,33 EUR seit dem 01.07.2008 und auf 1.467,86 EUR seit dem 01.08.2008 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 EUR brutto zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 EUR zu zahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über die Höhe des Herrn R. gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr, jeweils bis zum Ablauf des I. Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31.03.2009, Auskunft zu erteilen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Klägerin zu 86 % und der Beklagte zu 14 % zu tragen. Von den Kosten der zweiten Instanz tragen die Klägerin 62 % und der Beklagte 38 %.

IV. Für den Beklagten wird die Revision zugelassen, bezüglich der Entschädigungszahlung in I.3 aber nur, soweit der Betrag 16.000,00 EUR übersteigt. Für die Klägerin wird die Revision insoweit zugelassen, wie in I. 3 trotz der nicht erfolgten Beförderung keine höhere Entschädigung als 4.000,00 EUR zugesprochen wurde. Im Übrigen wird für die Klägerin die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien stritten – soweit für das hiesige Schlussurteil von Relevanz – ursprünglich im Wege der Stufenklage über Auskunftsansprüche bzgl. der Bezahlung des Herrn R. für die Zeit ab dem 10. Dezember 2006 und die Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin entsprechend zu entlohnen. Zwar hatte die Klägerin Kenntnis von der Vergütung des Herrn R., sah sich aber im Hinblick auf möglicherweise einschränkende Regelungen in ihrem Arbeitsvertrag gehindert, diese offen legen zu dürfen. Nachdem die Beklagte in der Berufungsverhandlung vom 30.07.2008 dem zustimmte, hat die Klägerin die Vergütungsdifferenz für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2008 mit 28.214,66 EUR brutto berechnet. Sie ist der Ansicht, bei der Beförderungsentscheidung im Dezember 2006 sei sie wegen ihres Geschlechts gegenüber Herrn R. diskriminiert worden. Deswegen und wegen weiterer Benachteiligungen, u. a. weil sie ihre Rechte nach dem AGG geltend gemacht habe, stünden ihr eine Entschädigung zu, die sie erstinstanzlich mit mindestens 390.000,– EUR und zweitinstanzlich mit mindestens 90.000,– EUR angegeben hat.

Die am …… 1961 geborene Klägerin ist seit 1986 ausgebildete „staatlich geprüfte Betriebswirtin“. Sie nahm an Weiterbildungskursen teil und war auch bei früheren Arbeitgebern in der Personalentwicklungsarbeit tätig.

Der Beklagte ist ein wirtschaftlicher Verein Kraft staatlicher Verleihung gem. § 22 BGB. Nach seiner Satzung wird er durch zwei der jeweils drei Vorstandsmitglieder vertreten. Rechtlicher Sitz ist Berlin. Der Beklagte erbringt Dienstleistungen im Inkassobereich. Er gliedert sich in 10 Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen, eine in Berlin und eine in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorstand, die – mit Ausnahme der Klägerin – bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/Personalleiterin bezeichnet wurde. Übergeordnet ist die Funktion des Personaldirektors, der ab 10. Dezember 2006 als Personalleiter bezeichnet wird.

Die Klägerin wurde bei dem Beklagten am 1. Januar 1993 als Personalreferentin eingestellt. Zum 1. Juli 1995 wurde der Klägerin die Stellvertretung für die Personalverwaltung in Berlin mit 340 Mitarbeitern übertragen.

In diesem Zeitraum waren in Berlin Frau G. und in M. Frau St. Personalleiterinnen der jeweiligen Generaldirektion. Beide sind Juristinnen. Der Beklagte stellt die Personalleiter/innen den Abteilungsdirektoren gleich. Frau St., eine Fachanwältin für Arbeitsrecht, war 1990 als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G. zusätzlich kommissarisch die Leitung der übergeordneten Personaldirektion, während Frau St. zu ihrer Stellvertreterin berufen wurde (Anlage K38, Bl. 572 d. A.). Frau St. war wegen Mutterschutz/Elternzeit vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht tätig. Am 30. September 1999 schied Frau G. aus. Nachdem die Klägerin ca. 5 Monate in Berlin faktisch die Personalverwaltung leitete, wurde Herr Dr. M. im Jahre 1999 eingestellt. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und war – wie Frau G. – Personalleiter in Berlin und gleichzeitig Personaldirektor.

Mit Zeitungsanzeige vom 7./8. August 1999 wurde wegen der Schwangerschaft von Frau St. und ihrer beabsichtigte Elternzeit für ca. zwei Jahre ein(e) Personalleiter/in für M. gesucht. In der Anzeige wird ein Schwerpunkt bzgl. der „konzeptionellen Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt wie die Erforderlichkeit eines Hochschulabschlusses. Ursprünglich sollte diese Stelle nur befristet für zwei Jahre besetzt werden. Hieran war jedoch keiner der Bewerber interessiert. Zum 1. Januar 2000 wurde Herr R., geboren am ……1960, auf dieser Stelle eingestellt. Er ist ein an einer Hochschule ausgebildeter Diplom Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation. Er war von Anfang an der dritten Führungsebene, den Abteilungsdirektoren, zugeordnet.

Zum 1. Juli 2001 wurde Herr M. auf persönlichen Wunsch bei gleich bleibenden Aufgaben nach M. versetzt. Nachdem dieser zunehmend Justiziariatsaufgaben bei dem Beklagten miterfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 – nach ihrer eigenen Darstellung schon im Jahre 2002 – die Aufgaben der Leiterin der Personalverwaltung in Berlin. Sie wurde auch im Jahrbuch 2002/2003 des Beklagten (Anlage K12, Bl. 165 d. A.) als zuständig für die Personalverwaltung Berlin bezeichnet. Zum 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung ernannt (Anlage K34, Bl. 566). Mit der Abteilung ist die Personalverwaltung der Generaldirektion Berlin gemeint.

Die Klägerin erhielt unter dem 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 Zwischenzeugnisse, wonach sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihren Aufgabenbereich „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt hat (K2, 3, Bl. 140 ff. d. A.). Ab dem 01.05.2001 arbeitete sie als Teilzeitkraft (zuletzt 35,79 von 40 Stunden wöchentlich) und erhält ein Bruttomonatsentgelt von 4.647,24 EUR.

Im Bereich der Personalentwicklung hat die Klägerin u. a. 1994 ein Anforderungsprofil zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems bei dem Beklagten erstellt. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort Berlin führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nachdem im Jahre 1999/2000 die Traineeausbildung dem Personalbereich übertragen wurde, entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Die Klägerin führte auch Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

Zu den Aufgaben der Klägerin und des Herrn R. gehörte bis zum 9. Dezember 2006 die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte u. a. das Führen von Bewerbungsgesprächen, das Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen etc. und die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter/innen. Die Klägerin erarbeitete auch Entwürfe oder Teile hiervon für Betriebsvereinbarungen. Hinsichtlich der näheren Beschreibung ihrer Tätigkeit wird auf die Seiten 13 – 16 der Klageschrift (= Seiten 9 – 12 der Berufungsbegründungsschrift) verwiesen, soweit der Beklagte sie nachfolgend nicht bestreitet. Die Klägerin und Herr R. waren im selben Umfang zeichnungsberechtigt (Anlage K9, Bl. 154 f. d. A.).

Bei einem Essen Anfang 2006 teilte Herr Dr. M. der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen wird. Als Nachfolger für die Personaldirektion käme seiner Auffassung nach Herr R. oder ein Externer in Betracht. In einem Gespräch am 18. Oktober 2006 erklärte Herr R. im Beisein von Herrn Dr. M. gegenüber der Klägerin, dass die wesentlichen Vorgänge nunmehr über seinen Tisch zu gehen hätten.

In einem Telefonat am Samstag, dem 9. Dezember 2006, teilte Herr Dr. M. der Klägerin mit, dass Herr R. sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 (Anlage K10, Bl. 156 d. A.) bat der Lebensgefährte und jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin u. a. um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie darstellen solle. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 (Anlage K5, Bl. 147 d. A.) informierte der Beklagte unternehmensöffentlich darüber, dass Herr R. mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M. die Personalleitung für die GD Berlin und die Bezirksdirektionen übernehme. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 (Anlage K18, Bl. 176 d. A.) an das Vorstandsmitglied Dr. H. bemängelte die Klägerin erneut, dass ihr und auch den anderen Beschäftigten nicht klar sei, welche Stellung in der Betriebshierarchie sie nunmehr noch einnehme. Darüber hinaus fühle sie sich bei der Beförderungsentscheidung als Frau benachteiligt, zumal kaum Frauen auf der wirklichen Führungsebene ankämen.

Zu diesem Zeitpunkt ergab die Geschlechterverteilung beim Beklagten im außertariflichen Bereich folgendes Bild:

Ebene |Männer|Frauen|Gesamt
Ebene 1: Vorstand|3|0|3
Ebene 2: Direktoren|15 |0|15
Ebene 3: Bezirksdirektoren|9|0|9
Ebene 4: Abteilungsdirektoren|8 |4|12
Ebene 5: stellvertretende Bezirksdirektoren|3|1|4
Ebene 6: Abteilungsleiter|12 |19|31
Ebene 7: Fachreferenten|2 |3|5
Ebene 8: Fachjuristen|6|1 |7
Ebene 9: sonstige AT-Mitarbeiter|34 |24 |58
gesamt:|92 |52 |144
Gesamtbelegschaft:|348 |780 |1128
Gesamtbelegschaft in %|31 %|69 %|

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Die letzte weibliche Direktorin, die diese Funktion nicht nur kommissarisch ausfüllte, war 1976 altersbedingt ausgeschieden. In den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich sind 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte sind beim Beklagten Frauen. Der Aufsichtsrat bestand aus 19 Männern und zwei Frauen. Bei dem Anfang des Jahres 2007 durchgeführten Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten als Beobachter ausschließlich Männer.

Das Vergütungssystem des Beklagten im außertariflichen Bereich beinhaltet nicht, dass die Arbeitnehmer der jeweils höheren Ebene automatisch ein höheres Gehalt erhalten. Auch bei unternehmensinternen Beförderung geht mit der Verleihung eines höheren Titels nicht automatisch einher, dass die Vergütung angehoben wird. Frau St. in ihrer Funktion als Personalleiterin hat durchgängig immer mehr verdient als die Klägerin. Sie erhielt auch ein höheres Entgelt als anfangs Herr R..

Am 20. Dezember 2006 fand in Berlin ein Gespräch zwischen Herrn R. und den vier dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung statt. Diese fertigten hierüber ein Protokoll (Anlage K24, Bl. 183 d. A.). Danach erläuterte Herr R., dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der Personalabteilung M., die er leite, sowie aus der Personalabteilung Berlin, die die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, dass ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich bestätigt werde, was Herr R. zusagte. Am Nachmittag dieses Tages bat Herr R. die Klägerin zu einem Gespräch. Hierbei äußerte er, die Klägerin solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt (Anlage K19, Bl. 178 d. A.).

Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 teilte Dr. H. der Klägerin mit, dass der Vorstand entschieden habe, die Personaldirektion in „Personalabteilung“ umzubenennen. Darüber hinaus forderte er sie auf, „ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R., nachzukommen“. Dieses der Klägerin übergebene Schreiben enthielt ferner einen Klebezettel von Herrn R., wonach er den Inhalt mit Dr. M. abgesprochen habe (Anlage K7, Bl. 150 f. d. A.). Mit Schreiben vom 22.01.2007 wandte sich der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin an den Beklagten (Anlage K17, Bl. 174 d. A.). Er bat darum, der Klägerin eine ausführliche Stellenbeschreibung zukommen zu lassen und schlug vor, diese als Stellvertreterin von Herrn R. zu ernennen und ihr eine Vergütung zu zahlen, die der bisherigen Position des Herrn R. entsprach. Mit weiterem Schreiben vom 6. Februar 2007 (Anlage K4, Bl. 144 ff. d. A.) ließ die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert werde. U. a. habe sie ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R. erhalten und sei bei der Beförderung von Herrn R. diskriminierend übergangen worden. Gleichzeitig bezifferte sie ihre Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 (Anlage K6, Bl. 148 f. d. A.). Danach habe sich durch Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändert. Man sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen insbesondere auch auf der Leitungsebene in Berlin erforderlich sind oder werden. Durch den Hinweis im Schreiben vom 3. Januar 2007 auf die Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung erhoben worden. Hierdurch habe nur bedeutet werden sollen, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.

Am 11.04.2007 traf sich in M. die Projektgruppe Gehaltsbänder, wobei die Klägerin dem Lenkungsgremium angehörte. Die Einladungen erfolgten durch Frau Ha.. Aus zwei Mails, die auch Herr R. erhalten hatte, war ersichtlich, dass auch die Klägerin eingeladen war. Nachdem die Klägerin „Guten Morgen, Herr R.“ geäußert hatte, erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Am nächsten Tag bei einem Treffen in Berlin konkretisierte Herr R. seine Äußerung dahingehend, dass sie so zu verstehen sei, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie einer weiteren Teilnehmerin aus dem Berliner Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R., dass dies ganz was anderes sei.

Nachdem die Klägerin am 4. Mai 2007 die hiesige Klage eingereicht hatte, fand am 22. August 2007 in M. ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. Gegen Ende der Besprechung erklärte Dr. M., die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne. Solche Rechtsstreite seien für Arbeitnehmer generell sehr belastend. Sie solle prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der Lebensgefährte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. M. u. a., seine Ausführungen erfolgten „off records“.

Zuvor war die Klägerin als Schwerbehinderte anerkannt worden, da sie an „Restless legs“ leidet.

Mit Aushang vom 8. Januar 2008 (Anlage K48, Bl. 924 d. A.) ist bei der Beklagten bekannt gemacht worden, dass Herr R., Personalleiter der Generaldirektion Berlin, der Generaldirektion M. und der Bezirksdirektionen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 zum Direktor Personal ernannt worden ist.

Frau W. war bis zur Schließung am 30. September 1997 als Bezirksdirektorin der Bezirksdirektion H. in der Außenstelle E. beschäftigt. Ihr wurde die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N. angeboten, die sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion neu vergeben, und zwar an Herrn B., dem Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M.. Dies geschah ohne Ausschreibung.

Mit Anzeige vom 9. April 2005 wurde für den Standort D. ein(e) Bezirksdirektor/in gesucht (Anlage K28, Bl. 188 d. A.). Nach dieser Stellenausschreibung sollte die entsprechende Person über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Dies war bei Frau G., der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, der Fall. Ihre Bewerbung fand jedoch keine Berücksichtigung. Zum Bewerbungsgespräch wurden nur männliche Bewerber eingeladen. Es wurde ein externer Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügte, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt war.

Frau St. wurde nach Rückkehr aus der Elternzeit (bis zum 07.07.2005) in Teilzeit beschäftigt. Sie war aufgrund ihrer familiären Situation an einer Verlängerung der Arbeitszeit nicht interessiert. Sie wurde nicht mehr als Personalleiterin in M., sondern dort in der juristischen Sachbearbeitung eingesetzt. Sie erhielt 10 Tage vor Weihnachten 2006 zum ersten Mal in 20 Jahren zwei Abmahnungen, die im Laufe des Jahres 2007 wieder aus ihrer Personalakte entfernt worden sind.

Bei der Besetzung der Position des Direktors für den Bereich Marketing zu Beginn des Jahres 2007 hatte die von dem Beklagten eingeschaltete Personalberatungsfirma den letztlich ausgewählten Kandidaten als „jung“, „frisch“, „groß, schlank“ und mit blonden Haaren beschrieben.

Hinsichtlich der Vergütung hat die Klägerin zwischen dem 01.01.2007 und dem 31.07.2008 28.214,66 EUR weniger erhalten als Herr R., wobei eine Vergütung als Teilzeitkraft berücksichtigt ist. Hierin enthalten ist auch eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 EUR für Herrn R..

Die Klägerin hat unter näherer Ausführung und zum Teil auf Berufung unstreitiger Tatsachen die Ansicht vertreten, für eine Diskriminierung als Frau spreche auch, dass sie trotz gleicher Tätigkeit in Vergleich zu Herrn R. bis zum 09.12.2006 in diskriminierender Weise geringer bezahlt worden sei, der Beklagte ihr zunehmend Kompetenzen entziehe, sie bei verschiedenen Gegebenheiten gezielt ignoriert werde und der Beklagte auch in früheren Zeiten Frauen diskriminiert habe. Auch sei sie von dem Beklagten nach dem 09.12.2006 im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz eingeschüchtert und unter Druck gesetzt worden.

Die Klägerin hat behauptet, schon in der Stellenanzeige für ihre Einstellung als Personalreferentin habe es geheißen:

„… Ihre Aufgaben umfassen alle Aspekte der modernen Personalarbeit, wie Personalplanung, -beschaffung, -entwicklung und -betreuung sowie Organisation und Personalcontrolling …“

Insofern habe ihre Stellenanzeige mehr Aufgabenbereiche umfasst als die Stellenanzeige, die zur Einstellung von Herrn R. geführt habe. Frau St. sei tatsächlich als stellvertretende Personaldirektorin tätig geworden. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie unstreitig das Zwischenzeugnis vom 31. Januar 1999 wegen der Abwesenheit von Frau G. unterzeichnet habe. Als Personalleiterin in M. wäre sie hierzu nicht befugt gewesen. Kurz vor den beiden Abmahnungen im Dezember 2006 habe der Beklagte Frau St. zur Eigenkündigung geraten. Dies zeige, dass ihre Kollegin gemaßregelt werden sollte, da sie im klägerischen Schreiben vom 17. Dezember 2006 erwähnt worden war.

Bezüglich ihrer Tätigkeiten zum Thema Altersteilzeit habe sie zusammen mit Herrn M. am 26.01.2000 ein Seminar der Deutschen Gesellschaft für P. besucht. Herr M. habe dann eine Folienpräsentation entworfen, um mittels dieser den Vorstand, die Direktoren, Bezirksdirektoren, Abteilungsleiter und Mitarbeiter des Hauses über das Thema Altersteilzeit zu informieren. Auch habe er die abschließende Betriebsvereinbarung mit der Gewerkschaft formuliert. Alle nachfolgenden Arbeiten zu diesem Thema hätten seit dem Jahre 2003 bis zum heutigen Tage jedoch ihr oblegen. Herr R. habe keinesfalls schon im Jahre 2000 konzeptionelle Personalentwicklungsarbeit geleistet. Dies sei auch nicht denkbar, da die Stelle in M. schon längere Zeit nicht besetzt worden war. Herr R. hätte sich insofern erst einarbeiten müssen. Erst im Jahre 2006 habe er nach entsprechenden Vorgaben des Vorstandes verschiedene Bausteine zur Personalplanung zusammen mit Frau Ha. sowie externen Unternehmen ausgearbeitet. Noch mit E-Mail vom 02.08.2006 habe sie hierzu Verbesserungsvorschläge unterbreitet (Anlage K32, Bl. 564).

Sie hat die Ansicht vertreten, die Bezeichnungen Personalleiter und Personalreferent werden in der allgemeinen Öffentlichkeit synonym gebraucht.

Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechtsdiskriminierung bei der Beförderung auf die Direktorenstelle läge zwischen 98,7 % und 100 %. Indiz für ihre Diskriminierung sei auch die Geschlechtsverteilung bei dem Beklagten auf den verschiedenen Ebenen. Hinsichtlich der Beförderungsentscheidung könne der Beklagte sich nicht auf ein mündliches Anforderungsprofil berufen. Schon aus vereinsrechtlichen Gründen hätte dieses durch den Vorstand festgelegt werden müssen. Der Aushang vom 10. Dezember 2006 stelle eine betriebsöffentlich kommunizierte Erniedrigung ihrer Person dar. Diese Stelle hätte auch intern ausgeschrieben werden müssen. Herr R. sei nicht leitender Angestellter gewesen. Insofern hätte der Gesamtbetriebsrat auf einer Ausschreibung bestanden, wenn er hiervon gewusst hätte.

Am Nachmittag des 20. Dezember 2006 habe Herr R. ihr mitgeteilt, er könne nicht nachvollziehen, was sie eigentlich wolle. Sie solle sich über Weihnachten überlegen, wie sie sich ihre berufliche Zukunft bei dem Beklagten vorstelle. Er kenne die Schreiben vom 4. und 17. Dezember 2006, wisse aber nicht, was das mit dem AGG solle.

Für die Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit verantwortlich gewesen. Als weitere Indizien für ihre Diskriminierung beruft sie sich ferner auf Vorfälle, in denen sie als Leiterin der Personalverwaltung Berlin – im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten – nicht beteiligt wurde. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Dies stelle eine rechtswidrige Versetzung dar.

Sie hat ferner behauptet, durch das Verhalten von Herrn R. und Herrn M. habe sich ihre Erkrankung verschlechtert, so dass sie als Schwerbehinderte anerkannt worden sei.

Da sie ihr dienstlich erworbenes Wissen gem. § 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrages außerdienstlich nicht verwenden dürfe, habe sie hinsichtlich der möglicherweise streitigen Tatsachen Beweis nur durch Herausgabe der entsprechenden Unterlagen durch den Beklagten angetreten.

Die Klägerin hat beantragt,

3. den Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft über den jeweiligen monatlichen Verdienst inklusive Einmal- und Sonderzahlungen des Leiters der Personalabteilungen Berlin, M. und der Bezirksdirektoren des Beklagten, Herrn M. R., ab dem 10.12.2006 sowie danach erfolgter Gehalts- und Zulagenerhöhungen zu erteilen,

4. den Beklagten zu verurteilen, ihr die Gehaltsdifferenz nach Maßgabe der Auskunft nach 3. für den Zeitraum ab dem 11.12.2006 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft nach 3. gleich dem Herrn M. R. (Gehalt ab 10.12.2006) zuzüglich danach erfolgter Gehalts- und Zulagenerhöhungen) zu bezahlen,

6. hilfsweise, für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 5., den Beklagten zu verurteilen, sie in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft nach 1. gleich dem Herrn M. R. (Gehalt bis 09.12.2006) zu bezahlen,

7. den Beklagten zu verurteilen, ihr Schmerzensgeld in Höhe von 390.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

8. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Ungleichbehandlung bei der Bezahlung im Verhältnis zum Leiter der Personalverwaltung M., Herrn M. R., und durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der Personalabteilung M. und Berlin und der Bezirksdirektionen sowie durch die sonstigen Benachteiligungen wegen ihres Geschlechts durch den Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, Frau St. sei faktisch nicht als Stellvertreterin der damaligen Personaldirektorin tätig geworden. Sie habe nicht das Vertrauen des Vorstands gehabt. Die ursprüngliche Stellenanzeige, die zur Einstellung der Klägerin geführt hat, liege ihr nicht mehr vor. Die Klägerin habe gewusst, dass im Jahre 1999 ein Kandidat mit Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit gesucht worden sei, da sie hierbei Herrn Dr. M. unterstützt habe. Sie habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit auch aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen.

Der Beklagte hat weiterhin behauptet, Herr R. sei deswegen eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 objektiv nicht geeignet gewesen. Schon bei seinen früheren Arbeitgebern habe sich Herr R. im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Bei L. habe er für ca. 500 Mitarbeiter Personalentwicklungs- und -betreuungsarbeiten durchgeführt. Bei der Firma I. (ca. 450 Mitarbeiter) sei er für Personalbetreuung, Personalgrundsatzfragen und Projektaufgaben im Rahmen der Personalentwicklung zuständig gewesen. Er habe ab dem Jahre 2000 schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Ihre sämtlichen Tätigkeiten im Bezug auf den Bereich Altersteilzeit beruhten auf einem von Herrn M. und Herrn R. erarbeiteten Konzept. Die Klägerin sei nur mit der einmaligen Umsetzung betraut gewesen.

Hintergrund für die Bemerkung am 18. Oktober 2006 könnte der Umstand gewesen sein, dass schwierige Sachverhalte von Herrn R. regelmäßig an Frau St. als Juristin zur Überprüfung gegeben worden seien.

Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R. seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter diese Kenntnisse und Erfahrungen aufweisen müsse. Deswegen sei auch Frau St. nicht in Betracht gekommen, zumal sie unstreitig auch aus familiären Gründen an der Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse gehabt hätte. Voraussetzung für die Beförderung sei ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium gewesen.

Ziel des Aushangs vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Herrn M. ausgeführten Aufgaben durch Herrn R. mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung Berlin sei hierdurch nicht berührt worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend. Ferner habe Herr R. die Personalleitung für die 10 Bezirksdirektionen übernommen.

An die von der Klägerin behauptete Äußerung (die Klägerin solle über ihre berufliche Zukunft nachdenken) könne Herr R. sich nicht mehr erinnern. Die Äußerung sei möglicherweise in einem Personalgespräch gefallen, in dem die Klägerin mitteilte, sie wolle sich nicht in die neue Personalabteilung integrieren. Sie habe vielmehr auf der Bezeichnung „Personalverwaltung Berlin“ bestanden. Sie müsse sich aber mit der neuen Struktur bzw. der Umbenennung abfinden.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2007 sei der Klägerin ausdrücklich bestätigt worden, dass die angemahnte Einhaltung der vertraglichen Pflichten keinen Vorwurf der Schlecht- oder Minderleistung beinhalten würde. Soweit weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei ihr dieses Schreiben im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 in M. erfolgte unstreitig auf Einladung von Frau Ha. in Abwesenheit von Herrn R.. Ihre Teilnahme sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen.

Bei den Tagungen zur Projektkultur am 04.03.2007 und beim Mittagstisch mit dem Vorstand am 17.04.2007 ging es jeweils um Personalentwicklungsmaßnahmen, für die die Klägerin nicht zuständig gewesen sei.

Soweit Herr B. statt Frau W. ausgewählt worden sei, habe dies an seiner hervorragenden Eignung gelegen, zumal er nunmehr Leiter der Direktion Außendienste sei. Bei der Nichtberücksichtigung von Frau G. hätte der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Die Besetzung der Stelle des Marketingdirektors stehe mit dem hiesigen Rechtsstreit in keinem Zusammenhang. Im Übrigen erdreiste die Klägerin sich hier, dem Beklagten eine nicht tragbare Grundhaltung vorzuwerfen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 30. Januar 2008 die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat insofern ausgeführt, dass Indizien für eine Diskriminierung nicht zu sehen seien. Soweit der Beklagte – auch wenn dies nicht schriftlich dokumentiert worden ist – die Beförderung im Dezember 2006 davon abhängig gemacht habe, dass nur ein Kandidat mit abgeschlossenem Hochschulstudium zu berücksichtigen ist, stelle dies kein ersichtlich sachwidriges Kriterium dar. Auch könne der Beklagte berücksichtigen, dass Herr R. über berufliche Vorerfahrungen in der Personalarbeit verfüge. Selbst wenn Herr R. und die Klägerin über gleiche Erfahrungen verfügen sollten, wäre der Beklagte in der Auswahl frei. Auch die Art und Weise der Stellenbesetzung lasse keine Indizwirkung für eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts zu. Insofern sei es unerheblich, ob die Stelle innerbetrieblich hätte ausgeschrieben werden müssen. Der Aushang vom 10. Dezember 2006 und die danach erfolgten schriftlichen Äußerungen des Beklagten ließen ebenfalls nicht die Annahme zu, dass eine Diskriminierung vorläge. Im Grunde stelle die Situation sich so dar, dass einer von beiden Konkurrenten den begehrten Posten bekommen habe, was zu Konflikten und Spannungen führen kann. Soweit der Beklagte die Klägerin im Schreiben vom 03.01.2007 aufgefordert hat, ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen, gehe es dem Beklagten um die Durchsetzung und Akzeptanz seiner Entscheidungen. Gleiches gelte für das Schreiben vom 08.02.2007. Die Äußerung von Herrn R. am 20.12.2006 müsse im Zusammenhang der Sicherung einer neu erworbenen Machtposition gesehen werden. Der geringe Anteil von Frauen in Spitzenpositionen bei dem Beklagten habe keine entscheidende Indizwirkung. Diese Situation könne auch über- kommene gesellschaftliche Verhältnisse abbilden, ohne dass bei dem Beklagten generell und aktuell eine frauenfeindliche Grundeinstellung herrschen müsse, zumal die Bewerbersituation in der Vergangenheit unklar sei. Soweit der Beklagte im Verfahren ausgeführt habe, die Klägerin wäre wegen ihrer im Vergleich zu Herrn R. geringeren Wochenarbeitszeit zeitlich nicht in der Lage, zusätzliche Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erbringen, so liege der Kern der Aussage nur darin, er halte die Klägerin für zeitlich ausgelastet, so dass ihr keine weiteren Aufgaben übertragen werden könnten. Der Umgang mit Frau G., Frau W. und Frau St. lasse angesichts der Vielzahl der Beschäftigten bei dem Beklagten nicht den Schluss auf ein frauenfeindliches Umfeld zu. Weder in der Einzelbetrachtung noch in einer Gesamtbewertung könne davon ausgegangen werden, dass sie Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei. Die Tätigkeit der Klägerin und des Herrn R. können auch deswegen nicht als gleich oder gleichwertig angesehen werden, weil ihre Arbeitsplätze in unterschiedlichen Betrieben (Berlin und M.) angesiedelt seien, für die unterschiedlich ausgestaltete Arbeitsmärkte maßgeblich seien.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 14. Februar 2008 zugestellt worden. Die Berufung ging am 14. März 2008 beim Landesarbeitsgericht ein. Nach Verlängerung bis zum 14. Mai 2008 ging am gleichen Tag die Berufungsbegründung ein.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt. Die rechtlichen Wertungen seien nicht zutreffend. Als sie mit Herrn Dr. M. über die nicht erfolgte Beförderung von Frau G. geredet habe, habe dieser sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied erklärt: „Sie kennen ja Herrn Dr. K.. Der will halt keine Frauen.“ Sie werde auch als Teilzeitkraft und damit mittelbar als Frau diskriminiert, wenn der Beklagte ihr vorhalte, auch wegen der Teilzeittätigkeit hätte man ihr ab dem 01.01.2000 im Gegensatz zu Herrn R. nicht noch Aufgaben der Entwicklung konzeptioneller Personalarbeit zuweisen können, während sie tatsächlich unstreitig erst ab Mai 2001 mit geringerer Wochenarbeitszeit beschäftigt werde. Die Wahrscheinlichkeit der Diskriminierung bei der Beförderung ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten vom 10. Mai 2008 (Anlage K44, Bl. 910 ff. d. A.) und 26.7.2008 (Bl. 1373 ff d. A.). Auch aus den von dem Beklagten eingereichten Zeugnissen des Herrn R. aus dessen früheren Arbeitsverhältnissen ergebe sich nicht, dass dieser über Erfahrungen in konzeptioneller und strategischer Personalarbeit verfüge. Es sei nicht ersichtlich, wie das von Herrn R. absolvierte Hochschulstudium sich bei der Bemessung des Arbeitswerts niedergeschlagen haben könnte.

Die Klägerin beantragt im Rahmen des hiesigen Schlussurteils zuletzt sinngemäß:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.01.2008 – AZ: 35 Ca 7441/07 – wird abgeändert:

4. Der Beklagte wird verurteilt, ihr 28.214,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.5.2007 zu zahlen,

5. der Beklagte wird verurteilt, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 EUR brutto zu zahlen,

6. hilfsweise wird für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 4. und 5. beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft nach 1. gleich dem Herrn M. R.(Gehalt bis 09.12.2006) zu bezahlen,

7. den Beklagten zu verurteilen, ihr Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 90.000,– EUR,

8. Soweit nicht durch die Anträge zu 5., 6. und 7. bereits ausgeglichen, wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen 2000 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG), namentlich hinsichtlich der Ungleichbehandlung bei der Bezahlung im Verhältnis zum Leiter der Personalverwaltung M., Herrn M. R., durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten, sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

12. den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R. gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr, jeweils bis zum Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31.03.2009, Auskunft zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Buchungen von Flügen etc. für den Gesamtbetriebsrat werden nunmehr durch das Sekretariat durchgeführt. Die Qualifikation von Herrn R. ergebe sich auch aus den Zeugnissen der Vorarbeitgeber (Anl. BB 4 = Bl. 1334 ff d. A.). Schon im Jahre 2000 habe dieser ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, das mit Schreiben vom 1. September 2000 an den Vorstand geleitet worden sei (Anlage BB1, Bl. 1078 ff. d. A.). Der Vorstand habe die Umsetzung befürwortet. Die Einstellung von Frau F. am 16. Oktober 2000 als Fachreferentin habe diese Arbeit verstärken sollen. Der Direktorenebene seien seit 2007 zwei Mitarbeiterinnen zugeordnet, die an den Direktoren Jour Fix teilnehmen. Hiervon sei die am 1.12.2007 eingestellte Frau M. laut Arbeitsvertrag leitende Angestellte. Frau R. sei es faktisch. Zum Stichtag Juni 2008 würden 41 weibliche und 45 männliche sonstige AT-Mitarbeiter beschäftigt. Neben sechs männlichen Fachjuristen sind auch drei weibliche Fachjuristen tätig. Statistische Daten allein seien nicht geeignet, den Nachweis einer unmittelbaren Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten. Durch Richterrecht dürfe nicht eine Gleichbehandlungsquote geschaffen werden.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig (§§ 519, 520 ZPO) und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz wegen geschlechtswidriger Benachteiligung bei der Beförderung in Höhe von 28.214,66 EUR für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2008 zu zahlen. Darüber hinaus muss er ihr künftig monatlich weitere 1.467,86 EUR brutto vergüten. Weiterhin ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin Auskunft bzgl. des an Herrn R. gezahlten variablen Entgelts zu erteilen. Ferner steht der Klägerin wegen schwerwiegender Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 EUR zu. Insofern war das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Die weitergehende Berufung hinsichtlich eines höheren Entschädigungsbegehrens (mindestens 90.000,– EUR; Antrag zu 7) und des Feststellungsantrages bzgl. materieller und immaterieller Schäden (Antrag zu 8) hat hingegen keinen Erfolg.

I.

Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 28.214,66 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist zum Schadensersatz in dieser Höhe verpflichtet, weil er die Klägerin bei dem beruflichen Aufstieg am 10. Dezember 2006 wegen des Geschlechts benachteiligt hat (§§ 15 Abs. 1, 7 Abs. 1, 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG).

1. Die Klägerin konnte auch in der Berufungsinstanz von der Auskunfts- zur Zahlungsklage übergehen.

Die Klägerin hatte ursprünglich in zulässiger Weise nach § 254 ZPO eine Stufenklage auf Auskunft und Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Rechnungsbetrages erhoben. Dem stand nicht entgegen, dass die Klägerin die entsprechenden Beträge kannte. Da sie ihr dienstlich erworbenes Wissen gem. § 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrages außerdienstlich nicht verwenden durfte, konnte sie solange nicht verpflichtet sein, direkt eine Zahlungsklage zu erheben, wie der Beklagte ihr die gerichtliche Verwendung der Daten nicht erlaubte. Dies geschah erst in der Berufungsverhandlung vom 30.07.2007, nachdem insbesondere die betriebsinternen Zuhörer den Saal verlassen hatten.

Zwar ist über die einzelnen Stufen einer Stufenklage grundsätzlich getrennt zu verhandeln, doch kann ein Kläger, nachdem der Beklagte ihm die Unterlagen vorgelegt hat, direkt zum eigentlichen Leistungsbegehren übergehen und einen bezifferten Antrag stellen. Damit strebt er sein ursprüngliches Klageziel nunmehr unmittelbar an, was keine Klageänderung darstellt (BGH 21.02.1991 – III ZR 169/88 – NJW 1991, 1893 Rn 12). So verhält es sich hier. Ob die Klägerin auch einen Erledigungsantrag hätte stellen können (BGH 05.05.1999 – XII ZR 184/97 – NJW 1999, 2520 Rn 21f), braucht hier mangels eines solchen Antrags nicht entschieden zu werden.

2. Die Rechtslage ist nach dem am 18. August 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beurteilen, da die Beförderung von Herrn R. im Dezember 2006 erfolgte (Vgl. BAG vom 14.08.2007 – 9 AZR 943/06 – NZA 2008, 99, 101 Rn. 28).

3. Ob eine Benachteiligung im Sinne des AGG vorliegt, ist unter Beachtung der Beweislastregel des § 22 AGG zu prüfen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Die Prüfung erfolgt somit zweistufig (Däubler/Bertzbach-Bertzbach, 2. Auflg. § 22 AGG Rn. 9; HWK-Annuß/Rupp, 3. Auflg. § 22 AGG Rn. 2; LAG Hamburg vom 09.11.2007 – H 3 Sa 102/07 – Juris, anhängig beim BAG unter 8 AZR 287/08).

Da § 22 AGG den §§ 611 a Abs. 1 S. 3 BGB ersetzt und dieser Norm nachgebildet wurde (BT-Dr. 16/1780, = NZA Beil. zu Heft 16/2006, S. 30), ist davon auszugehen, dass sich insofern in rechtlicher Hinsicht nichts geändert hat.

Schon § 611 a Abs. S. 3 BGB enthielt eine zweistufige Regelung (BAG vom 05.02.2004 – 8 AZR 112/03 – NZA 2004, 540, 543). Diese Norm bezieht sich auf den Benachteiligungsgrund, also auf die Tatsache der Benachteiligung aus geschlechtspezifischen Gründen. Auch wenn die Beweisverteilung nicht verändert wird, so senkt sie doch das Maß des Beweises ab. Für die Glaubhaftmachung durch den Arbeitnehmer ist eine Darlegung ausreichend, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts als wahrscheinlich erscheinen lässt. Insofern muss der Arbeitnehmer Hilfstatsachen darlegen und ordnungsgemäß unter Beweis stellen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Hierzu genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Geschlechtzugehörigkeit und Nachteil. Solche Vermutungstatsachen können in Äußerungen des Arbeitgebers bzw. anderen Verfahrenshandlungen begründet sein, die die Annahme einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nahe legen. Es genügen Indizien, die aus einem regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen motivierte Entscheidung schließen lassen. Gelingt es in der ersten Stufe dem Arbeitnehmer, die Benachteiligung aus geschlechtsspezifischen Gründen überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen, dann muss in der zweiten Stufe nunmehr der Arbeitgeber den vollen Beweis dafür führen, dass die Benachteiligung aus rechtlich zulässigen Gründen erfolgte (BAG a. a. O.).

4. Die Klägerin hat im Rahmen der ersten Prüfungsstufe ausreichend dargelegt, dass Indizien dafür vorhanden sind, dass ihre Nichtberücksichtigung bei der Beförderung wegen des Geschlechts erfolgt ist. Als Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung bei einer Beförderung auf einen Führungsposten kann insbesondere auch eine Statistik über die Geschlechtsverteilung auf den einzelnen Hierarchieebenen herangezogen werden.

4.1 Statistische Angaben können grundsätzlich ein Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung sein.

Dies gilt unbestritten zumindest für mittelbare Diskriminierungen, wenn also ein scheinbar neutrales Kriterium (z. B. Teilzeit) als Anknüpfungspunkt dient, hiervon aber überwiegend Arbeitnehmer eines Geschlechts betroffen sind.

Außerhalb dieses Bereichs hat der EuGH die Heranziehung von Statistiken für den Nachweis einer geschlechtsbedingten Diskriminierung insbesondere dann genügen lassen, wenn das Entgeltsystem (EuGH 27.10.1993 – Enderby – NZA 1994, 797) oder das Einstellungssystem (EuGH 30.06.1988 – As. C-318/86 – Kommission ./. Frankreich – EuGHE 1998, 3359) völlig intransparent ist.

In der deutschen Rechtsprechung finden sich hierzu kaum Entscheidungen. Das LAG Köln (13.06.2006 – 9 Sa 1508/05 – Juris) hat statistische Nachweise nicht als Indiz gewertet. Dem Arbeitgeber stehe es frei, sich jeweils für die Bewerberin oder den Bewerber zu entscheiden, der nach seinem Dafürhalten die besten persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Führungsaufgabe mitbringe. Er sei nicht verpflichtet, in einem bestimmten Verhältnis die Arbeitsplätze mit Männern und Frauen zu besetzen. Auch könne sich aus dem Fehlen von Bewerbungen weiblicher Mitarbeiter ergeben, dass der Männeranteil bei bestimmten Positionen überwiegt. Nach dem Tatbestand waren 30 % aller Beschäftigten Frauen, während in den Führungspositionen der Frauenanteil nur bei 7,5 % lag. Das Arbeitsgericht Lübeck (vom 29.05.2007 – 6 Ca 642/07 – Juris) hält es für denkbar, die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern statistisch auszuwerten, um eine Vermutung für eine Benachteiligung zu ermitteln. Im konkreten Fall waren hierfür jedoch nicht genügend Anhaltspunkte gesehen worden. Das LAG München wertet den Umstand, dass in einem Unternehmen der Anteil der Frauen in Führungspositionen in den letzten Jahren stark abgenommen hat und nunmehr sowohl deutlich unter dem deutschen Durchschnitt als auch unter dem Frauenanteil in dem betroffenen Unternehmen allgemein liegt, nicht als ausreichendes Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung, denn hierfür könne es ganz unterschiedliche Ursachen geben, zum Beispiel eine spezielle Unternehmensgeschichte oder keine ausgeprägte Unternehmenskultur hinsichtlich der Vereinbarung von Beruf und Familie (LAG München 7.8.2008 – 3 Sa 1112/07 – Juris Rn 52).

In der Literatur finden sich auch nur wenige Stellungnahmen. Grobys (NZA 2006, 898, 902) hält eine aussagekräftige Statistik zumindest im Fall der übertariflichen Entlohnung für möglich. An einer solchen aussagekräftigen Statistik mangele es aber, wenn ein abgelehnter Bewerber eines bestimmten Geschlechts nur darlegt, dass gerade „seine“ Personengruppe im Betrieb oder einer bestimmten Abteilung unterrepräsentiert ist. Es gebe keinen Erfahrungssatz, wonach bestimmte Bevölkerungsgruppen bei Bewerbungen stets gleichmäßig vertreten sind und Belegschaften dementsprechend zusammengesetzt sein müssten. Nach Palandt-Grüneberg, 67. Auflg. 2008, § 22 AGG, Rn. 2 sind aussagekräftige Ergebnisse von Statistiken geeignete Indizien. Nach anderer Ansicht muss über das bloße statistische Überwiegen hinaus eine wertende Feststellung getroffen werden (KR-Pfeiffer, 8. Auflg. 2007, AGG Rn. 184). Wieder anderen reicht der konkrete statistische Nachweis, dass in einem Unternehmen auf einer Führungsebene nur eine geringe Anzahl oder keine Frauen tätig sind, als Vermutungswirkung für die Benachteiligung von Frauen aus (Däubler/Bertzbach-Bertzbach § 22 AGG Rn. 45 a; Meinel/Heyn/Herms § 22 AGG Rn. 26).

Die Kammer ist der Ansicht, dass statistische Nachweise schon deswegen berücksichtigungsfähig sein müssen, da anderenfalls eine verdeckte Diskriminierung bei Beförderungen („gläserne Decke“) nicht ermittelbar wäre.

Es kann nicht sein, dass die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung Diskriminierungen nur in Form der mittelbaren Diskriminierung und der Diskriminierung, bei der der Arbeitgeber Stellen nicht geschlechtsneutral ausschreibt, zur Kenntnis nimmt. Mit diesen beiden Diskriminierungstypen sind praktisch sämtliche Fälle beschrieben, die in der deutschen Rechtsprechung eine Rolle spielen. Theoretisch kämen noch Fälle der offenen Diskriminierung in Betracht. In der Praxis sind sie irrelevant. Zutreffend wird davon ausgegangen, dass es Arbeitgeber gelernt hätten, wie sie eine materiell am Geschlecht orientierte Auswahlentscheidung trotz entsprechender Verbote erfolgreich tarnen können (Annuß NZA 1999, 738, 738). Dass ein Arbeitgeber sich offen zur Diskriminierung bekennt, ist dem hiesigen Vorsitzenden in 17 Jahren nur ein Mal vor längerer Zeit passiert: Die Bewerbung eines Mannes war mit der Begründung abgelehnt worden, es handele sich um einen Frauenbetrieb, so die damalige Mitteilung des Geschäftsführers und einzigen Mannes.

Tatsächlich gibt es jedoch eine verdeckte Diskriminierung von Frauen in Deutschland, der sich die Rechtsprechung auch stellen muss.

Obwohl der Frauenanteil an den Beschäftigten in Betrieben der Privatwirtschaft 45 % beträgt, sind sie nur zu 26 % an Führungspositionen beteiligt, dies allerdings auch nur in Betrieben mit 1 – 9 Beschäftigten. Bei Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten sind Frauen auf der zweiten Führungsebene zu 12 % und auf der ersten Führungsebene zu 4 % beteiligt (2. Bilanz Chancengleichheit – Frauen in Führungspositionen, hrsg. von der Bundesregierung, Februar 2006, S. 9 f.). In Großunternehmen (mindestens 20 Mio. EUR Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte) betrug der Frauenanteil in Führungspositionen im Jahre 1995 4,8 % und im Jahre 2004 8,2 % (a. a. O., S. 12). Anfang des Jahres 2007 lag er bei 7,5 % und im Jahre 2008 nur noch bei 5,5 % (3. Bilanz Chancengleichheit – Europa im Blick, hrsg. von der Bundesregierung, April 2008, S. 28).

Damit liegt Deutschland auf dem siebtletzten Platz von 21 untersuchten Ländern in Europa (3. Bilanz a. a. O., S. 30). Es befindet sich im unteren Drittel, während die Frauenerwerbstätigenquote im Jahre 2006 mit 62,2 % in Deutschland innerhalb Europas im oberen Drittel liegt (a. a. O., S. 24). All dies kann nicht mit einer schlechteren Qualifikation von Frauen begründet werden, da Studentinnen in den letzten 20 Jahren gegenüber den Studenten bessere Durchschnittsnoten in den Zugangszeugnissen und sie auch sonst bessere Schulabschlüsse erreichen (2. Bilanz a. a. O., S. 15 f.). Es gibt starke Unterschiede in den Branchen. In den Banken ist jede vierte Führungskraft eine Frau (2. Bilanz a. a. O., S.14). Im Gesundheits- und Sozialwesen und der privaten Dienstleistungsbranche beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen hingegen 40 %, im Groß- und Einzelhandel 32 % (a. a. O., S. 11). Der Frauenanteil in Führungspositionen bei den obersten Bundesbehörden stieg von 8,7 % in 1996, über 15 % in 2002 auf 20,1 % in 2006 (3. Bilanz, a. a. O., S. 31). In den hundert größten Unternehmen fanden sich im Jahre 2004 neben 685 Männern nur vier Frauen in Vorstandspositionen (2. Bilanz a. a. O., S. 12), im Jahr 2008 war es exakt noch eine Frau (3. Bilanz a. a. O., S. 29).

Bemerkenswert ist auch der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten in hundert größten Unternehmen im Jahre 2005. Der Anteil läge nur bei 1,5 % (2. Bilanz a. a. O., S. 13), was durchaus dem Trend entspricht, dass der Frauenanteil immer stärker abnimmt, je gewichtiger der Führungsposten ist. Tatsächlich lag der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten jedoch bei 7,5 %. Dies hat einen einfachen Grund: Über 80 % der Frauen erhielten ihr Mandat durch die Arbeitnehmervertretungen (2. Bilanz a. a. O., S. 13).

All dies kann nicht auf Zufälle zurückgeführt werden. Es kann auch nicht damit begründet werden, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland so schlecht gewährleistet ist (so aber die Vermutung des LAG München vom 7.8.2008 – 3 Sa 1112/07 – Juris Rn 52). Damit kann allenfalls erklärt werden, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Unter der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf leiden Frauen auf unteren Hierarchieebenen sicherlich mindestens genauso wie Frauen in Leitungspositionen. Warum findet man Frauen daher überproportional im unteren Hierarchiesegment? Hinzukommt, dass Frauen in Leitungspositionen auf Grund der besseren Vergütung zumindest eher in der Lage wären, Kinderbetreuung etc. privat zu organisieren und zu bezahlen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mindestens auch diskriminierende Strukturen, Denk- oder Verhaltensweisen in den Betrieben die Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen verhindern.

4.2 Die Tatsache, dass bei dem Beklagten ohne Ausnahme alle 27 Führungspositionen nur mit Männern besetzt sind, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellen, ist mehr als frappierend. Es ist ein ausreichendes Indiz im Sinne von § 22 AGG, um von einer Geschlechtsdiskriminierung auszugehen, wenn in einer solchen Situation erneut ein Mann statt einer Frau befördert wird.

Soweit das Arbeitsgericht meint, dass dem Verweis auf den geringen Anteil an Frauen in Führungspositionen keine entscheidende Bedeutung zukomme, weil dies auch überkommene gesellschaftliche Verhältnisse abbilden könne, ist dem nicht zu folgen. Zum einen wird damit zum Ausdruck gebracht, dass eine Diskriminierung erst dann rechtlich relevant ist, wenn sie über das in der Gesamtgesellschaft verbreitete Maß hinausgeht. Eine derartige Einschränkung ist dem AGG oder dem Art. 3 GG nirgendwo zu entnehmen. Darüber hinaus wird bei dieser Auffassung nur unterstellt, aber nicht geprüft, ob nur überkommene gesellschaftliche Verhältnisse sich im Unternehmen des Beklagten abbilden. Tatsächlich ist das Nichtvorhandensein von Frauen auf den obersten 27 Führungspositionen keinesfalls Ausdruck des gesellschaftlichen Trends. Selbst in Großunternehmen, wozu der Beklagte zählt, sind in Deutschland auf der ersten Führungsebene 4 % und auf der zweiten Ebene 12 % Frauen vertreten, wobei der Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft dort nur 33 % beträgt. Bei dem Beklagten beläuft sich der Frauenanteil aber auf 69 %. Selbst auf den Ebenen Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen außertariflichen Beschäftigten beträgt der Anteil der Frauen immer noch 44 %. Ein genügend großes Reservoir zur Beförderung auch von Frauen wäre also vorhanden gewesen. Nur oberhalb der Abteilungsdirektorenebene bricht der Frauenanteil schlagartig ab. Stellt man den Beklagten als Inkassounternehmen mit privaten Banken gleich, müsste der weibliche Anteil an Führungskräften aber bei 25 % liegen, als Teil des privaten Dienstleistungsbereiches wären gar 40 % zu erwarten. Hiervon ist der Beklagte weit, weit entfernt.

Dies wird auch dann deutlich, wenn man sich die Entwicklung in der Vergangenheit ansieht. Frau G. hat die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen erhalten. Zur Direktorin wurde sie nie ernannt. Insofern kann hier auch offen bleiben, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, dass Männer spätestens nach 2 Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen bekommen. Seit 1976 gibt es keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau mehr bei dem Beklagen. Der Beklagte wendet demgegenüber ein, dass berücksichtigt werden müsse, dass „zahlreiche Direktoren“ eine Betriebszugehörigkeit von mehr als 30 Jahren aufwiesen (S. 10 des Schriftsatzes vom 9.9.2008, Bl. 1328 d. A.). Auch wenn die Betriebszugehörigkeitszeit nichts darüber zum Ausdruck bringt, ab wann die jeweilige Person in den Führungskreis aufgestiegen ist, so soll das Beklagtenargument dahingehend verstanden werden, dass eine Politik der Benachteiligung von Frauen möglicherweise in der Vergangenheit vorhanden war, dies jedoch keinen Schluss auf das aktuelle Vorgehen erlaube. Mit der gleichen Stringenz ließen sich auch offen diskriminierende Äußerungen in der Vergangenheit als irrelevant abtun, da nie ausgeschlossen werden kann, dass eine solche Geisteshaltung nunmehr nicht mehr vorhanden ist. Richtigerweise muss man aber von signifikanten Zuständen aus der Vergangenheit auf die Gegenwart schließen, außer wenn handfeste gegenläufige Tendenzen sichtbar werden.

Soweit der Beklagte sich auf die am 1. Februar 2007 eingestellte Frau R. und die ab 1. Dezember 2007 beschäftigte Frau M. (Pressesprecherin) beruft, haben diese bis heute unstreitig nicht den Status von Direktorinnen erhalten, auch wenn dies angedacht sein mag. Jedenfalls wird hierdurch nicht die Indizwirkung aufgehoben, die sich aus der Geschlechtsverteilung zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung ergibt.

Umgangssprachlich wird das hier zu beobachtende Phänomen „Gläserne Decke“ genannt. Frauen haben ab einer bestimmten Hierarchiestufe keine oder so gut wie keine Chancen mehr auf Beförderungen. Dies lässt aber mindestens in den Fällen, in denen die relevanten Zahlen der jeweiligen Branche in Deutschland gravierend unterschritten werden, den Schluss zu, dass in einem solchen Unternehmen eine Kultur herrscht, die die Chancengleichheit von Frauen beschneidet. Die Realität bei dem Beklagten stellt sicherlich einen Extremfall dar. Dies betrifft sowohl die Momentaufnahme (keine Frau bei 27 Führungspositionen) als auch die zeitliche Entwicklung (in den 30 Jahren zuvor nur eine Frau mit faktischer Direktorinnentätigkeit).

Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten wird hiermit auch nicht richterrechtlich der Zwang zur Quotierung eingeführt. Jedem Arbeitgeber steht es auch weiterhin frei, Führungspositionen ausschließlich mit Männern zu besetzen. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung muss er dann aber in der Lage sein, zumindest im zweiten Schritt die Gründe für die Bevorzugung eines Mannes nachvollziehbar zu belegen. Insofern führt die Berücksichtigung von Statistiken als Indiz für eine Diskriminierung allenfalls dazu, die jeweilige Auswahlentscheidung transparent zu gestalten. Will man sich dies sparen, was wiederum jeder Arbeitgeber frei entscheiden kann, wird faktisch allerdings ein Druck in Richtung einer gewissen Quotierung die Folge sein.

5. Auf der zweiten Prüfungsstufe ist dem Beklagten hier nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot vorliegt.

Der Beklagte beruft sich insofern darauf, dass zwar kein schriftliches Anforderungsprofil vorgelegen habe, bei den wesentlichen Entscheidungsträgern jedoch klar gewesen sei, dass der neue Personalleiter über Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalentwicklungsarbeit verfügen müsse. Voraussetzung für die Beförderung sei ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium gewesen.

Dieser Einwand ist unsubstanziiert. Es bleibt völlig unklar, wann und vor allem welche Entscheidungsträger sich auf diese Kriterien geeinigt haben sollen. Schon allein deswegen war Herr Dr. M. auch nicht als Zeuge zu vernehmen.

Darüber hinaus kann der Arbeitgeber in der zweiten Prüfungsstufe sich regelmäßig nur auf diejenigen Tatsachen zur sachlichen Rechtfertigung einer Beförderungsentscheidung berufen, die er zuvor im Auswahlverfahren nach außen ersichtlich hat werden lassen.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vom 16.11.1993 – 1 BvR 258/86 – NZA 1994, 745).

Das BVerfG hat zu der Vorgängerregelung des § 611 a Abs. 1 BGB a. F. und für einen Einstellungsfall ausgeführt, dass hierbei auch die vorangegangenen Verfahrensschritte zu berücksichtigen sind. Andernfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern, die wegen ihres Geschlechts als weniger geeignet eingestuft werden, so zu mildern, dass eine abschließende Entscheidung praktisch unangreifbar wird (a.a.O. Rn. 47). Zu dem möglichen Entlastungsvorbringen des Arbeitgebers in der zweiten Prüfungsstufe hat es ausgeführt:

„Es (das LAG) gesteht dem Arbeitgeber die nachträgliche Berufung auf ein Einstellungsmerkmal zu, das zwar in der Person des Eingestellten unbestreitbar in höherem Maße als bei der abgewiesenen Beschwerdeführerin vorliegt, das aber weder in der Ausschreibung noch während des Auswahlverfahrens formuliert worden war. Das Gericht hätte dann aber eine besondere Rechtfertigung für das Nachschieben von Auswahlkriterien verlangen müssen. Sonst wäre dem Arbeitgeber in nahezu jedem Fall eine Entlastung möglich. Der gerichtlichen Durchsetzung des Diskriminierungsverbots würde damit ein praktisch unüberwindliches Hindernis entgegengesetzt.

Die Entlastung durch nachträgliche Angabe eines „sachlichen Grundes“ für seine Entscheidung bereitet dem Arbeitgeber deshalb so geringe Schwierigkeiten, weil er die Anforderungen an die Qualifikation für eine bestimmte Stelle grundsätzlich nach seinem Belieben festlegen darf. Ebenso wie er auf größere Berufserfahrung abstellen kann, steht es ihm frei, Berufsanfänger vorzuziehen, die erst durch die Arbeit in seinem Betrieb ihre Prägung erfahren. Er kann auf höheres, aber auch auf geringeres Lebensalter Wert legen, er darf die Fähigkeit zur kollegialen Zusammenarbeit bevorzugen oder in erster Linie auf Durchsetzungsfähigkeit abstellen. Eine vielseitige berufliche Biographie kann für ihn vorrangiges Auswahlkriterium sein, umgekehrt aber auch Stetigkeit der Berufspraxis. Ebenso steht es in seinem Belieben, eine spezifische Kombination verschiedener Eigenschaften zu fordern und die einzelne Qualifikationsmerkmale unterschiedlich zu gewichten.“ (a.a.O. Rn. 51 f.)

Nachträglich vorgebrachte Gründe könnten nur dann als „sachlich“ im Sinne der Vorschrift angesehen werden, wenn besondere Umstände erkennen ließen, dass der Arbeitgeber diesen Grund nicht nur vorgeschoben hat. Dies könnte sich etwa daraus ergeben, dass sich während des Einstellungsverfahrens die Aufgabenstellung geändert hat oder sich z. B. ein Arbeitnehmer bewirbt, der für die zugedachte Aufgabe geradezu prädestiniert ist (a.a.O. Rn. 53).

Das Bundesarbeitsgericht ist dem gefolgt (BAG vom 05.02.2004 – 8 AZR 112/03 – NZA 2004, 540). Das BVerfG hat später seine Rechtsprechung aus dem Jahre 1993 erneut aufgegriffen und betont, dass die Auslegung des § 611 a BGB nicht dazu führen dürfe, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern wegen ihres Geschlechts so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird (BVerfG vom 21.09.2006 – 1 BvR 308/08 – NZA 2007, 195, 196). Auch das BAG ist bei dieser Linie geblieben (vom 14.8.2007 – 9 AZR 943/06 – NZA 2008, 99 Rn 47).

Diese Rechtsprechung ist teilweise als zu weitgehend kritisiert worden. Es müsse dem Arbeitgeber möglich sein, etwa eine Unpünktlichkeit des Bewerbers bei einem Vorstellungstermin oder dessen ungepflegte Erscheinung zu berücksichtigen (Meinel-Heyn-Herms § 22 AGG Rn. 32). Dies wäre nach der Rechtsprechung des BVerfG aber auch deswegen berücksichtigungsfähig, weil diese Umstände erst nach der entsprechenden Stellenausschreibung aufgetreten sind.

Vereinzelt werden die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers als in nicht mehr zu rechtfertigender Weise überspannt angesehen (KR-Pfeiffer, 8. Aufl., AGG Rn. 188).

Die zur Absicherung des Art. 3 GG ergangene Rechtsprechung des BVerfG ist jedoch zutreffend. Gerade der hiesige Fall, in dem die der Entscheidung zugrunde liegenden Kriterien nie im Vorhinein nach außen sichtbar gemacht wurden, lässt deutlich werden, dass eine Berücksichtigung rein interner Überlegungen es dem Arbeitgeber problemlos ermöglichen würde, jede Entscheidung zu rechtfertigen. Völlig zu Recht hat das BVerfG insofern darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber hinsichtlich der Gewichtung der Kriterien in seiner Entscheidung völlig frei ist. Diese Rechtsprechung überspannt auch nicht die Anforderungen. In den einschlägigen Kommentaren wird vielmehr geraten, den Gang der Entscheidungsfindung zu dokumentieren (Bauer/Göpfert/Krieger § 22 AGG Rn. 13; Däubler/Bertzbach-Bertzbach, 2. Aufl., § 22 AGG Rn. 66; Arbeitsgericht Berlin vom 28.04.2006 – 28 Ca 5196/06 – Juris). Diese Obliegenheit betrifft im Übrigen nur Arbeitgeber, die Personalentscheidungen auf dem Hintergrund einer Sachlage treffen, die Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietet.

Weil der Beklagte hier seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert hat, kann er sich hierauf auch nicht berufen. Gründe für ein Nachschieben liegen nicht vor, da dem Beklagten die in Betracht kommenden Personen und die vom ihm selbst aufgeführten Kriterien frühzeitig bekannt waren.

Daher kann der Beklagte auch nicht mit dem Rechtseinwand (Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 AGG Rn. 163) gehört werden, die Klägerin sei schon nach objektiven Kriterien keine geeignete Bewerberin, da hierbei die gleichen Argumente vorgetragen werden. Die Teilzeittätigkeit der Klägerin soll nach ausdrücklichem Vortrag des Beklagten kein Grund für die negative Beförderungsentscheidung gewesen sein (Schriftsatz vom 30. Juni 2008, S. 30, Bl. 1040 d. A.).

Darüber hinaus kommt ein Bewerber nach objektiven Umständen ernstlich nur dann nicht in Betracht, wenn er die erforderliche fachliche Qualifikation offenkundig nicht erfüllt (Schleusener u. a. – Voigt § 15 AGG Rn. 32). Davon kann bei der Klägerin nicht ausgegangen werden. Die Blätter zur Berufskunde (staatlich geprüfter Betriebswirt/staatlich geprüfte Betriebswirtin 2-IX A 25, S. 12) gehen vielmehr davon aus, dass Personen mit diesem Bildungsabschluss vereinzelt auch als Mitglieder der Geschäftsleitung bis ins Topmanagement vorstoßen.

Die Klägerin ist hier nicht eine völlig subalterne Kraft, sondern auch sie stand – wie Herr R. – einer Personalverwaltung einer Generaldirektion vor. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin offenkundig die erforderliche fachliche Qualifikation nicht erfüllt.

Dem steht nicht entgegen, dass die hiesige Kammer im Teilurteil vom 30.07.2008 unter 4.1.2. davon ausgegangen ist, dass die Tätigkeit der Klägerin und des Herrn R. bis zum 9. Dezember 2006 nicht als gleich oder gleichwertig angesehen werden kann, da schon die unterschiedliche Berufsausbildung eine unterschiedliche Bewertung der Arbeitsleistungen zu rechtfertigen vermag. Darlegungs- und beweispflichtig war im Rahmen dieses Teilurteils die Klägerin. Hier geht es aber darum, ob der Beklagte mit dem Einwand gehört werden kann, die Klägerin sei nach den von ihm vorgegebenen Kriterien für die Stelle nicht geeignet. Dies wäre allenfalls dann möglich, wenn das Verlangen eines abgeschlossenen Hochschulstudiums für die Personaldirektorentätigkeit nach außen erkennbar hervorgetreten wäre. Gerade daran fehlt es aber.

6. Es ist davon auszugehen, dass bei diskriminierungsfreier Auswahl die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen wäre.

Teilweise wird angenommen, dass der auf Schadensersatz klagende Arbeitnehmer beweisen muss, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre (Bauer-Göpfert-Krieger § 22 AGG Rn. 11 Ausschreibung/Stellenanzeige). Autoren, die diese Rechtsauffassung vertreten, weisen konsequenterweise darauf hin, dass in der Praxis einem Bewerber nur selten der Nachweis gelingen wird, dass er/sie der bestgeeignete Bewerber war, sodass daher im Vordergrund der Schadensersatzanspruch des nicht-bestgeeigneten Bewerbers steht (Adomeit/Mohr § 15 AGG Rn. 24). Andere gehen davon aus, dass sich die Beweislastregel des § 22 AGG nicht nur auf den Tatbestand der Benachteiligung bezieht, sondern auf sämtliche Tatbestandselemente der Schutzvorschriften (Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 AGG Rn. 157). Nach Ansicht des EuGH obliegt es dem Arbeitgeber, der über sämtliche eingereichten Bewerbungsunterlagen verfügt, zu beweisen, dass der Bewerber die zu besetzende Position auch dann nicht erhalten hätte, wenn keine Diskriminierung stattgefunden hätte (EuGH vom 22.04.1997 – As. C – 180/95 – Draehmpaehl, Rn. 36, NZA 1997, 645).

Zutreffenderweise ist von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen. Auf der ersten Stufe reicht die Behauptung des Arbeitnehmers, der nicht über einen Einblick in das Auswahlverfahren verfügt, er sei der am besten geeignete Bewerber gewesen. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, der als Einziger das Verfahren im Ganzen überblickt, darzulegen, aus welchem Grunde der klagende Arbeitnehmer nicht ausgewählt worden ist. Dies beinhaltet grundsätzlich auch die Möglichkeit des Hinweises, dass neben dem ausgewählten auch andere Arbeitnehmer vorrangig hätten berücksichtigt werden dürfen.

Hierbei sind jedoch grundsätzlich die gleichen Überlegungen maßgebend, die zuvor unter Punkt 5 dargestellt wurden. Ließe man unbegrenzt alle Einwendungen des Arbeitgebers zu, dann könnte der Arbeitgeber grundsätzlich jede Entscheidung rechtfertigen.

Doch auch wenn man nicht auf die aus Art. 3 GG abgeleiteten Prinzipien zurückgreifen will, dann wären zumindest die einfach gesetzlichen Erwägungen heranzuziehen, die das BAG bei der Anwendung des betrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aufgestellt hat. Das Bundesarbeitsgericht verlangt insofern, dass der Arbeitgeber die Differenzierungsgründe spätestens dann offen legen muss, wenn die Arbeitnehmer, die die Besserstellung für sich in Anspruch nehmen, an ihn herantreten. Insofern zitiert es die plastische Formel, dass es nicht angehen könne, dass ein Arbeitgeber zunächst so differenziert, wie es ihm passt, um dann im Streitfall nach Rechtfertigungsgründen Ausschau zu halten (BAG vom 09.09.1981 – 5 AZR 1182/79 – AP Nr. 117 zu Art. 3 GG Rn. 37; offen lassend in neuerer Zeit BAG vom 03.07.2003 – 2 AZR 617/02 – BAGE 107, 56 Rn. 24 f. m. w. N.).

Der Beklagte hat nicht gegenüber der Klägerin die Kriterien umgehend offen gelegt, die ihn zu seiner Auswahlentscheidung motiviert haben sollen. Im Scheiben vom 03.01.2007 (Bl. 150 d. A.) wird nur allgemein ausgeführt, dass die Beförderung „ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen“ wurde. Auch nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 6. Februar 2007 erstmals ihre Schadensersatzansprüche in Höhe von über 200.000,00 EUR geltend gemacht hat, lässt der Beklagte über seine jetzige Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 8. Februar 2007 nur mitteilen:

„Eine Diskriminierung Ihrer Mandantin ist in keiner Weise ersichtlich, insbesondere ist ihre Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt mit derjenigen des Herrn R. vergleichbar gewesen. Für eine eventuelle Klage sehen Sie uns bitte als Zustellungsbevollmächtigte an.“ (Bl. 149 d. A.)

Soweit der Beklagte im Klageerwiderungsschriftsatz auf S. 18 (Bl. 306 d. A.) auf Frau St. als besser geeignete Bewerberin verweist, trägt der Beklagte hier jedoch widersprüchlich vor. Mehrmals, so auch auf S. 26 des Berufungserwiderungsschriftsatzes (Bl. 1036 d. A.) führt er aus, dass Frau St. schon deswegen nicht als Frau bei der Beförderung übergangen worden sei, weil diese aufgrund ihrer familiären Situation an einer Verlängerung ihrer Arbeitszeit nicht interessiert gewesen sei. Danach hält der Beklagte Frau St. schon objektiv im Bewerbungsverfahren für nicht geeignet. Dann kann sie im Vergleich zur Klägerin auch nicht als besser geeignet angesehen werden.

7. Der nach § 15 Abs. 1 AGG zu leistende materielle Schadensersatz ist die Vergütungsdifferenz zwischen der tatsächlich erhaltenen und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt wird. Dieser Anspruch ist zeitlich nicht begrenzt.

Im Rahmen des Schadensersatzes ist nach zutreffender Ansicht für den bestqualifizierten Bewerber das positive Interesse (Bauer/Göpfert/Krieger § 15 AGG Rn. 24; Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 AGG Rn. 34; Adomeit/Mohr § 15 AGG Rn. 23) und nicht nur der Vertrauensschaden (so Meinel/Heyn/Herms § 15 AGG Rn. 27; Schleusener u. a. – Voigt § 15 AGG Rn. 18) zu ersetzen.

Fast durchgängig wird dem bestqualifizierten Bewerber in Fällen der Einstellung und/oder Beförderung jedoch nur ein zeitlich begrenzter Schadensersatz zugesprochen, wobei entweder auf die Gedanken des § 628 BGB, der §§ 9, 10 KSchG oder die Möglichkeit einer ersten Kündigung zurückgegriffen wird (Adomeit/Mohr § 15 AGG Rn. 27; Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 27; Palandt/Weidenkaff, 67. Aufl. 2008, § 15 AGG Rn. 5). Nur wenige halten einen Endlosschaden für möglich (Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 AGG Rn. 39 c, a. A. aber noch in der ersten Auflage § 15 AGG Rn. 39; Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz 2007 Rn. 542).

Die Argumente für eine zeitliche Einschränkung überzeugen nicht. Warum sollte eine unterstellte frühestmögliche Kündigung des diskriminierenden Arbeitgebers grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis selbst bei Nichteingreifen des Kündigungsschutzes beenden können? Sie wäre nicht anderes als eine Reaktion des Arbeitgebers auf die Geltendmachung der Rechte des unterlegenen Bewerbers, was eindeutig angesichts von § 16 AGG kein rechtmäßiges Alternativverhalten des Arbeitgebers wäre. Allenfalls wenn das Arbeitsverhältnis mit dem bevorzugten Bewerber rechtmäßig aus betriebsbedingten Gründen beendet worden wäre, käme eine zeitliche Begrenzung in Betracht. Dies wäre zumindest dann der Fall, wenn diese Gründe auch zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses des diskriminierten Bewerbers (Sozialauswahl, Sonderkündigungsschutz etc.) gereicht hätten. Vorliegend besteht das Arbeitsverhältnis von Herrn Richter aber ungefährdet fort.

Auch Erwägungen nach § 628 Abs. 2 BGB und §§ 9, 10 KSchG können auf die hiesige Fallkonstellation nicht übertragen werden. Diesen Fällen ist gemeinsam, dass der Arbeitnehmer, wenn auch unter Druck, auf den weiteren Schutz des Arbeitsverhältnisses verzichtet, entweder weil der Arbeitgeber einen Grund für eine fristlose Kündigung bietet (§ 628 Abs. 2 BGB) oder trotz Unwirksamkeit der Kündigung ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (§§ 9, 10 KSchG). Soweit der Arbeitgeber den Auflösungsantrag stellt, müsste der Arbeitnehmer Gründe für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geliefert haben. All diesen Konstellationen ist gemeinsam, dass der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden will oder er Gründe für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses schafft. In den Diskriminierungsfällen will der Arbeitnehmer aber nur in das entsprechende Arbeitsverhältnis hineinkommen, wenn auch vergeblich. Seine einzige Handlung besteht darin, sich beworben zu haben oder Bewerber zu sein. Mehr trägt er zur Schadensentwicklung nicht bei. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dies dem schädigenden Arbeitgeber zum Vorteil gereichen soll.

Dem steht nicht entgegen, dass nach § 15 Abs. 6 AGG kein Anspruch des diskriminierten Bewerbers auf den beruflichen Aufstieg besteht. Damit stellt der Gesetzgeber nur sicher, dass der Arbeitgeber in seiner Personalbesetzungspolitik frei bleiben soll, zu materiellem Schadensersatz ist er aber trotzdem verpflichtet, was sich schon aus § 15 Abs. 1 AGG ergibt.

Meinel/Heyn/Herms (§ 15 AGG Rn. 27) meinen jedoch, dass der Gesetzgeber durch diese Vorschrift zu erkennen geben wollte, dass der diskriminierende Arbeitgeber vor Doppelbelastungen zu schützen ist. Der verwendete Begriff der Doppelbelastung ist suggestiv. Eine Doppelbelastung existiert tatsächlich nicht. Die Einstellung oder Beförderung des bevorzugten Bewerbers stellt eine Gewinnsituation dar. Zwar ist für ihn das Entgelt zu zahlen, doch erlangt der Arbeitgeber die Möglichkeit, diese Arbeitskraft zu nutzen, um so mit diesem und mit anderen Arbeitnehmern Gewinn zu erzielen. Eine Belastung stellt hingegen unstreitig der zu leistende Schadensersatz gegenüber dem diskriminierten Bewerber dar, weil diese Zahlung ohne Gegenleistung erfolgt. Dass der Gesetzgeber jedoch eine einfache Belastung des diskriminierenden Arbeitgebers mit Schadensersatzansprüchen in Geld im Gegensatz zum sonstigen Schadensersatzrecht habe beschränken wollen, dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Eine derartige Einschränkung der allgemeinen Kriterien des Schadensersatzrechts im Falle diskriminierender Beförderungsentscheidungen lassen sich vor allem auch deswegen nicht begründen, weil die Rechtsprechung außerhalb des Diskriminierungsrechts dem bestgeeigneten Bewerber ebenfalls einen unbegrenzten Schadensersatzanspruch auf die höhere Vergütung zugesteht, wenn seine Stelle inzwischen besetzt ist. In der einschlägigen Kommentarliteratur zum AGG wird dies durchgängig nicht beachtet. Für Konkurrentenschutzstreitigkeiten im Bereich von Art. 33 Abs. 2 GG entspricht dies ständiger Rechtsprechung (BAG vom 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – NZA 2008, 1016). Im Gegensatz zur Auffassung von Meinel/Heyn/Herms zur Vermeidung angeblicher Doppelbelastungen geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Arbeitgeber im konkreten Fall nicht nur gegenüber einem, sondern gegenüber vier Bewerbern unbegrenzten Schadensersatz schuldet (vgl. die vier Entscheidungen BVerwG vom 17.08.2005 mit den Aktenzeichen 2 C 36-39/04 – Juris). Da die nationale Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen einen zeitlich unbegrenzten Schadensersatzanspruch gewährt, wäre auch nach europarechtlichen Vorgaben hier ein geringerer Schadensersatz nicht möglich. Das AGG dient der Umsetzung europarechtlicher Richtlinien. Hierbei muss der nationale Gesetzgeber darauf achten, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden, wie nach Art und Schwere gleichartiger Verstöße gegen das nationale Recht (vgl. EuGH vom 22.04.1997 – C – 180/95 – Draehmpaehl, NZA 1997, 645 Rn 29).

8. Es liegen keine Anhaltspunke dafür vor, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 nicht zu vertreten hätte.

Der Beklagte beruft sich insofern im Wesentlichen darauf, es läge schon keine Diskriminierung vor. Unabhängig hiervon trägt er nicht vor, welche Personen wann die Beförderungsentscheidung getroffen haben sollen, sodass auch nicht nachprüfbar ist, ob der Beklagte hierfür haftet. Darüber hinaus dürften diese Personen auch Organe im Sinne der §§ 30, 31 BGB gewesen sein, sodass eine Entschuldigungsmöglichkeit nicht gegeben ist.

Es muss daher nicht entschieden werden, ob § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG europarechtswidrig ist.

9. Der Klägerin ist auch nicht ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB zuzurechnen.

Der Beklagte beruft sich insofern darauf, dass der Klägerin Anfang des Jahres 2006 bei einem gemeinsamen Abendessen in Berlin von Herrn Dr. M. mitgeteilt worden ist, dass er aller Voraussicht nach die Leitung einer neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger käme Herr R. oder ein externer Bewerber in Betracht.

Eine solche Mitteilung kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nunmehr ein Bewerbungsverfahren eröffnet sei und der Beklagte um geeignete Bewerbungen bitte. Im Gegenteil wurde der Klägerin schon von vornherein die Aussichtslosigkeit einer möglichen Bewerbung ihrer Person vor Augen geführt. Jedenfalls kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass die Klägerin zu einer Initiativbewerbung verpflichtet gewesen wäre. Im Übrigen hat Herr Dr. M. dies als seine Ansicht kundgetan, ohne dass der Beklagte jemals bis heute mitgeteilt hätte, dass Herr Dr. M. über die Nachfolge seiner Stelle auch nur hätte mit entscheiden dürfen.

Der Klägerin kann auch nicht vorgehalten werden, sie hätte einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssen.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ab der Mitteilung des Arbeitgebers vom Ausgang des Auswahlverfahrens dem unterlegenen Bewerber eine ausreichende Zeitspanne zur Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verbleiben muss und der Bewerber hierzu auch verpflichtet ist (BGH vom 06.04.1995 – III ZR 183/94 – BGHZ 129, 226, 229). Regelmäßig wird hierbei eine Zeitspanne von zwei Wochen für erforderlich gehalten (a.a.O. S. 230 f.).

Selbst wenn man in der Mitteilung von Herrn Dr. M. im Telefonat vom 09.12.2006 (Samstag) eine ausreichende Mitteilung über den Ausgang des Bewerbungsverfahrens sehen wollte, so erfolgt die Umsetzung dieser Beförderungsentscheidung spätestens am Montag, dem 11.12.2006, was sich aus dem entsprechenden Aushang ergibt. Insofern verblieb der Klägerin keinesfalls genügend Zeit, um einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

10. Die Klägerin hat auch die erforderlichen Fristen eingehalten.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG müssen Schadensersatzansprüche innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, soweit im Tarifvertrag nichts anderes geregelt ist. In dem hier nachwirkenden Tarifvertrag sind jedenfalls keine kürzeren Fristen geregelt. Mit Schreiben vom 6. Februar 2007 hat die Klägerin ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht, da dieses Schreiben spätestens am 08.02.2007 dem Beklagten zugegangen gewesen sein muss, da unter diesem Datum eine Antwort erfolgte. Die dreimonatige Klagefrist gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG ist ebenfalls von der Klägerin gewahrt worden, da die Klage am 4. Mai 2007 beim Arbeitsgericht Berlin einging.

11. Die Höhe der Vergütungsdifferenz ist zwischen den Parteien unstreitig, zumal die Klägerin hierbei berücksichtigt hat, dass sie ihre Tätigkeit nicht vollzeitig ausübt.

Soweit die Klägerin Zinsen generell ab Rechtshängigkeit beantragt hat, war dem nicht zu folgen. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (14. Mai 2007) waren die Vergütungsdifferenzen nur zum Teil fällig. Soweit Vergütungsdifferenzen erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig wurden, ist dies bei der Tenorierung berücksichtigt worden.

II.

Der Beklagte ist ferner verpflichtet, der Klägerin auch in der Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 EUR brutto zu zahlen.

Die Klage ist gemäß § 259 ZPO zulässig, da die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Beklagte entsprechende Leistungen nicht freiwillig erbringen wird. Insofern ist der Beklagte schon jetzt zur Zahlung auch der künftigen Gehaltsdifferenzansprüche zu verurteilen.

Die Höhe ist von der Klägerin unstreitig zutreffend berechnet worden. Sie stellt die Differenz zwischen ihrem Gehalt und dem Gehalt des Herrn R. dar.

III.

Hinsichtlich des Antrages zu 12 ist die Klage ebenfalls begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin Auskunft über die Höhe des an Herrn R. gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr, jeweils bis zum Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, zu erteilen.

Hierfür gelten dieselben Kriterien wie zuvor. Die Klägerin ist auf diese Auskunft angewiesen, da sie anderenfalls ihren Schadensersatz hinsichtlich des variablen Entgeltbestandteils nicht berechnen kann.

IV.

Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 20.000,00 EUR zu zahlen. In diesem Umfang hat die Berufung Erfolg. Die weitergehende Berufung ist zurückzuweisen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin ist entsprechend abzuändern.

Der Entschädigungsanspruch ergibt sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin (Art. 1, 2 GG i. V. m. § 823 BGB).

1. Schon in der so genannten Soraya-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1973 ist die rechtliche Grundlage für einen Geldleistungsanspruch in Art. 1 und 2 GG erblickt worden (BVerfGE 34, 269, 292). Auch der BGH geht seit langem davon aus, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a. F. darstellt, sondern dass es sich um ein Recht handelt, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 GG i. V. m. § 823 BGB zurückgeht (BGH vom 05.12.1995 – VI ZR 332/94 – NJW 1996, 984, Rn. 12 f.). Diese Konzeption ist vom Bundesverfassungsgericht später ausdrücklich gebilligt worden (BVerfG vom 08.03.2000 – 1 BvR 1127/96 – NJW 2000, 2187 Rn. 9).

Auch das BAG geht mindestens inzwischen hiervon aus (vom 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – NZA 2007, 1154, 1163 Rn. 97).

Die Herleitung dieses Anspruchs aus § 823 BGB i. V. m. Art 1 und 2 GG beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (BGH vom 05.12.1995 a. a. O. Rn. 13).

2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als eigenständiges Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt worden. Es gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Einhaltung ihrer Grundbedingungen und damit auch den Schutz der persönlichen Ehre. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt eine Verpflichtung der staatlichen Gewalt, dem Einzelnen die Entfaltung seiner Persönlichkeit zu ermöglichen und ihn vor Persönlichkeitsgefährdungen durch Dritte zu schützen. Auf diesen Schutzauftrag geht der Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen zurück. Voraussetzung für den Anspruch auf Geldentschädigung ist eine schwer wiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts und die mangelnde Möglichkeit anderweitiger Genugtuung. Bei Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale haben die Gerichte die Fundierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Würde des Menschen zu beachten (BVerfG vom 04.03.2004 – 1 BvR 2098/01 – NJW 2004, 2371 Rn. 13 f.). Der Schutz der Menschenwürde ist absolut und erstreckt sich auf alle Lebensbereiche (a. a. O. Rn. 16), somit auch auf das Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitnehmer ist in doppelter Hinsicht hinsichtlich der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts im Arbeitsverhältnis gefährdet. Zum einen verbringt er einen zeitlich hohen Anteil im Arbeitsverhältnis. Zum anderen befindet er sich in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis, was im Direktionsrecht des Arbeitgebers seinen Ausdruck findet.

3. Das BAG geht daher davon aus, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen hat. „Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“ (BAG vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 – NZA 2008, 223, 227 Rn. 78). Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet, wobei das zuvor dargestellte Verhalten als „Mobbing“ bezeichnet wird (a. a. O. Rn. 79).

In einer anderen Leitentscheidung (vom 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – NZA 2007, 1154) führt das BAG aus: „Die Würdigung, ob ein bestimmtes Gesamtverhalten als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers oder als Gesundheitsverletzung zu qualifizieren ist, hat jeweils im Rahmen einer sorgfältigen Einzelfallprüfung zu erfolgen, die – was die Verletzung des Persönlichkeitsrechts anbelangt – revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.“ (a. a. O. Rn. 84). Die im Arbeitsleben üblichen Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind nicht geeignet, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen (Rn. 85). Erteilt der Arbeitgeber Weisungen, die sich im Rahmen des ihm zustehenden Direktionsrechtes bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, dann ist nur in seltenen Fällen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung anzunehmen (Rn. 85). Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (Rn. 86). Gehen Handlungen von verschiedenen Vorgesetzten aus, die nicht zusammenwirken, kann es an einer Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlen (Rn. 86). Die Beweislast für die Pflichtverletzungen trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer (Rn. 88).

Unabhängig von den arbeitsrechtlichen Besonderheiten kommt ein Entschädigungsanspruch auf dieser Rechtsgrundlage nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt und die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (Rn. 123). Eine Auswahl, die zu Unrecht auf das Geschlecht abstellt, stellt eine erhebliche Verletzung der Würde der Person dar, die eine Entschädigungszahlung rechtfertigt (BAG 14.3.1999 – 8 AZR 447/87 – Juris).

4. Bei Anwendung dieser Kriterien kann die Klägerin sich zu Recht auf eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts berufen, die nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann.

4.1 Soweit die Klägerin bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden ist, liegt darin eine Herabwürdigung ihrer beruflichen Fähigkeiten und zugleich eine Verletzung ihrer Würde als Person (BAG vom 14.03.1999 – 8 AZR 447/87 – Juris Rn. 18). Ein derartiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist regelmäßig schwerwiegend und verpflichtet zur Zahlung einer Entschädigung (a.a.O. Rn. 27 f.).

Doch auch zahlreiche weitere Geschehnisse stellen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin dar.

So wird vom objektiven Erklärungsinhalt mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 (Bl. 147 d. A.) für alle Beschäftigten mitgeteilt, dass Herr R. zusätzlich zur Personalleitung der Generaldirektion M. auch mit sofortiger Wirkung die Personalleitung für die Generaldirektion Berlin übernimmt. Da mindestens seit Sommer 2003 die Personalleitung für die Generaldirektion Berlin durch die Klägerin wahrgenommen worden war, wird hiermit objektiv zum Ausdruck gebracht, dass der Klägerin diese Stellung entzogen wird. Aus nachvollziehbaren Gründen hat daher der Lebensgefährte der Klägerin mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 nachgefragt, wie unter Berücksichtigung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie konkret darstellen soll. Mit Schreiben vom 03.01.2007 und 08.02.2007 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin mitteilen lassen, dass sie unverändert als Abteilungsleiterin tätig sei. Die Personaldirektion sei nur in Personalabteilung umbenannt worden. Prozessual hat der Beklagte eingeräumt, dass der Aushang missverständlich formuliert sein könnte. Es habe nur zum Ausdruck gebracht werden sollen, dass der ehemalige Personaldirektor nunmehr als Personalleiter bezeichnet wird. Eine Diskriminierungsabsicht habe hierin nicht gelegen. Die Personalleitung der Generaldirektion Berlin sei Herrn R. nicht übertragen worden. Hierfür sei nach wie vor die Klägerin zuständig (Beklagtenschriftsatz vom 04.10.2007, S. 6 Bl. 294 d. A.). Auch wenn der Beklagte intern im Verhältnis zur Klägerin damit richtig stellt, dass ihre berufliche Position nicht angetastet werden soll, vermeidet er doch eine Richtigstellung in der Betriebsöffentlichkeit. Der Aushang vom 10.12.2006 ist nie berichtigt worden. Nach außen wird der Eindruck des Kompetenzentzuges weiter aufrechterhalten.

Nachdem die Klägerin sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzugs und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehrt, wird sie einer Behandlung ausgesetzt, die sie herabwürdigt und bewusst unter Druck setzt.

Am 20. Dezember 2006 wird ihr von Herrn R. entgegengehalten, sie solle über ihre berufliche Zukunft nachdenken. Hierunter ist natürlich nicht die fürsorgliche Anregung eines Personalleiters zu verstehen, der der Arbeitnehmerin mitteilt, aus betriebsbedingten Gründen sei ihre Stelle weggefallen und man habe leider keine Idee, wie man sie künftig beschäftigen könne, aber vielleicht falle der Klägerin noch etwas ein, sondern durch diese Formulierung wird der Klägerin nahe gebracht, dass man angesichts des Verhaltens der Klägerin sich deren Verbleib im Unternehmen nicht mehr vorstellen könne. Der Beklagte hat dies damit zu begründen versucht, dass die Klägerin sich nicht in die neue Personalstruktur habe einordnen lassen. Sie habe vielmehr darauf bestanden, auch künftig die Personalverwaltung Berlin zu leiten. Genau hierauf oder auf eine hierarchisch zumindest ähnliche Tätigkeit hatte die Klägerin einen arbeitsvertraglichen Anspruch, da die Parteien durch Übertragung dieser Tätigkeiten vor mehr als drei Jahren konkludent den Arbeitsvertrag abgeändert haben.

Die Schikanemaßnahmen gegenüber der Klägerin setzten sich im Schreiben vom 3. Januar 2007 fort. In diesem Schreiben wird die Klägerin aufgefordert „ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R., nachzukommen“. Derartige Vorwürfe erhebt man normalerweise nur, wenn entsprechende Pflichtverletzungen vorliegen. Mit Schreiben vom 8. Februar 2007 rudert der Beklagte jedoch zurück und erklärt, hierdurch sollte nicht der Vorwurf arbeitsvertraglicher Verfehlungen erhoben werden. Man fragt sich, wie oft der Beklagte gegenüber außertariflichen Mitarbeitern auf die Einhaltung arbeitsvertraglicher Verpflichtung hinweist, obwohl entsprechende Verfehlungen gerade nicht bestehen sollen. Der Beklagte behauptet auch nicht, dass derartiges Vorgehen bei ihm zum Standardrepertoire gehört. Damit ist auch diese subtile Drohung als Reaktion der Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin zu verstehen.

Da an diesem Schreiben noch der Klebezettel von Herrn R. vorhanden war, dass der Inhalt mit Herrn Dr. M. abgesprochen gewesen sei, das Schreiben dann aber von dem Vorstandsmitglied Herrn Dr. H. unterzeichnet wurde, wird auch klar, dass insofern ein abgestimmtes Vorgehen dieser Vorgesetzten gegenüber der Klägerin stattfindet.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2007 setzte der Beklagte sein Bemühen fort, die Klägerin unter Druck zu setzen. In diesem Anwaltsschriftsatz heißt es:

„Im Übrigen sind wir aber beauftragt Ihnen mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft wird, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auf der Leitungsebene in M. und Berlin, erforderlich sind oder werden.

Über die Ergebnisse dieser Prüfung werden wir Sie, soweit sie Ihre Frau Mandantin betreffen sollten, zur gegebenen Zeit informieren.“ (Bl. 149 d. A.)

Im erstinstanzlichen Urteil war davon ausgegangen worden, dass derartige Überlegungen Teil der unternehmerischen Freiheit seien. Dies ist sicherlich richtig. Hierbei ist jedoch nicht beachtet worden, dass die Klägerin dezidiert vorgetragen hat, dass in der Besprechung in der Personalabteilung am Vormittag des 20. Dezember 2006 von Herrn R. ausgeführt worden ist, dass weitere Änderungen nicht geplant seien. Daher sei nicht nachvollziehbar, warum hierzu innerhalb von sechs Wochen ein anderer Standpunkt eingenommen werde. Trotz dieses Vorwurfs der Klägerin hat der Beklagte nie ausgeführt, welche Überlegungen wann durch wen hinsichtlich der gerade erst veränderten Personalstruktur noch angedacht gewesen sein könnten. Auch hier zeigt sich das gängige Muster des Beklagten: In den Raum gestellte Drohungen sind und werden auch auf Nachfrage nicht unterfüttert. Schon gar nicht trägt der Beklagte vor, dass dem Personalleiter in M., also dem gerade beförderten Herrn R., nunmehr ähnliche Prüfungen im gleichen Tonfall angekündigt worden sein sollten.

Das Verhalten am 1. April 2007 zeigt, dass nunmehr Herr R. versucht, die Klägerin zu demütigen. Normale Höflichkeitsformen werden nicht eingehalten, mit der Frage „Was wollen Sie denn hier?“ wird der Klägerin vielmehr ihre Überflüssigkeit bedeutet. Die Frage hätte Herr R. sich als Personaldirektor auch selbst beantworten können, da ihm kaum entgangen sein dürfte, dass die Klägerin innerhalb der Projektgruppe Gehaltsbänder dem Lenkungsgremium angehörte. Auch hatte er unstreitig vorher zwei E-Mails erhalten, aus der die Einladung der Klägerin ersichtlich war. Die Äußerung „Ich hätte sie nicht eingeladen“ mag man unbesehen glauben. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, diese Äußerungen hätten nur der Kostenersparnis und einem effizienteren Einsatz der Klägerin gedient, sie solle künftig per Videokonferenz teilnehmen, so bestehen angesichts des Tonfalls am Vortag Bedenken, ob dies nicht nur vorgeschoben ist. Dies wird zur Gewissheit, wenn man die weitere Reaktion von Herrn R. berücksichtigt. Als die Klägerin entgegnete, dass sie einer weiteren Teilnehmerin aus dem Berliner Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, wird das von Herrn R. als ganz etwas anderes bezeichnet. Warum dies etwas anderes sein soll, wird nicht erklärt. Der Beklagte beruft sich nur noch darauf, dass die geringe Anzahl der Wortmeldungen gegen eine Einladung der Klägerin gesprochen hätte. Auch dies ist unerheblich. Zum einen konnte die Anzahl der Wortmeldungen allenfalls nach Ende der Konferenz festgestellt werden. Selbst wenn Herr R. gemeint haben sollte, aus einem früheren Verhalten der Klägerin wäre diese Prognose zu rechtfertigen, dann wäre dies nichts anderes als seine persönliche Einschätzung. Unstreitig war nicht er, sondern Frau Ha. für diese Einladungen zuständig. Diese hatte die Wichtigkeit der Klägerin offenbar anders eingeschätzt. In früheren Zeiten wurden unliebsame Personen an den „Katzentisch“ gesetzt. Heute wird dies bei dem Beklagten durch den Videotisch ersetzt.

Auch das Verhalten des Justitiars bei dem außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007 ist von einem Einschüchterungsversuch gegenüber der Klägerin geprägt. Herr Dr. M. lamentiert nicht allgemein darüber, dass längere Rechtsstreite für alle Beteiligten sehr anstrengend sein könnten und er um sein eigenes körperliches und seelisches Wohl fürchtet, sondern aus der Position der Überlegenheit des Arbeitgebers, der fast jederzeit verdeckt unter dem Mantel des Direktionsrechts sanktionierend gegen Arbeitnehmer vorgehen kann, wird nur der Klägerin zur genauen Überlegung geraten, ob sie diesen Rechtsstreit durchstehen könne. Sie solle insbesondere prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Dies ist deswegen verwunderlich, weil die Klägerin diesen Rechtsstreit nicht allein führt, sondern sie sich durch einen Rechtsanwalt und ihren Lebensgefährten vertreten ließ. Die Problemhaftigkeit dieser Äußerungen müssen auch Dr. M. umgehend klar geworden sein, da er dann ergänzte, die Äußerungen seien „off records“ erfolgt.

Hierzu ist auch ein Vorfall zu zählen, den die Klägerin auf Seite 70 des Berufungsbegründungsschriftsatzes schildert (Bl. 906 d. A.). Danach wurde im Rahmen einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 von Herrn R. eine Person gesucht, die bestimmte Aufgaben wahrnehmen sollte. Die Klägerin meldete sich hierzu. Herr R. bedankte sich und sagte dann sinngemäß „Frau Ch., beachten Sie dann auch …“. Die Klägerin meldete sich erneut mit dem Hinweis, dass nicht Frau Ch., sondern sie sich gemeldet habe. Daraufhin antwortete Herr R.: „Na, dann wird uns Frau Kü. in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten.“ Auch wenn es gut sein kann, dass Herr R. einfach nicht mitbekommen hat, wer sich für die Aufgabe meldete, so zeigt seine Reaktion jedoch, dass er die Klägerin weiterhin herablassend behandelt. Normal wäre es gewesen, wenn er sich für seine Versehen wenigstens kurz entschuldigt hätte. Dies verkennt der Beklagte, wenn er auf Seite 57 der Berufungserwiderungsschrift (Bl. 1067) ausführt, der Zeuge R. habe gegenüber der Klägerin deren Verantwortlichkeit doch nur bestätigt. Die hiesige Handlung bewegt sich mit Sicherheit am untersten Ende dessen, was noch berücksichtigungsfähig ist. Das BAG verweist insofern aber zutreffend darauf, dass einzelne Handlungen für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen können, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zur Annahme einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führen können (BAG vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 – NZA 2008, 223 Rn. 56). Insofern ist auch dieses Verhalten noch der fortgesetzten Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin zuzurechnen.

All diesen Verhaltensweisen ist gemeinsam, dass der Klägerin Schwierigkeiten bereitet oder mindestens angedroht werden. Selbst Gesundheitsbeeinträchtigungen werden in den Raum gestellt.

4.2 Die oben dargestellten Verhaltensweisen stellen eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung dar. Die Beeinträchtigung der Art der Verletzung kann auch nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden.

Dieses Verhalten ist auch deswegen so schwerwiegend, weil diese Personen gerade als Personalleiter, Justitiar oder zuständiges Vorstandsmitglied dafür zuständig wären, für die Einhaltung rechtmäßiger Standards auch gegenüber scheinbar unbequemen Arbeitnehmern zu sorgen. Dieses schikanöse Verhalten gerade auch durch diese Vorgesetzten kann nicht einfach mit einer lapidaren Entschuldigung oder Ähnlichem aus der Welt geschafft werden. Die Schwere der Persönlichkeitsverletzung ergibt sich auch daraus, dass ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann. Für diese rechtliche Einordnung sprechen allein schon der enge zeitliche Zusammenhang und der Umstand, dass die Maßnahmen des Beklagten erstmals aufgetreten sind, nachdem die Klägerin ihre Rechte angemeldet hat. Unterlassungsansprüche nach § 16 AGG stellen ebenfalls keinen befriedigenden Ausgleich dar, da allenfalls für die Zukunft die Einschüchterungen und Entwürdigungen untersagt werden könnten, die schon in der Vergangenheit aufgetreten waren. Ein Unterlassungstitel, wonach z. B. dem Beklagten untersagt wird, die Klägerin grundlos mit Belastungen bis in den gesundheitlichen Bereich hinein zu bedrohen, wäre sinnlos, wenn der Beklagte auf andere Einschüchterungsszenarien ausweicht. Er könnte – abgesehen von den Prozess- und Rechtsanwaltskosten – sanktionslos erst einmal neue Einschüchterungsversuche starten, bis auch diese ihm gerichtlich untersagt werden. Daher kann ein angemessener Weg nur darin bestehen, gerichtlicherseits Entschädigungszahlungen festzulegen.

4.3 Die oben angegebenen Verhaltensweisen sind auch dem Beklagten zuzuordnen. Herr Dr. H. ist als Vorstandsmitglied unstreitig Organ des Beklagen im Sinne von §§ 30, 31 BGB. Das Gleiche gilt jedoch auch für Herrn R. und Herrn Dr. M. als Personalleiter und Justitiar. Zu den Aufgaben eines Personalleiters gehört es, dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nicht in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werden. Gleiches gilt für den Justitiar. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte sich auf Entschuldigungsgründe nicht berufen kann (Palandt-Sprau, 67. Aufl. 2008, § 831 BGB Rn. 3; zum Bereich des Diskriminierungsrechts Bauer/Göpfert/Krieger § 15 AGG Rn. 18 f.).

4.4 Die hier festgesetzte Entschädigung ist in ihrer Höhe notwendig, aber auch ausreichend.

Bei Entschädigungszahlungen im Rahmen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen ist nicht nur der Ausgleichs-, sondern auch der Präventionsgedanke zu berücksichtigen (Däubler/Bertzbach-Däubler AGG Einleitung Rn. 72). Dies geht zurück auf die Rechtsprechung des BGH (vom 05.12.1995 – VI ZR 332/94 – NJW 1996, 984 Rn. 16). Bei der Ausgleichsfunktion des Entschädigungsanspruchs sind die Umstände der Mobbingbegehung und ihre Auswirkung auf das Mobbingopfer zu berücksichtigen (Wickler in Handbuch Mobbing-Rechtsschutz, Teil 2 Rn. 103). Hierbei ist die Dauer und Intensität des Mobbings zu bewerten (ebenda). Finanzielle Leistungsfähigkeit des Täters ist ebenfalls ein relevanter Gesichtspunkt (a. a. O. Rn. 104). Bei einem einjährigen schweren Mobbing hält er eine Geldentschädigung im Bereich von 20.000,00 EUR für angemessen. Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung bei der Beförderung ist im vorliegenden Fall auch zu beachten, dass durch den materiellen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 die Klägerin einen hohen Ausgleich erhält, was auch dem Präventionsgedanken Rechnung trägt. Hinsichtlich der übrigen Handlungen bleibt festzustellen, dass sie sich über einen Zeitraum von mehr einem Jahr hingezogen haben. Andererseits kam es weder zu Gewaltandrohungen oder Gewaltanwendungen. Auch sind keine schwerwiegenden Beleidigungen ausgesprochen worden. Erschwerend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Herabwürdigungen und Einschüchterungen durch Organmitglieder des Beklagten erfolgten, sodass dem Präventionsgedanken größeres Gewicht zukommt. Bei dem Beklagten handelt es sich um ein Großunternehmen, sodass die finanzielle Leistungsfähigkeit als gut einzuschätzen ist.

Soweit die Klägerin sich auch darauf beruft, dass durch die Handlungen des Beklagten ihre Gesundheit beeinträchtigt worden sein soll, ist dies streitig. Zwar hat der Beklagte dies nicht ausdrücklich bestritten, doch ist ihre Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen des Beklagten ableitbar (§ 138 Abs. 3 ZPO). Der Beklagte hat durchgängig angenommen, dass von ihm Rechtsgutverletzungen nicht ausgegangen sind. Hierin liegt auch die Behauptung, dass durch sein Verhalten eine Gesundheitsbeeinträchtigung bei der Klägerin nicht erfolgt sein kann. Der Vortrag der Klägerin ist insofern auch unsubstanziiert. Sie trägt nicht vor, wann welche Gesundheitsbeeinträchtigung, die z. B. zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben soll, aufgetreten ist. Hinsichtlich der Schwerbehinderteneigenschaft wird nicht einmal vorgetragen, wann ein entsprechender Antrag gestellt und bewilligt wurde. Im Übrigen hat sie auch keinen Beweis für die von ihr behauptete Tatsache angetreten.

Die Kammer hat hierbei auch berücksichtigt, dass die ungleiche Vergütung im Verhältnis zu Herrn R. in der Zeit vom 1.1.2000 – 10.12.2006 gerechtfertigt ist, so dass sich dies nicht auf eine Erhöhung der Entschädigung auswirkt. Insofern wird auf die Begründung im Teilurteil der hiesigen Kammer vom 30. Juli 2008 verwiesen. Soweit die Klägerin danach vorgetragen hat, dass Frau St. zumindest nicht mehr als Herr Dr. M. verdient habe, mag dies zutreffen, ist aber nicht entscheidend. Zumindest hat Frau St. immer mehr als die Klägerin und teilweise auch mehr als Herr R. verdient. Dies zeigt, dass für die Verdiensthöhe auf der Ebene Personalleiter/in die Geschlechtszugehörigkeit nicht entscheidend ist. Die Klägerin weist ferner darauf hin, dass Frau St. auch stellvertretende Leiterin der Personaldirektion ab 1994 gewesen sei, woraus sie wohl schlussfolgert, dass hierdurch eine höhere Bezahlung der Frau St. im Vergleich zu ihrem Gehalt gerechtfertigt sein könnte. Die Klägerin kennt offensichtlich die getätigten Gehaltszahlungen in ihrem Unternehmen genau. Insofern hätte sie darlegen müssen, wie sich diese Funktion in der Vergütung von Frau St. ausgewirkt haben soll. Im Übrigen hatte der Beklagte schon auf Seite 5 seines Schriftsatzes vom 4.10.2007 die Behauptung aufgestellt, Frau St. habe diese Funktion nie ausgeübt, da sie nicht das Vertrauen des Vorstandes genossen habe. Dann ist aber kaum anzunehmen, dass mit der formalen Übertragung dieser Funktion eine höhere Vergütung einhergegangen wäre. Auch hat Frau St. das Zeugnis der Klägerin vom 31.1.1999 (Bl. 141 d.A.) nur mit dem Titel „Personalleiterin“ unterzeichnet, obwohl Frau G. zu diesem Zeitpunkt nicht tätig gewesen sein soll. Soweit der Beklagte bei der Bemessung der Vergütungshöhe für Herrn R. auch dessen Vorbildungen, insbesondere dessen Hochschulstudium berücksichtigt hat, ist dies trotz der neuerlichen Einwände der Klägerin nicht zu beanstanden. An derartige formale Bildungsabschlüsse kann zumindest die Erwartung geknüpft werden, dass hiermit auch tatsächliche höhere Qualifikationen einhergehen. Ob sich diese Erwartung realisiert, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend. Zu Beginn der Tätigkeit des Herrn R. war dieser im Vergleich zur Klägerin auch auf einer anderen Verantwortungsebene tätig, da in Berlin – im Gegensatz zu M. – noch Herr Dr. M. als Personalleiter tätig war. Auch nach Darstellung der Klägerin wechselte dieser erst später nach M., so dass sie selbst mehr und mehr die alleinige Verantwortung in Berlin übernahm. Insofern hilft der Klägerin auch nicht der Verweis auf die Zeichnungsberechtigung vom 31.3.2006 (Anl. K 9 = Bl 154 ff d.A.). Allenfalls für die letzten streitigen Jahre ließe sich damit belegen, dass beide Tätigkeiten in M. und Berlin gleich gewesen sein sollen. Die Festsetzung der Vergütung für Herrn R. fand jedoch schon in 2000 statt.

Sollte in der unterbliebenen Beförderung keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein, dann wäre für die zeitlich nachfolgenden Handlungen des Beklagten zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 EUR gerechtfertigt.

All diese Momente rechtfertigen es, eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR festzusetzen.

4.5 Die Klägerin hat auch die im nachwirkenden Tarifvertrag, der aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung zur Anwendung kommt, geregelte sechsmonatige Ausschlussfrist eingehalten.

Dies gilt hier schon für die als erste Handlung angenommene rechtswidrige Beförderung, da die Klageschrift am 13. Mai 2007 dem Beklagten zugestellt worden ist, aber auch für die Einführung der nachfolgenden Handlungen in den Prozess.

5. Es kann offen bleiben, ob die hier geltend gemachten Ansprüche nicht nur aus Delikt, sondern auf vertraglicher Basis erfolgreich geltend gemacht werden könnten (Wickler in Handbuch Mobbing-Rechtsschutz, Teil 3 Rn. 102). Offen kann auch bleiben, ob die hier als relevant eingestuften Handlungen auch eine Belästigung nach § 3 AGG wegen des Geschlechts darstellen.

V.

Über den hilfsweise zu 8 geltend gemachten Antrag ist zu entscheiden, da dem Antrag zu 7 nicht bereits in voller Höhe stattgegeben worden ist. Dieser Antrag hat jedoch keinen Erfolg.

Der Antrag ist in großen Teilen unzulässig. Es besteht kein Feststellungsinteresse dafür, jenseits der schon zuvor gestellten Anträge festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen, weil sie bei der Vergütung, der Beförderung diskriminiert oder in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt sein soll. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren materiellen Schadensersatzansprüche über die bisher geltend gemachten Anträge hinaus in Betracht kommen könnten. Für die immateriellen Ansprüche gilt dasselbe, da nach dem Antrag zu 7 insofern eine Entschädigung verlangt wird. Dies gilt auch für mögliche Gesundheitsverletzungen, da sich die hieraus ergebenden immateriellen Schäden ebenfalls bei dem Antrag zu 7 hätten berücksichtigt werden müssen. Soweit die Klägerin materiellen Schadensersatz wegen der Verletzung der Gesundheit begehrt, besteht ebenfalls kein Feststellungsinteresse, da die Klägerin nichts dazu vorträgt, dass sie nicht in der Lage sei, entsprechend aufgetretene Gesundheitsschäden zu berechnen.

VI.

Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits entsprechend ihrem Anteil am Obsiegen und Unterliegen zu tragen (§ 92 ZPO).

Hinsichtlich der Anträge zu 1 und 2 ist von einem Streitwert von 41.711,65 EUR ausgegangen worden, da die Klägerin die Vergütungsdifferenz bis zum 9. Dezember 2006 inzwischen in dieser Höhe berechnet hatte. Für die Anträge zu 3 bis 5 wurde einheitlich die Vergütungsdifferenz bezogen auf drei Jahre (monatlich 1.467,86 EUR), somit 52.842,96 EUR zugrunde gelegt. Für den Hilfsantrag zu 6 war kein eigenständiger Wert zu berücksichtigen, da hierüber nicht entschieden wurde. Bei dem Antrag zu 7 ist der geltend gemachte Mindestbetrag (390.000,00 EUR in der ersten Instanz; 90.000,00 EUR in der zweiten Instanz) berücksichtigt worden. Der in der ersten Instanz geltend gemachte Hilfsantrag zu 8 umfasst im Rahmen eines Feststellungsantrages sämtliche Ansprüche, die zuvor im Rahmen einer Leistungsklage verfolgt wurden. Daher wurden hierfür 10 % des bisherigen Wertes (somit 48.455,46 EUR) zugrunde gelegt. Dies ergab erstinstanzlich einen Streitwert in Höhe von insgesamt 533.010,07 EUR, wobei die Klägerin im Umfang von 72.842,96 EUR obsiegte.

Zweitinstanzlich war der Antrag zu 8 dahingehend eingeschränkt worden, dass nur Ansprüche verfolgt werden, die durch die Anträge zu 5 bis 7 nicht bereits ausgeglichen sind. Insofern wurden hier 10 % des nicht ausgeglichenen Wertes (70.000,00 von 90.000,00 EUR) angesetzt. Für den Antrag zu 12 bezüglich der zu erteilenden Auskunft wurde der Wert für drei Jahre (jährlich 500,00 EUR) berücksichtigt. Dies ergibt einen Gesamtstreitwert für die zweite Instanz in Höhe von 193.054,61 EUR. Die Klägerin obsiegte wertmäßig in Höhe von 74.342,96 EUR, so dass sie die Kosten der zweiten Instanz mit einem Anteil von 62 % zu tragen hat. Für den Beklagten verbleibt eine Kostenquote in Höhe von 38 %.

VII.

Für den Beklagten war die Revision zuzulassen, soweit er wegen der nicht erfolgten Beförderung verurteilt wurde. Insoweit haben die aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Dies betrifft insbesondere die Berücksichtigung von Statistiken, die Möglichkeit des Arbeitgebers, Entlastungstatsachen auch dann vorbringen zu können, wenn sie vorher nicht nach außen erkennbar gemacht wurden, und die Höhe des Schadensersatzes. Bezüglich der zu zahlenden Entschädigung (I.3.) in Höhe von 16.000,00 EUR war die Zulassung der Revision nicht gerechtfertigt, da die festgestellte Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch Handlungen nach der Beförderungsentscheidung nur den hiesigen Einzelfall betreffen und die insoweit relevanten Rechtsfragen vom BAG entschieden sind.

Für die Klägerin, soweit die zugesprochene Entschädigung wegen der nicht erfolgten Beförderung 4.000,00 EUR nicht überstieg, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Insofern ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, wie sich eine diskriminierende Beförderungsentscheidung in Verbindung mit sonstigen Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf die Höhe der Entschädigungszahlung auswirkt. Im Übrigen war für die Klägerin die Revision nicht zuzulassen. Dies betrifft die Nichtberücksichtigung der im Vergleich zu Herrn R. geringeren Vergütung bis zum 10.12.2006 bei der Entschädigungszahlung nach I.3., den hilfsweise zu 8 geltenden gemachten Antrag und die zurückgewiesene Klage bezüglich der Zinsentscheidungen.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde werden die Klägerin und der Beklagte hingewiesen (§ 72 a ArbGG).

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