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Kündigung – wiederholte geringfügige Pflichtverletzungen

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Az: 7 Sa 1052/09

Urteil vom 10.11.2010


I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.08.2009, 13 Ca 4234/09, abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Mit seiner Klage wehrt der Kläger sich gegen eine seitens der Beklagten aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 09.03.2009.

Der am 13.02.1969 geborene, ledige Kläger ist seit dem 01.08.1985 bei der Beklagten bzw. zunächst bei deren Rechtsvorgängerin als Kundendiensttechniker im Außendienst zu einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt 3.000,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen.

Der Kläger, dem bereits bei der Rechtsvorgängerin ein Dienstfahrzeug zur ausschließlich dienstlichen Nutzung zur Verfügung stand, war von dieser angewiesen, die Fahrzeugschlüssel des Dienstfahrzeugs sowie das Fahrtenbuch vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit im Betrieb abzugeben.

Vom 19.11. bis zum 01.12.2002 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Sein Dienstfahrzeug hatte er auf dem Betriebsgelände abgestellt, den Schlüssel für das Fahrzeug jedoch nicht im Betrieb hinterlegt. Vom 02.12.2002 bis zum 12.01.2003 hatte der Kläger Erholungsurlaub. Ab dem 13.01.2003 war er erneut arbeitsunfähig erkrankt. Am 22.01.2003 wurde der Kläger im Rahmen eines Telefongesprächs aufgefordert, den Fahrzeugschlüssel für das Dienstfahrzeug herauszugeben. Eine Herausgabe seitens des Klägers erfolgte jedoch nicht. Am 03.02.2003 meldete sich der Kläger erneut telefonisch im Sekretariat seines Arbeitgebers. Als versucht wurde, den Kläger an den Leiter des Bezirksbüros weiterzuverbinden, brach der Kläger das Gespräch ab, weil er mit dem Ressortleiter nicht zu sprechen wünschte. Da bis zu diesem Zeitpunkt eine Herausgabe des Fahrzeugschlüssels nicht erfolgt war, erteilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber dem Kläger wegen dieses Sachverhalts zunächst unter dem Datum vom 03.02.2003 eine Abmahnung und sprach sodann – da auch danach eine Herausgabe der Fahrzeugschlüssel nicht erfolgte – unter dem Datum vom 25.02.2003 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus. In dem vor dem Arbeitsgericht Aachen geführten Kündigungsrechtsstreit, aus dem sich der vorstehend dargestellte Sachverhalt als unstreitig ergibt, hat der Kläger obsiegt, weil er sich darauf berief, die ihm in seinen Briefkasten eingeworfene Abmahnung vom 03.02.2003 wegen seines Umzugs in eine andere Wohnung erst zeitgleich mit der Kündigung zur Kenntnis genommen zu haben. Wegen des Inhalts des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen im Einzelnen wird auf Bl. 81 – 90 der Akte Bezug genommen.

Seit dem 01.08.2008 ist der Kläger bei der Beklagten in dem Ressort „OnSiteService“ (OSS)….., im Außendienst eingesetzt. Unstreitig hat der Kläger diesen wohnortnahen Einsatz im Außendienst unter Vorlage eines betriebsärztlichen Attestes verlangt.

Vor Antritt seines Urlaubs am 31.10.2008 hat der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs, den Kfz-Schein und sein Fahrtenbuch nicht im Betrieb der Beklagten hinterlegt.

Ausweislich eines von der Beklagten zur Akte gereichten „Memos“ vom 24.11.2008 (Bl. 92 – 93 der Akte) wurde der Kläger in einem Gespräch am selben Tag unter anderem darauf hingewiesen, dass er entgegen der bestehenden Vereinbarung vor Antritt seines Urlaubs am 31.08.2008 weder das Fahrtenbuch noch die Schlüssel des Dienstfahrzeugs im Betrieb hinterlegt habe mit der Folge, dass ein einem anderen Ressort zugeordneter Parkplatz in der Tiefgarage über 3 Wochen durch dieses Fahrzeug belegt gewesen sei. Der Kläger wurde angewiesen, seine Fahrtenbuchmappe inklusive Tankkarte und Fahrzeugschlüssel ab sofort abends in seinem Fach zu hinterlegen sowie sich bei Arbeitsbeginn bei seinem Vorgesetzten Herrn …. an- und bei Arbeitsende abzumelden. Abschließend wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass im Wiederholungsfall weitere Konsequenzen anstehen könnten und auch eine Abmahnung ausgesprochen werden könne.

Unklar ist geblieben, ob dem Kläger im Betrieb …. ein Fach zur Verfügung stand, in dem er die Fahrzeugschlüssel hätte hinterlegen können.

Mit Schreiben vom 29.01.2009 erteilte die Beklagte dem Kläger sodann eine Ermahnung, in der sie ihn nochmals schriftlich auf die von ihm einzuhaltenden Pflichten – auch hinsichtlich des Dienstfahrzeugs – hinwies und ankündigte, weitere arbeitsrechtliche Mittel einzuleiten, wenn bis zum 15.02.2009 keine Besserung erkennbar sei und festgestellt werden müsse, dass er die im Einzelnen genannten Anweisungen weiterhin missachte. Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 94 – 97 der Akte Bezug genommen.

Dieses Schreiben wurde dem Kläger am 06.02.2009 von seinem Vorgesetzten Herrn …. übergeben.

Am 06.02.2009 nahm der Kläger den Schlüssel, den Kraftfahrzeugschein sowie das Fahrtenbuch mit nach Hause. An diesem Tag hatte er Spätdienst, der erst um 20.00 Uhr endete. Zu diesem Zeitpunkt war Herr ….. nicht mehr im Betrieb anwesend.

Am 09.02.2009 erschien der Kläger, der seinen Dienst um 8.00 Uhr hätte beginnen müssen, nicht zur Arbeit. Zwischen den Parteien ist streitig, ob er um kurz nach 8.00 Uhr oder erst gegen 9.00 Uhr den Sachbearbeiter Einsatzsteuerung darüber informierte, dass er einen Arzt aufsuchen wolle.

Am Folgetag meldete der Kläger telefonisch gegenüber einem Mitarbeiter der Disposition seine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit.

Da der Kläger sich sodann bis zum 16.02.2009 nicht mehr meldete und auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übersandte, erteilte die Beklagte ihm unter dem Datum vom 16.02.2009 eine Abmahnung und forderte ihn auf, seine Arbeit am 18.02.2009 um 8.00 Uhr aufzunehmen bzw. im Falle einer Arbeitsunfähigkeit ein entsprechendes Attest bis zum 18.02.2009 vorzulegen. Außerdem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er künftig jedes Fernbleiben von der Arbeit, insbesondere jede Arbeitsunfähigkeit, unverzüglich bei Herrn N. oder bei dessen Verhinderung der Stellvertreterin Frau S. anzuzeigen habe. Er wurde aufgefordert, bis zum 18.02.2009 das Fahrtenbuch, die Tankkarte, den Kfz-Schein sowie den Fahrzeugschlüssel an Herrn …….. herauszugeben bzw. im Falle der Arbeitsunfähigkeit Herrn …….. mitzuteilen, wo die Gegenstände sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne. Für zukünftiges Fehlverhalten wurde dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Wegen des Inhalts der Abmahnung im Einzelnen wird auf Bl. 99 – 100 der Akte Bezug genommen.

Diese Abmahnung wurde am 17.02.2009 um 12.55 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen.

Nach Einwurf der Abmahnung wurde Herrn …….. mitgeteilt, dass der Kläger sich am 17.02.2009 telefonisch bei einem Kollegen der Disposition gemeldet und eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis zum 21.02.2009 angezeigt hatte.

Da der Kläger bis zum 18.02.2009 weder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übersandt noch mitgeteilt hatte, wo sich die das Dienstfahrzeug betreffenden Gegenstände befinden, erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem Datum vom 18.02.2009 eine weitere Abmahnung (Bl. 102 – 103 der Akte) und forderte ihn erneut auf, bis zum 20.02.2009 seine Abwesenheit seit dem 09.02.2009 gegenüber Herrn …….. nachvollziehbar zu begründen und entsprechende ärztliche Atteste vorzulegen sowie die Herausgabe der angeforderten Gegenstände sicherzustellen. Erneut wurde der Kläger aufgefordert, jedes Fernbleiben gegenüber Herrn …….. oder seiner Stellvertreterin anzuzeigen.

Diese Abmahnung wurde am 18.02.2009 um 16.45 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen.

Bis einschließlich Freitag, den 20.02.2009 hat der Kläger sich bei der Beklagten nicht gemeldet.

Nach der Einlassung des Klägers hat er die Abmahnungen erst am 21.02.2009 aus dem Briefkasten genommen.

Am Montag, dem 23.02.2009, an dem der Kläger dienstplanmäßig frei hatte, ging bei der Beklagten ein am 20.02.2009 als Einschreibesendung versandter Brief des Klägers mit ärztlichen Attesten für den Zeitraum vom 09.02. bis zum 21.02.2009 ein.

Am 24.02.2009 rief der Kläger gegen 8.30 Uhr bei dem Sachbearbeiter Einsatzsteuerung an, dem er mitteilte, er wolle nochmals zum Arzt gehen.

Mit E-Mail vom selben Tag teilte er Herrn …….. um 21.33 Uhr mit, dass seine Krankmeldung bis zum 28.02.2009 verlängert worden sei und er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach …….. zu Händen von Frau …….. geschickt habe. Eine Mitteilung hinsichtlich der den Dienstwagen betreffenden Gegenstände erfolgte seitens des Klägers nicht.

Auf dem Anrufbeantworter des Diensthandys hinterlassene Rückrufbitten der Beklagten hat der Kläger nicht beantwortet.

Mit Schreiben vom 02.03.2009 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers an. Wegen des Inhalts des Anhörungsschreibens im Einzelnen wird auf Bl. 106 – 110 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 04.03.2009 erklärte der Betriebsrat, er stimme der beabsichtigten Kündigung nicht zu und führte dazu aus, eine persönliche Kontaktaufnahme mit dem Kläger in seiner Wohnung am 03.03.2009 sei nicht möglich gewesen, weil der Kläger die Tür nicht geöffnet habe. Er sei auch nicht an das Telefon gegangen und habe auf den hinterlassenen Rückrufwunsch nicht geantwortet. Es habe nicht aufgeklärt werden können, ob dieses „abgeschottete“ Verhalten des Klägers mit dessen Erkrankungen zu tun habe. Da der Kläger wiederholt im Außendienst diverse Schwierigkeiten gehabt habe, werde darum gebeten, den Kläger im Innendienst zu beschäftigen, um ihm eine Chance zur Bewährung zu geben.

Mit Schreiben vom 09.03.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 31.10.2009 und wies ihn zur Begründung darauf hin, dass er trotz entsprechender Abmahnungen und Belehrungen wiederholt seiner Verpflichtung, den Beginn oder die Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Vorgesetzten mitzuteilen, nicht nachgekommen sei und die Schlüssel zu dem dienstlich zur Verfügung gestellten Fahrzeug, das Fahrtenbuch und die Tankkarte nicht herausgegeben habe.

In der Folgezeit war der Kläger zunächst weiterhin arbeitsunfähig krank. Die den Dienstwagen betreffenden Gegenstände hat er am 19.03.2009 im Betrieb der Beklagten deponiert.

Ausweislich der im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Aufstellung der Krankenkasse über die Erkrankungen des Klägers war dieser in der Zeit vom 09.02. bis 07.03.2009 aufgrund einer Gastritis und vom 09.03. bis 17.03.2009 an einer „sonstigen depressiven Episode“ arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 17.03.2009 erfolgte erstmalig eine Behandlung durch den Psychiater Dr. M., der ebenfalls eine „sonstige depressive Episode“ bescheinigte.

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Ausweislich eines vom Kläger zur Akte gereichten Attestes seiner Hausärztin Frau Dr. X. sollen bei ihm seit Jahren massive Beschwerden vom Magen sowie von der Psyche her bestehen. Der Kläger habe besonders in der Zeit vom 09.02. bis 07.03.2009 unter Magenschmerzen, Tendenz zu sozialem Rückzug, Antriebsstörungen und Vermeidungshaltungen gelitten. Wörtlich wird in dem Attest ausgeführt: „Mein persönlicher Eindruck war damals durchaus mit Einfluss einer Depression beim Patienten vorhanden, wobei der Patient sich danach allerdings nicht mehr vorgestellt hatte.“

Der Kläger hat vorgetragen, er sei der einzige Mitarbeiter der Beklagten, der Fahrzeugschlüssel, Fahrtenbuch und Tankkarte jeden Abend abgeben müsse. Alle anderen Kollegen dürften die Fahrzeuge mit nach Hause nehmen und auch für den Weg zur Dienststelle kostenfrei nutzen. Da das ihm zugewiesene Dienstfahrzeug ausschließlich von ihm genutzt werde, sei der Beklagten dadurch, dass der Fahrzeugschlüssel sich nicht im Betrieb befunden habe, kein Nachteil entstanden. Schließlich hätte die Beklagte längst einen Ersatzschlüssel anfertigen lassen können, soweit kein Zweitschlüssel vorhanden gewesen sei. Wahrer Hintergrund der Kündigung sei vielmehr seine schwere Erkrankung, die zu häufigen Krankheitszeiten führe. Am 09.02.2009 habe er erst um 8.20 Uhr bei der Beklagten jemanden erreicht, um mitzuteilen, dass er einen Arzt aufsuchen wolle. Er habe sich – auch psychisch – in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand befunden und deshalb erst am 10.02.2009 um 8.00 Uhr dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn …….. die festgestellte Arbeitsunfähigkeit mitteilen können. Aus seiner – des Klägers – Sicht sei eine Krankmeldung beim Disponenten ausreichend und als vorzugswürdig zu erachten. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes sei er nicht dazu in der Lage gewesen, sich „normal“ zu verhalten und habe es schlicht vergessen, dass er die Fahrzeugunterlagen am 06.02.2009 aus Sicherheitsgründen mit nach Hause genommen habe. Die streitgegenständlichen Abmahnungen habe er erst am 21.02.2009 dem Briefkasten entnommen. Den Briefkasten habe er nur sporadisch auf dem Weg zum Arzt geleert und sei zudem nicht dazu in der Lage gewesen, sich mit Schriftstücken irgendwelcher Art auseinander zu setzen. Er habe große Probleme gehabt, die Übersendung seiner Krankmeldung zu organisieren, wobei er selbst nicht in der Lage gewesen sei, die Krankmeldung per Einschreiben zu versenden. Abgesehen davon, dass es keine schwerwiegenden Pflichtverstöße gegeben habe, sei die Kündigung unter Berücksichtigung seiner 24jährigen Betriebszugehörigkeit nicht gerechtfertigt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 09.03.2009 nicht mit Ablauf des 31.10.2009 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe das auch in der Vergangenheit seit geraumer Zeit erheblich belastet Arbeitsverhältnis durch sein erneutes grob pflichtwidriges Verhalten trotz der erteilten Ermahnung und der Abmahnungen weiter belastet und damit das für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört, denn es müsse auch für die Zukunft mit erneuten gleichartigen Pflichtverstößen gerechnet werden. Selbst wenn als richtig unterstellt würde, dass der Kläger die Abmahnungen erst am 21.02.2009 aus dem Briefkasten genommen habe, so hätte er sich – entsprechend den Weisungen in den Abmahnungen – spätestens am 23.02.2009 bei seinem Vorgesetzten Herrn …….. melden können, um eine weitere Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und mit Herrn …….. die Herausgabe der Gegenstände für das Dienstfahrzeug zu regeln. Der Kläger hingegen habe – wie der unstreitige Sachverhalt zeige – wiederholt bewusst und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstoßen. Er sei offensichtlich nicht bereit, den berechtigten Forderungen nachzukommen. Eine Beschäftigung im Innendienst sei – abgesehen davon, dass sich die Verstöße im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit auch dort auswirken würden – nicht möglich, weil der Kläger unter Vorlage eines betriebsärztlichen Attestes die Beschäftigung im Außendienst verlangt habe. Zudem verfüge sie – die Beklagte – über keinen geeigneten freien Arbeitsplatz. Schließlich habe der Kläger am 22.11.2008 und am 03.01.2009 unentschuldigt gefehlt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, zwar seien schuldhafte Pflichtverletzungen des Klägers gegeben, für die er zumindest im Hinblick auf zwei Pflichtverstöße vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung auch wirksam abgemahnt worden sei. Nach Auffassung der Kammer überwiege das Beendigungsinteresse der Beklagten jedoch noch nicht das Erhaltungsinteresse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Zwar sei der Beklagten zuzugestehen, dass das Arbeitsverhältnis nicht unbelastet sei. Auch könne die Beklagte als Eigentümerin eines Dienstfahrzeugs darauf bestehen, dass ihr dieses im Falle der Abwesenheit des Klägers zur Verfügung gestellt werde. Die Beklagte habe jedoch keine konkreten Beeinträchtigungen vorgetragen, die durch das Verhalten des Klägers entstanden seien. Insbesondere im Hinblick auf die lange Betriebszugehörigkeit des Klägers sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte künftige Vertragspflichtverletzungen nur durch den Ausspruch einer Kündigung vermeiden könne. Der Beklagten sei zuzumuten, dem Kläger eine weitere Bewährungsmöglichkeit einzuräumen, wobei die Kammer ausdrücklich darauf hinweise, dass weitere gleich- oder ähnlich gelagerte Pflichtverletzungen durchaus die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne.

Gegen das ihr am 14.09.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 06.10.2009 per Fax und am 08.10.2009 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 13.11.2009 per Fax und am 16.11.2009 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass ihr in Anbetracht der beharrlichen Pflichtverletzungen des Klägers eine weitere Beschäftigung nicht zumutbar sei. Sämtlichen Pflichtverletzungen sei die offenkundige Weigerung des Klägers gemeinsam, Weisungen nachzukommen. Bereits Anfang des Jahres 2003 habe er entgegen der betrieblichen Weisung und trotz entsprechender Aufforderungen den Schlüssel für das Dienstfahrzeug nicht herausgegeben, so dass nach erfolgloser Abmahnung eine Kündigung habe ausgesprochen werden müssen. Im Oktober 2008 habe er vor seinem Urlaubsantritt erneut gegen seine Herausgabepflicht verstoßen. Weder das mit ihm geführte Gespräch noch die sodann erteilte Ermahnung und die erteilten Abmahnungen hätten trotz Hinweis auf die arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu einer Verhaltensänderung des Klägers geführt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Feststellung konkreter betrieblicher Beeinträchtigungen durch die Pflichtverletzungen des Klägers nicht erforderlich. Die Vertragsverletzung selbst beinhalte eine unmittelbare und hinreichende Störung des Arbeitsverhältnisses. Ab dem 06.02.2009 habe der Kläger erneut 1 1/2 Monate die Herausgabe der Schlüssel und der Fahrzeugunterlagen verweigert. Spätestens nach Erhalt der ersten Abmahnung vom 16.02.2009 hätte seitens des Klägers eine unverzügliche Aushändigung ermöglicht werden müssen, selbst wenn eine Hinterlegung der Unterlagen am 06.02.2009 nicht möglich gewesen wäre. Die Behauptung des Klägers, er habe die Herausgabe aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes schlicht vergessen, müsse als Schutzbehauptung gewertet werden. Die auch noch nach Zugang der Kündigung weitere zeitliche Verzögerung der Herausgabe bestätige die negative Zukunftsprognose. Auch das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Anzeige- und Nachweispflicht seiner Arbeitsunfähigkeit zeige, dass er sich berechtigten Anliegen der Beklagten bewusst und beharrlich widersetze. Seine Behauptung, er habe die Abmahnungen erst am 21.02.2009 zur Kenntnis genommen, sei ebenfalls als Schutzbehauptung zu werten, denn dass er für einen längeren Zeitraum seinen Briefkasten unbeachtet lasse, sei fernliegend. Zudem falle auf, dass er mit einem gleichgelagerten Einwand schon im Kündigungsschutzverfahren im Jahr 2003 hervorgetreten sei. Schließlich sei das Verhalten des Klägers, Posteingänge zu ignorieren, eine treuwidrige Zugangsvereitelung. Unter den gegebenen Umständen sei die Kündigung verhältnismäßig. Eine nochmalige Abmahnung zur Störungsabwehr sei gänzlich ungeeignet gewesen, um weitere Vertragsverstöße zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien auch tatsächliche Beeinträchtigungen festzustellen. Hinsichtlich der unterbliebenen Arbeitsunfähigkeitsanzeigen sei die Personalplanung beeinträchtigt. Hinsichtlich des Dienstfahrzeugs ergebe sich die Beeinträchtigung bereits daraus, dass ihr – der Beklagten – auf lange Zeiträume jede Nutzbarkeit eines Betriebsmittels vorenthalten worden sei. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass die Aufrechterhaltung der Betriebsdisziplin als legitimes arbeitgeberseitiges Interesse anzuerkennen sei. Die Einräumung „weiterer Bewährungsmöglichkeiten“ auch bei abgemahnten, beharrlichen Vertragsverstößen beinhalte ein der Beklagten schlechthin unzumutbares Signal für die Betriebsgemeinschaft. Die Verbindlichkeit von Weisungen wäre damit ganz nachhaltig relativiert. Ersichtlich sei es dem Kläger allein darum gegangen, seine abweichenden Vorstellungen zur Geltung zu bringen. Daraus folge zugleich eine besonders hohe Wiederholungsgefahr. Für eine schwere Erkrankung des Klägers, die ein schuldhaftes Verhalten ausschließen könnte, seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers sei schlicht falsch. Zwar weise der Kläger eine lange Betriebszugehörigkeit auf, besondere soziale Umstände lägen jedoch nicht vor. Insbesondere im Hinblick auf die mit dem Kläger geführten Gespräche, die Ermahnung und die Abmahnungen müsse die Interessenabwägung zu Gunsten der Beklagten ausgehen. Schließlich habe der Kläger sogar während des vorliegenden Verfahrens erneut eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 28.05.2009 erst am 29.05.2009 mitgeteilt, was die negative Zukunftsprognose bestätige.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.08.2009, 13 Ca 4134/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und rügt die Unzulässigkeit der Berufung, da die Berufungsbegründungsschrift sich nicht mit den Gründen des angefochtenen Urteils einzelfallbezogen auseinandersetze. Zudem sei der Vortrag überwiegend als verspätet zurückzuweisen. Sodann trägt der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, die angeblichen Pflichtverstöße aus dem Jahr 2002/2003 stünden in keinem Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren. Zudem habe dieses Verfahren einen anderen Arbeitgeber betroffen. Selbstverständlich sei er jederzeit dazu bereit gewesen, die ihm gegebenen Anordnungen zu befolgen, auch wenn es sich dabei um Sonderregelungen für ihn gehandelt habe. Die Beklagte habe das ihm zugewiesene Dienstfahrzeug während seiner Erkrankung weder nutzen können noch wollen, weil alle anderen Mitarbeiter über ein Dienstfahrzeug verfügten. Zudem hätte die Beklagte sich einen Ersatzschlüssel besorgen können, sofern ein solcher nicht ohnehin existiere. Die Fahrzeugunterlagen habe er am 06.02.2009 nur deshalb mitgenommen, weil es wegen der Abwesenheit des Herrn …….. keine Möglichkeit gegeben habe, diese sicher im Betrieb zu deponieren. Zudem habe er sich in einem so schlechten gesundheitlichen Zustand befunden, dass die Ärzte eine Klinikeinweisung für dringend erforderlich hielten, welche „aufgrund fehlender Krankenhauskapazitäten im Akutzustand“ aber nicht möglich gewesen sei. Er habe sich in den Monaten Februar und März 2009 in einer akuten depressiven Episode, gekennzeichnet durch völlige Antriebsschwäche bis zur Bewegungslosigkeit, Schlafstörungen, Erschöpfungszuständen, die ihn zeitweise tagelang ans Bett gefesselt hätten, Einschränkungen in der Konzentrations- und Denkfähigkeit und völligen Black-Outs, befunden. Bereits im Februar 2009 habe er sich in der Behandlung des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde Dr. M. befunden, der bestätigen könne, dass er – der Kläger – zu einfachsten Handlungen des täglichen Lebens nicht in der Lage gewesen sei. Aufgrund seiner Konstitution habe er weder die Rückgabe der Schlüssel organisieren noch eine entsprechende Rücksprache halten können. Als er die streitgegenständlichen Abmahnungen erhalten habe, sei bei ihm eine Lähmung eingetreten, die dazu geführt habe, dass er zu überhaupt keinen Handlungen mehr in der Lage gewesen sei. Die Erkrankung sei sowohl medikamentös als auch therapeutisch behandelt worden. Er habe seine Arbeitspflichten daher nicht in vorwerfbarer Weise verletzt. Hinsichtlich der Krankmeldungen sei eine Regelung gefunden worden, die Vertragsverletzungen in der Zukunft ausschließe.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 27.10.2010 hat der Kläger vor dem anberaumten Verkündungstermin vom 10.11.2010 unter Beifügung von E-Mailausdrucken vorgetragen, er habe am 28.05.2009 um 7.24 Uhr an seinen Vorgesetzten Herrn …….. eine Krankmeldung gesandt, die durch den Systemadministrator an Herrn …….. weitergeleitet worden sei. Es träfe daher nicht zu, dass er am 28.05.2009 unentschuldigt gefehlt habe.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

Der Auffassung des Klägers, die Berufungsbegründung habe sich nicht einzelfallbezogen mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt, kann nicht gefolgt werden. Mit der Berufungsbegründung wird insbesondere die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung, die letztlich dazu führte, dass der Kläger das Kündigungsschutzverfahren erstinstanzlich gewonnen hat, im Einzelnen angegriffen. Die Behauptung des Klägers, die Berufungsbegründung verwende lediglich „formelhafte Wendungen“, ist vom Kläger nicht näher konkretisiert worden und angesichts der von der Beklagten konkret dargelegten Angriffe auch unrichtig.

Soweit der Kläger pauschal behauptet, im Übrigen sei der Vortrag in der Berufungsbegründung „überwiegend“ als verspätet zurückzuweisen, ist auch dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. Mangels Konkretisierung ist schon nicht erkennbar, welchen Vortrag der Kläger diesbezüglich meint. Zudem kann durch die Berufungskammer auch kein Sachvortrag festgestellt werden, der als verspätet angesehen werden müsste.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Die streitgegenständliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 KSchG, denn sie ist durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist daher durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 09.03.2009 wirksam zum 31.10.2009 beendet worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts war mithin abzuändern.

In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht geht auch die Berufungskammer davon aus, dass schuldhafte Pflichtverletzungen des Klägers vorliegen, die geeignet sind, eine Kündigung des Klägers aus Gründen in seinem Verhalten zu rechtfertigen.

Unter einem kündigungsrelevanten „Verhalten“ ist eine solche Handlungsweise zu verstehen, die dem Arbeitnehmer vorwerfbar, d. h. von ihm steuerbar ist. Zudem ist ein Handeln nur dann von Bedeutung, wenn dadurch arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten verletzt und die Vertragsbeziehungen gestört werden. Liegen derartige Vertragsverletzungen vor, werden sie kündigungsrechtlich relevant, wenn der Arbeitgeber daraus schließen kann, dass das Vertragsverhältnis auch in Zukunft gestört wird. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung gehört daher zur sozialen Rechtfertigung eine negative Prognose, für die die bereits erfolgte Störung der maßgebende Anknüpfungspunkt ist. Der Arbeitnehmer soll durch die Kündigung nicht bestraft werden. Vielmehr soll der Arbeitgeber durch die Kündigung von seinem Recht Gebrauch machen können, weitere zu erwartende Vertragsverletzungen zu verhindern. Liegt ein gravierender Verstoß nicht vor, ist die negative Prognose regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer nach einer Abmahnung den Vertrag in gleicher oder ähnlicher Art erneut verletzt hat. Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose. Ist eine Kündigungsandrohung ordnungsgemäß erfolgt und wiederholt der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten, ist in der Regel davon auszugehen, dass künftig mit weiteren Störungen zu rechnen sein wird. Insbesondere kann ein Schluss auf die negative Entwicklung des Arbeitsverhältnisses aus wiederholten Vertragsverletzungen hergeleitet werden (vgl. ErfK, 10. Aufl., § 1 KSchG Rdnr.188, 196, 198, 199 m.w……… zur Rechtsprechung).

Ist das Arbeitsverhältnis in dieser Weise konkret beeinträchtigt und besteht keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit, ist die Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 818/06, zitiert nach juris m.w.N.).

Ein verhaltensbedingter Grund zur Kündigung kann nicht nur in einer erheblichen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liegen. Auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten kann sogar einen wichtigen Grund darstellen, der den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen kann. Als Verletzung einer Nebenpflicht ist ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers anzusehen. Ebenso kann die erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers einen Kündigungsgrund. bilden. Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (vgl. BAG, Urteil vom 12.05.2010, 2 AZR 845/08, zitiert nach juris).

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen ist zunächst festzustellen, dass der Kläger arbeitsvertragliche Nebenpflichten verletzt hat, indem er sich ausdrücklichen Weisungen seines Arbeitgebers widersetzte. Schwerwiegend ist dieses Verhalten insbesondere deshalb, weil es eine vorwerfbare Beharrlichkeit erkennen lässt, rechtmäßigen Anordnungen der Beklagten keine Folge leisten zu wollen. Gerade diese Beharrlichkeit ist es, die den Nebenpflichtverletzungen das kündigungsrelevante Gewicht verleiht.

Besonderes Gewicht kommt dabei der beharrlichen Weigerung des Klägers, die Anweisungen der Beklagten hinsichtlich der Herausgabe des Fahrzeugschlüssels zu befolgen, zu.

Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Beklagte berechtigt, vom Kläger während dessen Abwesenheit, sei es wegen Urlaubs oder wegen einer Arbeitsunfähigkeit, die Schlüssel für das Dienstfahrzeug herauszuverlangen, denn das Fahrzeug war dem Kläger ausschließlich zur dienstlichen Nutzung überlassen. Ein Besitzrecht an dem Fahrzeugschlüssel stand dem Kläger während einer Abwesenheitszeit mithin nicht zu, so dass die Beklagte berechtigter Weise die Herausgabe verlangen konnte. Diesem Herausgabeanspruch stand nicht entgegen, dass der Kläger – seine Behauptung als richtig unterstellt – alleiniger Nutzer dieses Fahrzeugs war, weil alle anderen Mitarbeiter ebenfalls über ein Dienstfahrzeug verfügten. Abgesehen davon, dass es mangels Besitzberechtigung des Klägers während einer Arbeitsverhinderung nicht der Entscheidungsmacht des Klägers obliegt, ob das Dienstfahrzeug einem anderen Mitarbeiter zugewiesen wird – zum Beispiel weil dessen Dienstfahrzeug wegen einer Reparatur oder aus anderen Gründen nicht verfügbar ist – muss der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, das Fahrzeug „zu bewegen“. Aus dem Personalgespräch vom 24.11.2008 war dem Kläger bekannt, dass das Dienstfahrzeug während seines dreiwöchigen Urlaubs einen Parkplatz in der Tiefgarage belegt hat, der einem anderen Ressort zugeordnet war, weil er – der Kläger – den Fahrzeugschlüssel vor seinem Urlaubsantritt nicht im Betrieb hinterlegt hatte.

Insoweit kann der Kläger sich nicht darauf berufen, die Beklagte hätte einen Zweitschlüssel anfertigen lassen können. Die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme verlangt von den Parteien eines Arbeitsverhältnisses, gegenseitig auf die Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen. Danach hat der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Es obliegt allein der Beklagten als Eigentümerin des Fahrzeugs, ob sie einen Zweischlüssel anfertigen lässt oder den Arbeitnehmer, der das Dienstfahrzeug nutzt, anweist, den Schlüssel für ein Fahrzeug, das nicht zur privaten Nutzung überlassen ist, im Betrieb zu hinterlegen. Erteilt der Arbeitgeber eine derartige Anweisung, die einfach zu befolgen ist, hat der Arbeitnehmer diese Anweisung auch aufgrund seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht zu respektieren und ihr zu folgen. Anhaltspunkte dafür, dass bei einer rein dienstlichen Überlassung des Fahrzeugs eigene Interessen des Klägers einer derartigen Anweisung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich und vom Kläger selbst nicht behauptet worden.

Unerheblich ist auch, ob der Kläger – sein Vorbringen als richtig unterstellt – der einzige Mitarbeiter war, dem der Dienstwagen nicht zur privaten Nutzung überlassen worden ist. Auch insoweit liegt es in der Entscheidungsmacht des Arbeitgebers als Eigentümer der Fahrzeuge, mit welchem Arbeitnehmer aus welchen Gründen er eine private Nutzung des Fahrzeugs bzw. die Mitnahme des Fahrzeugs zum Wohnsitz vereinbart und mit welchen Arbeitnehmern nicht. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bezogen auf den Kläger um eine „Schikanemaßnahme“ gehandelt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Tatsachen, die diese Annahme rechtfertigen könnten, sind vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

Die Anweisung an den Kläger im Gespräch vom 24.11.2008, die Fahrzeugschlüssel nicht nur vor einem Urlaubsantritt, sondern am Ende eines jeden Arbeitstages im Betrieb zu hinterlegen, war – auch wenn diese Anweisung nach dem Vortrag des Klägers für andere Arbeitnehmer der Beklagten nicht gegolten haben sollte – gerechtfertigt, weil der Kläger weisungswidrig vor seinem Urlaubsantritt im Oktober 2008 die Fahrzeugschlüssel im Betrieb nicht hinterlegt hatte. Zur Vermeidung weiterer derartiger Verstöße war es – insbesondere vor dem Hintergrund des zur Kündigung führenden Sachverhaltes im Jahr 2003, bei dem die Beklagten über einen Zeitraum von drei Monaten nicht über das Fahrzeug verfügen konnte – eine sachlich gerechtfertigte Maßnahme, den Kläger anzuweisen, den Schlüssel jeden Tag bei Arbeitsende im Betrieb zu hinterlegen, um weitere gleichgelagerte Verstöße zu vermeiden. Eine irgendwie geartete unzulässige Maßregelung des Klägers kann in einer solchen Anordnung unter Berücksichtigung des für die Anordnung vorliegenden Sachverhalts nicht gesehen werden. Abgesehen davon ist der Kläger selbst dann, wenn er sich durch eine solche Anordnung „gemaßregelt“ gefühlt haben sollte, nicht dazu berechtigt, eine derartige Anweisung einfach zu missachten. Wenn er der Auffassung war, dass ihm nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung ein Anspruch auf eine weitere Nutzung des Dienstfahrzeugs zugestanden hätte, hätte er diesen Anspruch geltend machen können. Keinesfalls durfte er sich einseitig über die Weisung seines Arbeitgebers hinwegsetzen.

Die Weigerung des Klägers, die berechtigte Anordnung der Beklagten zu beachten, war auch in kündigungsrelevanter Weise beharrlich.

Für die Annahme einer beharrlichen Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht ist eine wiederholte, bewusste und nachhaltige Verletzung der Vertragspflicht erforderlich. Aufforderungen zum vertragsgemäßen Verhalten müssen erfolglos geblieben sein.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Der Kläger musste bereits nach der Kündigung im Jahr 2003 davon ausgehen, dass er bei einer weiteren Nichtbefolgung der Weisung der Beklagten, den Fahrzeugschlüssel im Betrieb zu hinterlegen, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Bereits im Jahr 2003 wurde dem Kläger durch eine Abmahnung und nachfolgende Kündigung vor Augen geführt, dass er dazu verpflichtet war, den Fahrzeugschlüssel für das Dienstfahrzeug bei einer Arbeitsverhinderung an die Beklagte herauszugeben. Die – aus anderen Gründen – unwirksame Kündigung aus dem Jahr 2003 muss der Kläger sich als Abmahnung und eindeutige Anweisung, wie mit dem Fahrzeugschlüssel zu verfahren ist, zurechnen lassen. Zudem konnte er daraus, dass der Arbeitgeber wegen der Nichtherausgabe des Fahrzeugschlüssels sogar eine Kündigung aussprach, entnehmen, dass die Herausgabe des Fahrzeugschlüssels für den Arbeitgeber eine wesentliche Vertragspflicht darstellte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann in einer unwirksamen Kündigung eine kündigungsrechtlich wirksame Abmahnung liegen (vgl. BAG, Urteil vom 19.04.2007, 2 AZR 180/06, zitiert nach juris). Durch das Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung soll der mögliche Einwand des Arbeitnehmers ausgeräumt werden, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nicht gekannt oder jedenfalls nicht damit rechnen müssen, der Arbeitgeber sehe dieses Verhalten als so schwerwiegend an, dass er zu kündigungsrechtlichen Konsequenzen greifen werde (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.1986, 7 AZR 674/84, zitiert nach juris). Die Funktion einer Abmahnung erfüllt eine vorhergehende Kündigung jedenfalls dann, wenn die Tatsachen, auf die die Kündigung gestützt wird, feststehen und die Kündigung aus anderen Erwägungen als sozialwidrig erachtet wird (vgl. BAG, Urteil vom 31.08.1989, 2 AZR 13/89, zitiert nach juris).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Ausweislich des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.09.2003, 8 Ca 1596/03, war die Kündigung wegen der Nichtherausgabe der Fahrzeugschlüssel deshalb unwirksam, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten keinen Beweis dafür ins Feld führen konnte, dass dem Kläger das Abmahnungsschreiben vom 03.02.2003 bereits vor Ausspruch der Kündigung zugegangen war und der Kläger von seinem Inhalt hatte Kenntnis nehmen können. Außerdem wies das Arbeitsgericht Aachen darauf hin, dass die Kündigung auch daran scheitere, dass der Arbeitgeber sich mit dem Vortrag des Klägers, er habe den Fahrzeugschlüssel bereits vor Fertigung des Kündigungsschreibens am 23.02.2003 zurückgegeben und sei damit – ohne Kenntnis vom Inhalt der Abmahnung – bereits der Verhaltensanforderung des Arbeitgebers nachgekommen, nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Die Kündigung wurde mithin „aus anderen Gründen“ für sozialwidrig erachtet. Der Kläger war somit durch die Kündigung vom 25.02.2003 ausreichend gewarnt. Er konnte erkennen, dass sein Arbeitgeber sein Verhalten – die Nichtherausgabe der Fahrzeugschlüssel – als so schwerwiegend ansieht, dass er sogar zu kündigungsrechtlichen Konsequenzen greift. Der Kläger konnte mithin bereits nach dieser – wenn auch unwirksamen – Kündigung nicht davon ausgehen, dass sein Arbeitgeber ein weiteres Fehlverhalten in dieser Hinsicht hinnehmen werde.

Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf berufen, der Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Aachen habe einen anderen Arbeitgeber betroffen. Unstreitig ist das Arbeitsverhältnis durch einen Betriebsübergang auf die Beklagte übergegangen. Für den Erwerber – vorliegend mithin die Beklagte – hat der Betriebsübergang zur Folge, dass er in alle arbeitsvertraglichen Ansprüche gegenüber den übernommenen Arbeitnehmer eintritt. Er wird zudem Gläubiger aller entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in engem Zusammenhang stehen. Auch die Gestaltungsrechte gehen auf den neuen Inhaber über. Liegen die Gründe für eine fristlose oder fristgerechte verhaltensbedingte Kündigung noch vor dem Betriebsübergang, kann der Erwerber sich auf diese Gründe berufen, wenn sie noch nachwirken (vgl. ErfK, § 613 a BGB, Rn. 79).

Vorliegend kann die Beklagte sich auf das vor dem Betriebsübergang liegende Fehlverhalten des Klägers berufen, weil die betriebliche Regelung, den Fahrzeugschlüssel bei einer längeren Betriebsabwesenheit im Betrieb zu hinterlegen, bei ihr weitergegolten hat. Die insoweit erforderliche Nachwirkung des Fehlverhaltens des Klägers ist mithin gegeben.

Der Kläger kann sich des weiteren nicht mit Erfolg darauf berufen, sein Fehlverhalten liege zu lange zurück, um für die Beurteilung einer weiteren gleichen Pflichtverletzung arbeitsrechtliche Beachtung zu finden. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass ein Fehlverhalten an kündigungsrelevanter Bedeutung verliert, je länger es ohne einschlägigen Wiederholungsfall zurückliegt. Vorliegend geht es jedoch nicht darum, ob die Kündigung als im Sinne einer nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zunächst vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung gebotenen Abmahnung zu werten ist, sondern es geht vorrangig um die Feststellung, dass dem Kläger bewusst war, dass ein Verstoß gegen die arbeitgeberseitige Anordnung, den Fahrzeugschlüssel bei Abwesenheit nicht im Betrieb zu hinterlegen und auch während der Abwesenheit nicht für eine Herausgabe Sorge zu tragen, arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, weil eine Verletzung dieser Anordnung aus Sicht des Arbeitgebers eine erhebliche Vertragspflichtverletzung darstellt. Diese Konsequenz war dem Kläger unabhängig davon, wie lange sein Fehlverhalten zurücklag, bekannt. Ob die Kündigung aus dem Jahr 2003 dazu geeignet wäre, bei einem weiteren Verstoß bereits eine negative Zukunftsprognose zu rechtfertigen, braucht vorliegend nicht beantwortet zu werden, denn unstreitig hat die Beklagte wegen eines erneuten Verstoßes im Oktober 2008 eine Ermahnung und zwei Abmahnungen ausgesprochen. Für die hier zu beantwortende Frage der Beharrlichkeit des Pflichtverstoßes ist ausschließlich entscheidend, dass dem Kläger aufgrund der Kündigung im Jahr 2003 bekannt war, dass ein Verstoß gegen die Anordnung der Herausgabe der Fahrzeugschlüssel für seinen Arbeitgeber von kündigungsrelevanter Bedeutung war.

Obwohl dem Kläger mithin die Bedeutung der Einhaltung der Anordnung bekannt war, hat er im Oktober 2008 erneut gegen diese Anordnung verstoßen.

Trotz der Ermahnung vom 29.01.2009 und den beiden Abmahnungen hat der Kläger in Kenntnis der Bedeutung der arbeitgeberseitigen Anordnung bis zum Zugang der streitgegenständlichen Kündigung und darüber hinaus bis zum 19.03.2009 erneut die Fahrzeugschlüssel und die zum Fahrzeug gehörenden Unterlagen nicht an die Beklagte herausgegeben. Dabei wird zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen, dass er am 06.02.2009 der Anweisung der Beklagten, die Schlüssel an seinen Vorgesetzten Herrn …….. herauszugeben, keine Folge leisten konnte, weil dieser zum Zeitpunkt des Arbeitsendes des Klägers an diesem Tag um 20.00 Uhr nicht mehr im Betrieb und sein Büro verschlossen war. Ebenfalls ist zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, dass er die Schlüssel aus Sicherheitsgründen mit nach Hause genommen hat. Die Beklagte hat eine vernünftige Alternative nicht dargelegt. Dennoch hätte der Kläger in Kenntnis der Anordnung der Beklagten mitteilen müssen, dass und aus welchen Gründen er entgegen der Weisung die Fahrzeugschlüssel mitgenommen hat. Spätestens nach Zugang der beiden Abmahnungen, in denen er ausdrücklich aufgefordert wurde, sich zur Klärung dieser Angelegenheit mit Herrn …….. in Verbindung zu setzen, hätte er dieser Anordnung Folge leisten müssen.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts geht die Berufungskammer davon aus, dass dem Kläger die Abmahnungen – wie von ihm eingeräumt – nicht erst am 21.02.2009, sondern die Abmahnung vom 16.02.2009 spätestens am 17.02.2009 und die Abmahnung vom 18.02.2009 jedenfalls am 19.02.2009 in zurechenbarer Weise zugegangen sind. Die Berufung des Klägers auf eine spätere Kenntnisnahme ist rechtsmissbräuchlich.

Zutreffend hat die Beklagte zunächst eingewandt, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, beide Abmahnungen seien vom Kläger – von der Beklagten unbestritten – erst am 21.02.2009 zur Kenntnis genommen worden. Die Beklagte hat insoweit erstinstanzlich vorgetragen, dass selbst dann, wenn der Kläger die Abmahnungen erst am 21.02.2009 aus dem Briefkasten genommen haben sollte, von einer weiteren Pflichtverletzung des Klägers ausgegangen werden müsse. Dieser Vortrag impliziert ein Bestreiten der Beklagten, dass der diesbezügliche Vortrag des Klägers richtig ist, denn er wird lediglich als wahr unterstellt, um daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass trotz einer – unterstellten – Wahrheit der Behauptung eine Pflichtverletzung vorliege.

Im vorliegenden Fall ist die Berufung des Klägers auf seine vor dem 21.02.2009 fehlende Kenntnis von dem Inhalt des Abmahnungsschreibens rechtsmissbräuchlich.

Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht, das heißt in verkehrsüblicher Weise so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. § 130 BGB ist grundsätzlich auch auf eine schriftliche Abmahnung anzuwenden. Über den Zugang hinaus ist jedoch auch die Kenntnis des Empfängers von dem Inhalt der Abmahnungserklärung erforderlich. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Abmahnung, dem Arbeitnehmer eine Vertragspflichtverletzung vor Augen zu führen und ihm die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Im Anwendungsbereich des § 130 BGB kann es dem Erklärungsempfänger jedoch nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf den fehlenden oder verspäteten Zugang einer Willenserklärung zu berufen. Dies ist der Fall, wenn ihm das Zugangshindernis zuzurechnen ist und der Erklärende nicht damit zu rechnen brauchte (vgl. BAG, Urteil vom 18.02.1977, 2 AZR 770/75, zitiert nach juris). Entsprechendes gilt auch in den Fällen, in denen nicht schon der Zugang einer Erklärung, sondern darüber hinaus die Kenntnis von ihrem Inhalt Rechtsfolgen für den Erklärungsempfänger auslöst. Auch die Berufung auf die fehlende oder verspätete Kenntnis kann rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BAG, Urteil vom 09.08.1984, 2 AZR 400/83, zitiert nach juris).

Ausgehend von diesen Voraussetzungen kann der Kläger sich nicht darauf berufen, er habe beide Abmahnungen erst am 21.02.2009 zur Kenntnis genommen. Er war arbeitsunfähig erkrankt und unstreitig zuhause. Seine Behauptung, er habe aufgrund seines desolaten gesundheitlichen Zustandes den Briefkasten nur sporadisch geleert und leeren können, muss als Schutzbehauptung gewertet werden. Wie nachfolgend im Rahmen der Schuldhaftigkeit des Verhaltens des Klägers noch ausgeführt wird, war der Kläger ausweislich der vorgelegten Atteste und der Aufstellung der Krankenkasse nicht in einer Weise erkrankt, die eine regelmäßige Leerung seines Briefkastens ausschloss. Die Beklagte brauchte auch nicht damit zu rechnen, dass der Kläger trotz Anwesenheit eine in verkehrsüblicher Weise zugestellte Mitteilung nicht zur Kenntnis nimmt, weil er den Briefkasten nicht leert. Sollte der Kläger den Briefkasten tatsächlich nicht geleert haben, so hat er in zurechenbarer Weise eine Kenntnisnahme vom Inhalt der Abmahnungen, mit deren Zugang er zudem rechnen musste, weil er der Beklagten über einen Zeitraum von zwei Wochen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übersandt und sich bei ihr auch nicht mehr gemeldet hatte, vereitelt mit der Folge, dass er sich auf eine fehlende Kenntnis des Inhalts nicht berufen kann. Danach muss der Kläger sich eine Kenntnis darüber, dass er aus Sicht der Beklagten mangels Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seit dem 09.02.2009 unentschuldigt fehlte, er seine Arbeit aufnehmen oder die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen, sich bei Herrn …….. oder dessen Stellvertreterin krankmelden sowie sich mit Herrn …….. wegen der Herausgabe der Fahrzeugschlüssel und -unterlagen in Verbindung setzen sollte, zurechnen lassen.

Selbst wenn jedoch eine Kenntnisnahme des Klägers von beiden Abmahnungen erst am 21.02.2009 unterstellt würde, hätte der Kläger seine Verpflichtung zur Herausgabe der Fahrzeugschlüssel beharrlich weiterhin verletzt, denn er hat auch in der Folgezeit – entgegen den ausdrücklichen Weisungen in den Abmahnungen und ohne nachvollziehbaren Grund – keinen Kontakt mit seinem Vorgesetzten Herrn …….. aufgenommen, um eine Übergabe der Schlüssel zu organisieren. Insoweit kann der Kläger sich nicht darauf berufen, er habe Herrn …….. nicht erreichen können, denn hinsichtlich der Regelung der Herausgabemodalitäten bedurfte es nicht – wie etwa bei der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit – einer Erreichbarkeit vor Dienstbeginn. Vielmehr hat der Kläger diesbezüglich gar nicht erst versucht, seinen Vorgesetzten anzurufen. Darin ist eine beharrliche Pflichtverletzung zu sehen.

Selbst im laufenden Verfahren hat der Kläger sich auf den Standpunkt gestellt, die Beklagte hätte für solche Fälle einen Zweitschlüssel anfertigen lassen können, im Übrigen habe sie keinen Nachteil dadurch, dass er den Schlüssel behalte, weil das Fahrzeug ausschließlich von ihm genutzt werde. Der Kläger legt damit anschaulich dar, dass er trotz des Kündigungsschutzverfahrens im Jahr 2003, der Ermahnung und der Abmahnungen, die ihm die Bedeutung der Anweisung der Beklagten als Arbeitsvertragspflichtverletzung hinreichend verdeutlicht haben, grundsätzlich nicht willens und bereit ist, der diesbezüglichen Anweisung des Arbeitgebers zu folgen, weil er der Ansicht ist, die Beklagte sei auf andere Möglichkeiten zu verweisen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände hat der Kläger durch seine trotz der Abmahnungen fortgesetzten Zurückhaltung der Schlüssel ohne seinen Vorgesetzten zu informieren zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit ist, Anweisungen der Beklagten zu befolgen, die er nicht für zutreffend hält.

Dieses kündigungsrelevante Fehlverhalten des Klägers zeigt sich auch in seiner beharrlichen Weigerung, den Weisungen der Beklagten hinsichtlich seiner Anzeige- und Nachweispflichten im Zusammenhang mit seiner Arbeitsunfähigkeit Folge zu leisten.

Zunächst ist dem Arbeitsgericht darin beizupflichten, dass die verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein ehr geringfügiger Verstoß ist. Einen solchen Verstoß könnte die Beklagte zunächst dadurch „ahnden“, dass sie bis zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß § 7 EntgeltfortzahlungsG keine Entgeltfortzahlung leistet. Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang festzustellen, dass der Kläger – abgesehen von der verspäteten Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – offensichtlich nicht dazu bereit ist, den Weisungen der Beklagten zu folgen. Obwohl ihm ausweislich der Abmahnungen spätestens seit dem 21.02.2009 bekannt war, dass er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seinem Vorgesetzten Herrn …….. vorlegen sollte, hat er am Abend des 24.02.2009 Herrn …….. mitgeteilt, seine „AU“ habe er nach …….. zu Händen von Frau …….. geschickt.

Schwerwiegender ist jedoch die bereits vom Arbeitsgericht festgestellte Verletzung der unverzüglichen Anzeigepflicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Verletzung einer Nebenpflicht anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit, insbesondere die Pflicht der unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit, nach erfolgloser Abmahnung eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 16.08.1981, 2 AZR 604/90, zitiert nach juris). Besonders erschwerend ist vorliegend vor allen Dingen, dass der Kläger die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit am 24.02.2009 bei einem Sachbearbeiter der Disposition anstatt – weisungsgemäß – bei dem Vorgesetzten bzw. dessen Stellvertreterin, vorgenommen hat und zwar in Kenntnis des Inhalts der Abmahnungen. Seinen Vorgesetzten hat der Kläger am 24.02.2009 erst weit nach Dienstschluss mit einer E-Mail um 21.33 Uhr von seiner Erkrankung in Kenntnis gesetzt. Neben dem beharrlichen Weigerungsverhalten des Klägers, Anweisungen der Beklagten zu befolgen, ist in diesem Verhalten aus Sicht der Beklagten berechtigterweise zusätzlich eine Provokation zu sehen. Die Einschätzung eines beharrlichen Weigerungsverhaltens des Klägers wird auch in diesem Zusammenhang durch den prozessualen Vortrag des Klägers gestützt. Der Kläger hat insoweit vortragen lassen, er halte eine Anzeige bei dem Disponenten für sinnvoller als beim Vorgesetzten. Hierin bestätigt sich erneut, dass der Kläger nicht gewillt ist, Weisungen des Arbeitgebers zu akzeptieren und insbesondere zu befolgen, sondern seine Auffassung an die Stelle der Weisung des Arbeitgebers setzt.

Sein Fehlverhalten ist dem Kläger auch vorwerfbar. Seine Behauptung, er habe aufgrund seiner Erkrankung „vergessen“, dass er die Unterlagen mitgenommen habe und er habe sich nicht „normal“ verhalten können, müssen als Schutzbehauptung gewertet werden. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass der Kläger am 24.02.2009 mit einem Sachbearbeiter der Beklagten telefoniert hat, um seine weitere Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen und am Abend desselben Tages eine E-Mail an seinen Vorgesetzten geschrieben hat, mithin alltägliche Handlungen vorgenommen hat, die gerade nicht seine Behauptung stützen, er sei zu „normalen“ Handlungen nicht in der Lage gewesen. Der weitere Vortrag des Klägers, er sei psychisch derart schwer erkrankt gewesen, dass er nicht dazu in der Lage gewesen wäre, den Inhalt der Abmahnungen zu verstehen, hat sich in keiner Weise bestätigt. Insbesondere die Behauptung des Klägers, er habe sich in einem derart schlechten gesundheitlichen Zustand befunden, dass die Ärzte eine Klinikeinweisung für dringend erforderlich hielten, welche allein aufgrund fehlender Krankenhauskapazitäten gescheitert sei, hat sich in Anbetracht der vorlegten Atteste in keiner Weise bestätigt. Auch die Behauptung, Dr. M. könne seinen desolaten Zustand ab dem 09.02.2009 bestätigen, ist unrichtig, denn anhand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen konnte festgestellt werden, dass der Kläger Dr. M. erstmalig am 17.03.2009, mithin deutlich nach dem streitgegenständlichen Zeitraum, aufgesucht hat. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger – auch – psychisch erkrankt war. Nach den zur Akte gereichten Unterlagen hat der Kläger sich jedoch nicht in einem Zustand befunden, der ein vorwerfbares Verhalten ausschließen könnte. Einen derartigen Anhaltspunkt bietet auch nicht das Attest der Hausärztin des Klägers.

Macht der Arbeitnehmer – wie vorliegend – einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund geltend, so ist dieser vom Kündigenden zu widerlegen. Insoweit greift eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitnehmer hat die tatsächlichen Grundlagen der Rechtfertigung oder Entschuldigung so substantiiert wie möglich darzulegen. Hierauf hat der Kündigende entsprechend substantiiert zu erwidern und notwendigenfalls Beweis zu führen (vgl. dazu ErfKom, 10. Aufl. § 626 BGB, Rdnr. 235 m.w………). Vorliegend hat der Kläger bereits die tatsächlichen Grundlagen seiner Rechtfertigung, nämlich eine gravierende psychische Erkrankung, nicht dargelegt, so dass es einer Widerlegung durch die Beklagte nicht bedurfte.

Die Berufungskammer verkennt nicht, dass die zum Ausspruch der Kündigung führenden Pflichtverletzungen des Klägers an sich nicht gravierende arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen darstellen. Indes ist hervorzuheben, dass es nicht die Pflichtverletzungen für sich genommen sind, die zur Rechtfertigung der Kündigung führen, sondern es ist die in dem Verhalten des Klägers zum Ausdruck kommende und vom Arbeitgeber nicht hinzunehmende Beharrlichkeit, sich berechtigen Anweisungen des Arbeitgebers zu widersetzen, weil sie nach seiner Einschätzung nicht sinnvoll sind. Bei einem derartigen Verhalten ist auch die Verletzung weniger gravierender Pflichtverletzungen geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Bei einer Gesamtschau der gleichartigen Pflichtverletzungen des Klägers ist die erforderliche negative Zukunftsprognose gerechtfertigt, dass der Kläger auch in Zukunft sein das Vertragsverhältnis störendes Verhalten fortsetzen wird. Für die Gleichartigkeit der Pflichtverletzungen reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für eine negative Prognose aus, wenn die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnung und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 818/06, zitiert nach juris).

Wie bereits ausgeführt liegt der kündigungsrelevante Vorwurf in der beharrlichen Weigerung des Klägers, Anweisungen der Beklagten hinsichtlich vertraglicher Nebenpflichten zu befolgen, mithin sind es gleichgelagerte Pflichtwidrigkeiten in vorstehendem Sinn.

Auch unter Berücksichtigung der in jedem Fall gebotenen Interessenabwägung ist die Kündigung gerechtfertigt. Im Rahmen der Interessenabwägung hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (vgl. BAG, Urteil vom 28.01.2010, 2 AZR 1008/08, zitiert nach juris). Als mildere Reaktionen ist vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung anzusehen. Sie ist dann ein alternatives Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet ist, den mit der Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen (vgl. BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09, zitiert nach juris).

Die Beklagte hat den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet, denn sie hat als nächst mögliches milderes Mittel die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Wie bereits ausgeführt war der Kläger bereits aufgrund des Kündigungsschutzverfahrens im Jahr 2003 in der Weise hinreichend gewarnt, dass er wusste, sein Arbeitgeber werde bei erneuten Verstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen auch in Form einer Kündigung ziehen. Die Beklagte hat den Kläger nach seinem erneuten Verstoß bei seinem Urlaubsantritt im Oktober 2008 zunächst schriftlich ermahnt und ihn in der Ermahnung ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei unumgänglich, dass er das Fahrtenbuch, die Tankkarte, den KFZ-Schein und den Fahrzeugschlüssel täglich vor Arbeitsende im Büro abgebe, damit eine ggf. erforderliche, nicht planbare Nutzung des dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs möglich sei. Nachdem der Kläger den Fahrzeugschlüssel erneut mitgenommen hat, hat sie ihn zweimal abgemahnt. Zwar ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er die Schlüssel aus Sicherheitsgründen in nicht zu beanstandender Weise mit nach Hause genommen hat, die beiden Abmahnungen sehr kurz hintereinander erfolgten und diese zudem eine möglicherweise zu kurze Fristsetzung zur Herausgabe des Fahrzeugschlüssels enthielten. Zu seinen Lasten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er die Schlüssel in Kenntnis seiner Herausgabe- verpflichtung und in Kenntnis der Aufforderung, sich diesbezüglich mit seinem Vorgesetzten in Verbindung zu setzen, auch bis zum Zugang der streitgegenständlichen Kündigung vom 09.03.2009 nicht an die Beklagte herausgegeben hat, obwohl er nach Zugang der Abmahnungen, selbst wenn er diese erst am 21.02.2009 aus dem Briefkasten genommen haben sollte, dafür hinreichende Zeit hatte. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger sich des weiteren nicht an die Anweisung gehalten hat, seinem Vorgesetzten die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu übersenden, durfte die Beklagte davon ausgehen, dass eine weitere Abmahnung nicht zu einer Verhaltensänderung des Klägers führen wird. Auch konnte im Rahmen der Abwägung nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger keine Einsicht in die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens gezeigt hat. Dies muss als Indiz für eine Wiederholungsgefahr angesehen werden. Danach war eine weitere Abmahnung entbehrlich, denn die zuvor erfolgte Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses war offensichtlich nicht geeignet, das Verhalten des Klägers positiv zu beeinflussen. Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 818/06, zitiert nach juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich nach einer erneuten Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten werde, liegen nicht vor, so dass die Berufungskammer entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keinen Ansatzpunkt dafür sieht, dem Kläger eine weitere „Bewährungschance“ einzuräumen.

Das Vorliegen eines anderen milderen Mittels ist nicht ersichtlich. Als Außendienstmitarbeiter muss dem Kläger ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stehen. Den – abgestuften – Anweisungen, den Schlüssel im Betrieb zu hinterlegen, hat der Kläger keine Folge geleistet. Ein Einsatz im Innendienst scheidet bereits aufgrund des vom Kläger unstreitig der Beklagten vorgelegten Attestes aus. Abgesehen davon, dass der Kläger sich selbst nicht darauf berufen hat, er könne zum Beispiel im Innendienst eingesetzt werden, ist zudem nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im Innendienst kein Arbeitsplatz frei, der mit dem Kläger besetzt werden könnte.

Zu Recht hat die Beklagte schließlich darauf hingewiesen, dass es ihre betrieblichen Interessen gebieten, darauf zu bestehen, dass erteilte Weisungen eingehalten werden und nach Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen auch der Ausspruch einer Kündigung erfolgt.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es seien durch sein Verhalten keine konkreten betrieblichen Beeinträchtigungen entstanden. Auch die schuldhafte vergeblich abgemahnte Verletzung einer Nebenpflicht kann an sich eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen, und zwar auch dann, wenn es dadurch nicht zu einer Störung der Arbeitsorganisation oder des Betriebsfriedens gekommen ist. Sind tatsächlich derartige nachteilige Auswirkungen eingetreten sind, so ist das ein Umstand, der im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist (vgl. BAG, Urteil vom 16.08.1991, 2 AZR 604/90, zitiert nach juris).

Auf Seiten des Klägers ist seine lange Betriebszugehörigkeit von 24 Jahren zu berücksichtigen. Allerdings hat das Arbeitsverhältnis – worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat – gerade nicht unbelastet bestanden. Schon im Jahr 2003 hat der Kläger sich den Anweisungen seines Arbeitgebers nachhaltig widersetzt und die Verfügbarkeit des Dienstfahrzeugs ausweislich des unstreitigen Tatbestandes des Arbeitsgerichts Aachen über einen Zeitraum von drei Monaten verhindert. Auch wenn das Arbeitsverhältnis danach zunächst circa fünf Jahre lang unbeanstandet fortgesetzt worden ist, ist es gerade die sodann folgende Beharrlichkeit im Verhalten des Klägers, Anweisungen des Arbeitgebers zu missachten, die dazu führt, dass das Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, im Verhältnis zu dem Interesse des Klägers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, überwiegt. Die Berufungskammer konnte sich zunächst des Eindrucks nicht erwehren, dass das Verhalten des Klägers aufgrund seiner Erkrankung nicht steuerbar und damit nicht vorwerfbar war. Trotz des diesbezüglichen Hinweisbeschlusses der Berufungskammer vom 04.02.2010 hat der Kläger jedoch keine Tatsachen vortragen können, die hinreichende Zweifel an der Steuerbarkeit seines Verhaltens hätten aufkommen lassen können. Vielmehr hat sich der Sachvortrag des Klägers, aufgrund seines desolaten psychischen Gesundheitszustandes sei von den Ärzten eine Klinikeinweisung vorgesehen gewesen und der Psychiater Dr. M. könne bestätigen, dass er in dem streitgegenständlichen Zeitraum sozusagen nicht handlungsfähig gewesen sei, als unrichtig erwiesen. Aus keiner der vorgelegten Bescheinigungen geht für den streitgegenständlichen Zeitraum eine psychische Erkrankung hervor, die die Annahme rechtfertigen könnte, das Fehlverhalten des Klägers sei nicht vorwerfbar. Dr. M. hat der Kläger entgegen seinem Vortrag im streitgegenständlichen Zeitraum nicht einmal aufgesucht, so dass schon nicht nachvollziehbar ist, wie Dr. M. bestätigen können soll, dass der Kläger sich in einem Zustand befunden hat, der ein steuerbares Verhalten ausgeschlossen haben könnte. Selbst wenn der Kläger mithin aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sein sollte, einfachen Anweisungen der Beklagten Folge zu leisten, kann dies auch im Rahmen der Interessenabwägung mangels feststellbarer Tatsachen nicht berücksichtigt werden.

Schließlich sind auf seiten des Klägers keine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Zudem befindet er sich mit 41 Jahren zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht in einem Alter, in dem von einer Unvermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt ausgegangen werden muss.

Unter Berücksichtigung vorstehender Darlegungen musste die Interessenabwägung zu Gunsten der Beklagten ausgehen.

Die Frage, ob der Kläger nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung erneut gegen seine Anzeigepflicht hinsichtlich einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit verstoßen hat, kann offen bleiben, da sie für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht entscheidungserheblich ist.

Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf mithin abzuändern.

III.

Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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