Der Geschädigte trägt für die ihm entstandenen Schäden die Darlegungs- und Beweislast. Dieser Grundsatz ergibt sich für den Bereich der Kraftfahrzeugschäden aus § 3 Nr. 7 PflVersG.
Einen Personenschaden kann der Geschädigte mithin nur durch die Vorlage von einem ärztlichen Gutachten, Attest oder Bericht darlegen.
Die Versicherungen holen sich in der Regel auf Ihre Kosten bei den jeweils behandelnden Ärzten formularmäßige Gutachten ein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Geschädigte die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbindet. Zu einer solchen Erklärung ist der Geschädigte gezwungen, da er nur durch ein ärztliches Gutachten einen Beleg für die Bezifferung seines Schmerzensgeldanspruchs hat.
Der Haftpflichtversicherer wendet sich dann mit der Schweigepflicht-entbindungserklärung an die behandelnden Ärzte und fordert die entsprechenden Gutachten, Atteste und Berichte.
Der Geschädigte bzw. dessen Rechtsanwalt bekommt in der Regel eine Durchschrift der ärztlichen Berichte, auf deren Grundlage kann er dann seine Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Hierauf sollte man ausdrücklich bestehen!
Diese Verfahrensweise hat zwei Vorteile: In den von den Versicherungen veranlaßten Formulargutachten sind sämtliche zur Beurteilung des Schmerzensgeldanspruchs erforderlichen Faktoren aufgeführt. Demgegenüber reichen die von den Ärzten freihändig verfaßten Bescheinigungen, insbesondere bloße Atteste, regelmäßig nicht aus, soweit es sich nicht um geringfügige Verletzungen ohne Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und insbesondere auch ohne Dauerschaden handelt.
Weicht der Versicherungsnehmer von diesem üblichen Verfahren ab, so muss der Geschädigte eigenverantwortlich die entsprechenden Gutachten, Atteste und Berichte besorgen. Die hieraus entstehenden Kosten werden ihm durch den Schädiger bzw. dessen Versicherung ersetzt, da sie Teil seines Schadensersatzanspruches sind!
Liegen dem Geschädigten Arztberichte, Atteste etc. vor, ist die Höhe des Schmerzensgeldes unter Mithilfe einer oder mehrerer Schmerzensgeldtabellen zu beziffern. Die Tabellen enthalten mehrere tausend leitsatzartig zusammengestellte Gerichtsentscheidungen, die entweder nach der Höhe des Schmerzensgeldes oder der Art der erlittenen Personenschäden gestaffelt sind. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Tabellen allenfalls richtungsweisende Funktion haben und lediglich Anregungen für die Bewertung geben können. Die individuelle Ermittlung des billigen Ausgleichsbetrages aufgrund tatsächlicher Feststellungen kann dadurch nicht ersetzt werden.
Die Gerichtsentscheidungen dienen hier lediglich als Orientierungshilfen für die Bezifferung des konkreten Schmerzensgeldanspruchs des Geschädigten. Bei der Suche nach vergleichbaren Entscheidungen sind unter anderem folgende Schmerzensgeldkriterien zu berücksichtigen:
- • Art und Umfang der eingetretenen Verletzungen
- • Art und Umfang der Behandlungsmaßnahmen
- • Umfang erlittener Schmerzen
- • Dauer einer etwaigen Arbeitsunfähigkeit (MdE = Minderung der Erwerbsfähigkeit)
- • Verbleibender Dauerschaden
- • Schwere des Schuldvorwurfs gegenüber dem Schädiger
- • Mitverschulden des Geschädigten
- • Ästhetische Beeinträchtigung (Narben etc.)
- • Beeinträchtigungen des allgemeinen Lebensgefühls und der Freizeitgestaltung
Die gefundenen Werte sind in folgenden Fällen angemessen zu erhöhen:
• Wenn als Vergleichsmaßstab ältere Entscheidungen herangezogen werden. Die in solchen Urteilen ausgewiesenen Schmerzensgelder sind aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung nach Maßgabe der gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen.
• Wenn der Geschädigte schwere Verletzungen erlitten hat. Die allgemeine Entwicklung in der Schmerzensgeldrechtsprechung ist davon geprägt, für Bagatellverletzungen keine und für schwerwiegende Verletzungen erhöhte Schmerzensgelder auszuurteilen. Hat der Geschädigte einen erheblichen Personenschaden erlitten, grenzen die ermittelten Schmerzensgeldentscheidungen das angemessene Schmerzensgeld deshalb in aller Regel nach unten und nicht nach oben ab.
• Wenn der Schädiger bzw. sein Kraftfahrzeug‑Haftpflichtversicherer die Regulierung des Personenschadens schuldhaft verzögert.