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Gewinnversprechen: OLG Frankfurt – Einforderung erfolgreich!

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 8 U 228/01

Verkündet am 19.02.2002

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main – Az.: 2/23 O 88/01


In dem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 8. Zivilsenat – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2002 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.08.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer beträgt 15.338,76 EUR.

Tatbestand

Es handelt sich um die Einforderung eines gemachten Gewinnversprechens.

Im August 2000 übersandte die Beklagte der Klägerin sowie einer Vielzahl anderer Empfänger eine Gewinnbestätigung, die wie folgt lautet: „Im Rahmen einer Vorabziehung wurde für diese Gewinnsumme in Höhe von 30.000,00 DM die Nummer 1008 gezogen und eindeutig als Gewinnnummer festgelegt. Es heißt dann weiter: „Es wird festgestellt, dass die Gewinnnummer 1008 auch für Frau % – die Klägerin – gezogen wurde. Damit ist Frau0. eindeutig als Gewinner ermittelt.,. Darunter befinden sich drei Unterschriften, davon die eines Rechtsanwaltes, der als Hauptjuror der Gewinnabteilung bezeichnet ist (Bl. 13 d.A.). Beigefügt war eine Karte, auf der die Empfänger ankreuzen konnten, ob sie eine echte Bernsteinkette 30 Tage zur Ansicht (für 39,95 DM) oder die Bargeldauszahlung wünschten. Am linken Rand der Gewinnbestätigung wird recht klein gedruckt darauf hingewiesen, dass Gewinnnummern auch mehrfach vergeben und bei mehreren Gewinnanforderungen der Betrag unter den Einsendern aufgeteilt werden könne; Gewinne unter 5,00 DM würden nicht ausgezahlt, sondern als Jackpot für die nächste Veranstaltung zur Verfügung gestellt. Wegen des Wortlauts des genannten sowie eines mehrfach mit dem Begriff Gewinnvergabe versehenen Schreibens wird auf Blatt 13 und 14 d.A. verwiesen. Genannt werden zusätzlich die Namen von zwei Frauen, die 15.000,00 DM und 20.000,00 DM gewonnen hätten (Bl. 15 d.A.). Auf dem Blatt „Test- und Bargeld-Gewinn-Anforderung“ findet sich rechts unten der Hinweis, die Gewinnbedingungen gelesen und anerkannt zu haben (Bl. 17 d.A.).

Eine Gewinnauszahlung erfolgte nicht. Die Beklagte teilte mit, es seien so viele gültige Gewinnanforderungen bei ihr eingegangen, dass der auf die Klägerin entfallende Anteil unter 5,00 DM liege.

Die Beklagte, eine Schweizer, offenbar nur aus einem Inhaber bestehende, AG hat die internationale und die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und dargelegt, den Schreiben lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin 30.000,00 DM gewonnen habe.

Das Landgericht hat seine internationale Zuständigkeit nach §§13 Nr. 3, 14 EuGVÜ (Übereinkommen der EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) in Verbindung mit dem im wesentlichen gleichlautenden und für die Schweiz verbindlichen Luganer-Abkommen vom 16.09.1988 (BGBI. 94 II 2658 – siehe auch BLÄH unter „Anerk. Vollstr. Abk.,,) für den geltend gemachten Anspruch aus § 661 a BGB bejaht. Zumindest sei aber bei Annahme eines (quasi) deliktischen Anspruchs die internationale und örtliche Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben.

Die Klage sei begründet, weil sich der Klägerin der Eindruck habe aufdrängen müssen, sie sei als Gewinnerin von 30.000,00 DM ermittelt worden. Es falle zwar auf,. dass der Gewinnanteil für die Nummer 1008 „auch“ für die Klägerin gezogen worden sei und die 30.000,00 DM nur zu dieser Gewinnnummer in Bezug gesetzt werden. Der Empfänger habe aber nicht damit rechnen müssen, dass am Ende nur noch eine anteilige Summe von weniger als 5,00 DM übrig bleibe. Die Erwartung größeren Gewinnes werde dadurch gefördert, dass hohe Gewinnsummen ausdrücklich genannt worden seien.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung.

Sie meint, laut internationaler Zuständigkeit könne sie nur in der Schweiz verklagt werden. Nach den Maßstäben des Europäischen Rechts müsse von einem aufgeklärten, misstrauischen Verbraucher ausgegangen werden, der erkannt habe, dass er nur als einer von vielen an einer Gewinnsumme von 30.000,00 DM beteiligt sei. Die Situation sei nicht anders zu bewerten als beim Lotto.

Die Beklagte beantragt, das am 30.08.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie behauptet, die Beklagte müsse mehrere zehntausendmal Gewinnbestätigungen mit der Nummer 1008 versandt haben, sonst wären nicht mehr als 6.000 Gewinnanforderungen zurückgeschickt worden. Im übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil und vertieft ihren bisherigen Vortrag.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zur Frage der Zuständigkeit folgt der Senat dem Landgericht. Es erscheint nicht fernliegend, vorliegend zumindest von einem angestrebten Vertragsabschluss betreffend die Lieferung einer beweglichen Sache gemäß Art. 13 l Nr. 3 EuGVÜ auszugehen, bei dem nach Art. 14 l auch vor den Gerichten des Vertragsstaates geklagt werden kann, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Ob das auch für ein Verhalten gilt, das erst zu einem Vertragsschluss über eine zu liefernde Sache führen soll, mag bezweifelt werden können, zumal die Klägerin ja aus einem anderen Rechtsgrund, nämlich einer – allerdings im Zusammenhang mit einem Kaufangebot gemachten – Gewinnzusage (§ 661 a BGB) vorgeht.

Es handelt sich aber um eine unerlaubte oder zumindest um eine einer solchen gleichzusetzende Handlung nach Art. 5 Nr. 3 des EuGVÜ, wonach der Verletzter auch am forum delicti commissi verklagt werden kann.

Im Rahmen des Deliktsbegriffs gemäß Art. 5 Nr. 3 sind alle Klagen erfasst, mit denen eine Schadenshaftung des Gegners geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 des genannten Abkommens anknüpfen (EuGH NJW 88.3088). Für Klagen aus § 661 a BGB ist damit das Gericht des Ortes zuständig, in dem der Empfänger einer Gewinnbenachrichtigung wohnt (Lorenz NJW 2000. 3305, 3309).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass es sich um einen Wettbewerbsverstoß handelt, der bei gebotener EuGVÜ-autonomer Auslegung (EuGH NJW 88.3088) unter Ziffer 3 des Art. 5 fällt (BGH NJW 88.1466, OLG München NJW-RR 94.190). Der Adressat soll aufgrund mit EDV leicht herstellbaren pseudo-individuellen Schreiben den Eindruck gewinnen, er sei persönlich aus einer größeren Anzahl von Interessenten als Gewinner einer großen Geldsumme ausgewählt worden. Selbstverständlich geschieht dies in der Absicht, er werde unter dem Eindruck dieser Mitteilung problemlos die gleichzeitig mit angebotene Ware bestellen. Mit einem solchen Vorgehen verschafft sich ein Unternehmer im Kampf um Kunden gegenüber jedem Mitbewerber eine bessere Position, auch wenn vorliegend die Zusage des Gewinns nicht von einer Bestellung abhängig gemacht wird.

Indem der Gesetzgeber § 661 a BGB mit einem „Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umsetzung von Vorschriften auf Euro,, am 27.06.2000 in Kraft treten ließ, womit er die Richtlinie 97/7 EG umgesetzt hat, wollte er zweifellos den Verbraucher vor unseriösen Angeboten schützen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber – wenn auch ohne Umsetzungsbedarf – einer verbreiteten wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken wollen, Verbraucher durch die Mitteilung von angeblich gemachten Gewinnen zu Bestellungen zu veranlassen.

Einen Anspruch nach § 661 a BGB hat das Landgericht in noch vertretbarer Weise bejaht.

Fehl geht bei der gebotenen rechtlichen Betrachtung der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW 97.2122), wonach es für Klagen auf Erfüllung von Gewinnversprechen keine gesetzliche Anspruchsgrundlage gebe. Dies ist nach der Schaffung des § 661 a BGB anders. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber eine Tendenz der umgesetzten Richtlinie aufgegriffen, Wettbewerbsverstöße zivilrechtlich im Sinne eines zu bejahenden Anspruchs auf die verheißene Summe zu sanktionieren. Dies ist mit der Formulierung geschehen, man habe den Preis zu zahlen, wenn man als Unternehmer eine Gewinnzusage o.a. an einen Verbraucher schicke und dabei den Eindruck erwecke, dieser habe gewonnen.

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass aufgrund der an die Klägerin ergangenen Mitteilung dieser sich der Eindruck aufdrängen sollte, sie habe 30.000,00 DM gewonnen; das sollte bei ihr die Bereitschaft wecken, eine Bernsteinkette für 39,95 DM zu bestellen. Mit den mehrfach hervorgehobenen 30.000,00 DM und den wichtig erscheinenden Unterschriften unter der „Gewinnbestätigung“ sollte ihr vorgespiegelt werde, es handele sich tatsächlich um eine solche Summe.

Nach der Auffassung des Senats sind die zweifellos vorhandenen gegenteiligen Hinweise nicht so gestaltet, dass sie der normale Adressat erkennen kann. Dabei kann es nicht auf den besonders misstrauischen, aufgeklärten Verbraucher ankommen, sondern nur darauf, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher das Schreiben auffassen muss. Dieser Maßstab ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nach deutschem Recht, über dessen Anwendung die Parteien einig sind, heranzuziehen. Sicher muss man im heutigen Geschäftsleben, das von reißerischen Anpreisungen geprägt ist, als angesprochener Kunde Versprechungen kritisch betrachten, so wird man sicher nicht auf einen Gewinn vertrauen, wenn eine Mitteilung dahingehend eingeschränkt wird, man habe vielleicht oder auch mit großer Wahrscheinlichkeit gewonnen. Vorliegend wird versucht, den Angesprochenen von der Erkenntnis abzuhalten, dass man ihm nur als einem von vielen bestätigt, die für ihn „auch“ gezogene Nummer 1008 habe gewonnen. Selbstverständlich soll das Kleingedruckte den Leser nicht gerade auffordern, dort genauer nachzulesen, zumal man einen sehr kleinen Schrifttyp verwendet hat. Wer auch das Kleingedruckte liest und darüber hinaus zur Kenntnis nimmt, dass auf die – offenbar sehr vielen zugeteilte – Gewinnnummer auf ihn nur ein Anteil aus 30.000,00 DM entfällt, kann eigentlich kaum ernsthaft annehmen, er habe den ganzen Betrag gewonnen.

Der für die Bestellung der Bernsteinkette indessen abträglichen Erkenntnis wird allerdings damit entgegengewirkt, dass man zwei Frauen mit Namen nennt, die 15.000,00 DM und 20.000,00 DM gewonnen hätten. Dies ist ein entscheidender Punkt und soll das Nachdenken des Angeschriebenen darüber verhindern, wie hoch eigentlich ein Gewinnanteil von 30.000,00 DM sein könnte, wenn immerhin eine so große Zahl von Gewinnern auf der Nummer 1008 im Raum steht, dass auf den einzelnen weniger als 5,00 DM entfallen könnte.

Es spricht sicher auch vieles für die Annahme der Klägerin, man habe nur die Nummer 1008 zugeteilt und an eine so große Zahl von Adressaten eine Gewinnmitteilung gerichtet, dass die Zahl der Rücksendungen im Verhältnis zu den 30.000,00 DM einen Gewinn von nicht einmal je 5,00 DM zuließ.

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Lässt man als mäßig kritischer Empfänger den Inhalt der Versprechungen der Beklagten auf sich wirken, müsste man eigentlich bemerken, dass es dem Anbietenden nur darum geht, etwas zu verkaufen. Das weitere soll dazu dienen, das Interesse des Angeschriebenen zu wecken und ihn davon abzuhalten, die Sendung in den Papierkorb zu werfen. Geht man aber von dem Bestreben aus, dessen mögliche Bedenken durch die Benennung von zwei Gewinnern mit Summen von 15.000,00 DM und 20.000,00 DM gezielter zerstreuen, erscheint es angemessen, die Messlatte für einen zu schützenden Verbraucher so niedrig anzulegen, dass der für solche Fälle gewährte Erfüllungsanspruch zugesprochen werden kann.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, weil sie unterliegt (§ 97 l ZPO). Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.

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