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Geschwindigkeitsmessung – Identitätsabgleich mit dem Messbild durch das Gericht


Oberlandesgericht Hamm

Az.: 5 RBs 123/13

Beschluss vom 28.08.2013


Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet auf Kosten der Betroffenen verworfen, dass die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 54 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 240,- € verurteilt bleibt; das angeordnete Fahrverbot bleibt nach Maßgabe des angefochtenen Urteils bestehen.


Gründe

I.

Durch das angefochtene Urteil verurteilte das Amtsgericht die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 240,00 € und ordnete ein einmonatiges Fahrverbot unter Anwendung des § 25 Abs. 2 a StVG an.

Gegen dieses, in Anwesenheit der Betroffenen und ihres Verteidigers am 06. Juni 2013 verkündete und ihrem Verteidiger am 27. Juni 2013 zugestellte Urteil wendet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen vom 06. Juni 2013, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Dabei hält sie insbesondere einen Verstoß gegen § 261 StPO für gegeben und ist der Ansicht, die Urteilsfeststellungen zur Fahreridentität trügen die Verurteilung nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Rechtsbeschwerdeschrift vom 25. Juli 2013 Bezug genommen, die die Betroffene durch anwaltlichen Schriftsatz vom 29. Juli 2013 in Bezug auf einen offensichtlichen Übertragungsfehler berichtigt hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat unter dem 22. August 2013 Stellung genommen.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaft und auch rechtzeitig eingelegt und begründet worden ist, ist zulässig, hat indes in der Sache keinen Erfolg.

Mit ihrer in der Form des § 344 Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 79 Abs. 3, 46 OWiG erhobenen Verfahrensrüge, mit der die Betroffene geltend macht, das Amtsgericht habe unter Verstoß gegen den Inbegriffsgrundsatz des § 261 StPO seiner Entscheidung ein Kurzgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. .. zugrunde gelegt, welches nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, dringt sie nicht durch.

Richtig ist insoweit, dass ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 06. Juni 2013 der Verteidiger der Verlesung des (schriftlichen) Sachverständigengutachtens und der Verwertung des Fotovergleichs des Sachverständigen erfolgreich widersprochen hat und in der Hauptverhandlung auch keine mündliche Gutachtenerstattung erfolgte. Auch eine sonstige Einführung in die mündliche Verhandlung ist nicht erfolgt.

Allerdings hat das Amtsgericht entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift vertretenen Auffassung der Betroffenen seine Überzeugung von der Fahrereigenschaft der Betroffenen gerade nicht auf das Sachverständigengutachten bzw. den durch den Sachverständigen vorgenommenen Fotovergleich gestützt. Ausweislich der Urteilsgründe hat das Amtsgericht seine Überzeugung von der Fahreridentität der Betroffenen vielmehr ausdrücklich ausschließlich auf einen eigenen Vergleich der nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, eindeutig und ausdrücklich nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 OWiG in Bezug genommenen, auf Bl. 17/18 in der Akte befindlichen Lichtbilder und der Augenscheinnahme der Person der persönlich in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen gestützt, wie es seine Aufgabe ist (vgl. dazu: Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 06. August 2009, 3 Ss OWi 599/09, zitiert nach juris Rn. 6). Soweit das Amtsgericht dabei eine nähere Beschreibung der auf den Lichtbildern abgebildeten Person und der Betroffenen vorgenommen hat, was – wie noch ausgeführt wird – entbehrlich war, verkennt der Senat nicht, dass die Formulierungen des Amtsgerichts über weite Teile denjenigen in der „Kurzbegutachtung Lichtbildvergleich“ des Sachverständigen ähneln und sich teilweise sogar decken. Einen Verstoß gegen § 261 StPO vermag der Senat darin aber nicht zu erkennen, zumal das spezielle Vokabular für die Beschreibung morphologischer Identifizierungsmerkmale in ihren spezifischen Eigenarten – wie auch in anderen Bereichen – begrenzt ist. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 261 StPO könnten sich allerdings dann ergeben, wenn es um die nicht mit bloßem Auge mögliche Erkennbarkeit morphologischer Merkmale oder um deren Häufigkeit in der Bevölkerung geht. Solche Umstände enthalten die Urteilsgründe aber gerade nicht.

Selbst bei Annahme eines entsprechenden Rechtsfehlers beruht das Urteil jedenfalls nicht darauf. Denn macht – wie hier – der Tatrichter von der Möglichkeit der ausdrücklichen und eindeutigen Inbezugnahme der (hier auf Bl. 17/18 d.A.) in der Akte befindlichen Lichtbilder Gebrauch, so dass diese Bestandteil der Urteilsgründe werden (vgl.: Senatsbeschluss in dieser Sache vom 02. April 2013), sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn (wie hier) – insbesondere ein Frontradarfoto vorliegt, welches dies einzelnen Gesichtszüge erkennen lässt – zur Personenidentifizierung uneingeschränkt geeignet ist.

In diesem Fall bedarf es weder einer Auflistung der charakteristischen Merkmale, auf die sich die Überzeugung von der Identität mit dem/der Betroffenen stützt, noch einer Beschreibung dieser Merkmale und des Maßes ihrer Übereinstimmung. Denn die Überprüfung, ob der/die Betroffene mit dem/der abgebildeten Fahrzeugführer/in identisch ist, steht dem Rechtsmittelgericht ohnehin nicht zu und wäre diesem zudem unmöglich. Vielmehr steht dem Rechtsmittelgericht ausschließlich die Überprüfung der generellen Ergiebigkeit der in Bezug genommenen Lichtbilder zu, welche es aufgrund der durch die Inbezugnahme ermöglichten eigenen Anschauung vornimmt (vgl. zu all dem: BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995, 4 StR 170/95, zitiert nach juris Rn. 23).

Diese vom Senat vorgenommene Überprüfung der in Bezug genommenen Lichtbilder Bl. 17/18 d.A. führt zu dem Ergebnis, dass diese die Gesichtszüge der Fahrzeugführerin ohne Einschränkung erkennen lassen und damit in gleichem Maße (generell) zur Fahreridentifizierung als Beweismittel geeignet sind. Damit waren die in den Urteilsgründen enthaltenen näheren Beschreibungen entbehrlich, so dass das Urteil auf (etwaigen) darin enthaltenen Rechtsfehlern nicht beruht.

Auch die von der Betroffenen erhobene Sachrüge lässt Rechtsfehler zu ihrem Nachteil nicht erkennen (§§ 349 StPO, 79 Abs. 3, 46 OWiG).

Im Rahmen der Sachrüge ist Gegenstand der sachlich-rechtlichen Überprüfung ausschließlich die Urteilsurkunde, alle anderen Erkenntnisquellen sind dem Revisionsgericht verschlossen (BGHSt 35, 238, 241; BGH, NJW 1998, 3654).

Die revisionsrechtlich (§ 79 Abs. 3 OWiG) einwandfreien Urteilsfeststellungen tragen den ausgesprochenen Schuldspruch wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Auch gegen die festgesetzten Rechtsfolgen ist rechtlich nichts zu erinnern. Dies gilt im sowohl im Hinblick auf die vom Amtsgericht verhängte Regelgeldbuße in Höhe von 240,00 € als auch in Bezug auf das einmonatige Regelfahrverbot. Denn nach den Urteilsfeststellungen fällt der Betroffenen eine grobe Verletzung ihrer Pflichten als Kraftfahrzeugführerin im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG (§ 4 BKatV) zur Last. Besondere Umstände, die sie entlasten und aufgrund derer das Gesamtbild der zu ahndenden Verkehrsordnungswidrigkeit vom Erscheinungsbild des im Bußgeldbescheid beschriebenen Regelfalls in einem solchen Maße abweicht, dass in diesem speziellen Einzelfall die Anordnung eines Fahrverbots unangemessen erscheint, sind im angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Von der in BKat Nr. 11.3.8 normierten gesetzgeberischen Vorbewertung hinsichtlich der angezeigten Nebenfolge in Gestalt des einmonatigen Fahrverbots wäre vorliegend nur dann abzuweichen, wenn ein Fahrverbot für die Betroffenen eine unzumutbare Härte im Sinne von Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG bedeutete. Solche Feststellungen hat der Tatrichter, der sich mit der ausnahmsweisen Möglichkeit des Absehens vom Fahrverbot in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat, allerdings nicht getroffen.

Der Tenor des angefochtenen Urteils war – wie geschehen – aus Gründen der Übersichtlichkeit und angesichts der unterschiedlichen Rechtsfolgen von Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften zu berichtigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 79 Abs. 3, 46 OWiG.

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