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Abänderung der eigenen Hausnummer durch Behördenentscheidung möglich?

OVG NRW

Az: 5 A 353/11

Beschluss vom 29.02.2012


Leitsatz (vom Verfasser nicht amtlich):

Die Zuteilung einer Hausnummer ist kein begünstigender Verwaltungsakt. Sie begründet nach ihrem allein maßgeblichen Regelungsgehalt keine Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile. Die jeweilige Ordnungsbehörde kann daher die notwendigen Maßnahmen dazu treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Die Zuordnung und Nummerierung von Grundstücken liegt im öffentlichen Interesse; sie dient der leichteren Auffindbarkeit des Grundstücks und der Leichtigkeit des Verkehrs.


Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Die Darlegungen des Klägers wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 23. Februar 2010 zur Änderung der Hausnummer des Klägers vom 28. Januar 2010 rechtmäßig ist. Es hat die Voraussetzungen für einen Widerruf der zunächst auf Antrag des Klägers erfolgten Umnummerierung nach § 49 Abs. 1 VwVfG NRW festgestellt. Dabei hat es seiner Beurteilung zu Grunde gelegt, dass die Festsetzung einer geänderten Hausnummer ein objektiv belastender Verwaltungsakt ist. Diese Annahme ist nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil die Umnummerierung dem Wunsch des Klägers entsprach und er sie für sachgerecht und begünstigend hält.

Die Zuteilung einer Hausnummer ist kein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne von § 49 Abs. 2 VwVfG NRW i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW. Sie begründet nach ihrem insoweit allein maßgeblichen Regelungsgehalt keine Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile. Die Zuordnung eines Grundstücks zu einer bestimmten Straße sowie seine Nummerierung beruhen auf § 14 OBG NRW. Danach kann die Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Die Zuordnung und Nummerierung von Grundstücken liegt im öffentlichen Interesse; sie dient der leichteren Auffindbarkeit des Grundstücks und der Leichtigkeit des Verkehrs.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 – 5 B 1291/10 -, vom 16. März 2011 – 5 E 1518/10 -, m. w. N., und vom 4. September 2000 – 5 A 2628/00 -.

Aus der Festsetzung einer Hausnummer durch die Gemeinde nach dem maßgeblichen Landesrecht folgt gemäß § 126 Abs. 3 BauGB die Verpflichtung des Eigentümers, sein Grundstück mit der festgesetzten Nummer zu versehen. Die Vorteile, die sich aus der Zuweisung einer Hausnummer für den Eigentümer ergeben, verleihen ihm keine rechtlich geschützte Position, sondern begünstigen ihn nur in tatsächlicher Hinsicht im Sinne eines Rechtsreflexes. Ein Bestands- oder Vertrauensschutz an der Beibehaltung einer Hausnummer besteht nicht.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. Juli 1987 – 9 A 1283/85 – und vom 22. März 1972 – IV A 196/71 -, ZMR 1973, 60 f.; Bay. VGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2011 – 8 ZB 11.1676 -, juris, Rn. 11, vom 5. März 2002 – 8 B 01.1164 -, NVwZ-RR 2002, 705, und Urteil vom 8. September 1982 – 4 B 81 A/513 -, NVwZ 1983, 352; Sächs. OVG, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 A 300/08 -, LKV 2010, 83 f.; zum insoweit vergleichbaren Widerruf einer als begünstigend empfundenen Einberufung zur Alarmreserve BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2003 – 6 C 18.02 -, DÖV 2003, 683.

Daran ändert der Umstand nichts, dass bei der behördlichen Ermessensentscheidung über die Änderung von Hausnummern etwaige nachteilige Folgen für die Anlieger zu berücksichtigen sind. Hieraus folgt lediglich, dass Anlieger durch eine Grundstücksumnummerierung ebenso wie durch eine Straßenumbenennung gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in eigenen Rechten verletzt werden können.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2011 – 5 E 1518/10 – und vom 29. Oktober 2007 – 15 B 1517/07 -, OVGE 51, 84, 85 f.

Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die vom Widerruf erfasste Zuweisung einer Hausnummer als solche rechtlich erhebliche Vorteile begründet hat.

Die Möglichkeit, rechtmäßige nicht begünstigende Verwaltungsakte zu widerrufen, ergibt sich unmittelbar aus § 49 Abs. 1 VwVfG NRW. Ferner ist die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich zweifelhaft, es könne offen bleiben, ob die widerrufene Hausnummernfestsetzung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen sei. Rechtswidrige Verwaltungsakte können in entsprechender Anwendung des § 49 VwVfG NRW widerrufen werden, wenn die Widerrufsvoraussetzungen vorliegen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. September 2000 – 9 C 12.00 -, BVerwGE 112, 80, 85, vom 21. November 1986 – 8 C 33.84 -, NVwZ 1987, 498 f., und vom 4. Juli 1984 – 8 C 54.82 -, Buchholz 454.4 § 83 II. WoBauG Nr. 18.

Ausgehend davon, dass der streitgegenständliche Widerruf keinen begünstigenden Verwaltungsakt betraf, stand der Beklagten ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser findet seine Grenzen nur darin, dass die Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht ungeeignet und nicht willkürlich sein und nicht gegen den Gleichheitssatz verstoßen darf.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2011 – 5 E 1518/10 – und vom 4. September 2000 – 5 A 2628/00 -, Urteile vom 7. Juli 1987 – 9 A 1283/85 – und vom 21. Mai 1968 – IV A 750/67 -, OVGE 24, 68, 71.

Gemessen hieran sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Die vom Kläger angeregte Umnummerierung sollte nur erfolgen, sofern sie im allseitigen Einverständnis umgesetzt werden konnte. Ordnungsrechtliche Aspekte waren aus Sicht der Beklagten nicht ausschlaggebend. Ausgehend davon unterliegt es keinen Bedenken, dass der noch während der laufenden Rechtsmittelfrist ausgesprochene Widerruf allein auf das fehlende Einverständnis einzelner Eigentümer gestützt worden ist. Die von der Beklagten wiederhergestellte ursprüngliche Hausnummernverteilung war zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geeignet. Die vom Kläger angestrebte Vergabe einer eigenen Nummer für seine Einliegerwohnung ist hierzu nicht erforderlich. Auch der in der Klageschrift geschilderten Verwechselungsgefahr mit dem Nachbarhaus kann bereits dadurch angemessen begegnet werden, dass die Pflicht zur Anbringung der festgesetzten Hausnummern nach § 126 Abs. 3 BauGB behördlich konsequent durchgesetzt wird. Der Zuteilung neuer Nummern bedarf es nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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