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Unfall mit Linienbus – geblinkt und direkt auf die Hauptstrasse gefahren – Haftungsverteilung

Amtsgericht Erfurt

Az.: 28 C 2263/00

Verkündet am 30.05.2001


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Erfurt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2001 für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, gesamtschuldnerisch haftend, an die Klägerin 1.854,47 DM nebst 4% Zinsen seit dem 19.05.2000 zu zahlen, im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagten 2/3 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

TATBESTAND:

Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus übergegangenem Recht Anspruch auf Schadensersatz aus dem Unfallgeschehen vom 25.01.2000. Die Klägerin ist die Haftpflichtversicherung der Unfallbeteiligten. Die Zeugin fuhr mit ihrem X mit dem amtlichen Kennzeichen XXX hinter dem Fahrzeug des Zeugen B. Beide befuhren Richtung B. Beide Fahrzeuge mußten zunächst an der Ampelkreuzung P anhalten, weil die Ampel „Rot“ geschaltet war. Zur gleichen Zeit befuhr der Beklagte zu 1. mit der Beklagten zu 2. die Bushaltestelle hinter der Ampelkreuzung an. Als die Ampel auf „Grün“ schaltete, fuhren der Zeuge B und dahinter die Zeugin mit ihren Fahrzeugen an. Zur gleichen Zeit fuhr der Beklagte zu 1. mit dem B von der Bushaltestelle an, gab mindestens ein Blinkzeichen und fuhr auf die Fahrspur, die auch von den Zeugen M und B befahren wurde, ein. Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit die beiden von hinten kommenden Fahrzeuge die Höhe des schon erreicht hatten. Der Zeuge S machte eine Bremsung, die Zeugin B fuhr auf das Fahrzeug des Zeugen A auf. Der vom Beklagten zu 1. gesteuerte B wurde in den Unfall selbst nicht verwickelt.

Die Klägerin regulierte den Schaden in Höhe von 5.104,43 DM gegenüber den Zeugen W, für die Einholung eines Sachverständigengutachtens mußte die Klägerin 459,00 DM zahlen. Aus dem Gesamtschaden von 5.563,43 DM begehrt die Klägerin eine Erstattung in Höhe von 50%.

Die Klägerin behauptet, daß die beiden von hinten kommenden Fahrzeuge der Zeugen bereits in Höhe des B gewesen seien als dieser von der Haltestelle losgefahren wäre.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.781,70 DM nebst 4% Zinsen seit dem 19.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. Sie behaupten, daß die Darstellung der Klägerin nicht stimmen könne. Tatsächlich seien die beiden Fahrzeuge hinter dem B gewesen. Wären sie bereits in Höhe des B gewesen, hätte es zu einer Kollision auch mit dem B kommen müssen. Im übrigen habe der Zeuge B selbät keine Vollbremsung gemacht.

Das Gericht hat gemäß Beschluß vom 05.01.2001 Beweis durch Zeugeneinvernahme angeordnet, Bl. 73 d. A.. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30.05.2001, Bl. 85 ff. d. A., verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Klageschrift sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 7,17,18 Abs.1 StVG, 823 Abs. 1, Abs. 2,254 BGB Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.854,47 DM verlangen. Die Zeugin und der Beklagte zu 1. haben den Unfall jeweils schuldhaft verursacht. Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ergibt, daß der von der Klägerin ausgeglichene Schaden nur zu 1/3 von den Beklagten zu erstatten ist.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß der Beklagte zu 1. mit seinem B an der Haltestelle gestanden hatte, mindestens ein oder zwei Mal geblinkt hat und dann sogleich auf die von den Zeugen befahrene Straße aufgefahren ist. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen B steht desweiteren fest, daß dieser mit seinem bereits in Höhe des B gewesen war. Unter den gegebenen Umständen durfte der Beklagte zu 1. sich eine Vorfahrt nicht mehr erzwingen. Der Beklagte zu 1. hat schuldhaft den Vorrang des von dem Zeugen 4BBBI gesteuerten aus § 10 StVO verletzt. Er hat nämlich seine Absicht, mit dem B die Haltestellenbucht zu verlassen, entgegen § 10 Satz 2 StVO nicht rechtzeitig durch Setzen des linken Blinkers angekündigt. Der Zeuge hat glaubhaft bekundet, daß zwar der linke Blinker gesetzt worden war, er sich zu diesem Zeitpunkt jedoch schon neben dem B befunden hatte. Dieser Sachvortrag wurde auch von der insoweit glaubwürdigen Zeugin bestätigt. Gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen bestehen keine Bedenken. Daraus ergibt sich zugleich auch die Ursächlichkeit des Verstoßes gegen § 10 Satz 2 StVO für das Unfallgeschehen. Hätte nämlich der Beklagte zu 1. der Ankündigungspflicht rechtzeitig genügt, und dabei genügt es eben nicht den Blinker zu setzen und gleichzeitig anzufahren, hätte er vor dem Anfahren erkannt, daß der PKW des Zeugen so dicht herangekommen war, daß er nicht mehr in die Richtungsfahrbahn gefahrlos einscheren konnte.

Die Zeugin hat jedoch den Unfall ebenfalls verschuldet. Sie hat nämlich keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug des Zeugen eingehalten. Das Gericht geht nach der Aussage des Zeugen davon aus, daß die Fahrzeuge erst mit einer geringen Geschwindigkeit unterwegs waren. Der Auffahrunfall ist jedoch zunächst ein Indiz dafür, daß die Zeugin entweder nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit gefahren ist oder ihr Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu kurz gewählt wurde. Zu Lasten der Zeugin B ist vorliegend zu berücksichtigen, daß es erwiesen ist und auch eigentlich von den Parteien überhaupt nicht in Frage gestellt wurde, daß der Beklagte zu 1. geblinkt hatte, als er von der Haltestellenbucht losgefahren war. Warum die Zeugin davon ausgehen durfte, der B werde nicht auf ihre Fahrspur einfahren, ist dem Gericht nicht nachvollziehbar. Zudem hat das Gericht Zweifel, ob die Angaben der Zeugin, die ebenfalls den ABBBB schon erreicht haben will, glaubwürdig sind. Aber auch wenn man diese Aussage als richtig unterstellt, so ergibt sich, wenn man die Länge des B von 12 m zugrunde, daß sie unter diesen Umständen überhaupt keinen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten hatte. Zudem hat sie selbst angegeben, daß sie das Anfahren des bemerkt haben will, ohne jedoch einen Bremsvorgang einzuleiten. Zudem ist zu berücksichtigen, daß für den nachfolgenden Verkehr eine Wartepflicht für den anfahrenden gem. § 20 Abs. 5 StVO bestand. Nach § 20 Abs. 1 StVO war die Zeugin (zudem) verpflichtet gewesen, mit äußerster Vorsicht den B zu passieren. Sie mußte nämlich stets bremsbereit sein, um dem JA auch das Anfahren zu ermöglichen (BGHNJW1979, 1894, 1895). Nach ihrer eigenen Schilderung hatte sie gerade ein solches Bremsverhalten nicht an den Tag gelegt, sondern war unvermindert weiter gefahren. Die Zeugin hätte sich jedoch darauf einrichten müssen, daß der WB alsbald nach dem Zusteigen die Haltebucht verlassen würde. Dem ist die Zeugin nicht nachgekommen, wie die Tatsache der Kollision mit dem B des Zeugen belegt.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile führt dazu, daß das Gericht das schuldhafte Verhalten der Zeugin höher wertet und deswegen von einer Schadensteilung 1/3 zu 2/3 ausgeht.

Die Entscheidung hinsichtlich der Zinsen folgt aus §§ 284,288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

 

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