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Grabsteinpfändung – zulässig?!

Landgericht München I

Az.: 20 T 4693/02

Beschluss vom 28.03.2002

Vorinstanz: Amtsgericht München, Az.: 1534 M 10142/02, Beschluss vom 26.02.2002


In der Zwangsvollstreckungssache wegen Zwangsvollstreckung erlässt das Landgericht München I, 20. Zivilkammer am 28.03.2002 folgenden Beschluss:

I. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 26.2.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Beschwerdewert wird auf Euro 6.17,15 festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde hat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, denen sich die Kammer nach Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt und die durch das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entkräftet werden, in der Sache keinen Erfolg.

Ergänzend ist anzumerken, dass die Vorschrift des § 93 BGB der Pfändung nicht entgegensteht, da es sich bei dem Grabstein um einen Scheinbestandteil i.S.v. § 94 BGB handelt. Grabsteine sind grundsätzlich der Mobiliarvollstreckung unterstellt. Sie gelten gemäß § 95 BGB als sogenannte Scheinbestandteile. Die Verbindung des Grabsteins mit dem Boden ergeht nur zur vorübergehenden Nutzung und für einen vorübergehenden Zweck. Die Aufstellung des Grabsteines ist in Ausübung des Nutzungsrechts an der Grabstelle auch zeitlich befristet.

Der Grabstein ist jedoch der Pfändung nicht unterworfen. Er unterliegt dem Pfändungsschutz des § 811 Abs. 1 Ziffer 13 ZPO. Dem Antragsteller ist zuzugeben, dass die Frage, ob ein Grabstein der Pfändung unterworfen ist, in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird.

Die Kammer folgt hier jedoch dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, der bestätigt wird durch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Auflage, § 811, Rn 53. Von Zöller, ZPO, 23. Auflage, § 811, Rn 37, werden unterschiedliche Ansichten vertreten.

Ausdrücklich erwähnt sind in § 811 Abs. 1, Ziffer 13, ZPO nur die zur unmittelbaren Verwendung für die Bestattung bestimmten Gegenstände. Sinn und Zweck des § 811 Abs. 1 Ziffer 13 ZPO ist jedoch der Schutz des Pietätsempfindens des Schuldners sowie der Allgemeinheit und der Schutz der Störung der Totenruhe. Ein dem Willen der Angehörigen widersprechendes dauerhaftes Entfernen des gewählten Grabsteines greift in die Totenruhe ein. Eine Unterscheidung wegen der Wortwahl des § 811 Abs. 1 Ziffer 13 zwischen dem Vorgang des Bestattens und dem Zustand des Bestattetseins ist nicht vorzunehmen. Der Pfändungsschütz ist nicht nur in der Zeit vor bzw. während der Bestattungshandlung zu gewähren. Auch wenn ein Grabstein noch Jahre nach der Beerdigung auf der Grabstelle aufgestellt werden kann, gilt er nicht auf Grund des Zeitablaufes, sondern der konkreten Herrichtung des Grabes und des Widmungszweckes gegenüber dem Grab als Gegenstand, der im Sinn dieser Vorschrift „unmittelbar“ der Bestattung dient.

Eine Unterscheidung zwischen dem seinen Werklohnanspruch fordernden Steinmetz auf Grund der Herstellung des Grabsteines und anderen Gläubigern des Vollstreckungsschuldners entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage.

Im Gegenteil lässt sich aus der Systematik der Vorschrift schon erkennen, dass der Gesetzgeber eine privilegierte Sachpfändung nur in den Fällen des § 811 Abs. 2 ZPO für den Vorbehaltsverkäufer vorgesehen hat. Diese Vorschrift ist jedoch nicht auf den Hersteller eines Grabsteines, eines Gegenstandes i.S.v. § 811 Abs. 1 Ziffer 13, sondern ausschließlich in den Fällen des § 811 Abs. 1 Ziffer 1, 4 und 5 bis 7 ZPO anwendbar. Im Umkehrschluss ist hierzu festzustellen, dass sogar bei Vorliegen eines Eigentumsvorhaltes der Hersteller des Grabsteins diesen nicht pfänden kann. Der Gesetzgeber stuft die Interessen, des Verstorbenen und seiner Hinterbliebenen höher ein, als den Gläubigerschutz des seinen Werklohn fordernden Herstellers und Eigentümers des Grabsteines. Erst recht gilt das Pfändungsverbot folglich bei Fehlen eines Eigentumsvorbehalts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO nicht vorliegen.

Beschwerdewert: § 3 ZPO (1/5 der zu vollstreckenden Geldforderung).

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