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Eigentumswohnung – Wohnflächenabweichung als Sachmangel

Landgericht Dresden

Az: 6 O 2370/07

Urteil vom 07.03.2008


In dem Rechtsstreit wegen Kaufpreisminderung erlässt das Landgericht Dresden auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2008 am 07.03.2008 folgendes

URTEIL

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.418,59 EUR festgesetzt

Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten als Schadensersatz die Rückzahlung eines Teils des für den Kauf einer Eigentumswohnung entrichteten Kaufpreises sowie Ersatz frustrierter Aufwendungen wegen zu geringer Wohnfläche der erworbenen Wohnung.

Am 15.12.2005 schlossen die Parteien vor dem Notar #### unter der Urkundennummer #### einen Kaufvertrag über die aus der Insolvenz der Firma #### aus #### von der Beklagten erworbene Eigentumswohnung Nr. ####, Wohngrundbuch von #### Blatt #### Grundbuchamt #### mit einem Miteigentumsanteil von 808/10.000 am Flurstück #### zum Preis von 143.000,00 €. Dabei vereinbarten die Parteien in § 3 Abs. 3 des notariellen Kaufvertrages:

„Die Käufer haben den Vertragsgegenstand genau besichtigt. Die Verkäuferin schuldet weder ein bestimmtes Flächenmaß noch die Verwendbarkeit des Grundstücks für Zwecke der Käufer oder dessen Eignung zur Erreichung steuerlicher Ziele des Käufers.“

Weitere Angaben über die Größe des Kaufgegenstandes enthält der Kaufvertrag selbst nicht. Lediglich die laut § 3, letzter Absatz, Seite 8 des Kaufvertrages dieser zugrunde liegende Teilungserklärung weist eine Fläche von 104,41 m² auf. Hierzu heißt es in der ebenfalls der notariellen Urkunde beigefügten Baubeschreibung:

„Die Zeichnungen in dem Prospekt entsprechen nicht immer dem letzten Stand der Ausführungsplanung. Für die Ausführung maßgebend sind die genehmigten Bau- und Detailpläne. Angegebene Quadratmeterflächen entsprechen dem Stand der Genehmigungsplanung. Geringfügige Änderungen möglich.“

Vor Kaufvertragsschluss erhielten die Kläger von ihrem Makler, der Firma #### eine Flächenaufstellung für das Sondereigentum #### Straße, die die Beklagte diesen zum Zweck der Übergabe an die Kläger ausgehändigt hatte. Diese im Jahre 1998 vom Architekturbüro #### erstellte Flächenaufstellung wies für die streitgegenständliche Wohnung eine Wohnflächenzusammenstellung von 115,75 m² zuzüglich 6,57 m² Keller aus. Beide Parteien gingen zunächst von der Richtigkeit dieser Flächenaufstellung aus. Erst als den Klägern Zweifel an der Richtigkeit der Wohnflächenangaben kamen, ließen sie durch den TÜV eine Vermessung durchführen, die eine Wohnfläche auf der Grundlage der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche vom 01.01.2004 von 104,5 m² ergab.

Die Kläger behaupten, die Beklagte habe ihnen eine Wohnung mit einer Fläche von 115,75 m² zuzüglich 6,57 m² Keller verkauft, von der die nunmehrige Wohnung um 9,72 % abweiche. Die in der Flächenzusammenstellung Sondereigentum #### Straße #### angegebene Quadratmeterzahl sei erkennbare Vertragsgrundlage geworden, da nicht zuletzt die Beklagte selbst von der Richtigkeit dieser Wohnflächenangabe ausgegangen sei und diese wissentlich und willentlich in den Empfängerbereich der Kläger gebracht hätte. Auch sei in den Verkaufsgesprächen mit Vertretern der Beklagten regelmäßig über Quadratmeterpreise gesprochen worden. Die Flächenangabe von 115,75 m² sei sowohl im Hinblick auf den Quadratmeterpreis von 1.278,62 € als auch im Hinblick auf die Finanzierungsbetrachtung für die Kläger von entscheidender Bedeutung gewesen, was auch für die Beklagte erkennbar gewesen sei. Neben dem zuviel gezahlten Kaufpreis von 14.384,48 € verlangen die Kläger daher von der Beklagten die Zahlung anteilig zuviel gezahlter Grundsteuern, Notarkosten, die Begleichung der Kostenrechnung für das TÜV-Gutachten sowie anteilige Kosten der Landesjustizkasse.

Sie beantragen daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.418,59 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ausweislich § 3 Abs. 3 des notariellen Kaufvertrages habe sie gerade keine bestimmte Fläche geschuldet. Vor dem Hintergrund, dass sie die Wohnung aus einer Insolvenzmasse erworben habe, habe sie stets Wert darauf gelegt, das Objekt so zu verkaufen wie es „steht und liegt“, was der durch die Kläger beauftragten Firma #### hinlänglich bekannt gewesen sei. Sowohl den Klägern als auch ihrem Makler sei von Anfang an bewusst gewesen, dass hinsichtlich der Wohnungsgröße nur marginale Unterlagen wie die Flächenzusammenstellung, die Abrechnungen der Verwaltung sowie die Zusammenstellung laut Teilungserklärung vorgelegen hätten. Wenn die Kläger dennoch keine Veranlassung gesehen hätten, die diesbezüglichen Quadratmeterangaben zu überprüfen, so gehe dies zu ihren eigenen Lasten.

Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf den ebenfalls in § 3 des notariellen Kaufvertrages vereinbarten Gewährleistungsausschluss.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die unter den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet

Den Klägern stehen Gewährleistungsansprüche gemäß § 437 BGB nicht zu, da die von ihnen erworbene Eigentumswohnung nicht mangelhaft ist. Gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Schriftliche Abreden über die Größe der Wohnfläche haben die Parteien nicht getroffen. Zwar liegt gemäß § 3 Seite 8 des notariellen Kaufvertrages diesem die Teilungserklärung zugrunde. Ausweislich der Baubeschreibung handelte es sich jedoch bei den hierin angegebenen Quadratmeterzahlen um solche der Genehmigungsplanung. Eine endgültige Festlegung der geschuldeten Wohnfläche war damit gerade noch nicht erfolgt.

Bezüglich der streitgegenständlichen Wohnfläche haben die Parteien jedoch in § 3 Abs. 3 des notariellen Kaufvertrages vereinbart, dass die Käufer den Vertragsgegenstand genau besichtigt haben und die Verkäuferin weder ein bestimmtes Flächenmaß noch die Verwendbarkeit des Grundstücks für Zwecke der Käufer oder dessen Eignung zur Erreichung steuerlicher Ziele schuldet. Dieser Vertragspassus kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte, wie auch von ihr vorgetragen wurde, die Wohnung so verkaufen wollte, wie sie „steht und liegt“ und damit gerade nicht die Gewähr für ein bestimmtes Flächenmaß übernehmen wollte. Ungenauigkeiten bezüglich etwaiger Quadratmeterangaben sollten deshalb nach dem Vertrag zu Lasten der Käufer gehen. Dem diesbezüglichen Risiko hätten die Kläger allein durch eine Vermessung der Wohnung vor Kaufvertragsabschluss entgegentreten können. Hierzu hätte angesichts des Wortlauts der vor dem Notar getroffenen Regelung auch Veranlassung bestanden. Denn wenn die Beklagte für ein bestimmtes Flächenmaß hätte einstehen wollen, hätte sie ihre diesbezügliche Haftung nicht im Vertrag ausgeschlossen. Dies war auch für die Kläger offensichtlich. Wenn diese dennoch auf die Richtigkeit der von der Beklagten in Umlauf gebrachten Unterlagen vertrauten, so geht dies einseitig zu ihren Lasten. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte zunächst selbst von einer Wohnfläche von 115,75 m² + 6,57 m² Keller ausging. Aus der dem notariellen Kaufvertrag zugrunde liegenden Teilungserklärung ging bereits eine kleinere Quadratmeterzahl, nämlich eine solche von 104,41 m² hervor. Soweit die Kläger einwenden, sie hätten aufgrund der Vorgespräche keine Veranlassung gesehen, diese Angaben zu überprüfen, so geht auch dies einseitig zu ihren Lasten, da es ihnen ablegen hätte, die maßgeblichen Vertragsunterlagen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Auch konnten die Kläger der ihnen überreichten Flächenzusammenstellung Sondereigentum #### Straße nicht entnehmen, dass die Beklagte ihnen eine Wohnung in der Größe von 115,75 m² zuzüglich 6,57 m² Keller nach der Wohnflächenverordnung vom 01.01.2004 veräußern wollte. Die Flächenzusammenstellung enthält nämlich keinen Hinweis auf einen bestimmten Berechnungsmodus. Dass hier nicht wie nach dem von den Klägern eingeholten TÜV-Gutachten auf Grundlage der vorbezeichneten Wohnflächenverordnung vermessen wurde, ergibt sich bereits daraus, dass die Flächenzusammenstellung bereits aus dem Jahre 1998 stammte und die Terrasse nicht mit 50 % Fläche (=6,48 m²), sondern mit 1/1 (=11,05 m²) ausgewiesen ist. Dass die Parteien hier einen bestimmten Berechnungsmodus vereinbart haben, haben die Kläger weder dargelegt noch unter Beweis gestellt.

Die Parteien haben deshalb keine Vereinbarung über ein bestimmtes Flächenmaß getroffen und dieses gerade nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht. Diese Auslegung widerspricht auch nicht dem beidseitigen Interesse der Parteien. Da die Beklagte die Wohnung aus einer Insolvenzmasse erworben hatte und ihr hierzu nur die ihr übermittelten Unterlagen vorlagen, hatte sie ein legitimes Interesse daran, ihre Haftung für ein bestimmtes Flächenmaß auszuschließen. Die Kläger hingegen hatten die Wohnung besichtigt und konnten sich von deren Größe überzeugen. Insoweit ist die von den Klägern zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes BGH vom 08.01.2004, Az. VII ZR 181/02, gerade nicht einschlägig. in dieser Entscheidung erwarb der Kläger fünf noch zu errichtende Eigentumswohnungen, für dessen Größe der Beklagte vertraglich keine Gewähr übernommen hatte. Dennoch legte der BGH den Vertrag dahingehend aus, dass die einseitige Vorstellung des Klägers über die Größe der Wohnfläche geschuldetes Beschaffenheitsmerkmal geworden sei, weil zum einen die vereinbarte Preisanpassungsklausel sonst sinnlos gewesen wäre und zum anderen der Erwerber ohne Rücksicht auf die Größe der Wohnung zur Zahlung der Vergütung verpflichtet gewesen wäre; mithin der Bauträger die Größe der Wohnfläche nach seinem Belieben hätte ausführen und festlegen dürfen. Gerade dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Eine unzulässige Begünstigung der Beklagten liegt gerade dicht vor, weil sie auf das tatsächliche Flächenmaß der Wohnung keinerlei Einfluss hatte und die Kläger sie nur so erwerben konnten, wie sie sie auch besichtigt hatten. Da es somit vorliegend bereits an einem Mangel der veräußerten Kaufsache fehlt, scheiden Gewährleistungsansprüche der Kläger aus. Auf die Wirksamkeit eines vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschlusses kam es insoweit nicht mehr an.

Ansprüche aus c.i.c. gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 BGB scheiden ebenfalls aus, da das Kaufrecht insoweit eine abschließende Regelung enthält.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

 

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