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Fitnessstudiovertrag – Unwirksamkeit einer Kündigungsklausel

AG Kaiserslautern

Az: 7 C 2243/06

Urteil vom 01.06.2007


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht auf Zahlung von Mitgliedsbeiträgen eines Fitnessstudios.

Die Beklagte schloss am 22.01.2003 einen Mitgliedsvertrag mit der Zedentin (W). Die Mitgliedschaft berechtigte die Beklagte zur Nutzung der Sport- und Freizeiteinrichtungen der Zedentin.

Der Vertrag enthielt unter anderem die folgende Regelung:

„Der Vertrag beginnt am 1.3.03 und wird zunächst für eine Laufzeit von 24 Monaten abgeschlossen. […] Während der Vertragslaufzeit ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen.“

Dabei waren die unterstrichen dargestellten Daten vom damals bei der Zedentin beschäftigten Zeugen E. handschriftlich eingetragen worden.

Als Entgelt waren monatlich 41,00 € zuzüglich einer jährlichen Trainerpauschale von 29,00 € vereinbart, auf deren Erhebung für das Jahr 2003 verzichtet werden sollte. Die Beklagte durfte bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei der Zedentin trainieren.

Bereits im Februar 2003 veranlasste die Zedentin eine Abbuchung vom Konto der Beklagten in Höhe von 105,00 €.

Mit Schreiben vom 11.11.2003, das der Zedentin am 13.11.2003 zuging, kündigte die Beklagte den Vertrag zum 30.11.2003 ohne Angabe von Gründen. Die Zedentin berücksichtigte die Kündigung zum 31.1.2005.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 15 Monatsbeiträgen für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis 31.01.2005 und Schadensersatz für Rücklastschriftkosten in Höhe von 5,50 €. Zudem Inkassokosten in Höhe von 42,25 €.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei bei Abschluss des Vertrages ausführlich über die verschiedenen möglichen Laufzeiten sowie deren Modalitäten aufgeklärt worden.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 620,50 € nebst 6,17 % Zinsen seit dem 1.2.2004 sowie 42,25 € vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin kann aus dem zwischen der Zedentin und der Beklagten geschlossenen Vertrag keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte für den geltend gemachten Zeitraum ab November 2003 herleiten. Durch die Kündigung der Beklagten wurde das zwischen ihr und der Zedentin bestehende Vertragsverhältnis wirksam zum Ende Dezember 2003 beendet. Der Klägerin stehen aus dem Vertrag keine weiteren Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu. Im Einzelnen liegen der Entscheidung die nachfolgenden Erwägungen zugrunde.

Der Beklagten steht ein ordentliches Kündigungsrecht zu.

Durch das Eintragen der Dauer von 24 Monaten in den Formularvertrag der Zedentin wurde das Kündigungsrecht der Beklagten für die vereinbarte Dauer des Vertrags nicht wirksam ausgeschlossen. Soweit diese Vertragsregelung vorsieht, dass für die Geltungsdauer des Vertrags zunächst der angegebene Zeitraum gilt und eine ordentliche Kündigung während der Laufzeit ausgeschlossen ist, handelt es sich um eine Klausel, die wegen Verstoßes gegen §§ 306 Abs. 1, 309 Nr. 9 a) BGB unwirksam ist.

Nach § 309 Nr. 9 a) BGB sind Klauseln, die den Vertragspartner bei Vertragsverhältnissen, die die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand haben, länger als zwei Jahre binden, unwirksam. Die Vorschrift ist auf Fitness-Verträge wie den vorliegend zu beurteilenden entsprechend anwendbar (vgl. BGH, NJW 1997, 739). Der zwischen der Zedentin und der Beklagten geschlossene Vertrag sah eine über die Dauer von zwei Jahren hinausgehende Bindung vor. Dabei ist für die Beurteilung der Bindungsdauer nicht auf den Beginn der wechselseitigen Leistungspflichten, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (vgl. BGH, NJW 1993, 1651 m.w.N.).

Die den anderen Vertragsteil bindende Laufzeit eines Dauerschuldverhältnisses beginnt schon mit dem Abschluss des Vertrages und nicht erst mit einem vereinbarten späteren Zeitpunkt der Leistungserbringung. Eine entsprechende Auslegung der Vorschrift wird bereits durch den Wortlaut nahe gelegt, wonach es auf die Bindung des Kunden ankommt. Eine solche tritt bereits mit Vertragsschluss ein und ist vom Zeitpunkt der wechselseitigen Leistungserbringungen unabhängig. Bestätigt wird ein solches Verständnis von § 309 Nr. 9 a) BGB auch durch den Sinn und Zweck des darin festgelegten Klauselverbots, die darin bestehen, eine übermäßig lange Bindung des Kunden, die seine Dispositionsfreiheit beeinträchtigt, zu verhindern. Eine Bindung des Kunden tritt bereits mit Abschluss des Vertrages ein und nicht erst mit Beginn der vereinbarten Abbuchungen (BGH, a.a.O.). Dem steht auch nicht entgegen, dass eine Probezeit grundsätzlich nicht in die Berechnung der zweijährigen Frist einzubeziehen ist. Für den fraglichen Zeitraum vom 22.1.2003 bis 1.3.2005 war nämlich zwischen der Zedentin und der Beklagten keine solche vereinbart worden. Eine Probezeit setzt nämlich voraus, dass während oder nach Ablauf der Probezeit von dem Vertrag noch Abstand genommen werden kann. Zwar durfte die Beklagte die Vertragsleistungen bereits nach Abschluss des Vertrages in Anspruch nehmen, eine Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf dieser Zeit war ihr aber gerade nicht eingeräumt. Folglich trat ihre Bindung an den Vertrag bereits am 22.1.2003 ein.

Bei den von der Zedentin verwendeten Klauseln handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB, nämlich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die bei Abschluss des Vertrags von der Zedentin der Beklagten gestellt wurden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Laufzeit von Hand eingetragen wurde und der Formularvertrag insoweit lückenhaft war, da die Laufzeit von der Verwenderin ausgefüllt wurde. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob die Vertragsbedingungen in schriftlicher Form vorbereitet bzw. übernommen werden oder ob sie zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in den Vertragstext „im Kopf gespeichert“ sind. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn das Formular üblicherweise oder gegenüber einer Mehrzahl von Kunden in gleicher Weise ausgefüllt wird (vgl. BGH, NJW 1999, 2180; BGH, NJW 1998, 2815). Vorliegend hatte der Zeuge E. zur Überzeugung des Gerichts seine Einfügung in der genannten Art im Kopf gespeichert. Dies stützt seine Aussage, dass er in ca. 50 % der Fälle eine 24-monatige Laufzeit in den Formularverträgen einfüllt.

Folge des Verstoßes gegen das Klauselverbot ist, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von längstens zwei Wochen rechtswirksam kündigen konnte.

Da die gegen § 309 Nr. 9 a) BGB verstoßende Klausel wegen des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion nicht auf das noch zulässige Maß reduziert werden kann, ist sie im Ganzen unwirksam. Diese Folge ergibt sich aus dem Schutzzweck der § 305 ff. BGB , da die Rechtsordnung die Verwendung von verbotswidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht insofern risikolos machen und fördern darf, als dass sie die verbotswidrige Klausel auf das noch zulässige Maß reduziert.

Die Unwirksamkeit der gegen § 309 Nr. 9 a) verstoßenden Klausel führt dazu, dass auf die gesetzlichen Vorschriften zurückzugreifen ist, um die Lücke schließen können. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 306 Abs. 2 BGB. Bezogen auf das vorliegend zu beurteilende Vertragsverhältnis ist festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Fitnessvertrag als Vertrag sui generis Elemente des Dienst- wie auch des Mietvertrags enthält. Das Gericht hält es wegen des Mischcharakters des Vertrages für angemessen, im Wege der Rechtsanalogie eine Kündigungsfrist zum 3. Werktag eines jeden Monats zum Ablauf des jeweiligen Monats als die zutreffende Kündigungsfrist anzusehen. Eine solche Frist entspricht auch den Gepflogenheiten im Bereich von Fitness- bzw. Mitgliedsbeiträgen bei Sportvereinen (vgl. AG Rendsburg, Urteil vom 20.12.2004, Az. 11 C 546/04 – juris). Dementsprechend ist das Vertragsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 03.11.2003, die jedoch erst am 13.11.2003 zuging, zum 31.12.2003 beendet worden.

Auch für die Monate November und Dezember 2003 besteht kein Anspruch der Beklagten. Dieser ist zwar zunächst in Höhe von 82,00 € entstanden, die Beklagte hat jedoch im Prozess die Aufrechnung mit Rückgewähransprüchen in Höhe von 105,00 € erklärt. In dieser Höhe hat die Zedentin unberechtigterweise im Monat Februar 2003, der nach der vertraglichen Regelung kostenfrei sein sollte, Beiträge vom Konto der Beklagten abgebucht.

Aus den genannten Gründen scheidet ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB ebenso wie ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus § 286 BGB aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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