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Handgelenksversteifung – Schmerzensgeld


Zusammenfassung:

In welcher Höhe ist ein Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall angemessen, wenn nach dem Unfall ein zunächst bestehende Restbeweglichkeit eines Handgelenks auf eine schmerzfreie Versteifung in optimaler Position hinausläuft? Welches Schmerzensgeld ist bei einer Handgelenksversteifung angemessen? Mit diesen und weiteren Fragen des Haftungsrechts setzte sich das Oberlandesgericht Saarbrücken im anliegenden Urteil auseinander.


Oberlandesgericht Saarbrücken

Az: 4 U 76/15

Urteil vom 21.04.2016


Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 18.06.2015 (Aktenzeichen 15 O 79/14) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.


Gründe

I.

Der am … geborene Kläger erlitt als Fahrer seines Motorrollers infolge des am 17.08.2012 in Blieskastel-Webenheim von dem Beklagten zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw verschuldeten Unfalls eine distale Unterarmfraktur links mit distaler Radiusfraktur und dorsoradialem Knorpeldefekt, eine Handwurzelluxation, multiple Prellungen und multiple Schürfwunden. Er wurde im Universitätsklinikum … pp. operiert und vom 17. bis zum 29.08.2012 stationär behandelt. Am 04.10.2012 erfolgte die Entfernung der bei der Operation eingelegten Drähte. Neben der fachärztlichen Behandlung musste sich der Kläger jedenfalls 42 krankengymnastischen Behandlungen unterziehen. Bis zum 16.12.2012 war er arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Beklagte zu 2 regulierte auf die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche vorgerichtlich 12.696,14 €, davon 8.000 € auf das Schmerzensgeld und 2.000 € auf den Haushaltsführungsschaden. Durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14.03.2013 (Aktenzeichen 15 O 277/12) ist festgestellt worden, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen aus der Unfallverletzung vom 17.08.2012 resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu erstatten, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist. Weiter sind die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden, an den Kläger vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 € zu zahlen.

Der Kläger hat behauptet, er sei durch einen am linken Handgelenk vorliegenden Dauerschaden erheblich beeinträchtigt. Der Bewegungsumfang dieses Handgelenks sei stark verringert, und bei jeder längeren Belastung habe er starke Schmerzen. Es sei zu befürchten, dass sich der Zustand weiter verschlechtern und ungünstiger sein werde als der eines in idealer Stellung versteiften Handgelenks. Wegen des Unfalls könne er nicht mehr Skifahren und sei auch in seinem Hobby als Jäger sowie beim Waldlauf eingeschränkt. Ihm stehe daher ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt mindestens 30.000 €, wenn nicht gar 40.000 €, zu. Hinsichtlich des Verdienstausfallschadens sei der von der Beklagten zu 2 vorgenommene Abzug in Höhe von 10 v. H., also 932,70 €, nicht berechtigt, da er während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit außer Fahrtkosten zur Arbeit nichts erspart habe, insoweit entgehe ihm aber die Entfernungspauschale. Bei der Hausarbeit, die er vor dem Unfall im Umfang von mindestens 30 Stunden je Woche ausgeübt habe, sei er in der Zeit seines stationären Aufenthaltes vollständig und im Anschluss daran im Umfang von mindestens 25 v. H. eingeschränkt gewesen. Ausgehend von einem Stundensatz in Höhe von 14 € gemäß § 21 JVEG hat der Kläger insoweit zuletzt bis einschließlich 30.06.2015 einen Betrag in Höhe von 8.461 € geltend gemacht. Da die Beklagte zu 2 ihre Verpflichtung zum Ersatz weiteren Haushaltsführungsschadens insgesamt ablehne, bestehe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der Beklagten in diesem Punkt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat der Kläger auf der Grundlage eines Rahmensatzes von 2,0 ersetzt verlangt.

Der Kläger hat unter Bezugnahme auf die dem Beklagten zu 1 am 21.03.2014 und der Beklagten zu 2 am 24.03.2014 zugestellte Klage (Bd. I Bl. 2 d. A.), die mit Schriftsatz vom 09.05.2014 (Bd. I Bl. 88 d. A.) erklärte Teilklagerücknahme und den am 19.02.2015 zugestellten antragserweiternden Schriftsatz vom 17.02.2015 (Bd. I Bl. 159 d. A.) zuletzt beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzüglich vorgerichtlich gezahlter 8.000 € zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 9.393,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nebst vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten in Höhe von 2.256,24 € zu zahlen und

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen aus der Unfallverletzung vom 17.08.2012 resultierenden Haushaltsführungsschaden zu erstatten.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, beim Kläger bestehe nur eine dauerhafte MdE von 10 v. H., die sich auf die berufliche Tätigkeit nicht auswirke. Die vorgerichtliche Schmerzensgeldzahlung sei daher ausreichend. Beim Verdienstausfall müsse sich der Kläger ersparte Aufwendungen in Höhe von pauschal 10 v. H. anrechnen lassen. Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens begründet die MdE von 10 v. H. keine Ersatzansprüche, weil eine derartige Beeinträchtigung durch Umorganisation oder Einsatz von Hilfsmitteln mit zumutbarem Aufwand schadensvermeidend kompensiert werden könne. Für die Dauer des Krankenhausaufenthalts komme lediglich der Ansatz von 15 v. H. der Kosten einer fiktiven Ersatzkraft in Betracht. Hinsichtlich des Feststellungsantrages bestehe kein Feststellungsinteresse. Bei den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger bereits in dem Urteil des Vorprozesses 775,64 € zugesprochen worden seien.

Das Landgericht hat den Kläger angehört (Bd. I Bl. 121 f. d. A.) und Beweis erhoben gemäß dem Beschluss vom 06.06.2013 (Bd. I Bl. 113 ff. d. A.) und durch mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. med. St. R. (Bd. I Bl. 188 f. d. A.). Mit dem am 18.06.2015 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 191 ff. d. A.) hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 14.370,70 €, davon 8.000 € weiteres Schmerzensgeld, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.250,70 € seit dem 25.03.2014, aus weiteren 624 € seit dem 01.04.2014, aus weiteren 624 € seit dem 01.07.2014, aus weiteren 624 € seit dem 01.10.2014, aus weiteren 624 € seit dem 01.01.2015 und aus weiteren 624 € seit dem 01.04.2015 zu zahlen. Weiter hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.827,84 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, und zwar den Klageantrag zu 3 (Feststellungsantrag) als unzulässig. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das vom Landgericht zugebilligte Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 8.000 € werde den schweren, mit verbleibenden Dauerfolgen verbundenen Verletzungen des Klägers, die ihn sowohl im Beruf als auch im Freizeitbereich einschränkten, nicht gerecht. Es sei ein Schmerzensgeldbetrag von zumindest 30.000 € angemessen, so dass weitere 14.000 € zuzusprechen seien.

Den Feststellungsantrag habe das Landgericht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH als unzulässig abgewiesen. Da die Beklagte zu 2 eine entsprechende Eintrittspflicht für den Haushaltsführungsschaden bestritten habe, bestehe ein zur erneuten Klageerhebung berechtigendes Feststellungsinteresse.

Der Kläger beantragt (Bd. II Bl. 227, 247 d. A.),

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 18.06.2015 (Aktenzeichen 15 O 79/14)

1. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 8.000 € hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 14.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen aus der Unfallverletzung vom 17.08.2012 resultierenden Haushaltsführungsschaden zu erstatten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Hilfsweise wenden sie ein, der Anspruch des Klägers auf Haushaltsführungsschaden sei auf den Ablauf seines 75. Lebensjahres zu begrenzen, weil nach allgemeiner Auffassung davon auszugehen sei, dass mit Eintritt dieses Alters die Fähigkeit, den Haushalt zu führen, schon altersbedingt ihre Grenze finde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 27.11.2014 (Bd. I Bl. 120 ff. d. A.) und vom 28.05.2015 (Bd. I Bl. 187 ff. d. A.) und des Senats vom 24.03.2016 (Bd. II Bl. 246 ff. d. A.) sowie die beigezogenen Akten des Landgerichts Saarbrücken (Aktenzeichen 15 O 277/12), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 14.03.2013 (Aktenzeichen 15 O 277/12, Beiakte Bl. 35 ff.) ist festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen aus der Unfallverletzung vom 17.08.2012 resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu erstatten, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist.

2. Das Landgericht hat den Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegen die Beklagten als Gesamtschuldner (§§ 7, 18, 17, 11 StVG, 115 VVG) zutreffend mit insgesamt 16.000 € bemessen, so dass unter Berücksichtigung bereits gezahlter 8.000 € noch weitere 8.000 € zu zahlen sind (Bd. I Bl. 196 d. A.). Auf diesen Betrag sind, wie das Landgericht weiter richtig ausgeführt hat (Bd. I Bl. 198 d. A.), Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, und zwar nach § 187 Abs. 1 BGB a. E. in Verbindung mit §§ 288 Abs. 1, 291, 286 Abs. 1 BGB ab dem Tag, der auf den Tag der Zustellung der Klage folgt (vgl. BGH NJW-RR 1990, 518, 519; BAG NZA 2008, 464, 467 Rn. 35).

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a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien. Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren (Senat NJW 2011, 933, 935; 2011, 3169, 3170). Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an; denn ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (Senat NJW 2011, 933, 935). Bei der Schmerzensgeldbemessung nach diesen Grundsätzen verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen” Schmerzensgeldhöhe zu führen (Senat NJW 2011, 933, 935; NJW-RR 2015, 1119, 1120 Rn. 40). Bei Verkehrsunfällen – wie hier – tritt die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes in der Regel zurück und steht die Ausgleichsfunktion im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen und unfallbedingten Verletzungsfolgen im Vordergrund (Senat NJW-RR 2015, 1119, 1121 Rn. 45).

b) Die Bemessung des Schmerzensgeldes der Höhe nach ist grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters (BGH NJW 2015, 2246 Rn. 7). Auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589, 1592 Rn. 30; Senat NJW-RR 2015, 1119, 1120 Rn. 41).

c) Die Bemessung des Schmerzensgeldes durch das Landgericht hält einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen stand.

aa) Der am 03.07.1966 geborene Kläger erlitt unfallbedingt eine distale Unterarmfraktur links mit distaler Radiusfraktur und dorsoradialem Knorpeldefekt, eine Handwurzelluxation, multiple Prellungen und multiple Schürfwunden. Er wurde vom 17. bis zum 29.08.2012 im Universitätsklinikum operiert und stationär behandelt. Am 04.10.2012 erfolgte die Entfernung der bei der Operation eingelegten Drähte. Neben der fachärztlichen Behandlung musste sich der Kläger laut unstreitigem Teil des Tatbestandes des angefochtenen Urteils (§ 314 ZPO, vgl. auch Entscheidungsgründe Bd. I Bl. 196 d. A.) 42 krankengymnastischen Behandlungen unterziehen. Dies entspricht der Behauptung in der Klageschrift (Bd. I Bl. 3 d. A.). Soweit der Kläger bei der Anhörung als Partei durch das Landgericht erklärt hat, er sei insgesamt 53 Mal bei der Krankengymnastik gewesen (Bd. I Bl. 121 d. A.), fällt dies unbeschadet der Bindungswirkung des Tatbestandes angesichts der bereits hohen Zahl von 42 festgestellten Behandlungen nicht mehr ins Gewicht. Bis zum 16.12.2012 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben (vgl. Bd. I Bl. 196 d. A.).

bb) Darüber hinaus hat das Landgericht auf Grund des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. med. St. R. zutreffend und von der Berufung nicht beanstandet (vgl. Bd. II Bl. 227 f. d. A.) angenommen, dass Prellungen und Schürfwunden bei dem Kläger folgenlos ausgeheilt sind und im Bereich des Acromioclaviculargelenks nur noch eine minimale Restsymptomatik besteht (Bd. I Bl. 196 d. A.). Ebenso richtig und unbeanstandet hat das Landgericht auf der Grundlage des überzeugenden Sachverständigengutachtens festgestellt, dass am linken Handgelenk des Klägers eine gravierende, dauerhafte Beeinträchtigung der Beweglichkeit vorliegt (Bd. I Bl. 196 d. A.). Die Bewegungsmöglichkeiten des Klägers im linken Handgelenk sind auf Grund der mechanischen Blockade durch die Fehlstellung der luxierten Handwurzelknochen bis auf eine Restbeweglichkeit von 10° in jede Richtung konzentrisch eingeschränkt. Außerdem liegt im betroffenen Handgelenk eine Arthrose vor, die den zweiten von drei Graden erreicht, weshalb die vom Kläger bei der Bewegung des Handgelenks geklagten Schmerzen plausibel sind. Im Vergleich zu einer operativen Versteifung in optimaler Position liegen bei dem Kläger, wie der Sachverständige mündlich erläutert hat (Bd. I Bl. 188 d. A.), etwas mehr Bewegungsmöglichkeiten im Sinne einer „Wackelsteife“ vor, wobei die geringe Restbeweglichkeit des Handgelenks mit Schmerzen bei der Bewegung verbunden („erkauft“) ist. In der Zusammenschau ist die Situation des Klägers daher mit einer schmerzfreien Versteifung in optimaler Position vergleichbar. Die MdE ist mit 25 v. H. zu bewerten. Überdies ist absehbar, dass das Handgelenk in Zukunft versteift werden muss, um einer Verschlechterung durch die fortschreitende Arthrose entgegenzuwirken (Bd. I Bl. 196 d. A.).

cc) Über die Ausführungen des Landgerichts (Bd. I Bl. 196 d. A.) hinaus ist zu den Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten auf Grund der erstinstanzlich erfolgten Parteianhörung des Klägers festzustellen, dass der Kläger, dessen Körpergröße nach eigenen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. med. St. R. bei der Untersuchung am 22.01.2015 181 cm und dessen Körpergewicht demnach 93 kg betrug (Bd. I Bl. 142 d. A.), selbst erklärt hat, mit dem Waldlauf habe er eigentlich noch mal anfangen wollen, da müsse er aber auch dem Alter Tribut zollen, und es sei eine Frage, inwieweit er sich dort motivieren könne. Hinsichtlich der Jagd hat der Kläger nachvollziehbar erklärt, dass er immer noch zur Jagd geht, dass er, wie er sich schließlich von sich aus korrigiert hat, nicht etwa gar nicht mehr beim Hochsitzbau mitmache, aber bestimmte Tätigkeiten, bei denen er etwas abstützen oder nach oben reichen muss, nicht mehr ausführen kann (Bd. I Bl. 121 d. A.).

dd) Die Berufung rügt allerdings, das vom Landgericht zugebilligte weitere Schmerzensgeld von 8.000 € (Gesamtbetrag: 16.000 €) werde den schweren, mit verbleibenden, den Kläger sowohl im Beruf als auch in seinem Freizeitbereich erheblich einschränkenden Dauerfolgen verbundenen Verletzungen des Klägers nicht gerecht (Bd. II Bl. 227 d. A.). Selbst für deutlich geringere Verletzungen, als sie der Kläger erlitten habe, seien in jüngerer Zeit sogar unter immateriellem Vorbehalt Beträge von 25.000 € zugesprochen worden. Im Gegensatz zu dem vom Landgericht herangezogenen Fall des OLG Oldenburg sei der hiesige Kläger sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in seiner Haushaltsführung mit zumindest 25 bis 30 v. H. auf Dauer behindert und auch in seiner Freizeitausübung erheblich eingeschränkt (Bd. II Bl. 228 d. A.). Diese Berufungsangriffe haben keinen Erfolg. Wie bereits unter a) bemerkt worden ist, verbietet sich bei der Schmerzensgeldbemessung eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen” Schmerzensgeldhöhe zu führen. Unbeschadet dessen steht der vom Landgericht bemessene Betrag, den auch der Senat für angemessen hält, mit dem Gefüge der Schmerzensgeldrechtsprechung im Einklang.

(1) Das vom Landgericht herangezogene Urteil des OLG Oldenburg vom 20.06.2008 (11 U 3/08, ZfSch 2009, 436 ff., bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.1088) betraf eine Frau, die Frakturen am rechten Daumen und am linken Unterarm, multiple Schnittverletzungen des rechten Unterschenkels und Knies erlitt und sich sechs stationären Krankenhausaufenthalten mit zum Teil schweren Eingriffen zur Entnahme von Knochenmaterial aus dem Beckenkamm unterziehen musste. Als Dauerschaden verblieben Bewegungseinschränkungen im linken Handgelenk, eine punktförmige Narbe am rechten Daumensattelgelenk und eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Arms von 2/7. Beim Faustschluss der linken Hand konnten der zweite und fünfte Finger nicht vollständig eingeschlagen werden; bei der Geschädigten verblieben außerdem eine 16 cm lange Operationsnarbe am linken Unterarm mit Narbenempfindlichkeit und eine Funktionsbeeinträchtigung beim Abspreizen des rechten Daumens. Als besonderer Umstand wurde berücksichtigt, dass die Geschädigte Linkshänderin war und keine Sportarten mehr ausübe konnten, bei denen die linke Hand benötigt wird (Motorradfahren, Handballspielen, Rudern etc.). Das OLG Oldenburg erachtete ein Schmerzensgeld von 16.000 € für angemessen, so dass unter Berücksichtigung vorgerichtlich gezahlter 8.000 € ein noch zu zahlender Betrag von weiteren 8.000 € verblieb.

(2) Das OLG Zweibrücken hat in der Entscheidung vom 10.07.2013 (1 U 47/11, bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.1081) einem jungen Mann, der eine komplizierte Fraktur des linken Handgelenks durch einen Motorrollerunfall (Scaphoidfraktur links, Fraktur des Os triquetrum links, Basisfraktur des zweiten Mittelhandknochens), eine Schulterprellung links und Schürfwunden erlitten hat, unter Berücksichtigung eines immateriellen Vorbehalts einen Betrag von 10.000 € zugesprochen. In dem vom OLG Zweibrücken entschiedenen Fall fiel ins Gewicht, dass sich der Geschädigte über 5 Wochen einer Gipsschienenbehandlung des linken Handgelenks unterziehen musste. Bei einer Nachuntersuchung gab der dortige Kläger noch „leichte Druckschmerzen über dem linken Handgelenk“ an. Während seiner Ausbildung zum Krankenpfleger traten indessen beim dabei notwendigen Heben von Lasten im Bereich des linken Handgelenkes Schmerzen auf. Daraufhin kam es zu operativen Eingriffen an diesem Handgelenk. Die Ausbildung zu seinem Wunschberuf Krankenpfleger musste der dortige Kläger infolgedessen abbrechen und eine Ausbildung zum Bürokaufmann beginnen. Es verblieben Ruhe-, Bewegungs- und Belastungsschmerzen im linken Handgelenk und eine Gebrauchsbeeinträchtigung der linken Hand bei posttraumatischer Arthrose mit einer GdB von 20 v. H.

(3) Die in der Klageschrift (Bd. I Bl. 4 d. A.) angeführte Entscheidung des LG München I vom 12.10.2000 (19 O 9859/00, bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.80 = lfd. Nr. 84 in der 32. Aufl) betraf einen 29-jährigen Werkzeugmacher, der eine komplette Unterarmfraktur links, peripher neurogene Schädigungen im Nervus medianus sowie deutliche peripher neurogene Schädigungen des Nervus radialis im Bereich von Unterarm und linker Hand erlitt. Dort waren fünf Krankenhausaufenthalte von insgesamt 32 Tagen erforderlich, und es verblieb als Dauerschaden eine MdE von 10 v. H. Von besonderer Bedeutung war dort, dass infolge der Ulnaverkürzungsosteotomie eine mäßige Bewegungseinschränkung der Umwendbewegung am Unterarm sowie der Handgelenksbewegung verblieb. Zugesprochen wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 DM (ca. 20.000 €, indexiert (2016) 24.959,00 €).

(4) Die von der Berufung genannte Entscheidung des LG München I (vom 06.03.2006 -19 O 12181/05, bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.85 = lfd. Nr. 90 in der 32. Aufl.) betraf eine Bürokauffrau, die eine Radiusköpfchen-Mehrfragmentfraktur links erlitt und eine Woche stationär behandelt worden ist. Als Dauerschaden verblieb eine MdE von 30 v. H. Als besondere Umstände waren für die Entscheidungen maßgebend: Das Radiusköpfchen musste operativ entfernt werden. In der Folgezeit hat sich eine Gelenksteife entwickelt und es sind mehrfach Operationen notwendig geworden, wobei der Nervus ulnaris verlagert worden ist. Auf orthopädischem Fachgebiet lagen folgende Unfallfolgen vor: Bewegungseinschränkung am linken Ellbogengelenk (Streckdefizit) sowie Einschränkung der Unterarmdrehbewegung, glaubhafte subjektive Beschwerden. Noch vorhandene objektivierbare neurologische Funktionsstörungen waren: Eine Einschränkung der Bewegungsausmaße im linken Ellbogengelenk mit deutlichem Streckdefizit und einer Beeinträchtigung der Umdrehbeweglichkeit des Unterarmes (Supination), Narben im Bereich des Ellbogen links mit verlagertem Nervus ulnaris, Reizzustand des Ellennerven links mit sogenanntem positivem Hoffmann-Tinel’schen Zeichen und elektroneurographische und elektromyographische Normabweichungen des Ellennerven links. Das LG München I erkannte einen Betrag in Höhe von 40.000 € unter Berücksichtigung eines immateriellen Vorbehalts zu (Indexanpassung (2016): 45.861 €).

(5) Die von der Berufung außerdem erwähnte Entscheidung des LG Osnabrück vom 07.03.2007 (3 O 2050/06, bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.83 = lfd. Nr. 88 in der 32. Aufl.) betraf eine Lehrerin, die eine distale Radiusfraktur rechts, Nasenbeinfraktur mit Risswunde, Schnittverletzungen an Nase, Lippe und im Bereich der Augen, leichte Wunden am rechten Bein und an der rechten Hand, Prellungen des Brustkorbs, der rechten Schulter und beider Knie und einen Schock erlitt. Vier stationäre Aufenthalte von insgesamt 5 Wochen waren ebenso erforderlich wie eine ambulante physiotherapeutische Behandlung über mehrere Monate. Die Verletzte war für ein halbes Jahr arbeitsunfähig, und es verblieb als Dauerschaden eine MdE von 30 v. H. Als besondere Umstände waren für die Entscheidung maßgeblich: ein in leichter Fehlstellung verheilter Speichenbruch rechts, Gelenkveränderungen am Handgelenk, deutliche Gebrauchseinschränkung des rechten Arms und der rechten Hand bei Morbus Sudeck mit diffuser Knochenentkalkung an der Hand und Handgelenk, kosmetisch störende Deformierung der Nase und behinderte Nasenatmung mit der Notwendigkeit der Korrekturoperation. Zuerkannt wurden unter Berücksichtigung eines immateriellen Vorbehalts 30.000 € (indexiert (2016): 33.746 €).

(6) Das von der Berufung (Bd. II Bl. 228 d. A.) weiter angeführte Urteil des OLG Köln vom 25.05.2011 (I-5 U 174/08, VersR 2012, 239 f., bei Hacks/Wellner/Häcker, SchmerzensgeldBeträge 16. Aufl. lfd. Nr. 34.1089 = lfd. Nr. 1162 in der 33. Aufl) betraf einen Arzthaftungsfall, in dem sich der Verletzte nach einem Sportunfall mit komplexer, intraartikulärer distaler Radiustrümmerfraktur am rechten Handgelenk, die zunächst in Rotationsfehlstellung mit komplexer Instabilität verheilte, behandeln ließ und eine behandlungs- und aufklärungsfehlerhafte Re-Operation misslang. Es erfolgte eine Behandlung über einen Zeitraum von fünf Jahren mit zahlreichen Folgeoperationen. Als Dauerschaden verblieb eine lebenslange Beeinträchtigung der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit des rechten Handgelenks mit den entsprechenden Beeinträchtigungen sowohl im Alltagsleben als auch bei seiner beruflichen Tätigkeit und auch bei der Freizeitgestaltung. Für das unter Berücksichtigung eines immateriellen Vorbehalts zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € (indexiert (2016): 26.300 €) waren verbliebene schmerzhafte Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenks maßgeblich, die über einen Zeitraum von fünf Jahren zahlreiche Folgeoperationen nach sich ziehen und zur Berufsunfähigkeit bei einem Ingenieur führen würden (keine Möglichkeit, eine Computertastatur zu bedienen). Andererseits war zu berücksichtigen, dass für die erlittenen und fortbestehenden Beschwerden und Beeinträchtigungen auch das Unfallgeschehen an sich mit der schwerwiegenden Trümmerfraktur eine nicht unerhebliche Rolle spielt, was nicht den dortigen Beklagten anzulasten war.

(7) Die Analyse dieser stets nur in einigen Punkten ähnlichen Entscheidungen belegt, dass der Betrag von 16.000 €, bei dessen Bemessung sich das Landgericht auch an der unter (1) wiedergegebenen Entscheidung des OLG Oldenburg orientiert hat, durchaus mit vergleichbaren oder ähnlichen Fällen zu vereinbaren ist. Im Unterschied zur deutlich niedrigen Bemessung durch das OLG Zweibrücken in der Entscheidung vom 10.07.2013 (oben unter (2)) fällt beim Kläger die geringe, mit Schmerzen verbundene Restbeweglichkeit des Handgelenks, die auf eine schmerzfreie Versteifung in optimaler Position hinausläuft, ins Gewicht. Hingegen waren bei der Entscheidung des LG München I vom 12.10.2000 (oben unter (3)) insbesondere deutlich mehr (nämlich fünf) Krankenhausaufenthalte erforderlich. die Entscheidung desselben Gerichts vom 06.03.2006 (oben unter (4)) betraf wesentlich gravierendere Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen, weil dort der gesamte Unterarm betroffen war. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des LG Osnabrück vom 07.03.2007 (oben unter (5)). In dem Fall des LG Osnabrück erlitt der Geschädigte anders als hier auch einen Schock, es waren vier stationäre Krankenhausaufenthalte erforderlich, die Arbeitsunfähigkeit erstreckte sich über eine (geringfügig) längere Zeit, die deutliche Gebrauchsbeeinträchtigung betraf nicht nur die rechte Hand (der an der linken Hand verletzte Kläger ist nach überzeugender Feststellung des Gerichtssachverständigen Rechtshänder, Bd. I Bl. 142 d. A.), sondern auch den rechten Arm, und es lag dort überdies eine kosmetisch störende Deformation der Nase und eine Behinderung der Nasenatmung vor, die eine operative Korrektur notwendig werden ließen. Schließlich verblieb im dortigen Fall eine höhere MdE von 30 v. H. In dem ohnehin nur eingeschränkt vergleichbaren Arzthaftungsfall des OLG Köln (vorstehend unter (6)) war ein wesentliches Kriterium für die Bemessung des Schmerzensgeldes mit 25.000 € die verbliebenen schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenks, die über einen Zeitraum von fünf Jahren zahlreiche Folgeoperationen nach sich ziehen und zur Berufsunfähigkeit bei einem Ingenieur führen (keine Möglichkeit, eine Computertastatur zu bedienen). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger nicht gegeben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger laut Sozial- und Berufsanamnese von Herrn Prof. Dr. med. St. R. in dem vorgerichtlichen Gutachten vom 19.12.2013 von Beruf Industriemeister ist und als Schichtmeister bei der Firma B. tätig ist. Seine Aufgaben beziehen sich auf Planung, Mitarbeiterführung und Arbeitskontrolle und umfassen keine vornehmlich handwerkliche Tätigkeit (Bd. I Bl. 68 d. A.).

3. Außerdem wendet sich die Berufung gegen die Abweisung des Feststellungsantrags als unzulässig. Das Landgericht sei zu Unrecht offensichtlich der Meinung, im Falle eines vorangegangen allgemeinen Feststellungsurteils sei eine weitere Feststellungsklage unter keinen Umständen zulässig, auch dann nicht, wenn der Schuldner, wie im vorliegenden Fall, einen bestimmten Anspruch dem Grunde nach bestreite. Obwohl bereits ein Dauerschaden von zumindest 20 v. H. festgestanden habe, habe die Beklagte zu 2 bestritten, dass dem Kläger künftig ein Haushaltsführungsschaden entstehen könnte, und sie sei trotz entsprechender Klageandrohung bei ihrer Auffassung geblieben (Bd. II Bl. 228 d. A.). Bekanntlich habe die Beklagte zu 2 auch im Prozess eine entsprechende Eintrittspflicht in Abrede gestellt, so dass der Kläger in Bezug auf die Eintrittspflicht für den geltend gemachten Haushaltsführungsschaden ein berechtigtes Feststellungsinteresse habe. Die Erwägung des Landgerichts, selbst im Falle des Obsiegens stünde die Höhe des zu zahlenden Betrages immer noch nicht fest, könne nicht nachvollzogen werden; denn das sei bei jeder Feststellungsklage der Fall. Möglicherweise verkenne das Landgericht auch, dass das ursprüngliche Feststellungsurteil den Kläger nicht gegen die Verjährung der wiederkehrenden Leistungen absichere, was jedoch bei einer erneuten Feststellungsklage – jedenfalls bis zum rechtskräftigen Urteil – der Fall sei (Bd. II Bl. 229 d. A.). Diese Berufungsangriffe sind nicht berechtigt.

a) Allerdings ist in Bezug auf den Klageantrag zu 3 grundsätzlich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu bejahen. Eine Feststellungsklage muss gemäß § 256 Abs. 1 ZPO auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. Unter Rechtsverhältnis ist die aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder zu Sachen zu verstehen (BGHZ 22, 43, 47; BGH NJW 1984, 1556). Hierzu können auch einzelne Rechte und Pflichten gehören, die sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben (BGH NJW-RR 2015, 915 Rn. 7), z. B. einzelne Ansprüche oder einzelne in sich selbständige rechtliche Anspruchsgrundlagen, also alle Forderungsrechte und Ansprüche, die als Ausfluss eines umfassenderen Rechtsverhältnisses erwachsen (RGZ 126, 234, 237; BGH NJW 1984, 1556; Bacher in Geigel, Der Haftpflichtprozess 27. Aufl. Kap. 39 Rn. 14). Dagegen können nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGHZ 68, 331, 332; BGH NJW 2000, 2280, 2281; NJW-RR 2015, 915 f. Rn. 7). Der Sinn dieser Beschränkung auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses liegt darin, einer Prozessvermehrung entgegenzuwirken. Der Kläger soll nicht die Möglichkeit haben, den Prozessgegner und die Gerichte wiederholt mit derselben Rechtssache zu befassen, indem er zunächst über die Rechtsgrundlagen und dann über den Anspruch selbst entscheiden lässt. Vielmehr soll der Bezug der begehrten Entscheidung zu einem konkreten Rechtsschutzbegehren sichergestellt werden(BGH NJW 1995, 1097). Die Erstattung von Rechtsgutachten entspricht nicht der von der ZPO vorausgesetzten Funktion der Gerichte (BGH NJW 1995, 1097). In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der Verpflichtung zum Ersatz des aus der Unfallverletzung vom 17.08.2012 resultierenden Haushaltsführungsschadens um ein dem Grunde nach der Feststellung fähiges einzelnes Recht aus einem Rechtsverhältnis und nicht nur um ein bloßes Element oder eine Vorfrage eines Rechtsverhältnisses.

b) Vorliegend fehlt es aber an der außer dem gegebenen feststellungsfähigen Rechtsverhältnis erforderlichen kumulativen Voraussetzung des (positiven) Feststellungsinteresses.

aa) Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO kann nicht verneint werden, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (BGH NJW 1999, 3774, 3775). Der bei einem Unfallereignis Verletzte kann, auch wenn er einen allgemein auf die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des beklagten Schädigers gerichteten Klageantrag gestellt und zugesprochen erhalten hat, daneben ein rechtliches Interesse für einen auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition gerichteten speziellen Feststellungsantrag haben (BGH NJW 1999, 3774, 3775). Ein solches Interesse ist im Einzelfall zu bejahen, wenn außer einem allgemein auf die Verpflichtung zum Ersatz der zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus einem bestimmten Unfallereignis gerichteten Feststellungsantrag ein speziell auf die Verpflichtung, „bis zum Eintritt in das Rentenalter (65 Jahre) oder bis zur Betriebsaufgabe die monatlichen Kosten einer Ersatzkraft, nämlich eines Gärtnergehilfen auf der Basis der Lohngruppe IV des Lohntarifvertrags für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnerei und Forstpflanzenbetriebe in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen“ gerichteter Feststellungsantrag gestellt wird (BGH NJW 1999, 3774, 3775). Der „allgemeine“ Feststellungsantrag soll in einem solchen Fall die Ersatzverpflichtung der Beklagten als solche für Schäden aller Art, die – auch im Blick auf eine mögliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Geschädigten in der Zukunft – noch entstehen konnten, dem Streit der Parteien entziehen und insbesondere die hieraus resultierenden Ersatzansprüche vor einer möglicherweise drohenden alsbaldigen Verjährung schützen. Der zusätzlich gestellte konkrete Feststellungsantrag soll hingegen Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten schaffen. Da diese Klärung durch den „allgemeinen“ Feststellungsausspruch keineswegs erreicht werden kann, hat der Kläger an seinem zusätzlichen Antrag ein eigenes rechtliches Interesse (BGH NJW 1999, 3774, 3775).

bb) In dem unter aa) wiedergegebenen Fall des Verdienstausfallschadens ist der Kläger auch nicht gehalten, anstelle des zusätzlichen Feststellungsantrags bezifferte Zahlungsansprüche hinsichtlich der Kosten der Ersatzkraft geltend zu machen. Die „Lohngruppe IV“ des maßgeblichen Tarifvertrags ist regelmäßigen Änderungen unterworfen; eine gegenüber der Beklagten ausgesprochene Feststellung ihrer Ersatzpflicht erscheint insoweit sinnvoller als eine Zahlungsverurteilung, die jeweils wieder der Abänderung bedarf. Von einem beklagten großen Versicherungsunternehmen kann erwartet werden, dass es auf ein entsprechendes rechtskräftiges Feststellungsurteil hin seinen rechtlichen Schadensersatzverpflichtungen nachkommt, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH NJW 1999, 3774, 3775). Auch soweit es um Zeiträume geht, für die im Laufe des Rechtsstreits eine Bezifferung auf Grund der jeweiligen Fassung der Tarifverträge möglich geworden wäre, kommt ein Mangel des Feststellungsinteresses wegen Vorrangs einer Leistungsklage nicht in Betracht; denn ein Kläger braucht nicht nachträglich seinen Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag umzuändern, wenn dies auf Grund der Schadensentwicklung im Laufe des Rechtsstreits möglich würde (BGH NJW 1999, 3774, 3775).

cc) So liegt der Fall hier indessen nicht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (Bd. I Bl. 195 d. A.).

(1) Im Streitfall kann das Feststellungsinteresse nicht mit drohender Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens begründet werden, weil die Verjährung etwaiger (auch zukünftiger) Ansprüche auf Grund des rechtskräftigen Feststellungsurteils des Landgerichts Saarbrücken vom 14.03.2013 (Aktenzeichen 15 O 277/12) gehemmt ist. Die Berufung rügt zwar, möglicherweise verkenne das Landgericht auch, dass das ursprüngliche Feststellungsurteil den Kläger nicht gegen die Verjährung der wiederkehrenden Leistungen absichere, was jedoch bei einer erneuten Feststellungsklage – jedenfalls bis zum rechtskräftigen Urteil – der Fall sei. Daraus allein lässt sich jedoch kein rechtliches Interesse an einer erneuten Feststellungsklage herleiten. Soweit rechtskräftig festgestellte Ansprüche nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt gemäß Abs. 2 der Vorschrift an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB). In einem solchen Fall kann ausnahmsweise, insbesondere wenn der Schuldner flüchtig ist oder sonst keine Möglichkeiten bestehen, die Vollendung der Verjährung zu verhindern (BGHZ 93, 287, 291 f.; BGH NJW-RR 2003, 1076, 1077), auch eine neuerliche Feststellungsklage zulässig sein, was nach Hemmung des Anspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB und Urteilserlass eine weitere Dreijahresfrist nach §§ 195, 199 BGB zur Folge hat (MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl. § 197 Rn. 27). Im Übrigen bedarf es aber, solange dem Gläubiger – wie hier dem Kläger – die Möglichkeit eröffnet ist, durch Geltendmachung von Zahlungsansprüchen (hier: notfalls durch Titulierung solcher Ansprüche) und vollstreckungsrechtliche Maßnahmen die Verjährung zu hemmen, keiner Ausnahme vom Wiederholungsverbot und keiner erneuten Inanspruchnahme des Prozessgerichts wegen einer Feststellungsklage.

(2) Darüber hinaus vermag die im vorliegenden Rechtsstreit begehrte Feststellung – anders als im vom BGH entschiedenen Fall (NJW 1999, 3774, 3775) – gerade keine Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten zu schaffen. Das Landgericht hat, nachdem bereits frühzeitig auf Zulässigkeitsbedenken durch Verfügung vom 25.03.2014 (Bd. I Bl. 12 d. A. Rücks.) hingewiesen worden war, im angefochtenen Urteil mit Recht ausgeführt, dass mit der vom Kläger begehrten Feststellung nicht einmal einzelne Parameter für die Bemessung eines zukünftigen Haushaltsführungsschadens, etwa eine sogenannte MdH oder der zeitliche Umfang des dauerhaften Ausfalls des Klägers im Haushalt, festgelegt würden (Bd. I Bl. 195 d. A.). Der Kläger hat erstinstanzlich (Bd. I Bl. 13 d. A.) und mit der Berufung (Bd. II Bl. 228 d. A.) darauf verwiesen, dass die Beklagte zu 2 mit einem außergerichtlichem Schreiben vom 20.12.2013 bestritten habe, dass dem Kläger überhaupt noch ein Haushaltsführungsschaden zustehe bzw. in Zukunft entstehen könne. Allerdings könnte mangels Angaben von Eckdaten im Feststellungsantrag von der Zweitbeklagten im konkreten Fall nicht erwartet werden, dass sie auf ein entsprechendes rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Schadensersatzverpflichtungen nachkommt, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf, weil es zu einer Berechnung des (zukünftigen) Haushaltsführungsschadens der Angabe der erforderlichen Parameter bedarf. Insoweit hat die Berufungserwiderung zutreffend bemerkt, dass durch den weitergehenden Feststellungsantrag nichts konkretisiert wird (Bd. II Bl. 234 d. A.). Damit führt die vom Kläger begehrte Feststellung auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit nicht zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der Streitpunkte (vgl. BGH NJW 1996, 2725, 2726; Bacher in Geigel, aaO Rn. 24). Wollte man dies anders sehen, müsste man bei einem dem Grunde nach und hinsichtlich der einzelnen Berechnungsparameter streitigen (künftigen) Schadensersatzanspruch zulassen, jeden einzelnen (bekannten) Gesichtspunkt im Wege einer gesonderten speziellen Feststellungsklage zu klären. Ein solches Verfahren wäre von keinem berechtigten Interesse des Geschädigten an der (künftigen) Regulierung seiner Ansprüche mehr getragen und auch nicht prozesswirtschaftlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

6. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Erwägungen zum Feststellungsantrag stellen lediglich eine Anwendung der Rechtsprechung des BGH auf den vorliegenden Einzelfall dar.


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