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Eigentumsbeeinträchtigung – Beseitigungsanspruch des Sondernachfolgers

Eigentumsbeeinträchtigung: Klägerin siegt vor OLG Oldenburg

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass diese keine Rechte auf die Nutzung von Leitungen über das Grundstück der Klägerin haben, da weder eine dingliche noch eine schuldrechtliche Bindung vorliegt. Die Entscheidung bekräftigt den Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der Leitungen gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, da keine rechtliche Grundlage für eine Duldung dieser Beeinträchtigung besteht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 U 104/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Oldenburg bestätigte, dass die Beklagten keine Rechte zur Nutzung von Leitungen über das Grundstück der Klägerin haben.
  • Das Urteil beruht auf der fehlenden dinglichen oder schuldrechtlichen Grundlage für die Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin.
  • Die Klägerin hat gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der Leitungen, da keine gesetzlichen oder vertraglichen Duldungspflichten vorliegen.
  • Weder Gestattungsverträge noch das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis unterstützen die Position der Beklagten, die Leitungen weiterhin über fremdes Eigentum zu führen.
  • Die Argumentation der Beklagten, dass eine Beseitigung wirtschaftlich unzumutbar sei, wurde abgelehnt, da dies die rechtliche Möglichkeit der Störungsbeseitigung nicht hindert.
  • Ein Gewohnheitsrecht, das eine Duldung der Leitungen rechtfertigen würde, existiert nicht, und der Anspruch der Klägerin unterliegt der regelmäßigen Verjährung.
  • Die Beklagten können den Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung nicht erfolgreich mit der Einrede der Verjährung abwehren.

Grundstückseigentum und Beseitigungsanspruch

Jedem Eigentümer eines Grundstücks wird durch das Gesetz das Recht eingeräumt, selbst zu bestimmen, was auf seinem Grund und Boden geschehen darf. Eigentumsbeeinträchtigungen sind daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Eine häufige Konstellation sind Beeinträchtigungen durch Leitungen, die von einem Nachbargrundstück auf das eigene Grundstück übergreifen.

In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Eigentümer des belasteten Grundstücks diese Leitungen dulden muss oder einen Beseitigungsanspruch geltend machen kann. Die Rechtslage hängt maßgeblich davon ab, ob eine rechtliche Grundlage für die Leitungsführung besteht und welche Rechte einem Sondernachfolger im Eigentum zustehen.

➜ Der Fall im Detail


Rechtliche Auseinandersetzung um Eigentumsbeeinträchtigung durch Leitungen

In einem bemerkenswerten Rechtsfall beim Oberlandesgericht Oldenburg (Az.: 1 U 104/13) wurde der Rechtsstreit zwischen der Klägerin und den Beklagten um die Beseitigung von Leitungen, die das Grundeigentum der Klägerin beeinträchtigten, verhandelt.

Grundstücksstreit
(Symbolfoto: SaiArLawKa2 /Shutterstock.com)

Die Klägerin forderte die Entfernung der Leitungen, die von einem Hintergrundstück der Beklagten über ihr Grundstück verliefen. Die rechtliche Kontroverse entstand, weil keine dingliche Sicherung wie eine Grunddienstbarkeit vorlag und auch kein schuldrechtliches Einverständnis der Klägerin zur Nutzung ihres Grundstücks durch die Beklagten bestand.

Kern des Urteils des Oberlandesgerichts Oldenburg

Das OLG Oldenburg wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts Oldenburg, welches der Klägerin einen Anspruch auf Beseitigung der Leitungen zusprach. Das Gericht stellte fest, dass die Leitungen eine Eigentumsbeeinträchtigung darstellten und die Klägerin nicht zur Duldung dieser Zustände verpflichtet sei. Das Gericht betonte, dass die Nutzung des fremden Grundstücks durch die Beklagten keine zivilrechtliche Grundlage hatte.

Juristische Bewertung der Eigentumsbeeinträchtigung

Das Gericht erläuterte, dass die Ansprüche der Klägerin auf Beseitigung der Leitungen klar durch § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gedeckt sind. Es wurde deutlich gemacht, dass selbst das Vorhandensein eines mündlichen Einvernehmens zwischen den Beklagten und dem Vater des Beklagten zu 2) nicht ausreichte, um eine rechtliche Bindung für die Klägerin zu schaffen, da keine formelle dingliche Sicherung vorhanden war.

Bewertung der Argumente der Beklagten

Die Beklagten hatten mehrere Einwände vorgebracht, darunter die Berufung auf die §§ 57 ZVG und 566 BGB, um ihre Position zu stärken, die jedoch erfolglos blieben. Die Rechtsnormen, die sie anführten, konnten ihre Ansprüche nicht stützen, da sie weder als Mieter noch als Pächter des Vordergrundstücks eingestuft wurden. Des Weiteren führten sie die Unmöglichkeit der Beseitigung aufgrund eines auf dem Vordergrundstück liegenden Erdöltanks an, was jedoch vom Gericht zurückgewiesen wurde, da dies die Möglichkeit der Beseitigung nicht tatsächlich hinderte.

Rechtsgrundsätze und ihre Anwendung im Urteil

Das OLG Oldenburg betonte die strikte Anwendung der Rechtsgrundsätze, insbesondere den numerus clausus der Sachenrechte, der eine willkürliche Erweiterung der beschränkten dinglichen Rechte verbietet. Dies bestärkt den Schutz des Eigentumsrechts und die Bedeutung der rechtlichen Grenzen der Eigentumsbeeinträchtigung. Zudem wurde klar, dass die Einrede der Verjährung, die von den Beklagten vorgebracht wurde, in diesem Kontext nicht greift, da der Anspruch auf Beseitigung mit dem Erwerb des Eigentums durch die Klägerin und der damit einhergehenden Beeinträchtigung rechtlich relevant wurde.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einer Eigentumsbeeinträchtigung?

Eine Eigentumsbeeinträchtigung liegt vor, wenn in das Eigentumsrecht einer Person in einer Weise eingegriffen wird, die nicht durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes erfolgt. Es handelt sich um jeden Zustand, der weder gesetzlich noch durch Rechte Dritter gestattet ist, mit dem Inhalt des Eigentums nicht im Einklang steht und den der Eigentümer nicht hinnehmen muss.

Beispiele für Eigentumsbeeinträchtigungen sind Immissionen wie Lärm oder Gerüche, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, das Werfen von Gegenständen auf ein fremdes Grundstück oder das unbefugte Anbringen von Werbeplakaten an einer Hauswand. Auch ideelle Beeinträchtigungen wie die Verunstaltung einer Sache können eine Eigentumsbeeinträchtigung darstellen.

Maßgeblich ist, dass die Nutzungs- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers durch die Handlung eines Dritten beeinträchtigt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beeinträchtigung zu einem Schaden führt. Auch ein Verschulden ist nicht erforderlich.

Liegt eine Eigentumsbeeinträchtigung vor, kann der Eigentümer nach § 1004 Abs. 1 BGB von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, hat er zudem einen Unterlassungsanspruch. Diese Ansprüche sind jedoch ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, § 1004 Abs. 2 BGB.

Welche Rechte hat ein Eigentümer, wenn sein Eigentum beeinträchtigt wird?

Wird das Eigentum eines Eigentümers beeinträchtigt, stehen ihm nach § 1004 BGB zwei zentrale Ansprüche zu: der Beseitigungsanspruch und der Unterlassungsanspruch.

Mit dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer vom Störer verlangen, die Beeinträchtigung seines Eigentums zu beseitigen. Eine Eigentumsbeeinträchtigung liegt vor, wenn in den Herrschaftsbereich des Eigentümers eingegriffen wird und ein Zustand geschaffen wird, der dem Inhalt des Eigentumsrechts widerspricht. Beispiele sind Immissionen wie Lärm oder Gerüche, das Werfen von Gegenständen auf das Grundstück oder das Anbringen von Plakaten. Der Beseitigungsanspruch ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichtet.

Daneben gewährt § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB einen Unterlassungsanspruch, wenn weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind. Der Eigentümer kann dann vom Störer verlangen, zukünftige Störungen zu unterlassen. Voraussetzung ist eine Wiederholungsgefahr, die bei einer vorangegangenen Beeinträchtigung vermutet wird.

Störer ist, wer die Beeinträchtigung durch sein Verhalten adäquat verursacht hat (Handlungsstörer) oder wer Eigentümer der Sache ist, von der die Störung ausgeht (Zustandsstörer). Der Zustandsstörer muss aber Kenntnis von der Störung haben oder diese grob fahrlässig nicht erkannt haben.

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Die Ansprüche aus § 1004 BGB sind ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, § 1004 Abs. 2 BGB. Eine Duldungspflicht kann sich aus Gesetz, aus dinglichen oder schuldrechtlichen Rechten Dritter ergeben. Sie ist aber eng auszulegen, um den Eigentümer nicht unangemessen zu belasten.

Verweigert der Störer die Beseitigung oder das Unterlassen der Beeinträchtigung, muss der Eigentümer seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen. Aus einem obsiegenden Urteil kann er dann die Zwangsvollstreckung betreiben. Die Ansprüche aus § 1004 BGB unterliegen nicht der Verjährung, da es sich um Abwehransprüche handelt.

Wie wird ein Beseitigungsanspruch juristisch begründet?

Ein Beseitigungsanspruch wird in § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Danach kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird.

Voraussetzungen für einen Beseitigungsanspruch sind:

  1. Der Anspruchsteller muss Eigentümer der beeinträchtigten Sache sein.
  2. Es muss eine Eigentumsbeeinträchtigung vorliegen, die nicht auf Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beruht. Beispiele sind Immissionen wie Lärm oder Gerüche, das Werfen von Gegenständen auf das Grundstück oder das Anbringen von Plakaten.
  3. Die Beeinträchtigung muss noch andauern, da der Beseitigungsanspruch auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands für die Zukunft gerichtet ist.
  4. Die Beeinträchtigung muss dem Störer zurechenbar sein. Störer ist, wer die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat (Handlungsstörer) oder Eigentümer der Sache ist, von der die Störung ausgeht (Zustandsstörer).
  5. Die Eigentumsbeeinträchtigung muss rechtswidrig sein, d.h. der Eigentümer darf nicht zur Duldung verpflichtet sein (§ 1004 Abs. 2 BGB). Duldungspflichten können sich aus Gesetz, dinglichen oder schuldrechtlichen Rechten Dritter ergeben.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Eigentümer einen Anspruch gegen den Störer auf Beseitigung der Beeinträchtigung, d.h. auf Wiederherstellung der ungestörten Benutzbarkeit der Sache. Art und Umfang des Beseitigungsanspruchs richten sich nach Art und Umfang der Störung.

Der Beseitigungsanspruch unterliegt nicht der Verjährung, da es sich um einen Abwehranspruch handelt. Er ist gerichtlich im Wege der Leistungsklage durchzusetzen. Aus einem obsiegenden Urteil kann der Eigentümer dann die Zwangsvollstreckung betreiben.

Welche Rolle spielen dingliche Rechte und schuldrechtliche Bindungen bei Eigentumsbeeinträchtigungen?

Dingliche Rechte und schuldrechtliche Bindungen spielen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Eigentumsbeeinträchtigungen:

Dingliche Rechte wie Nießbrauch, Dienstbarkeiten oder Grundpfandrechte können eine Duldungspflicht des Eigentümers begründen und so Eigentumsbeeinträchtigungen rechtfertigen. Liegt ein dingliches Recht vor, das die Nutzung des Eigentums beschränkt, ist der Eigentümer grundsätzlich zur Duldung verpflichtet und kann keine Beseitigung nach § 1004 BGB verlangen. Dingliche Rechte sind absolute Rechte, die gegenüber jedermann wirken.

Schuldrechtliche Bindungen wie Miet- oder Pachtverträge können ebenfalls zu einer Duldungspflicht des Eigentümers führen. Allerdings wirken sie nur zwischen den Vertragsparteien (relatives Recht). Erlischt das schuldrechtliche Nutzungsrecht, entfällt auch die Duldungspflicht. Gegenüber Dritten, die nicht Vertragspartei sind, kann sich der Eigentümer weiterhin mit Ansprüchen aus § 1004 BGB gegen Beeinträchtigungen wehren.

Bei der Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Duldungspflicht ist zu berücksichtigen, dass dingliche Rechte aufgrund ihres absoluten Charakters eher eine Duldungspflicht begründen als rein schuldrechtliche Bindungen. Letztere sind enger auszulegen, um den Eigentümer nicht unangemessen zu belasten.

Zusammengefasst modifizieren sowohl dingliche Rechte als auch schuldrechtliche Bindungen die Rechtsposition des Eigentümers. Sie können Eigentumsbeeinträchtigungen rechtfertigen und die Abwehransprüche aus § 1004 BGB ausschließen. Dabei ist aber stets der Grundsatz zu beachten, dass Eigentumsbeschränkungen nicht weiter gehen dürfen als es der Schutzzweck erfordert.

Was passiert, wenn keine formelle dingliche Sicherung vorliegt?

Wenn keine formelle dingliche Sicherung vorliegt, ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

Ohne formelle dingliche Sicherung wie eine Hypothek oder Grundschuld fehlt dem Gläubiger ein absolutes Recht zur Verwertung des Grundstücks. Er kann sich dann nicht ohne weiteres aus dem Grundstück befriedigen, wenn der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt.

Dem Gläubiger steht in diesem Fall nur ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Schuldner zu. Dieser wirkt aber nur zwischen den Vertragsparteien (relatives Recht), nicht gegenüber Dritten. Veräußert der Schuldner das Grundstück, kann der Gläubiger mangels dinglicher Sicherung nicht gegen den Erwerber vorgehen.

Ohne Eintragung einer Grundschuld oder Hypothek im Grundbuch genießt der Gläubiger auch nicht den öffentlichen Glauben des Grundbuchs. Selbst wenn ihm der Schuldner eine Sicherung versprochen hat, kann er nicht darauf vertrauen, dass ihm das Grundstück tatsächlich haftet.

Bei einer rein schuldrechtlichen Sicherungsabrede ist der Gläubiger zudem der Gefahr einer Zwangsvollstreckung durch andere Gläubiger des Schuldners ausgesetzt. Mangels dinglicher Sicherung hat er dann kein Vorrecht an dem Grundstück.

Schließlich führt das Fehlen einer formellen dinglichen Sicherung dazu, dass der Gläubiger im Insolvenzfall des Schuldners lediglich die Stellung eines ungesicherten Insolvenzgläubigers hat. Eine Absonderung aus dem Grundstück ist ihm dann verwehrt.

Zusammengefasst ist die Position des Gläubigers ohne formelle dingliche Sicherung also deutlich schwächer als mit einer Grundschuld oder Hypothek. Er trägt das Risiko, dass der Schuldner zahlungsunfähig wird oder über das Grundstück anderweitig verfügt, ohne dass er sich vorrangig daraus befriedigen kann.

Wie wirkt sich der numerus clausus der Sachenrechte auf Eigentumsbeeinträchtigungen aus?

Der numerus clausus der Sachenrechte hat folgende Auswirkungen auf Eigentumsbeeinträchtigungen:

Der numerus clausus bedeutet, dass nur die im Gesetz vorgesehenen dinglichen Rechte zulässig sind (Typenzwang). Die Parteien können keine eigenen absoluten Rechte definieren, die das Eigentum beeinträchtigen würden. Eigentumsbeeinträchtigungen können daher nur durch die gesetzlich anerkannten dinglichen Rechte wie Nießbrauch, Dienstbarkeiten oder Grundpfandrechte gerechtfertigt sein.

Liegt ein gesetzlich vorgesehenes dingliches Recht vor, das die Nutzung des Eigentums beschränkt, ist der Eigentümer grundsätzlich zur Duldung verpflichtet und kann keine Beseitigung der Beeinträchtigung nach § 1004 BGB verlangen. Die dinglichen Rechte Dritter gehen dann dem Eigentumsrecht vor.

Umgekehrt kann eine vertraglich vereinbarte Beschränkung des Eigentums, die nicht den gesetzlichen Typus eines dinglichen Rechts erfüllt, keine dingliche Wirkung entfalten. Sie ist aufgrund des numerus clausus nur schuldrechtlich wirksam und berechtigt nicht zu einer dauerhaften Eigentumsbeeinträchtigung. Der Eigentümer kann ihre Beseitigung gem. § 1004 BGB verlangen.

Der numerus clausus schränkt also die Privatautonomie ein. Eigentumsbeeinträchtigungen können nicht frei vereinbart werden, sondern müssen sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen dinglichen Rechte halten. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Schutz des Eigentums als umfassendstes Herrschaftsrecht.

Insgesamt führt der numerus clausus dazu, dass Eigentumsbeeinträchtigungen nur in den gesetzlich definierten Grenzen zulässig sind. Atypische Beschränkungen des Eigentums haben nur schuldrechtliche Wirkung und können mit der Eigentumsfreiheitsklage abgewehrt werden.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB
Regelt den Beseitigungsanspruch bei Eigentumsbeeinträchtigungen. Im vorliegenden Fall wird dieser Paragraph angewandt, um den Anspruch der Klägerin auf Entfernung von Leitungen, die ihr Grundstück beeinträchtigen, zu begründen.

§ 1004 Abs. 2 BGB
Behandelt die Duldungspflicht von Beeinträchtigungen. Im Text relevant, weil das Gericht feststellte, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Beeinträchtigung ihres Eigentums zu dulden.

§ 1018 BGB und folgende
Befassen sich mit Grunddienstbarkeiten. Im Kontext des Falles ist dies wichtig, da festgestellt wurde, dass kein solches Recht besteht, welches die Nutzung der Leitungen über das Grundstück der Klägerin erlauben würde.

§ 242 BGB – Treu und Glauben
Wird oft im Zusammenhang mit der Auslegung von Verträgen und der allgemeinen Verpflichtung, sich gerecht und ehrlich zu verhalten, herangezogen. Im Fall wurde dies in Bezug auf die nachbarlichen Beziehungen diskutiert.

§ 906 Abs. 2 BGB
Dieser Paragraph regelt Immissionen und deren Duldungspflicht. Er wurde im Fall erwähnt, um festzustellen, dass die Beeinträchtigung durch die Leitungen nicht unter die üblichen Duldungspflichten von Immissionen fällt.

Palandt/Bassenge Kommentar zum BGB
Ein Standardkommentar zum deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch, der zur Auslegung und tieferen Erläuterung von Gesetzen herangezogen wird. Im spezifischen Fall wurde er verwendet, um die Anwendung des § 1004 BGB zu diskutieren und die rechtlichen Grenzen von Duldungspflichten zu klären.


Das vorliegende Urteil

OLG Oldenburg – Az.: 1 U 104/13 – Urteil vom 30.01.2014

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 15.10.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung derjenigen Leitungen aus ihrem Grundeigentum zugesprochen, die von dem Hintergrundstück der Beklagten über den Grundbesitz der Klägerin in D. L., führen.

Die streitgegenständlichen Leitungen stellen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf welche Bezug genommen wird, eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung dieser Beeinträchtigung verpflichtet.

Eine zivilrechtliche Grundlage für die Nutzung des fremden Grundstücks ist nicht gegeben. Dass die Führung der Leitungen über das Eigentum der Klägerin nicht durch ein dingliches Recht, etwa eine Grunddienstbarkeit gemäß §§ 1018 ff BGB, gesichert ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Aber auch eine schuldrechtliche Bindung der Klägerin liegt nicht vor. Ob das Landgericht darauf hätte hinweisen müssen, dass es den Sachvortrag der Beklagten zu deren angeblichem Nutzungsrecht für unbeachtlich hielt, kann dahin stehen, denn die Beklagten hatten in der Berufungsinstanz hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Ein solches Nutzungsrecht steht dem Anspruch der Klägerin indes nicht entgegen. Das Einvernehmen, das es offensichtlich zwischen den Beklagten und dem Vater des Beklagten zu 2) gegeben hat, entfaltet ohne die unstreitig fehlende dingliche Absicherung gegenüber der Klägerin keine Wirkung. Dabei kann die genaue rechtliche Einordnung offenbleiben. Es dürfte sich um einen grundsätzlich jederzeit kündbaren unentgeltlichen Gestattungsvertrag gehandelt haben; ein solcher schuldrechtlicher Vertrag bindet Sondernachfolger grundsätzlich nicht (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 1004 RN 36). Ansatzpunkte für eine Ausnahme sind nicht ersichtlich. Vielmehr endete die Gestattung mit dem Eigentumsverlust des Vaters des Beklagten zu 2), ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Beendigung seitens der Klägerin bedurfte.

Entgegen der Argumentation der Beklagten verhelfen die Vorschriften der §§ 57 ZVG, 566 BGB ihrem Standpunkt nicht zum Erfolg, denn sie waren jedenfalls weder Mieter noch Pächter des Vordergrundstücks.

Auch eine Duldungspflicht aus Rechtsnormen (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 RN 38ff) ist nicht gegeben.

Eine solche Duldungspflicht ergibt sich insbesondere nicht aus einer etwaigen Baulast, und zwar unabhängig davon, ob bzw. welche Leitungen tatsächlich unter einer solchen Baulast liegen, denn die Baulast bewirkt keine privatrechtlichen Nutzungsansprüche bzw. Duldungspflichten (Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., Einl v § 854 RN 15 m. w. N.; BGH NJW 1984, 124, OLG Düsseldorf OLGZ 1992, 208 Urteil des Senats vom 26.9.2013 – 1 U 25/13)). Eine andere Bewertung widerspräche dem zivilrechtlichen Prinzip des numerus clausus der Sachenrechte.

Zwar kann dem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB – unter strengen Voraussetzungen – die tatsächliche Unmöglichkeit der Beseitigung der Eigentumsstörung entgegengehalten werden (Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 RN 43). Auch diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Die Beklagten berufen sich in diesem Zusammenhang auf den in der Baulast auf der südlichen Seite des Vordergrundstücks liegenden Erdöltank. Diese tatsächlichen Gegebenheiten hindern die Beklagten jedoch nicht daran, die Leitungen über den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücksstreifen zu führen, der auf der nördlichen Seite des Vordergrundstücks verläuft. Soweit die Beklagten die Auffassung geltend machen, dies sei ihnen wirtschaftlich nicht zuzumuten, hindert dieser Umstand nicht die tatsächliche Möglichkeit der Störungsbeseitigung.

Auch aus der nachbarrechtlichen Vorschrift des § 906 Abs. 2 BGB lässt sich entgegen der Argumentation der Beklagten eine Duldungspflicht nicht herleiten, weil es nicht um Immissionen im Sinne dieser Regelung geht.

Die Vorschrift des § 242 BGB, insbesondere in Gestalt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, verhilft der Berufung der Beklagten ebenfalls nicht zum Erfolg. Dieses Rechtsinstitut kann zwar in zwingenden Ausnahmefällen Rechte beschränken oder ausschließen (Palandt/Bassenge, a.a.O., § 903 RN 13). Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor. Allein der Umstand, dass es für die Beklagten einen erheblichen wirtschaftlichen Aufwand bedeutet, für ihre Leitungen das eigene Grundstück zu benutzen, statt sie weiterhin über fremdes Eigentum zu führen, vermag bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Einschränkung der Eigentümerbefugnisse aus § 903 BGB nicht zu rechtfertigen; dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips.

Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot des § 226 BGB ist nicht ersichtlich. Dafür, dass es Beweggrund der Klägerin bei der Verfolgung ihrer Ansprüche ist, die Beklagten zu schädigen, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dass die Klägerin die Beseitigung der Leitungen begehrt, um die ihr gesetzlich zustehenden Rechte als Eigentümerin auszuüben und insbesondere auch das Grundstück zu bebauen, liegt nahe.

Ein Gewohnheitsrecht – d. h. eine lang dauernde tatsächliche Übung, getragen von einer Überzeugung der beteiligten Verkehrskreise, das durch die Einhaltung der Übung bestehende Recht sei zu befolgen (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Einl vor § 1 RN 22) – des Inhalts, dass Grundstückseigentümer fremde Ver- oder Entsorgungsleitungen in ihrem Eigentum zu dulden hätten, gibt es nicht.

Schließlich halten die Beklagten dem Anspruch nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung entgegen. Der Anspruch auf Beseitigung der Eigentumsstörung unterliegt der regelmäßigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1, 4, 5 BGB (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 RN 45). Der Beginn der Verjährungsfrist setzt die Entstehung des Anspruchs voraus, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Maßgebend dafür ist der Beginn der Beeinträchtigung (Palandt/Bassenge, a.a.O.). Die streitgegenständliche Eigentumsstörung begann mit dem Erwerb des Eigentums durch die Klägerin im November 2012. Zwar wird mit dem Wechsel des Eigentums am gestörten Grundstück keine neue Verjährungsfrist in Lauf gesetzt (Palandt/Bassenge, a.a.O.). Solange der Vater des Beklagten zu 2) Eigentümer des Vordergrundstücks war, bestand jedoch kein Anspruch aus § 1004 BGB, weil er aufgrund einer unentgeltlichen Gestattung bzw. eines wie auch immer gearteten zivilrechtlichen Rechtsverhältnisses zur Duldung verpflichtet war. Die Grundlage dieser Duldungspflicht ist aber mit dem Eigentumswechsel auf die Klägerin entfallen. Vor diesem Hintergrund lag eine rechtlich relevante Eigentumsbeeinträchtigung erst mit dem Übergang des Eigentums auf die Klägerin vor.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Der Schriftsatz der Beklagten vom 29.1.2014 hat dem Senat vor Verkündung des Urteils vorgelegen. Es gibt jedoch weder zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch zur Zulassung der Revision Anlass.

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