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Hund – kinderliebes Wesen als Beschaffenheitsmerkmal

AG Halle (Saale)

Az: 95 C 881/11

Urteil vom 25.10.2011


1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Hund der Rasse Miniature Australien Shepherd. Die Klägerin kaufte das Tier am 04.11.2010 von der Beklagten. Telefonisch teilte die Klägerin der Beklagten kurze Zeit später mit, dass sie den Hund zurückgeben wolle, was die Beklagte jedoch ablehnte. Der Hund wurde der Beklagten am 09.11.2010 gleichwohl zurückgebracht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.11.2010 forderte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises auf.

Die Klägerin behauptet, es habe zusätzlich zu den in der Anlage 1 der Klage vom 28.02.2011 getroffenen Vereinbarung eine mündliche Vereinbarung gegeben, wonach der streitgegenständliche Hund ein sehr kinderliebes Wesen habe. Sie habe sich nur aufgrund dessen für den Hund entschieden. Sie behauptet ferner, es habe bereits zwei Tage nach dem Kauf einen grundlosen Angriff des Hundes auf die Kinder der Klägerin gegeben und sich der Hund somit gerade nicht als kinderlieb erwiesen. Weiterhin behauptet sie, die Beklagte habe sie über die Eigenschaften des Hundes und die Eignung für die Zwecke der Familie der Klägerin nicht aufgeklärt.

Die Klägerin beantragt:

die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 800,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über Basiszinssatz hieraus ab dem 10.12.2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt: die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, das Tier habe die typischen Rasseeigenschaften, namentlich Familienfreundlichkeit und Kinderliebe bei Übergabe aufgewiesen und sei jedoch nach Rückgabe durch die Klägerin in seinem Wesen dergestalt verändert, dass es vor Kindern und erwachsenen Männern Scheu sowie ein ängstliches Verhalten zeige.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (nach §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434, 323 Abs. 1 BGB). Danach ist der gezahlte Kaufpreis zurückzugewähren, wenn der Kaufgegenstand nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Dem ist vorliegend nicht so.

Der Hund als Kaufgegenstand weicht nicht von der vereinbarten Beschaffenheit ab. Es mag dahingestellt sein, ob es zusätzlich zum Kaufvertrag vom 04.11.2010 über den Inhalt der Anlage 1 zur Klage vom 28.02.2011 hinaus eine weitere insoweit Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde, wonach der streitgegenständliche Hund ein besonders kinderliebes Wesen aufweist. Das Wesen eines Hundes ist eine Eigenschaft, die aufgrund der das Tier umgebenden Bedingungen ständigen Veränderungen unterliegt. Insofern handelt es sich nicht um eine fixe Sacheigenschaft, sondern um eine veränderliche Eigenschaft, die sich mit Eintritt oder Wegfall äußerer Umstände ändern kann. Dies ist Ausfluss der gesetzlichen Regelung nach § 90a S. 1 BGB, insoweit anknüpfend an Art. 20a GG. Eine Vereinbarung der Beschaffenheit dahingehend, dass der Hund besonders kinderlieb sei, kann daher nicht anderweitig ausgelegt werden, als dass es sich lediglich um die generelle Neigung der Hunderasse zu Tendenzen handelt, die sich im Umgang mit Kindern positiv auswirken, und diese Tendenzen im Wege der Hundeerziehung eher erreichbar sind, als bei Hunderassen, deren Wesen nach der Rassebeschreibung tendenziell kinderaversiv sind.

Kinderlieb heißt daher nicht, dass der Hund auf Aktionen von Kindern, gleich welcher Art, in einer Weise reagiert, die Gefahren für Kinder völlig ausschließt. Dies würde dem Selbsterhaltungstrieb des Tieres zuwiderlaufen. Kinderlieb bedeutet daher, dass der Hund bei adäquatem tiergerechten Verhalten der Kinder keine Verhaltensweisen an den Tag legt, die geeignet wäre eine Gefahrenlage hervorzurufen.

Dem tragen auch die schriftlichen Vereinbarungen gemäß Kaufvertrag insoweit Rechnung als die Parteien darin vereinbarten, „dass das Tier rassetypisch … ist“ und durch den Züchter, hier also die Beklagte, „für die weitere rassetypische Entwicklung, insbesondere in Bezug auf charakterliche … Merkmale, … keine Garantie übernommen werden.“ Insbesondere letzteres kann von der Beklagten als Verkäuferin auch gar nicht übernommen werden, hat sie auf das den Hund nach Weggabe umgebende und den Charakter prägende Umfeld keinen Einfluss.

Eine Einzelreaktion eines Hundes durch den von der Klägerin behaupteten Angriff kann ebenso dahinstehen. Zum einen stellt eine einzelne Handlung eines Lebewesens nicht den gesamten Charakter desselben in Frage, sodass es für einen Sachmangel bereits an der quantitativen Vortragssubstanz mangelt. Zum anderen liegt es auf der Hand, dass der Hund, als kognitiv nicht denkendes, sondern instinktiv reaktionär handelndes Wesen nicht ohne Anreiz eine bestimmte Handlung ausführt.

Der Klägerin mangelte es beim Kauf auch nicht an entsprechender Aufklärung hinsichtlich der Hunderasse. Nach eigenem Vortrag der Klägerin kam diese auf ihre Initiative zur Beklagten und gab auch keineswegs zu erkennen, in der Sache völlig uninformiert zu sein.

Schließlich scheitert ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (auch), weil der Rücktritt nicht wirksam erklärt wurde. Grundsätzlich ist vor Rücktritt eines Kaufvertrages Nacherfüllung zu verlangen. Eine solche Nacherfüllung hat die Klägerin von der Beklagten nicht verlangt. Auch hat die Klägerin mitnichten dargelegt, dass eine Nacherfüllung entbehrlich gewesen wäre. Zwar ist eine Nacherfüllung in Form einer Nachlieferung ausgeschlossen, da es sich bei dem streitgegenständlichen Hund um eine Stückschuld handelt. Allerdings wäre eine Nacherfüllung im Wege der Nachbesserung nicht von vorn herein ausgeschlossen gewesen. Selbst wenn es sich bei dem Verhalten des Hundes um einen Sachmangel handelte, konnte der Weg einer Hundeerziehung jedenfalls versucht werden. Dies hat die Klägerin jedoch nicht verlangt und statt dessen den Hund sofort zurückgegeben. Eine etwaige Unzumutbarkeit der Nacherfüllung nach § 440 2. HS. 2. Alt. BGB wurde klägerseitig nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, Alt. 2, 711 ZPO.

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