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Forum-Einträge im Internet – Haftung des privaten Betreibers

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az.: I-15 U 21/06

Urteil v. 07.06.2006

Vorinstanz: Landgericht Düsseldorf, Az.: 12 O 546/05, Urteil v. 25.01.2006


In dem Rechtsstreit hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2006, Az. 12 O 546/05[2], abgeändert und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2005 aufgehoben sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.

Sachverhalt:
(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe:

I.

Der Verfügungskläger begehrt von dem Verfügungsbeklagten Unterlassung von Äußerungen, die anonyme Dritte auf einem Thread des von dem Verfügungsbeklagten betriebenen Internetforums getätigt haben.

Dort ist der Verfügungsbeklagte als „Pornokönig“ und „Pleitier“ bezeichnet, als „dumm, dümmer geht’s wirklich nicht“ charakterisiert und die Ansicht vertreten worden, der von dem Verfügungskläger betriebene Verein müsse beweisen, dass der Verfügungskläger keine Pornofilme gedreht habe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20. Oktober 2005 die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie nach Widerspruch des Verfügungsbeklagten mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: dem Verfügungskläger stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB iVm. § 185 StGB gegen den Verfügungsbeklagten zu. Denn die streitgegenständlichen Äußerungen verletzten den Verfügungskläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seiner Ehre. Der Verfügungskläger sei von den Äußerungen persönlich betroffen, da eingangs des Threads erklärt werde, dass unter der Verein zu verstehen sei, dessen Gründungsmitglieder mit dem Vornamen benannt würden und im Zusammenhang mit dem Verweis auf die Internetseite des Vereins klar würde, dass der Verfügungskläger sich hinter verberge.

Die Bezeichnung als Pornokönig wirke beleidigend, da der Verfügungskläger hierdurch mit dem von weiten Bevölkerungskreisen als zwielichtig und schmuddelig angesehenen Pornogewerbe in Verbindung gebracht und behauptet werde, er sei in diesem Gewerbe in größerem Umfang beschäftigt. Auch die Bezeichnung als Pleitier sei beleidigend, da hierunter jemand verstanden werde, der Firmen zum Nachteil der Gläubiger pleite gehen lasse oder diese sogar pleite gehen lasse, um sich persönlich zu bereichern.

Die Äußerung, der Verfügungskläger sei dumm, dümmer geht`s wirklich nicht, wirke ebenfalls herabsetzend und beleidigend, da dem Verfügungskläger abgesprochen werde, ein normal intelligenter Mensch zu sein; die Steigerungsform solle den Eindruck erwecken, er sei in seinen geistigen Fähigkeiten stark beschränkt.

Auch die Äußerung „die muss beweisen, dass kein pornofilme gedreht hat“ wirke herabsetzend. Sie sei nicht als Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG zulässig, da die unzutreffende Rechtsauffassung zugleich die Behauptung enthalte, dass der Verfügungskläger Pornofilme gedreht habe.

Der Verfügungsbeklagte hafte als Störer gemäß §§ 823, 1004 BGB analog auf Unterlassung. Denn er sei als Host-Provider Teledienstbetreiber gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 TDG, da er mehrere Foren unter der Internet-domain betreibe. Er habe nicht substantiiert dargelegt, dass er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung nach Kenntnisnahme nachgekommen sei.

Die Haftungsprivilegierung nach § 11 TDG komme dem Verfügungsbeklagten gemäß § 8 Abs. 2 TDG nicht zugute.

Zur Unterlassung verpflichteter Störer sei, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beitrage, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setze die Störerhaftung die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimme, ob und inwieweit dem Störer eine Prüfung zumutbar sei. Da es vorliegend zu mehreren beleidigenden Postings gekommen sei, sei der Verfügungsbeklagte verpflichtet gewesen, das Forum zu überwachen und beleidigende Inhalte unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen.

Seine Verpflichtung zur Überwachung folge daraus, dass technisch das Erscheinen der beleidigenden Postings nicht habe verhindert werden können. Insbesondere habe die Sperrung der IP-Nummern nicht ausgereicht, da von einem anderen Computer bzw. unter Verwendung eines Anonymisiererprogramms erneut beleidigende Inhalte hätten gepostet werden können. Da das Forum auch unregistrierten Nutzern zur Verfügung gestanden habe, sei eine Sperrung der Pseudonyme keinesfalls ausreichend gewesen.

Der Verfügungsbeklagte habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass er die beleidigenden Postings unverzüglich gelöscht habe.

Da der Verfügungskläger behauptet habe, die Äußerungen zu 1-3 seien noch am 21. September 2005 und die Äußerung zu 4 noch bis mindestens 13. Oktober 2005 im Internet vorhanden gewesen, habe der Verfügungsbeklagte vortragen und glaubhaft machen müssen, wann genau und durch wen die Löschung erfolgt sei. Dass ihn die Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht treffe, folge aus § 11 Satz 1 TDG und ergebe sich im Übrigen daraus, dass es dem Verletzten nicht zuzumuten sei, die Löschung beleidigender Äußerungen fortlaufend zu überwachen.

Die Wiederholungsgefahr ergebe sich vorliegend schon deshalb, weil es wiederholt zu Rechtsbeeinträchtigungen gekommen sei. Dem Verfügungsbeklagten werde auch nicht das Betreiben des Forums insgesamt unmöglich, da eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO einen schuldhaften Verstoß voraussetze.

Hiergegen wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, er habe die streitgegenständlichen Äußerungen nicht zur Kenntnis genommen, da er weder vom Verfügungskläger auf diese hingewiesen noch auf andere Weise rechtzeitig von ihnen Kenntnis erlangt habe. So habe – was unstreitig ist – der Verfügungskläger die in dem Schreiben vom 12. September 2005 erwähnten Äußerungen nicht genau benannt.

Er vertritt die Ansicht, mangels genauer Bezeichnung könne hinsichtlich dieser Äußerungen nicht einmal von einem Unterlassungsanspruch ausgegangen werden. Vor dem 21. September 2005 habe er – ebenfalls unstreitig – keine weiteren Hinweise auf beleidigende Äußerungen erhalten. Die in dem Schreiben genannten Äußerungen zu 2) und 3) habe er nach Zugang der Abmahnung gesucht, aber nicht gefunden, weil sie entweder nie erfolgt waren oder er sie zuvor gelöscht habe. Weiter behauptet er, er habe die Äußerungen zu 2) und 3) nach dem Hinweis in der Abmahnung sofort gelöscht.

Von den Äußerungen zu 1, 4 und 5 habe er erst durch das Verfahren Kenntnis erlangt. Er vertritt die Ansicht, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Äußerungen zu 4) und 1) noch bei Zugang der Abmahnung veröffentlicht gewesen seien. Im Übrigen behauptet er, er habe die Äußerungen zu 1), 4) und 5) „nach Entdeckung … sofort gelöscht. Vorausgesetzt natürlich, sie wurden je veröffentlicht.“.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2006 – 12 O 546/05[2] – den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen

Auch er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Er bestreitet, dass der Verfügungsbeklagte die streitgegenständlichen Äußerungen unverzüglich gelöscht habe. Die Äußerungen zu 1), 2) und 3) seien mindestens je einen Tag veröffentlicht gewesen, die Äußerungen zu 4) mindestens elf Tage und die Äußerung zu 5) mindestens zwei Tage. Die zum Nachweis vorgelegten Ausdrucke seien nicht aus dem Zwischenspeicher des Computers herausgeladen worden, sondern nach Neuaufruf der Seite gefertigt worden.

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II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Verfügungskläger steht gegen den Verfügungsbeklagten kein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen zu.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen um Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen handelt. Ebenso kann offen bleiben, ob die Äußerungen ehrverletzenden Charakter haben, woran allerdings nach Auffassung des Senats kein Zweifel besteht. Denn gegen den Verfügungsbeklagten besteht als bloßer Betreiber des Internetforums, der unstreitig die streitgegenständlichen Äußerungen nicht selbst in das Internet eingestellt hat und deshalb nur nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Anspruch genommen werden kann, kein Unterlassungsanspruch, da nicht davon auszugehen ist, dass er trotz Kenntnisnahme von den Äußerungen diese nicht gelöscht hat. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.

Auf die Tätigkeit des Verfügungsbeklagten ist das TDG anwendbar. Denn er ist gemäß § 3 Nr. 1 TDG als Telediensteanbieter anzusehen. Nach dieser Vorschrift ist Diensteanbieter, wer eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereit hält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Hierunter fallen auch die Betreiber sogenannter Host Provider, worunter auch die Angebote von Diskussionsforen zu verstehen sind (Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 3 TDG Rdn. 10). Unstreitig übt der Verfügungsbeklagte genau solch eine Tätigkeit aus.

Der Anwendbarkeit des TDG steht nicht etwa § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG entgegen. Nach dieser Vorschrift findet der Mediendienste-Staatsvertrag Anwendung, soweit bei bestimmten Telediensten die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht; eine redaktionelle Gestaltung setzt das Sammeln und Aufbereiten von verschiedenen Informationen oder Meinungen mit Blick auf den potentiellen Empfänger voraus, dem nach der redaktionellen Gestaltung ein einheitliches Produkt präsentiert wird (Spindler a.a.O., Rdn. 11 zu § 2 TDG). An einer redaktionellen Gestaltung des Forums in diesem Sinne fehlt es vorliegend ersichtlich.

2.

Als Telediensteanbieter ist der Verfügungsbeklagte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG der allgemeinen Störerhaftung auch für fremde Inhalte, die er sich nicht zu eigen gemacht hat, unterworfen. Er kann sich hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nicht auf die Regelungen der §§ 9-11 TDG berufen, da diese auf die Störerhaftung keine Anwendung finden (Spindler a.a.O., Rdn. 16 zu § 8 TDG); insbesondere greift die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG gegenüber Unterlassungsansprüchen nicht (BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, MMR 2004, 668 [669/670]).

a. Haftungsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen ist daher derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt (BGH a.a.O. S. 671 m.w.Nw.; Spindler a.a.O. Rdn. 13 zu § 8 TDG). Insbesondere auf die Verletzung von Immaterialgüterrechten sind die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden (BGH a.a.O.). Hierfür ist ausreichend, dass die Herbeiführung der Störung gefördert wird; ein Handeln aus eigenem Antrieb ist für die Störerhaftung ebenso wenig erforderlich wie ein Einfluss auf den Inhalt der Äußerung. Dies trifft auf den Host-Provider und mithin vorliegend auf den Verfügungsbeklagten zu, da er durch die Eröffnung des Forums die Möglichkeit bietet, Inhalte zu platzieren, zu verbreiten und von diesen Kenntnis zu nehmen (vgl. dazu Spindler a.a.O. Rdn. 14 zu § 8 TDG).

b. Um zu vermeiden, dass über die Störerhaftung Dritte in zu großem Umfang in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung indes weiter voraus, dass der Störer ihm obliegende Prüfungspflichten verletzt hat (BGH a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass dem Diensteanbieter gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG keine allgemeinen Überwachungs- oder Forschungspflichten dahingehend obliegen, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden sind (BGHZ 148, 13[17]; Spindler a.a.O. Rdn. 19). Solche Prüfungspflichten können jedenfalls in Bezug auf den Verfügungsbeklagten auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen – etwa aus Gesichtspunkten der Sicherungspflichten – hergeleitet werden, da eine allgemeine Pflicht, die zahlreichen auf seinem Internetforum existierenden Diskussionsforen mit ihren in die Tausende gehenden Beiträgen auf möglicherweise rechtswidrige Inhalte hin zu überwachen, den Verfügungsbeklagten in technischer, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht schlicht überfordern würde und das Betreiben von Internetforen letztlich wegen der sich aus der Überwachungspflicht ergebenden Haftungsrisiken unmöglich würde. Entsprechend hat der BGH in der Entscheidung vom 11. März 2004 (MMR 2004, 668[671]) sogar für einen professionellen Internet-Auktions-Anbieter festgestellt, dass es für diesen unzumutbar sei, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu überprüfen. Erst recht muss dies für den nicht professionellen Betreiber eines Internetforums mit angeschlossenen offenen Diskussionsforen gelten.

c. Nach Auffassung des Senats ist es auch nicht gerechtfertigt, dem Verfügungsbeklagten weitergehende Überwachungs- und Prüfungspflichten hinsichtlich rechtsverletzender Äußerungen deswegen aufzuerlegen, weil er aufgrund des Schreibens vom 12. September 2005 und wohl auch aufgrund seiner eigenen Recherchen Kenntnis davon hatte, dass in dem Forum Beiträge veröffentlicht wurden, die den Verfügungskläger möglicherweise in seinen Rechten verletzten. Soweit der BGH in der bereits zitierten Entscheidung vom 11. März 2004 – I ZR 304/01 – (MMR 2004, 668 [671/672]] der dortigen Beklagten aufgegeben hat, auch Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen komme, ist dies auf den hier zu entscheidenden Fall nicht zu übertragen.

Der Umfang der dem Diensteanbieter obliegenden Prüfungspflichten bestimmt sich nämlich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH a.a.O S. 670 m.w.Nw.). Entscheidend sind mithin die Umstände des Einzelfalles, wobei die betroffenen Rechtsgüter, der zu betreibende Aufwand und der zu erwartende Erfolg in die vorzunehmende Abwägung eingestellt werden müssen. Dabei kann sich der Diensteanbieter nicht von vornherein auf den erheblichen Aufwand angesichts des massenhaften Datenverkehrs berufen noch kann jede Rechtsgutverletzung einen immensen Kontrollaufwand erfordern. Es ist vielmehr danach zu fragen, inwieweit es dem als Störer in Anspruch Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutverletzungen drohen (Spindler a.a.O, Rdn. 23 zu § 8 TDG).

Nach diesen Kriterien vermag der Senat eine weitergehende Prüfungspflicht des Verfügungsbeklagten nicht zu erkennen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass aufgrund der Häufung von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts und der Ehre des Verfügungsklägers auch für den Verfügungsbeklagten erkennbar war, dass ein Risiko künftiger weiterer Rechtsverletzungen bestand. Die Rechtsverletzungen stellen sich auch als massiv dar, da die Ehre des Verfügungsklägers in erheblichem Maße und wiederholt in den Schmutz gezogen worden ist. Auch in Ansehung dieser Umstände spricht jedoch zum einen entscheidend gegen die Annahme weiterer Prüfpflichten, dass der Verfügungsbeklagte als nicht professionellen Forumsbetreiber tätig war, der – soweit ersichtlich – in keiner Weise von dieser Tätigkeit wirtschaftlich profitierte. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von dem durch Urteil des BGH vom 11. März 2004 (MMR 2004, 668) entschiedenen Fall, bei welchem die Vorsorgepflichten des beklagten Internet-Auktions-Anbieters maßgeblich unter bezug auf dessen Provisionsinteresse hergeleitet wurden.

Zum anderen ist nicht ersichtlich, wie mit zumutbaren Aufwand der Verfügungsbeklagte Vorsorge gegen weitere Rechtsgutverletzungen hätte treffen können. Wirtschaftlich war es unzumutbar, Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu beschäftigen, die das gesamte Forum mit seinen verschiedenen Diskussionsforen rund um die Uhr hätten überwachen können. Technisch war die Sperrung der IP-Nummern nicht geeignet, weitere Rechtsverletzungen zu vermeiden, wie der tatsächliche Umgehungserfolg zeigt. Eine Sperrung der Pseudonyme war praktisch ungeeignet, da Pseudonyme gewechselt werden können. Eine Suche nach bestimmten Kennworten („Pornokönig“, „dumm“ etc.) mag technisch ohne großen Aufwand realisierbar und bei Markenrechtsverletzungen auch sinnvoll sein, ist aber angesichts der unübersehbar großen Möglichkeiten, Äußerungen ehrverletzend zu formulieren, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ersichtlich ohne großen praktischen Sinn.

Schließlich rechtfertigt auch die Möglichkeit, nur registrierten Usern Zugang zu den Foren zu eröffnen, nicht, dem Verfügungsbeklagten weitere Prüfungspflichten aufzuerlegen. Dieser Möglichkeit steht zwar nicht § 4 Abs. 6 TDDSG entgegen, da nach dieser Vorschrift nur die anonyme oder pseudonyme Inanspruchnahme und Bezahlung von Telediensten sicherzustellen ist, die Pflicht sich aber nicht darauf bezieht, ein anonymes oder pseudonymes Vertragsverhältnis zu ermöglichen (Schmitz in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 4 TDDSG Rdn. 39). Der Verfügungsbeklagte hätte mithin die Möglichkeit gehabt, im internen Verhältnis zu den potentiellen Usern die Nutzung der Foren von einer Registrierung abhängig zu machen, solange die Nutzung in anonymisierter Form hätte erfolgen können. Auch wäre es hierdurch möglich, Personen, die sich rechtswidrig verhalten, von der Nutzung des Forums auszuschließen bzw. sie zu identifizieren, so dass die in ihren Rechten verletzte Person unmittelbar gegen den eigentlichen Schädiger vorgehen könnte. Die Tatsache, dass der Verfügungsbeklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, rechtfertigt es jedoch gerade, ihn – wie dargelegt – als Störer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, soweit er ihm bekannt gewordene rechtswidrige Äußerungen nicht unverzüglich löscht. Mit dieser Haftung ist dem Umstand, dass der Diensteanbieter mittels seines anonymen Forums der Möglichkeit von Rechtsverletzungen Vorschub leistet, ausreichend Rechnung getragen.

d. Nach diesen Grundsätzen traf den Verfügungsbeklagten daher nur die Pflicht, ihm bekannt gewordene Beiträge rechtsverletzender Art unverzüglich zu löschen (vgl. dazu Burckhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 10 Rdn. 243). Dass er diesen Anforderungen nicht Genüge getan hat, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht.

aa. Hinsichtlich der Äußerungen, die dem Verfügungsbeklagten mit Schreiben des Verfügungsklägers vom 12. September 2005 bekannt gemacht worden sind, hat der Verfügungskläger selbst vorgetragen, dass der Verfügungsbeklagte „einige“ Äußerungen gelöscht habe. Dass bzw. welche Äußerungen rechtswidrigen Inhalts von dem Verfügungsbeklagten aufgrund des Schreibens vom 12. September 2005 nicht gelöscht worden sind, hat der Verfügungskläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

bb. Von den Äußerungen zu 1) – 3) hat der Verfügungsbeklagte spätestens aufgrund der Abmahnung durch den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 21. September 2005 Kenntnis erlangt. Diese Äußerungen waren jedoch spätestens mit Zugang der Abmahnung gelöscht. Dies entspricht dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien. Der Verfügungsbeklagte hat dies in der Berufungsbegründung vom 03. Februar 2006 (dort Seite 4 = Bl. 90 GA) ausdrücklich vorgetragen. Aus dem Sachvortrag des Verfügungsklägers ergibt sich nichts Anderes. Im Schriftsatz vom 03. Januar 2006 (dort Seite 2 = Bl. 63 GA) hat er vorgetragen, dass die Äußerungen „noch mindestens bis zur Abmahnung abrufbar“ gewesen seien; in der Berufungserwiderung vom 12. April 2006 (dort Seite 3 = Bl. 116 GA) hat er vorgetragen, dass die Äußerungen zu 1) – 3), die vom 15.September (Nr. 1 und 2) bzw. 19. September 2005 (Nr. 3) datieren, „mindestens ein Tag im Forum“ veröffentlicht waren. Daraus ergeben sich aus Sicht des Senats nur zwei Alternativen: der Verfügungsbeklagte hat die Äußerungen Nr. 1) – 3) selbst entdeckt und gelöscht, bevor ihm die Abmahnung zuging, was mit dem Vortrag des Verfügungsklägers in der Berufungserwiderung in Einklang zu bringen ist; oder er hat von ihnen erst aufgrund der Abmahnung vom 21. September 2005 Kenntnis erlangt und sie sodann gelöscht, was mit dem Vortrag des Verfügungsklägers im Schriftsatz vom 03. Januar 2006 in Einklang zu bringen ist. Dass eine Löschung auch unmittelbar nach Zugang der Abmahnung nicht erfolgt ist, ergibt sich aufgrund des gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehenden Sachvortrags des Verfügungsbeklagten indes gerade nicht.

cc. Auch wegen der Äußerungen zu 4) und 5) hat die Klage im Ergebnis keinen Erfolg, da weder hinreichend vorgetragen noch glaubhaft gemacht ist, dass der Verfügungsbeklagte vor Entfernung der Beiträge überhaupt Kenntnis von diesen erlangt hat.

Der Verfügungskläger als Anspruchsteller muss darlegen und glaubhaft machen, dass der Verfügungsbeklagte Kenntnis von den Äußerungen hatte und wann er diese Kenntnis erlangt hat. Denn ohne die Kenntnis des Verfügungsbeklagten ist dieser – wie dargelegt – nicht zur Löschung verpflichtet und kann deshalb nicht wegen Unterlassens der Löschung als Störer in Anspruch genommen werden. Dass der Verfügungsbeklagte vor Zustellung der Antragsschrift vom 14. Oktober 2005, die erst am 09. November 2005 zugestellt worden ist , überhaupt Kenntnis von den Äußerungen Nr. 4 und 5 erlangt hat, ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Verfügungskläger trägt zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung gar nichts vor. Der Vortrag des Verfügungsbeklagten ist insoweit nicht eindeutig. Denn der Verfügungsbeklagte hat in der eidesstattlichen Versicherung vom 23. November 2005 versichert, er habe die „mutmaßlich veröffentlichten“ Beiträge unmittelbar nach Veröffentlichung gelöscht, ohne vom Verfügungskläger zuvor auf diese hingewiesen worden zu sein. Die gleiche Formulierung findet sich im Schriftsatz vom 24. November 2005 (dort Seite 4 = Bl. 35 GA).

Damit in Widerspruch steht der Vortrag in der Berufungsbegründung (dort Seite 4 = Bl. 90 GA), wonach der Verfügungsbeklagte auf die Äußerungen zu 4) und 5) erstmals mit dem Verfügungsantrag hingewiesen worden sei. Dies lässt sich nach Auffassung des Senats nur dahingehend verstehen, dass er zuvor von diesen Äußerungen keine Kenntnis hatte, zumal er – wie dargelegt – stets von „mutmaßlich veröffentlichten“ Äußerungen spricht und damit zum Ausdruck bringt, dass er offenbar an die einzelnen Äußerungen, die er gelöscht hat, keine Erinnerung hat.

Als einzig sicherer Zeitpunkt ist mithin der 09. November 2005 als Tag der Kenntniserlangung des Verfügungsbeklagten von den Äußerungen Nr. 4) und 5) der Entscheidung zugrunde zu legen. Dass zu diesem Zeitpunkt die beanstandeten Äußerungen 4) und 5) überhaupt noch veröffentlicht waren, lässt sich allerdings wiederum dem Vortrag des Verfügungsklägers nicht entnehmen, der sich darauf beschränkt vorzutragen, die Äußerung Nr. 4 vom 02. Oktober habe „mindestens“ elf Tage = bis zum 13. Oktober und die Äußerung Nr. 5 vom 11. Oktober habe „mindestens“ zwei Tage = bis zum 13.Oktober im Netz gestanden. Danach ist offenbar die Antragsschrift gefertigt worden, ohne dass auf Seiten des Verfügungsklägers noch einmal Nachschau gehalten worden wäre, ob die Äußerungen sich noch im Forum befanden. Dies lässt verschiedene Sachverhaltsalternativen zu: die Beiträge können irgendwann nach dem 13. Oktober und vor dem 09. November 2005 von Dritten gelöscht worden sein, ohne dass der Verfügungsbeklagte überhaupt jemals von ihnen Kenntnis erlangt hat, da er unstreitig bereits im September eine Anleitung zum Löschen von Beiträgen veröffentlicht hatte. Sie können auch von dem Verfügungsbeklagten vor Zugang des Verfügungsantrags entdeckt und sodann gelöscht worden sein oder der Verfügungsbeklagte hat sie erst nach Kenntniserlangung durch Zustellung des Antrags am 09. November 2005 gelöscht.

Nur in den letzten beiden Fällen käme überhaupt eine Verpflichtung des Verfügungsbeklagten, die Beiträge zu löschen, in Betracht, die wiederum Voraussetzung für seine Haftung als Störer ist. Erst wenn mithin eine der beiden letztgenannten Alternativen der Entscheidung zugrunde zu legen wäre, hätte der Verfügungsbeklagte darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er die Beiträge unverzüglich gelöscht hat. Keine der drei Alternativen ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festzustellen, insbesondere sind auch die zweite und dritte Alternative gegenüber der ersten Alternative nicht überwiegend wahrscheinlich, was sich zu Lasten des Verfügungsklägers auswirkt.

Dem Senat ist dabei bewusst, dass diese Sichtweise darauf hinausläuft, demjenigen, der wegen ehrverletzender Äußerungen in einem Internetforum gegen den vom Autor der Äußerungen personenverschiedenen Forumsbetreiber Unterlassungsansprüche geltend machen will, zuzumuten, das Forum zumindest bis zu dem Zeitpunkt zu beobachten, bis er den Forumsbetreiber auf ehrverletzende Äußerungen hingewiesen hat. Dies erscheint nach Auffassung des Senats jedoch allein praktikabel und mit allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung vereinbar. Denn da die Verpflichtung des Forumsbetreibers, ehrverletzende Inhalte zu löschen, erst mit der Kenntnisnahme von diesen Äußerungen entsteht, gehört die Erlangung der Kenntnis zum anspruchsbegründenden Tatbestand.

Dem Anspruchsteller, der die beanstandeten Äußerungen kennt und zu lokalisieren vermag, ist es auch ohne Weiteres möglich und zumutbar zu prüfen, ob die Äußerungen sich noch zu dem Zeitpunkt in dem Forum befinden, in dem er den Forumsbetreiber auf sie aufmerksam macht. Befinden sich die Äußerungen zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme nicht mehr im Forum, kann die Verpflichtung zur Löschung des Beitrags denknotwendigerweise auch nicht mehr entstehen. Die Beweislast für die Erfüllung der einmal entstandenen Löschpflicht wird indes aus praktischen und dogmatischen Gründen beim Forumsbetreiber liegen müssen. Denn diesem ist es ohne Weiteres möglich, den Löschzeitpunkt zu dokumentieren und gegebenenfalls zu beweisen, indem er Zeugen hinzuzieht oder je nach den technischen Möglichkeiten ein Protokoll über die Löschung erstellt, wohingegen der Anspruchsteller fortlaufend das Forum überwachen müsste. Außerdem dürfte es sich bei der Erfüllung der dem Forumsbetreiber obliegenden Pflicht um eine anspruchsvernichtende Tatsache handeln. Vorliegend führt die Anwendung dieser Grundsätze dazu, dass bereits der anspruchsbegründende Tatbestand nicht hinreichend vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht worden ist.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst, §§ 704 Abs. 1, 1. Alternative, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 7.000,– €.


Landgericht Duesseldorf

Az.: 12 O 546/05

Urteil v. 25.01.2006


In dem Rechtsstreit hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 04.01.2005 für Recht erkannt:

Sachverhalt:

Der Antragsteller ist neben Herrn Gründungsmitglied des in Gründung befindlichen Vereins. Der noch nicht in das Vereinsregister eingetragene Verein betreibt die Webseite www.de, welche vom Antragsteller betreut wird. Der Antragsteller, der unfallbedingt dauerhaft arbeitsunfähig ist, engagiert sich für die Zwecke des.

Der Antragsgegner ist Internetdienstleister. Er ist Inhaber der Internetdomain www.de, auf der er eine Vielzahl von Foren betreibt, in denen zahlreiche Beiträge veröffentlicht werden. Bei diesem Forum handelt es sich um ein sog. offenes Forum, in dem nach Art eines schwarzen Bretts von allen Nutzern, d.h. auch von nicht registrierten, anonymen Nutzern, Beiträge verfasst werden können. Sofern ein Nutzer unter einem Pseudonym einen Beitrag verfasst hat, steht dieses Pseudonym anschließend anderen Nutzern wieder zur Verfügung.

Im Rahmen des Forums wurde seit dem 03.09.2005 ein sog. Thread mit dem Titel veröffentlicht. Der erste Beitrag des Threads erklärt, dass unter „ der Verein unter der Internetadresse zu verstehen ist. In dem Thread wird inhaltlich auf den Verein sowie die Gründungsmitglieder, , Bezug genommen. Bereits von der Eröffnung des Threads an kam es durch Nutzer des Forums des Antragsgegners zu Äußerungen, die der Antragsteller als beleidigend empfand.

Der Antragsteller forderte den Antragsgegner deshalb mit E-Mail vom 12.09.2005 auf, „die beleidigenden Inhalte“ in dem Thread zu löschen. Der Antragsgegner, dem der Inhalt der Beiträge vor dem 12.09.2005 nicht bekannt war, reagierte am gleichen Tag mit einer Antwort-E-Mail, in der er den Antragsteller auf forderte, ihm die im Einzelnen als beleidigend empfundenen Äußerungen zu nennen.

Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner in einer weiteren E-Mail vom 12.09.2005 mit, dass er den Thread unter meinte und dass die Verfasser der beleidigen Inhalte unter den Pseudonymen „aisa“ und „Don Holiday“ schrieben.

Angaben, welche konkret beleidigenden und verleumderischen Äußerungen er gelöscht wissen wollte, machte der Antragsteller auch nach nochmaliger Aufforderung vom gleichen Tag nicht. Die unter den Pseudonymen „aisa“ und „Don Holiday“ schreibenden Nutzer sind bei dem Antragsgegner seit dem 07.08.2004 bzw. dem 15.03.2005 registriert und haben über 600 bzw. über 495 Beiträge in Foren des Antragsgegners verfasst.

Der Antragsgegner stellte am 12.09.2005 einen Link auf eine Hinweisseite in seiner Internetpräsenz ein, unter dem beschrieben wird, wie Betroffene die Löschung von Beiträgen mit rechtsverletzenden Inhalten erreichen können. Außerdem löschte er sodann einige Beiträge in dem vorbezeichneten Thread.

Unter dem 15.09.2005 schrieb der Nutzer „Don Holiday“ erneut in dem Thread. Unter anderem äußerte er sich wie folgt: „Der kranke IST Porno-Koenig!“. In einem gleichfalls am 15.09.2005 verfassten Beitrag des Nutzers „aisa“ heißt es: „Da kann man den Pornokönig nicht auslassen“. Unter dem Pseudonym „Witzbold5″ wurde der Antragsteller in einem Beitrag vom 19.09.2005 als „Pleitier“ bezeichnet.

Der Antragsteller forderte den Antragsgegner mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21.09.2005 unter Fristsetzung zum 30.09.2005 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Antragsgegner kam dem nicht nach, sondern teilte mit, dass er auf den E-Mail-Kontakt vom 12.09.2005 hin mehrere Beiträge gelöscht habe.

Am 02.10.2005 wurde in dem Forum des Antragsgegners unter dem Pseudonym „hhaisa“ ein Beitrag veröffentlicht, in dem es heißt: „Der sind so Dumm, Dümmer geht’s wirklich nicht“. In dem folgenden Beitrag mit gleichem Datum schrieb ein als „Gast“ aktiver Teilnehmer „

Die IP Nummer von Don H und mir wurde in diesem Forum gesperrt.“

Er riet anderen Teilnehmern, mittels „win-seep“ anonym zu surfen.

Am 03.10.2005 wurde unter dem Nutzernamen „aisa“ ein weiteres Posting in das Forum eingestellt. Am 11.10.2005 äußerte ein unangemeldeter Nutzer in dem Forum: „die muss beweisen, dass keine pornofilme gedreht hat.“

Der Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt im „Pornogewerbe“ tätig; auch hat er noch nie ein Unternehmen in die Pleite getrieben.

Der Antragsteller trägt vor, der gesamte Thread habe sich von Anfang an mit der Diffamierung seiner Person sowie des Herrn beschäftigt. Er meint, der Antragsgegner hätte den gesamten Thread löschen müssen und die Pseudonyme „Don Holiday“ sowie „aisa“ sperren müssen, wenigsten hätte der Antragsgegner den Thread weiter kontrollieren müssen. Er behauptet, dies sei nicht geschehen; die im Verfügungsantrag unter Nr. 1-3 wiedergegebenen Äußerungen seien noch mindestens bis zum 21.09.2005 abrufbar gewesen; die unter Nr. 4 wiedergegebene Äußerung sei noch am 13.10.2005 im Internet veröffentlicht gewesen.

Entsprechend dem Antrag des Antragstellers hat die Kammer dem Antragsgegner mit Beschluss vom 20.10.2005 bei Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, gegenüber Dritten nicht erweislich wahre Tatsachen zu behaupten oder zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen, welche den Antragsteller beleidigen, verächtlich machen oder in der öffentlichen Meinung herabwürdigen können; nämlich im Internet unter der Webseite folgende Aussagen zu verbreiten:

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Der Antragsgegner beantragt, die einstweilige Verfügung vom 20.10.2005 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass vom 14.10.2005 zurückzuweisen.

Der Antragsgegner behauptet, das Forum sei von einem unbekannten Nutzer unter dem Pseudonym „a“ eingerichtet worden. Er trägt vor, die überwiegende Zahl der Beiträge in dem Forum habe sich in sachlich gehaltenem Ton inhaltlich mit dem Verein auseinandergesetzt, wenn auch (überwiegend) kritisch. Der Antragsgegner behauptet, er habe die Beiträge vom 15.09.2005, 02.10.2005 sowie vom 11.10.2005 unverzüglich nach der Veröffentlichung im Forum – ohne hierzu vom Antragsteller aufgefordert zu sein – gelöscht.

Danach seien diese im Web nicht mehr abrufbar gewesen. Auch habe er die IP-Adressen mutmaßlicher Verfasser beleidigender Postings vorsichtshalber gesperrt. Schließlich behauptet er, er habe eine Hilfskraft damit beschäftigt, die Foren auf Beiträge mit möglicherweise beleidigenden Inhalten zu untersuchen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass ihm gemäß §§ 1004 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. § 185 StGB ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen zusteht.

1.

Die streitgegenständlichen Äußerungen verletzten das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Ehre des Antragstellers.

a) Der Antragsteller ist von den angegriffenen Äußerungen selbst betroffen, denn in unter der Adresse betriebenen Forum mit dem Titel wird gleich eingangs erklärt, dass hierunter der Verein , zu verstehen ist, dessen Gründungsmitglieder namentlich mit genannt werden.

Da gleichzeitig auf die entsprechende Webseite des Vereins unter verwiesen wird, und Herr weiteres Gründungsmitglied des Vereins ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass mit der Antragsteller in Bezug genommen wurde.

b) Die Äußerungen wirken beleidigend und herabsetzend.

Die Bezeichnung des Antragstellers als Pornokönig bringt diesen mit dem Pornogewerbe in Verbindung, das von größeren Teilen der Bevölkerung als zwielichtig und schmuddelig angesehen wird. Durch Verwendung des Wortes „König“ in Verbindung mit „Porno-“ wird der negative und diffamierende Aussagegehalt noch verstärkt. Die Titulierung des Antragstellers als „Pornokönig“ enthält die Behauptung, er sei im Pornogewerbe eine wichtige Figur und beschäftige sich in größerem Umfang mit der Herstellung von pornographischen Werken.

Die Bezeichnung des Antragstellers als „Pleitier“ wirkt gleichfalls beleidigend und herabsetzend. Unter „Pleitier“ verstehen die Besucher der Webseite eine Person, die Firmen zum Nachteil der Gläubiger pleite gehenlässt oder diese sogar in die Pleite treibt, um sich persönlich zu bereichern. Der Umstand, dass zugleich behauptet wird, der Antragsteller habe sich mit einem anderen Pleitier, nämlich , in der zusammengetan, erhöht die herabsetzende Wirkung der Aussage noch.

Soweit im Forum des Antragsgegners geäußert wurde: „Der sind so Dumm, Dümmer geht’s wirklich nicht!“ wirkt dies gleichfalls herabsetzend und beleidigend. Dem Antragsteller wird abgesprochen, ein normal intelligenter Mensch zu sein. Durch die hier verwendeten Steigerungsformen soll der Eindruck erweckt werden, der Antragsteller sei in seinen geistigen Fähigkeiten stark beschränkt und habe somit einen signifikanten persönlichen Makel. Schon der Umstand, dass es hierfür in der Umgangssprache zahlreiche Schimpfworte gibt, belegt die herabwürdigende Zielsetzung der Äußerung.

Auch die Äußerung, „die muss beweisen, dass keine pornofilme gedreht hat“ wirkt für den Antragsteller herabsetzend. Die angegriffene Äußerung ist nicht als Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 GG zulässig. Es wird zwar eine – fehl gehende – Rechtsauffassung geäußert, hierbei wird jedoch behauptet, dass der Antragsteller Pornofilme gedreht habe. Selbst wenn man in der angegriffenen Erwähnung nur eine Vermutung des Drehens von Pornofilmen sehen wollte, ändert dies an der rechtlichen Beurteilung nichts. Abgesehen davon, dass die Vermutung als solche nicht klar gekennzeichnet ist, wird jedenfalls die – gleichfalls ehrverletzende – konkrete Möglichkeit, dass der Antragsteller Pornofilme gedreht hat, behauptet.

2.

Der Antragsgegner haftet als Störer gem. §§ 823, 1004 BGB analog auf Unterlassung.

Der Antragsgegner ist Host-Provider und damit Teledienstebetreiber gem. § 3 S. 1 Nr. 1 TDG. Er betreibt unter der Domain verschiedene Foren, in denen fremde Nutzer ihre Äußerungen, sog. Postings, veröffentlichen können.

Der Antragsgegner ist hier als Störer anzusehen. Er hat nicht substantiiert dargelegt, dass er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung der beleidigenden Inhalte nach Kenntnisnahme unverzüglich nachgekommen wäre.

Einer Inanspruchnahme des Teledienstproviders auf Unterlassung stehen nicht die Haftungsprivilegierungen gem. §§ 9-11 TDG entgegen. Wie sich aus § 8 Abs. 2 TDG ergibt, ist die hier in Betracht kommende Haftungsprivilegierung des § 11 TDG nicht auf Unterlassungsansprüche anwendbar (BGH, GRUR 2004, 860, 862 f.).

Zur Unterlassung verpflichteter Störer ist, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. (BGH, GRUR 2004, 860, 864 m.w.N.; BGH, GRUR 2001, 1038,1039). Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 2004, 860, 864; vgl. BGH, GRUR 1997, 313, 315f.) Nachdem es zu mehreren beleidigenden Postings in dem Forum gekommen war, traf den Antragsgegner die Verpflichtung, weitere Rechtsverletzungen dieser Art so weit wie möglich zu verhindern. Er war verpflichtet, das Forum zu überwachen und nach Kenntnisnahme die dort veröffentlichten beleidigenden Inhalte unverzüglich zu löschen.

Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Überwachung des Forum folgt hier aus dem Umstand, dass er das Erscheinen beleidigender Postings nicht durch entsprechende technische Vorrichtungen bzw. Sperrung der betreffenden Nutzer verhinderte bzw. verhindern konnte: Zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen war es nicht ausreichend, einen Link auf die Hinweisseite einzufügen. Gleiches gilt in Bezug auf die Sperrung der IP-Nummern.

Selbst wenn zugunsten des Antragsgegners unterstellt wird, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der Beleidigungen am 12.09.2005 eine Sperrung der IP-Nummern veranlasst hat, genügte diese Maßnahme nicht. Die Sperrung der IP-Nummern war nicht geeignet zu verhindern, dass erneut beleidigende Inhalte gepostet werden. Denn bei der IP-Nummer handelt es sich um eine computerbezogene Kennung, die vom Nutzer leicht durch einen Wechsel des Computers oder durch Verwendung eines sog. Anonymizer-Programms verändert bzw. versteckt werden kann. Weitere Beleidigungen des Antragstellers konnten schließlich nicht durch die hier ohnehin unterbliebene Sperrung der Pseudonyme von Nutzern, die beleidigende Postings in das Forum eingestellt hatten verhindert werden, denn in Foren des Antragsgegners besteht die Möglichkeit, auch als unregistrierter Nutzer zu posten.

Dass er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung beleidigender Postings ausreichend nachgekommen wäre, trägt der Antragsgegner nicht substantiiert vor. Der Antragsgegner hatte unstreitig bald nach ihrer Veröffentlichung Kenntnis von den beleidigenden Inhalten. Er behauptet, die Inhalte unverzüglich nach der Veröffentlichung gelöscht zu haben, so dass er zuvor von ihnen Kenntnis genommen haben muss. Er legt jedoch nicht dar, wann genau die Löschung erfolgt sein soll.

Da der Antragsteller behauptet hat, dass sich die Äußerungen 1) – 3) noch bei Verfassung des Abmahnschreibens vom 21.09.2005 und die Äußerung 4) noch bis mindestens zum 13.10.2005 im Internet befunden haben, hätte der Antragsgegner darlegen und glaubhaft machen müssen, wann und durch wen die streitgegenständlichen Äußerungen aus dem Forum entfernt worden sind.

Dass hier der Antragsgegner für die unverzügliche Löschung darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig ist, ergibt sich aus der sinngemäß auch im Rahmen von Unterlassungsansprüchen heranzuziehenden Formulierung des § 11 S. 1 TDG, wonach ein Diensteanbieter für fremde Informationen nicht verantwortlich ist, sofern er unverzüglich tätig geworden ist, um die Information zu entfernen. Im Übrigen trägt diese Verteilung der Darlegungslast auch dem Umstand Rechnung, dass es dem Verletzten nicht zuzumuten ist, die Löschung von beleidigenden Äußerungen in Foren fortlaufend zu überwachen, um zum Zeitpunkt einer (verspäteten) Löschung näher vortragen zu können. Dem Telediensteanbieter ist es dagegen ohne weiteres möglich, den in seiner Sphäre liegenden Löschungs-vorgang und damit auch sein unverzügliches Tätigwerden zu dokumentieren.

3.

Es ist auch eine Wiederholungsgefahr gegeben. Die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung begründet in der Regel eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr (BGH, NJW 1986, 2503, 2505). Hier ist es dadurch zu wiederholten Rechtsbeeinträchtigungen des Antragstellers gekommen, dass der Antragsgegner seiner Verpflichtung zur Löschung der beleidigenden Postings nicht unverzüglich nachgekommen ist. Es besteht deshalb die Besorgnis, dass es zu entsprechenden künftigen Beeinträchtigungen kommt.

4.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wird ihm durch die hier ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung nicht das Betreiben des Forums insgesamt unmöglich. Denn bei Veröffentlichung von Postings in Foren des Antragsgegners, welche die streitgegenständlichen Äußerungen wiederholen oder weitgehend identisch wiederholen, kommt die Verhängung eines Ordnungsgeldes gem. § 890 ZPO nur im Falle eines schuldhaften Verstoßes in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2004, 860, 864 – Rolex).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

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