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Doppelname als Familiennamen zulässig?

Oberlandesgericht Köln

Az:16 Wx 226/95

Beschluss vom 17.01.1996

Vorinstanz: Landgericht Köln – Az.: 1 T 292/95


Das OLG Köln hat am 17.01.1996 beschlossen:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.11.1995 – 1 T 292/95 – wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.

Das am 12.6.1994 in Köln geborene Mädchen A. ist das zweite eheliche Kind der seit dem 5.5.1991 verheirateten Beteiligten zu 1). Beide Ehegatten führen keinen gemeinsamen Ehenamen, die Ehefrau führt den Namen J., der Ehemann den Namen O.. Für die am 1.8.1992 erstgeborene Tochter Ma. ist der von den Beteiligten zu 1) bestimmte, aus ihren Familiennamen zusammengesetzte Doppelname J.-O. im Geburtenbuch eingetragen worden. Die Beteiligten zu 1) haben am 4.8.1994 bei dem zuständigen Standesbeamten beantragt, auch für das zweitgeborene Kind den Doppelnamen J.-O. als Familiennamen einzutragen, damit die Kinder dieselben Namen führen.

Der Standesbeamte hat den Vorgang mit einem an das Amtsgericht Köln gerichteten Antrag, darüber zu befinden, ob der gewünschte Doppelname beurkundet werden kann, dem Beteiligten zu 2) vorgelegt. Dieser hat die Sache dem Amtsgericht als Personenstandsgericht übersandt, mit der Bitte um Entscheidung entsprechend dem Antrag der Kindeseltern. Durch Beschluß vom 19.5.1995 hat das Amtsgericht den Standesbeamten angewiesen, im Geburtenbuch, Jahrgang 1995, Urkunde X ergänzend zu vermerken, daß das Kind den Familiennamen „J.-O.“ führt. Gegen die ihm am 6.7.1995 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 2) am 14.7.1995 sofortige Beschwerde eingelegt, um eine obergerichtliche Entscheidung zu der Frage herbeiführen zu können, ob die für das erste Kind unter der vorläufigen Familiennamensregelung aufgrund Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 5.3.1991 getroffene Bestimmung eines Doppelnamens zum Geburtsnamen auch für das zweite, nach Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes vom 1.4.1994 geborene Kind gilt.

In dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Standesbeamten angewiesen, die beantragte Eintragung in das Geburtenbuch nicht vorzunehmen. Es hat die Auffassung vertreten, nach der Neufassung des § 1616 Abs. 3 BGB sei die Wahl eines Doppelnamens, bestehend aus den Namen beider Elternteile, ausgeschlossen. Dies gelte auch dann, wenn das erstgeborene Kind zulässigerweise aufgrund der vorläufigen Familiennamensregelung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 einen aus den Namen beider Ehepartner gebildeten Doppelnamen erhalten habe. Dagegen richtet sich die am 14.12.1995 eingegangene sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) zur Herbeiführung einer obergerichtlichen Entscheidung.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 48 Abs. 1 PStG, §§ 27 Abs. 1, 2, 4, § 20 FGG, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 19.5.1995, wonach im Geburtenbuch ergänzend zu vermerken ist, daß das Kind A. den Familiennamen „J.-O.“ führt, aufgehoben und den Standesbeamten angewiesen, die beantragte Eintragung in das Geburtenbuch nicht vorzunehmen.

Das Landgericht befindet sich mit seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Oldenburg, Beschluß vom 24.10.1994, StAZ 1995, 13; OLG Hamm, Beschluß vom 1.3.1995, StAZ 1995, 141; OLG Schleswig, Beschluß vom 31.5.1995, StAZ 1995, 267 und BayObLG, Beschluß vom 7.9.1995, StAZ 1995, 368).

Auch der Senat ist der Auffassung, daß ein nach Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes vom 1.4.1994 geborenes Kind einen aus dem Geburtsnamen beider Elternteile gebildeten Doppelnamen auch dann nicht als Familiennamen erhalten kann, wenn ein zuvor geborenes Geschwisterkind diesen Namen bereits trägt.

Die Bestimmung des in das Geburtenbuch einzutragenden Familiennamens hat nach neuem Recht zu erfolgen, wenn das Kind nach Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes am 1.4.1994 – wie vorliegend am 12.6.1995 – geboren wurde.

Da die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben, sondern jeweils ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen weiterführen, § 1355 Abs. 1 S. 3 BGB, eröffnet ihnen § 1616 Abs. 2 S. 1 BGB nur die eingeschränkte Wahlmöglichkeit, den Namen des Vaters oder den der Mutter zum Geburtsnamen des Kindes zu bestimmen. Damit ist die Bestimmung eines aus dem beiderseitigen Namen zusammengesetzten Doppelnamens nach neuem Recht ausgeschlossen; denn § 1616 BGB enthält abgesehen von den gesetzlich eingeräumten Wahlmöglichkeiten zwingendes Recht (BayObLG StAZ 1995, 368; Palandt/Diederichsen, 54. Aufl. 1995, Einführung vor § 1616 BGB Rdnr. 4).

Nach § 1616 Abs. 2 S. 3 BGB ist die für ein Kind getroffene Wahl des Geburtsnamens auch für weitere Kinder der Ehegatten verbindlich. Diese Bindungswirkung tritt indes nicht ein, wenn Ehegatten mit getrennter Namensführung für ihr vor Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes geborenes Kind einen aus ihrem Namen zusammengesetzten Doppelnamen bestimmt haben, der nach der Regelung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 (BVerfGE 1984, 9, 10 ff.; BGBl. I S. 807; NJW 1991, 1602) zwar vorübergehend zulässig war, nach neuem Recht aber ausgeschlossen ist.

Die gegenteilige, teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung (vgl. AG Tübingen StAZ 1995, 76; AG Bonn StAZ 1995, 76; AG Duisburg StAZ 1995, 143; Wagenitz-Bornhofen, FamNamRG, Teil B, § 1616 BGB Rdnr. 68; Wagenitz FamRZ 1994, 409, 416; Hepting/Gaaz, PStR, § 31 a Rdnr. 195-198), die aus dem Grundsatz der Namenseinheit der Geschwister folgert, daß im Konflikt zwischen der von § 1616 Abs. 2 S. 1 BGB begrenzten Gestaltungsmacht der Eltern und dem in Abs. 2 S. 3 verfolgten Ziel der Namenseinheit dem letzteren der Vorrang gebühre, vermag nicht zu überzeugen.

Aus der Auslegung nach Wortlaut und systematischer Stellung der Vorschrift des § 1616 Abs. 2 S. 3 BGB kann nicht gefolgert werden, daß eine Familiennamensbestimmung der Eltern, die diese zulässigerweise aufgrund der vorläufigen Familiennamensregelung des Bundesverfassungsgerichts getroffen haben, auch nach Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes fortgelten soll. § 1616 Abs. 2 S. 3 BGB setzt nämlich, wie sich aus seinem Wortlaut und der systematischen Stellung zu S. 1 ergibt, eine Geburtsnamensbestimmung nach neuem Familiennamensrecht voraus.

Auch aus dem Willen des Gesetzgebers ergibt sich nichts anderes. Das Landgericht weist in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hin, daß der Gesetzgeber, indem er in § 1616 BGB n.F. die Wahl eines Doppelnamens, bestehend aus dem Namen beider Elternteile ausgeschlossen hat, eine Grundsatzentscheidung getroffen hat, die mit der Regelung des § 1355 BGB für den Familiennamen korrespondiert. Dadurch soll verhindert werden, daß sich das Namensgefüge in Deutschland nach wenigen Generationen grundlegend ändert (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5982, S. 18).

Der in § 1616 Abs. 2 S. 3 BGB zutage getretene Grundsatz der Namensgleichheit von Geschwistern kann nicht losgelöst von der Gesamtregelung beurteilt werden. Mit der Neuregelung des Familiennamensrechtes hatte der Gesetzgeber mehrere, zum Teil auch gegenläufige Ziele zu berücksichtigen, insbesondere die Wahrung des Kindeswohls, die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Wahrung der Funktionen des Familiennamens (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5982 S. 17).

Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers kommt der Wahrung der Funktionen des Familiennamens gegenüber dem Grundsatz der Namensgleichheit der Geschwister eine vorrangige Bedeutung zu. Doppelnamen, wie sie gemäß der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichtes zulässig waren, sollten künftig nicht mehr gewählt werden können. Der Gesetzgeber hat die in § 270 Abs. 4 Ziff. 1 a.E. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz zunächst vorgesehene Regelung, wonach der einem vor dem Inkraftreten der Neuordnung des Familiennamensrechtes geborenen Kind entsprechend der Auffangregelung des Bundesverfassungsgerichts gegebene Geburtsname auch dann für die weiteren Kinder der Ehegatten gelten sollte, wenn er nach geltendem Recht nicht mehr bestimmt werden konnte (abgedruckt bei Wagenitz/Bornhofen, a.a.O., S. 261), wieder gestrichen. Damit hat er eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß das Ziel, die Neubildung von Doppelnamen zu vermeiden und diese so wieder aus dem deutschen Namensgefüge herauszudrängen, vorrangig vor dem Prinzip der Namensgleichheit von Geschwistern ist (so auch OLG Oldenburg StAZ 1995, 13).

Zudem wird – darauf weist das Landgericht im Anschluß an die zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg zutreffend hin – der Grundsatz der Namensgleichheit der Geschwister auch sonst durchbrochen. Bestimmen etwa die Eltern gemäß § 1355 Abs. 3 BGB erst innerhalb der Frist von fünf Jahren nach der Eheschließung einen gemeinsamen Familiennamen, wobei sie entweder nur den Geburtsnamen des Mannes oder den Geburtsnamen der Frau zum Ehenamen bestimmen können, kann es zu einer Namensverschiedenheit unter den Geschwistern kommen, wenn ein Kind von seinem Selbstbestimmungsrecht nach § 1616 a Abs. 1 BGB Gebrauch macht.

Die Vorschrift des § 1616 Abs. 2 BGB enthält für Sachverhalte, die eine Beziehung zum Übergangsrecht aufweisen, keine ausdrückliche Regelung und ordnet keine Rückwirkung an. Nach der gesetzlichen Übergangsregelung in Art 7, § 3 FamNamRG können Ehegatten, die bereits bei Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes getrennte Namen führten, einen einheitlichen Familiennamen für beide Geschwister dadurch herbeiführen, daß sie den Geburtsnamen ihres vor Inkrafttreten des Gesetzes geborenen Kindes neu bestimmen. Für eine solche Neubestimmung ordnet Art 7, § 3 S. 1 Halbs. 2 FamNamRG die entsprechende Anwendung des § 1616 Abs. 2 BGB an. Gerade hieraus folgt jedoch, daß die Eltern nach dem Willen des Gesetzgebers bei der neuen Namensbestimmung auf die Auswahl zwischen dem Namen des Vaters und dem der Mutter beschränkt sind, und daß nur der hiernach bestimmte Name kraft Gesetzes auch für nachgeborene Kinder gilt (so ausdrücklich auch BayObLG StAZ 1995, 368, 369). Sehen die Eltern, wie vorliegend, von einer Neubestimmung ab, kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht.

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Eine der Vorschrift des § 1616 Abs. 2 S. 3 BGB entsprechende Bindungswirkung war auch in der Auffangregelung des Bundesverfassungsgerichtes nicht vorgesehen. Aus der ausdrücklich als vorläufig bezeichneten Regelung des Bundesverfassungsgerichts kann kein Vertrauenstatbestand entnommen werden; denn es war vorhersehbar, daß der Gesetzgeber eine Neuregelung schaffen und damit möglicherweise eine Gesetzesänderung eintreten würde.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuordnung des Familiennamensrechtes bestehen schließlich nicht. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung, die Verfassungsbestimmung gebietet aber die Namenseinheit nicht (vgl. BVerfG StAZ 1988, 164). Auch wenn die Wahrung des Kindeswohls es gebietet, daß das heranwachsende Kind die Möglichkeit erhält, sich über den Namen mit seiner Familie zu identifizieren (vgl. Wacke StAZ 1994, 209), wird die namensrechtliche Bezeichnung der Familien entscheidend vom Ehenamen geprägt. Verzichten die Eltern aber auf einen gemeinsamen Ehenamen, ist die Namenseinheit der Familie nur in eingeschränktem Maße herzustellen und dem geschützten Recht der Eltern zur Namensbestimmung und dem Interesse des Kindes an der Namensgleichheit der Geschwisterkinder dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß den Eltern mit der Regelung des Art. 7, § 3 FamNamRG die Möglichkeit eingeräumt worden ist, durch Neubestimmung des Namens des in dem Übergangszeitraum geborenen Kindes die Entscheidung für einen gemeinsamen Familiennamen zu treffen (so auch BayObLG StAZ 1995, 368, 369 f).

Eine Kostentscheidung ist nicht veranlaßt.

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