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Internet-Kauf (falsche Auszeichnung)– Bestätigungsemail als Vertragsannahme?

Amtsgericht Westerburg

Aktenzeichen: 21 C 26/03

Urteil vom 14.03.2003


In dem Rechtsstreit wegen Herausgabe und Übereignung hat das Amtsgericht in Westerburg auf die mündliche Verhandlung vom 02.02.2003 am 14.03.2003 für Recht erkannt:

l. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Digitalkamera der Marke Fuji FinePix 602 Zoom gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von l Euro zuzüglich Versandkosten in Höhe von 7 Euro und Nachnahmegebühr in Höhe von 2,50 Euro herauszugeben und zu übereignen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt im Internet einen Fachversand für Foto- und Videoartikel, wobei sie dort die von ihnen betriebenen Produkte und Preise bereitstellt.

Am 07.03.2002 wurden im Rahmen dieses Internetauftritts 3 verschiedene Modelle der Marke Fuji zum Preis von l Euro ausgezeichnet. Am gleichen Tag bestellte der Kläger per Eingabemaske in den Seiten der Beklagten 3 dieser Digitalkameras per Vorauskase sowie später eine weitere per Nachnahme. Bei der letztgenannten handelt es sich um die Fuji FinePix 602 Zoom, welche hier Streitgegenstand ist. Die Beklagte bestätigte kurz darauf per automatisch generiertem Shop System die Bestellungen des Klägers mit folgenden gleichlautenden e-mails:

„Guten Tag, vielen Dank für ihre Bestellung! Am Ende dieser Mail finden Sie eine Auflistung Ihrer Bestellung, die wir so schnell wie möglich für Sie bearbeiten werden…“ Darunter aufgeführt waren zum einen die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras mit Artikelnummer und -bezeichnung, die Einzelsumme (l Euro) die Bestellsumme (3 Euro), Versandkosten (7 Euro) und durch Skonto eine Gesamtsumme von 9.94 Euro sowie die Zahlungsweise per Vorauskasse. Bei der streitgegenständlichen Kamera waren in der diesbezüglichen Antworte-mail die Artikelnummer und -bezeiehnung, die Einzeisumme (l Euro), Versandkosten (7 Euro) und Nachnahmegebühr (2,50 Euro), insgesamt eine Gesamtsumme von 10.50 Euro und die Zahlungsart per Nachnahme aufgelistet.

Später am 07.03.2002 erhielt der Kläger eine weitere e-mail von der Beklagten mit folgendem Inhalt: „…Bei der Überarbeitung der Seiten hat sich durch einen EDV Fehler dieser etwas unrealistische Preis eingeschlichen. Zur Zeit können wir weder diese Produkte noch zu diesem Preis liefern. Fehler passieren leider manchmal. Sorry. Vielleicht finden Sie ja eine Alternative in unserem Angebot…“ Darunter aufgeführt waren wieder die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras mit Artikelnummer und -bezeichnung, der Einzelsumme (l Euro) der Bestellsumme (3 Euro), Versandkosten (7 Euro), durch Skonto die Gesamtsumme von 9.94 Euro und die Zahlungsweise per Vorauskasse.

Die Kameras waren am 07.03.2002 noch nicht auf dem Markt, konnten aber seit dem 13:03.2002 geliefert werden.

Durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte zunächst wegen Irrtums den Vertrag über den Kauf von 3 Fotokameras

1. Fuji FinePix 601 Zoom

2. Fuji FinePix 30i

3. Fuji Fine Fix 602 Zoom

per Vorauskasse zu einem Preis von 9,94 Euro angefochten

Am 16.04.2002 wurde ausdrücklich die Anfechtung in Bezug auf die streitgegenständliche Kamera erklärt.

Der Kläger behauptet, durch die letzte e-mail der Beklagten vom 07.03.2002 habe die Beklagte zu verstehen gegeben, dass die Kamera zur Zeit nicht lieferbar sei. Sie habe damit den Vertrag, welcher durch die Antwort-e-mail der Beklagten zustande gekommen sei, bestehen lassen wollen und nur den Lieferanspruch des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken wollen. In der letzten e-mail sei keine Anfechtung zu sehen. Falls man diese doch annehmen könne, sei die Anfechtung jedenfalls auf die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras beschränkt und die streitgegenständliche Kamera nicht erfasst Die am 16,04,2002 erklärte Anfechtung bezüglich dieser Kamera sei nicht mehr unverzüglich.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Digitalkamera der Marke Fuji FinePix 602 Zoom gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von l Euro zuzüglich Versandkosten in Höhe von 7 Euro und Nachnahmegebühr in Höhe von 2,50 Euro herauszugeben und zu übereignen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, aufgrund eines Eingabefehlers bei der Aufnahme neuer Artikel in das Datenbanksystem seien die Kameras irrtümlich von dem automatischen Shop-System angezeigt worden. Die vom Shop-System automatisch generierte Antwort auf die Bestellung des Klägers stelle keine Annahmeerklärung dar. Daher sei ein Kaufvertrag gar nicht erst zustande gekommen. Zumindest habe sie durch die letzte e-mail vom 07.03.2002 die Kaufverträge bezüglich aller Kameras unverzüglich angefochten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Beklagte ist gemäß § 433 Abs. l S. 1 BGB verpflichtet eine Digitalkamera der Marke Fuji FinePix 602 Zoom an den Kläger herauszugeben und zu übereignen.

Das Amtsgericht Westerburg ist örtlich zuständig. Dies steht kraft des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Magdeburg bindend fest, § 281 Abs.2 S.4 ZPO. Das Amtsgericht Magdeburg war örtlich unzuständig Der Kläger hat diesbezüglich eine Verweisung an das Amtsgericht Westerburg beantragt, § 281 Abs. l ZPO.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 BGB zustande gekommen. Die Auszeichnung der Kamera auf den Internetseiten der Beklagten l } stellt kein Angebot im Sinne des § 145 BGB dar, sondern eine invitatio ad offerendum. Der Kläger hat durch das Eingeben in die Eingabemaske der Beklagten und versenden ein Angebot über eine Digitalkamera der Marke Fuji FinePix 602 Zoom zum Preis von l Euro abgegeben. Dies hat die Beklagte durch ihre Antworte-mail gemäß § 147 BGB angenommen. Auch elektronische Erklärungen sind Willenserklärungen. Die vom automatischen Shop System erstellte Willenserklärung ist der Beklagten auch zurechenbar. Der Betreiber einer EDV-Anlage schafft auf Empfangerseite ein berechtigtes Vertrauen darauf, an die von seiner EDV-Anlage erstellten und übermittelten Erklärungen gebunden zu sein.

Zwar stellt eine per e-mail übersandte Erklärung, in der für eine e-mail gedankt und die Bearbeitung des eingegangenen Auftrags angekündigt wird, keine Angebotsannahmeerklärung dar. Jedoch waren die in der e-mail verwendeten Worte folgende: „Guten Tag, vielen Dank für ihre Bestellung! Am Ende dieser Mail finden Sie eine Auflistung Ihrer Bestellung, die wir so schnell wie möglich für Sie bearbeiten werden…“ Hier wurde nicht bloß für eine e-mail, sondern für eine Bestellung gedankt. Zusätzlich waren darin alle Vertragsbestandteile einschließlich der Versandkosten und der Nachnahmegebühr aufgeführt.

Das Wort Bestellung“ erweckt in einem Kunden das berechtigte Vertrauen darauf, dass ein Vertragsschluss bestätigt werden soll. Es ist für ihn ein unmissverständliches Signal. Es liegt in der Hand der Beklagten, ihr Shop System so einzustellen, dass solches Vertrauen nicht aufgebaut werden kann. Bei dem von der Beklagten gewählten Wort Bestellung ist das Vertrauen des Kunden auf Zustandekommen des Vertrages und dessen Bestätigung gerechtfertigt.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht ex tunc durch Anfechtung gemäß §§119 Abs. l Fall 2,142 BGB vernichtet.

Ein Anfechtungsgrund ist zwar gegeben. Der vom Shop System der Beklagten angezeigte Preis von l Euro entstand aufgrund eines Eingabefehlers in das Datenbanksystem. Derartige Eingabefehler sind einem Verschreiben im Sinne des § 119 Abs. l Fall 2 BGB gleichzustellen. Die Anfechtungserklärung erfolgte aber nicht unverzüglich, wie es § 143 BGB verlangt. In der letzten e-mail vom 07.03.2002 ist keine Anfechtung bezüglich der streitgegenständlichen Kamera erklärt worden.

Eine ausdrückliche Anfechtung ist in der e-mail nicht erklärt worden. Dies ist auch nicht erforderlich. Es genügt, wenn unzweideutig erkennbar ist, dass das Rechtsgeschäft rückwirkend beseitigt werden soll. Dabei ist die Erklärung nach den §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Eine Anfechtung wurde danach erklärt. Mit den Worten: „…Bei der Überarbeitung der Seiten hat sich durch einen EDV Fehler dieser etwas unrealistische Preis eingeschlichen. Zur Zeit können wir weder diese Produkte noch zu diesem Preis liefern. Fehler passieren leider manchmal. Sorry. Vielleicht finden Sie ja eine Alternative in unserem Angebot…“ ist sehr deutlich gemacht, dass ein Irrtum bezüglich des Preises vorlag und die Beklagte den Vertrag nicht aufrechterhalten wollte, zumal die Kamera 800 Euro wert ist.

In der besagten e-mail sind jedoch nur die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras aufgelistet, nicht aber die streitgegenständliche. Für eine Einbeziehung auch dieser Kamera spricht, dass diese e-mail den beiden anderen e-mails zeitlich nachfolgte und dass auch bei dieser Kamera der gleiche Irrtum vorlag wie bei den per Vorauskasse bestellten Kameras. Es handelt sich ja bei ihr um eines der 3 verschiedenen Fuji-Modelle.

Dagegen spricht aber der eindeutige Wortlaut der e-mail. Die Anfechtung bezog sich nur auf die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras. Eine andere Auslegung ist insofern nicht möglich. Es sind die 3 per Vorauskasse bestellten Kameras samt Versandkosten und Endpreis sowie Zahlungsart aufgeführt. Die streitgegenständliche Kamera ist nicht erwähnt, es wird in keinster Weiser auf sie Bezug genommen.

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Die Anfechtungserklärung vom 16.04.2002 kann den Vertrag nicht mehr rückwirkend vernichten. Sie erfolgte nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 143 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. l ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 708 Ziff. 11,711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 600 – 900 Euro

 

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