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Mietwagen – Beweislastverteilung bei Beschädigung

Landgericht Berlin

Az: 56 S 36/11

Urteil vom 18.11.2011


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. April 2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 110 C 3327/09 – dahingehend geändert, dass die Klage abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe zu tragen, diese trägt die Streithelferin selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Gründe

I.

Mit dem am 13. April 2011 verkündeten und dem Beklagten am 15. April 2011 zugestellten Urteil hat das Amtsgericht Mitte – 110 C 3327/09 – der Klage der Klägerin auf Zahlung der Selbstbeteiligung in Höhe von 750,00 Euro aus einem Kfz-Mietvertrag gemäß §§ 535, 280 BGB gegen den Beklagten stattgegeben. Insoweit wird hinsichtlich des Tatbestands gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit seiner am 29. April 2011 eingegangenen und am 19. Mai 2011 begründeten Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Klägerin und die Streithelferin beantragen hingegen die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511ff ZPO).

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung der Selbstbeteiligung in Höhe von 750,00 Euro gegen den Beklagten weder aus dem mit ihm geschlossenen Kfz-Mietvertrag gemäß §§ 535, 280 BGB noch aus deliktischer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der StVO und den dort geltenden Regeln des Anscheinsbeweises zu.

Die Klägerin ist nach § 280 Abs. 1 BGB beweisfällig geblieben; sie trifft die Darlegungs – und Beweislast für das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten – hier: der Beschädigung des gemieteten Fahrzeugs -, denn grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruches (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB 71. Auflage, § 280 Rdn. 35).

Zwar hat die Rechtsprechung insoweit eine Beweiserleichterung geschaffen, als sie den Grundsatz entwickelt hat, die Beweislastverteilung habe sich auch an den Verantwortungsbereichen von Schuldner und Gläubiger zu orientieren ( vgl. Palandt – Heinrichs, aaO, Rn. 37).  So kann von einer Schädigung bei verhaltensbezogenen Pflichten – hier: Vermeiden der Beschädigung des gemieteten Fahrzeugs – auf eine Pflichtverletzung geschlossen werden, wenn der Gläubiger dartut, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann. Lässt sich dagegen nicht ausschließen, dass der Schadenseintritt vom Mieter in keiner Weise veranlaßt oder beeinflußt worden ist, bleibt es bei der Beweislast des Vermieters. Er muss nachweisen, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrührt, für den der Mieter nicht haftet (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2004 – VIII ZR 28/04 -, zitiert nach juris, Rn. 10 f. mit weit. Nachw.; Palandt-Heinrichs, aaO). Dieser ohnehin geltende Grundsatz findet auch auf die Miete von Mobilien – hier eines Kraftfahrzeugs – Anwendung (vgl. Urteil des LG Potsdam vom 29. Juni 2011 – 13 S 30/11 -). Nur unter der Voraussetzung des genannten Grundsatzes ist eine gesetzeskonforme Auslegung der von der Klägerin in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendeten Klausel I 1. “Rückgabe des Fahrzeugs in demselben mangelfreien Zustand wie übernommen” überhaupt möglich. Anderenfalls käme es zu einer Zufallshaftung des Mieters, die mit § 538 BGB nicht in Einklang zu bringen wäre.

Der Nachweis, dass die Schadensursache nicht von einem Dritten herrühren kann, ist der Klägerin jedoch nicht gelungen. Denn nach dem in erster Instanz eingeholten Gutachten des Sachverständigen … kann – unstreitig – nicht festgestellt werden, ob der Beklagte zunächst auf das vordere Fahrzeug aufgefahren ist und sodann der hinter ihm fahrende Mercedes-Sprinter auf das Fahrzeug des Beklagten traf oder ob – wie der Beklagte behauptet – er erst durch ein Auffahren seines Hintermannes mit seinem Fahrzeug auf das des Vordermannes geschoben worden ist, mithin dass die Pflichtverletzung von dem Beklagten begangen worden ist.

Die Klägerin geht auch fehl in ihrer Auffassung, es läge ein Anscheinsbeweis für eine von dem Mieter begangene Pflichtverletzung vor. Dazu wäre ein Geschehensablauf erforderlich, der nach allgemeiner Lebenserfahrung zu dem Schluss einer Sorgfaltsverletzung drängt, weil er für schuldhafte Verursachung typisch ist (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, 2011, E 157 a). Daran fehlt es hier. Der Sachverständige hat in nachvollziehbarer Weise dargetan, dass beide Unfallverläufe gleichwertig möglich sind. Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der StVO würde im Übrigen auch daran scheitern, dass sich diese nach § 1 Abs. 2 StVO an “Verkehrsteilnehmer” wendet und es sich bei der Klägerin nicht um einen solchen handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1, 101 Abs. 1 ZPO: die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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