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Internetauktion: Ver- und Ersteigerung unter fremden Namen

 OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Az: 19 U 5114/03

Urteil vom 05.02.2004

Vorinstanz: LG München – Az.: 34 O 17292/03


Endurteil

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 34. Zivilkammer, vom 6.10.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000 € festgesetzt.

Begründung

Der Senat begründet das Urteil gemäß §§ 540 Abs. 1 Satz 2, 160 Abs. 5 ZPO als Anlage zu Protokoll wie folgt:

Der Kläger verlangt im Wege des Arrestes vom Beklagten die Herausgabe eines Pkw an einen Sequester zur Sicherung seines angeblichen Übereignungsanspruches. Diesen Pkw ersteigerte der Kläger am 11.9.2003 unter Verwendung einer fremden Kennung (sog. „Mitgliedsname“) über die Internetplattform R wobei der Beklagte das Fahrzeug seinerseits unter einer fremden U-Kennung angeboten hatte.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil zwischen den Parteien kein Kaufvertrag zustande gekommen sei.

Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der Kläger trägt insbesondere vor, er habe ebenso wie der Beklagte mit Einverständnis der Inhaberin der jeweiligen H-Kennung gehandelt. Im übrigen sei ihm der Anspruch abgetreten worden und hinsichtlich des Beklagten liege ein Vertrag zugunsten Dritter vor. Außerdem sei ein Kaufvertrag jedenfalls nachträglich geschlossen worden.

Die im Berufungsverfahren gestellten Anträge ergeben sich aus dem Protokoll. Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Senat hält die Auffassung des Landgerichts im Ergebnis für voll und in der Begründung für weitgehend zutreffend und nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug. In der für ein Berufungsurteil gesetzlich vorgeschriebenen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch zulässigen (BVerfG NJW i996r 2785; 1999, 1387/1388) Kürze – die sich auch daraus erklärt, dass die Sache in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfassend diskutiert wurde (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 313 Rn. 27) – ist ergänzend folgendes auszuführen:

1) Zwischen den Parteien ist im Rahmen der Internet-Auktion kein Kaufvertrag zustande gekommen, §§433, 145 ff., 164 ff. BGB.

Zwar ist in der Rechtsprechung mittlerweile anerkannt, dass im Rahmen von Internetauktionen auf Grundlage von §§ 145 ff. BGB vollgültige Verträge geschlossen werden können (BGH NJW 2002, 363).

a) In dem sie die H-Kennung Anderer benutzt haben, haben beide Parteien jeweils „unter“ (nicht „in“) fremdem Namen gehandelt, denn diese Kennung steht für den Inhaber der Kennung, der dem anderen Teil von J nach Auktionsende namentlich mit Anschrift bekannt gegeben wird.

Ob beim Handeln unter fremdem Namen ein Geschäft des Namensträgers oder ein Eigengeschäft des Handelnden vorliegt, hängt davon ab, wie die andere Partei das Verhalten des Handelnden auffassen durfte. Ein Eigengeschäft des Handelnden ist dann gegeben, wenn die Benutzung des fremden Namens bei der anderen Vertragspartei keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen hat, diese den Vertrag also nur mit dem Handelnden abschließen will. Ein Geschäft des Namensträgers ist anzunehmen, wenn das Auftreten des Handelnden auf eine bestimmte andere Person hinweist und die andere Partei der Ansicht sein durfte, der Vertrag komme mit dieser Person zustande (BGH NJW-RR 1988, 814; vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 164 Rnr. 10 ff.).

Danach liegt hier eindeutig ein Geschäft der jeweiligen Namensträger vor. Die Benutzung der jeweiligen Kennung weist für die andere Partei ausschließlich auf die Person hin, die von H nach Auktionsende namentlich identifiziert wird. Ein anonymer Dritter als Vertragspartner wäre dagegen für die andere Partei überhaupt nicht identifizierbar und würde bei ihr die Fehlvorstellung hervorrufen, mit dem von PB Genannten abgeschlossen zu haben. Auch das Bewertungssystem von R stützt dieses Ergebnis, da ansonsten der „gute Ruf“ Dritter ausgenutzt werden könnte und das Bewertungssystem seinen Sinn verlöre (vgl. zu diesem Aspekt schon LG Berlin, NJW 2003, 3493). Schließlich sprechen auch die AGB von R die den Missbrauch von Mitgliedskonten verbieten und deren Übertragbarkeit ausschließen, für diese Auslegung der jeweiligen Willenserklärung.

b) Auf das Handeln unter fremdem Namen finden die §§ 164 ff. BGB entsprechende Anwendung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 164 Rnr. 10). Nachdem beide Parteien unstreitig – der Beklagte hat diese Behauptung des Klägers nicht bestritten, sondern nur darauf hingewiesen, dass auch andere Fallgestaltungen denkbar wären – mit Einwilligung des jeweiligen Inhabers der verwendeten Kennung gehandelt haben, bedeutet dies für den vorliegenden Fall, dass ein Kaufvertrag zwischen diesen Kennungsinhabern und nicht zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits zustande gekommen ist. Darauf, ob die Kennungsinhaber dies bei ihrer Einwilligung zur Benutzung der Kennung wussten oder wollten, kommt es nicht an, wie § 164 Abs. 2 BGB für den vergleichbaren Fall eines unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtums zeigt.

c) Der Beklagte kann somit vom Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht in Anspruch genommen werden, da er nicht Vertragspartei geworden ist. Auf Erfüllung oder Schadensersatz würde der Beklagte entsprechend § 179 Abs. 1 BGB nur haften, wenn er ohne Einwilligung der Kennungsinhaberin gehandelt hätte. Der Senat erspart sich in diesem Zusammenhang Ausführungen zu der hier völlig deplazierten Rechtsfigur des Vertrags zugunsten Dritter.

2) Ein nachträglich im Rahmen der Vertragsabwicklung zwischen den Parteien geschlossener Kaufvertrag scheidet ebenfalls aus. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, herrschte zu diesem Zeitpunkt schon Streit zwischen den Parteien, sodass ein konkludenter Vertragsschluss fernliegend erscheint. Im übrigen würde dies ähnlich wie die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts – die Kenntnis vom bisherigen Nichtzustandekommen eines Vertrags zwischen den Parteien voraussetzen (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 141 Rnr. 6) und überdies das Schicksal des zwischen den Kennungsinhabern bereits zustande gekommenen ersten Kaufvertrags offen lassen.

Die Klage war daher von vorneherein unbegründet. Daher kann offen bleiben, ob sich die Hauptsache durch die vom Beklagten behauptete zweite Veräußerung des Pkw erledigt hat. Einer Schriftsatzfrist für den Kläger bedurfte es nicht; der letzte Schriftsatz des Beklagten stammt vom 19.01.2004; im übrigen ist die Klage unschlüssig, wie oben dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht statthaft (§ 542 Abs, 2 ZPO). Daher war eine Entscheidung über Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht veranlasst.

IV.

Der Streitwert entspricht 1/3 des vom Kläger behaupteten Wertes des Fahrzeugs (Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, § 3 Rn. 52).

 

 

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