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Fernabsatzgeschäft – Beweislast bzgl. Käufer

AG Bremen

Az: 9 C 508/2011

Urteil vom 01.03.2012


Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 227,95 € nicht zu (§ 433 II BGB).

Die Klägerin bleibt beweisfällig, dass die Beklagte am 03.08.2011 via Internet die ausgelieferte Schultertasche und das Giga Set Pro bestellte und also als Käuferin in diesem Rechtsstreit passivlegitimiert ist.

Der Verkäufer ist als Anspruchsteller für den Vertragsabschluss und also auch hinsichtlich der Person des Käufers/Vertragspartners darlegungs- und beweispflichtig (Palandt, 71 A., § 433, Rn. 56).

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der vorliegende Vertrag über die Homepage der Klägerin geschlossen wurde und im Rahmen des Bestellvorgangs die Kontoverbindungsdaten und der Name der Beklagten verwendet worden sind. Denn die Beklagte trägt substantiiert vor, dass ihr damaliger Lebensgefährte, Herr M., die Kontodaten ausgespäht und die Bestellungen ohne ihr Wissen und Wollen auf ihren Namen getätigt haben müsse; gegen den früheren Mitbewohner liefen bereits Strafverfahren. Dieser Vortrag erscheint auch insofern nicht als bloße Schutzbehauptung, als dass die Beklagte die bestellte Ware nach dem Auszug des Zeugen an die Klägerin zurück schickte und ihre Erkenntnisse der Klägerin außergerichtlich mitteilte.

Eine Haftung der Beklagten unter Rechtsscheinsgesichtspunkten scheidet vorliegend aus. Der Umstand, dass ein Kontoinhaber seine Daten nicht hinreichend sicher vor dem Zugriff Dritter geschützt hat, ist für die Annahme einer Anscheinsvollmacht nicht ausreichend (BGH NJW 2011, 2421 für ebay-Auktionsgeschäft; AG Bremen, Urteil vom 10.03.2011, 9 C 0058/10-Juris- für ebay-Nutzungsgebühren). Dies gilt insbesondere für den Kaufvertragsabschluss über die Homepage des Anbieters, weil hier – anders als in den ebay-Fällen – keine verschlüsselten Passwörter genutzt bzw. missbraucht werden.

Der Anbieter wird im anonymen Massenverkehr des Internet auch nicht schutzlos gestellt. Schließlich stünde es ihm beispielsweise frei, die Ware nur gegen Nachnahmezahlung oder Vorkasse – bzw. Paypal – zu liefern. Wer ein Internetkaufhaus betreibt und dessen (Kosten)Vorteile nutzt, trägt im Rahmen des freiwillig angebotenen Lastschriftverfahrens das Risiko des (möglichen) Eingehungsbetrugs durch Dritte. Ist das Konto nicht gedeckt oder wird die Zahlung nachträglich zurück gebucht, muss er im Zweifel die Voraussetzungen seines Zahlungsanspruchs beweisen. Auch prozessual bleibt der Verkäufer nicht schutzlos. Denn der Anspruchsgegner, der sich auf einen Missbrauch seiner Daten beruft, hat zu der behaupteten Missbrauchsmöglichkeit in seiner Sphäre konkret vorzutragen (sekundäre Beweislast, vgl. Thomas/Putzo, 31. A., § 284 Vorbem, Rn. 18). Vorliegend hat die Beklagte den Dritten namentlich mit ladungsfähiger Anschrift benannt. Der (beweisbelasteten) Klägerin hätte es frei gestanden, den mittlerweile unter Betreuung stehenden Herrn M. als Zeugen zu benennen.

Unbeachtlich ist, wer die Ware nach Vertragsabschluss an der Zustelladresse in Empfang genommen hat. Selbst wenn die Beklagte das Paket am 09.08.2011 angenommen hätte, ließen sich hieraus keine zwingenden Rückschlüsse auf die Person des vertraglich verpflichteten Käufers ableiten.

Eine Haftung nach § 1357 BGB scheidet aus, da die Beklagte mit Herrn M. seinerzeit nicht verheiratet war. Eine analoge Anwendung auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommt nach herrschender Meinung nicht in Betracht (Palandt, 71. A., § 1357, Rn. 6). § 1357 BGB stellt explizit auf Ehegatten ab. Auch im Zuge der weitgehenden Reformen des Familienrechts wurde die Norm gerade nicht angepasst. Die sog. Schlüsselgewalt bezweckt nach ihrer Entstehungsgeschichte den Schutz des den Haushalt führenden Ehegatten. Da nach Art. 6 GG nur die Ehe unter besonderen Schutz steht, verbietet sich eine Auslegung entgegen dem Wortlaut der Norm. Außerdem werden heutige Lebenspartnerschaften nicht mehr vom Typus des Alleinverdieners geprägt.

Mangels Hauptforderung bestehen keine Nebenforderungen. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 711 Nr. 11, 713 ZPO.

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