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Motorschaden – Beweislast für Ursache

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Az: 3 U 30/07

Urteil vom 09.10.2007


In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 1. Februar 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat den beklagten Käufer gemäß § 631 Abs. 1 BGB zur Zahlung des restlichen Werklohns, der nach Eintreten der Volkswagen-Versicherung noch offen ist (knapp 60 % der Materialkosten) verurteilt, weil nicht feststehe, dass der Motorschaden auf einen bei Übergabe schon vorhandenen Mangel beruhe. Die Vermutung des § 476 BGB finde keine Anwendung, wenn es sich um einen typischerweise plötzlich auftretenden Mangel handele, der nicht auf langsam wirkenden Ursachenfaktoren beruhe. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, die Annahme, dass in denjenigen Fällen, in denen es sich um einen typischerweise plötzlich auftretenden Mangel handele, § 476 BGB nicht Anwendung finde, hätte zur Folge, dass die Vermutungsregelung des § 476 BGB letztlich leer laufen würde, weil sich stets plötzliche Ursachen denken ließen, die der Verkäufer nur als Möglichkeit vorbringen müsse, um die Vermutungsregelung des § 476 BGB zu erschüttern. Die Auffassung des Landgerichts widerspreche der Entscheidung BGH NJW 2005, 3490, in der es heiße, dass die Vermutung, dass ein Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen habe, nicht schon dann mit der Art des Mangels unvereinbar sei, wenn der Mangel typischerweise jederzeit auftreten könne und deshalb keinen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zulasse, dass er schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Der Verbraucher müsse nicht alle denkbaren oder nur möglichen plötzlichen Ereignisse, die von dem Unternehmer in den Raum gestellt würden, widerlegen. Für die Annahme des vom Landgericht thematisierten Marderbisses gebe es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Niemand habe derartiges substantiiert überhaupt in Erwägung gezogen. Zudem zeige schon die Ausnahmeformulierung des § 476 BGB („es sei denn“), dass der Unternehmer die Unvereinbarkeit der Art des Mangels mit einem anfänglichen Mangel darlegen und beweisen müsse. Bei der Interpretation komme ihm, dem Beklagten, die Vermutung des § 476 BGB zugute und zwar auch dann, wenn man mit dem Landgericht dem Sachverständigen folge, wonach die Ursache für den Motorschaden, d.h. die Ursache für den Bruch des Turboladers, nicht mehr zu ermitteln sei. Denn immerhin habe der Sachverständige es doch auch für möglich gehalten, dass die Ursache, die zum Bruch des Turboladerrahmens geführt habe, schon bei Übergabe der Kaufsache angelegt gewesen sei. Davon, dass derartiges möglich sei und auch ein langsam wirkender Mangel für den Motorschaden in Betracht komme, sei auch das Landgericht ausgegangen. Dann aber greife die Vermutungsregelung des § 476 BGB ein, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, dass eine plötzlich wirkende Schadensursache eingreife oder auch nur wahrscheinlich sei und damit die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt sei. Da auch ein Verschleißteil nicht in Rede stehe, wie der Sachverständige ausgeführt habe, sei die für den Verbraucher streitende Vermutung auch aus diesem Grunde nicht widerlegt. Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin macht geltend, die Vermutung des § 476 BGB sei aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils erschüttert. Zunächst sei fraglich, ob überhaupt ein Sachmangel vorliege, weil der Verkäufer nicht für normalen Verschleiß hafte, das Kompressorrad eines Turboladers aber einem ständigen Verschleiß unterliege, wie der Bundesgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall bei einem schlagartigen Defekt eines Dichtungsringes im Turboladerfall entschieden habe (BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05 -). Selbst wenn man von einem Sachmangel ausgehen wollte, sei die Vermutung des § 476 BGB mit der Art der Sache und der Art des Mangels vorliegend nicht vereinbar, weil nach dem Sachverständigengutachten eine plötzlich wirkende Schadensursache, wie z. B. eine Beschädigung des Luftansaugschlauches durch einen Marderbiss, nicht ausgeschlossen werden könne. Selbst wenn man zu der Vermutung des § 476 BGB kommen würde, habe sie den vollen Beweis des Gegenteils der behaupteten Schadensanlage erbracht. Der Sachverständige habe bestätigt, dass im Zeitpunkt der Abgasuntersuchung ein die Funktion beeinträchtigender Schaden am Turbolader bzw. dem Verdichterrad nicht vorgelegen habe. Tatsächlich habe sie eine derartige Beweisführung aber nicht nötig, weil es bei der Beweislastverteilung des § 363 BGB bleibe und der Beklagte beweisen müsse, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe. Beruhe eine von mehreren möglichen Schadensursachen nur auf Verschleiß und nicht auf einer vertragswidrigen Beschaffenheit zur Zeit des Gefahrüberganges, könne nach der BGH-Rechtsprechung nicht abschließend geklärt werden, ob ein Sachmangel vorliege. Der Sachverständige habe aber ausgeführt, dass die Schadensursache vorliegend auch auf Verschleiß beruhen könne. II. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Werklohnanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB in der ausgeurteilten Höhe zu. 1. Es ist unstreitig, dass der Beklagte der Klägerin am 27. April 2005 einen schriftlichen Reparaturauftrag zum Austausch des Motors erteilte (Anlage K 5, Bl. 11 d. A.), wobei ihm jedenfalls zu diesem Zeitpunkt auch bewusst war, dass die Klägerin von ihm die Zahlung von 60% der Materialkosten verlangte, weil diese von der vertraglich vereinbarten Perfect Car Gebrauchtwagengarantie mit diesem Prozentsatz unstreitig nicht erfasst waren. Mit der Bezahlung dieser Materialkosten hatte er sich gegenüber der Klägerin auch schlüssig einverstanden erklärt, wie sich daraus ergibt, dass er im Beisein der Mitarbeiter der Klägerin zeitgleich mit dem Reparaturauftrag die Schadensanzeige für die Volkswagenversicherung und insbesondere auch den Darlehensantrag an die Volkswagenbank in Höhe der von der Klägerin errechneten ungedeckten Reparaturkosten in Höhe von 5.300,00 €, die nach Abzug der Versicherungsleistung verblieben, unterzeichnete. Die Klagforderung entspricht 60% der Materialkosten von 7.937,56 €, die sich aus der Werklohnrechnung vom 6. Mai 2005 (Bl. 57 – 59 d. A.) errechnen, nämlich 4.762,54 € abzüglich einer Kulanzgutschrift der Klägerin von 193,57 €, mithin 4.568,97 € netto zzgl. der Mehrwertsteuer von 731,04 €, ausgehend von dem damaligen Mehrwertsteuersatz von 16%, zusammen 5.300,01 €. Der Sachverständige M. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die in Rechnung gestellte Vergütung üblich und nicht zu beanstanden sei. Insbesondere entsprächen die in der Rechnung angegebenen Ersatzteilpreise den unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers. Einwände gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens zur Höhe hat der Beklagte im ersten Rechtszug nicht erhoben. Die Höhe des ausgeurteilten Werklohns ist auch von der Berufung unangegriffen geblieben. 2. Die Geltendmachung der Werklohnforderung ist nicht rechtsmissbräuchlich gemäß § 242 BGB. Allerdings ist eine Rechtsausübung missbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt. Das ist namentlich dann der Fall, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren wäre (Rechtsprechungsnachweise bei Palandt-Heinrichs, 66. Auflage, § 242 Rn. 52). Das wäre der Fall, wenn dem Beklagten wegen des Motorschadens gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3 i. V. m. § 280, 281 BGB oder ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB zustehen würde, weil ein Kaufmangel vorlag und auch die weiteren Voraussetzungen für einen Schadens- oder Aufwendungsersatzanspruch erfüllt waren, die Klägerin also zur kostenlosen Beseitigung des Motorschadens verpflichtet war. Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor. a) Ein Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzanspruch nach § 437 Nr. 3 BGB setzt voraus, dass das gekaufte Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang, d. h. bei Übergabe an den Beklagten (§ 446 Satz 1 BGB), mangelhaft war. Macht der Käufer unter Berufung auf das Vorliegen eines Sachmangels nach § 434 BGB Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegen genommen hat, trifft ihn auch nach neuem Schuldrecht die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (BGH NJW 2004, 2299, 2300 mit weiteren Nachweisen; BGH NJW 2005, 3490, 3491; BGH NJW 2006, 434, 435). Das folgt aus § 363 BGB, wonach der Gläubiger, der eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat, die Beweislast hat, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung geltend lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei (BGH NJW 2006, 434, 435). Hiervon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Aus § 476 BGB, der auf den – hier unstreitig gegebenen – Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) Anwendung findet, ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn sich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers nicht für die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Die Vorschrift setzt vielmehr einen binnen 6 Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Sachmangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag (BGH NJW 2004, 2299, 2300; BHG NJW 2005, 3490 unter B II. 1 bb [1]; BGH NJW 2006, 434, 436). Das Landgericht hat zugrunde gelegt, dass § 476 BGB wegen der Art des Mangels in denjenigen Fällen ausgeschlossen sei, in denen es sich um einen typischerweise plötzlich auftretenden Mangel handele, der nicht auf langsam wirkende Ursachenfaktoren beruhe und damit keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf im Keim bereits bei Gefahrübergang angelegte Mangelursachen zulasse (Urteil S. 6 1. Absatz). Dieser im Schrifttum verbreiteten Ansicht (vgl. z. B. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Auflage, Rn. 1312; Bamberger/Roth, BGB, § 476 Rn. 4) hat der Bundesgerichtshof indes, wie die Berufung mit Recht rügt, bereits eine Absage erteilt. Er hat dazu ausgeführt: „Schon der Wortlaut der Vorschrift lässt erkennen, dass die Vermutung im Regelfall zugunsten des Käufers eingreifen und nur ausnahmsweise wegen der Art der Sache oder des Mangels ausgeschlossen sein soll. Mit diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis wäre es nicht zu vereinbaren, die Vermutung immer schon dann scheitern zu lassen, wenn es um einen Mangel geht, der jederzeit auftreten kann, und es demzufolge an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür fehlt, dass er bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Die Vermutungsregelung liefe dann regelmäßig gerade in den Fällen leer, in denen der Entstehungszeitpunkt des Mangels nicht zuverlässig festgestellt werden kann. Durch eine derartige Einengung der Beweislastumkehr würde der mit der Regel intendierte Verbraucherschutz weitgehend ausgehöhlt.“ (BGH NJW 2005, 3490, 3492; ebenso BGH NJW 2006, 1195, 1196). Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit der verbraucherschützenden Vermutungsregel des § 476 BGB sogar für solche Sachmängel bejaht, die auf äußere Krafteinwirkung zurückzuführen sind (schadhafte Felge; Verformung und Lackbeschädigung am Rand des Kotflügels), es sei denn, dass diese äußeren Beschädigungen derart erheblich sind, dass sie auch einem fachlich nicht versierten Käufer hätten auffallen müssen (BGH NJW 2005, 3490, 3492). Die Vermutungsregelung des § 476 BGB findet zugunsten des Verbrauchers bei einem innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe an den Käufer zutage getretenen Mangel selbst dann Anwendung, wenn die dafür als ursächlich in Betracht kommenden Umstände auf einen Fahr- oder Bedienungsfehler des Käufers zurückzuführen sein können, ebenso gut aber auch bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer aufgetreten sein können (BGH NJW 2007, 2621, 2622 für einen 4 Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer in einer Werkstatt bei Demontage des Zylinderkopfes festgestellten Defekt der Zylinderkopfdichtung). Gleichwohl erweist sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als richtig. Den vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, in denen die Anwendbarkeit des § 476 BGB bejaht worden ist, lagen jeweils Sachverhalte zugrunde, in denen ein Sachmangel vorlag; streitig war lediglich, ob dieser Sachmangel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden war. Das ist mit dem hier gegebenen Sachverhalt nicht vergleichbar. Der am 22. April 2005 in Frankreich plötzlich aufgetretene Motorschaden war nach dem unstreitigen Sachverhalt in dem gemäß § 434 Abs. 1 i. V. m. § 446 BGB maßgebenden Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 30. Dezember 2004 noch nicht vorhanden, sondern ist erst eingetreten, nachdem der Beklagte 10.000 km mit dem Fahrzeug gefahren ist. Er ist unmittelbar ursächlich auf einen Bruch des Kompressorrades des Turboladers zurückzuführen, von dem ebenfalls positiv feststeht, dass er bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorhanden war. Die Berufung trägt selbst vor, dass ein Motor mit einem zerbrochenen Turboladerrad nicht betrieben werden kann, weshalb dieser Bruch bei Übergabe noch nicht vorgelegen habe. Dann aber liegt ein Sachmangel nur vor, wenn der infolge des Bruches des Turboladers eingetretene Motorschaden auf eine bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandene, in der Beschaffenheit des Fahrzeuges begründete Ursache zurückzuführen ist (BGH NJW 2004, 2299, 2300 im Zahnriemenfall für einen unstreitig erst nach Übergabe eingetretenen Motorschaden). Dafür gilt die Vermutungswirkung des § 476 BGB indes nicht, weil – wie eingangs ausgeführt – der Käufer die Beweislast für das Vorliegen eines Sachmangels hat. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof im Zahnriemenfall entschieden, dass bei einem nach Übergabe infolge Lockerung eines Zahnriemens eingetretenen Motorschaden ein Sachmangel nicht bewiesen sei, wenn der Sachverständige einen Fahrfehler als Ursache für die Lockerung des Zahnriemens nicht hat ausschließen können, weil er es einerseits für möglich gehalten habe, dass sie auf einen Materialfehler und unangemessenen Verschleiß zurückzuführen sei, als eine alternative mögliche Ursache für die Lockerung des Zahnriemens aber das Einlegen eines kleineren Ganges bei hoher Motordrehzahl und damit einen Fahrfehler als denkbare Ursache benannt habe (NJW 2004, 2299, 2300/2301). Ebenso griff in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Turboladerfall die Vermutung des § 476 BGB nicht ein, weil nicht festzustellen war, dass der erst nach Übergabe eingetretene Defekt am Turbolader auf einen Sachmangel zurückzuführen war, weil zwei Schadensursachen in Betracht zu ziehen waren: Zum einen bestand die Möglichkeit, dass sich Teile einer unfachmännisch eingebauten Papierdichtung am Absaugkrümmer des Motors gelöst hatten und über den Ölkreislauf in den Turbolader gelangt sein konnten, so dass der Defekt am Turbolader auf einen Sachmangel zurückzuführen gewesen wäre. Zum anderen bestand aber auch die Möglichkeit, dass ein schlagartiger Defekt eines Dichtungsringes, einem normalen Verschleißteil, für den Ausfall des Turboladers ursächlich war, was keinen Sachmangel dargestellt hätte (NJW 2006, 434, 435). Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass vorliegend nur feststeht, dass der unstreitig bei Übergabe noch nicht vorhandene Motorschaden unmittelbar auf einen Bruch des Kompressorrades des Turboladers zurückzuführen ist, die Ursache für den Bruch des Turboladers sich aber nicht mehr hat ermitteln lassen. Der Sachverständige M. hat eine Vielzahl von Ursachen aufgezeigt, die für den eingetretenen Schaden am Turbolader denkbar seien und ausgeführt, dass er die primäre Ursache für den Schadenseintritt nicht sicher feststellen könne und insbesondere auch nicht sicher feststellen könne, ob ein Mangel bei Übergabe bereits angelegt gewesen sei (Gutachten vom 8. August 2006, S. 12; Protokoll vom 26. Oktober 2006, S. 2 und 4). Das lasse sich, da der Motor nicht mehr vorliege, anhand der Bilder, die der Gutachter P. gefertigt habe und auch anhand der Schilderung, wie sich der Motorschaden in Frankreich ereignet habe, nicht zuverlässig eingrenzen. Der Sachverständige hat zum einen verschiedene Ursachen für möglich gehalten, die einen Sachmangel begründen würden, beispielsweise einen – allerdings relativ selten auftretenden – Materialfehler an der Antriebswelle oder an den Schaufeln der Räder, der zu einem Bruch des Bauteiles des Turboladers geführt haben könne, oder eine Beschädigung des Turboladers durch Fremdkörpereinwirkung, bei der ein Fremdkörper auf die Schaufeln aufgeschlagen sei und dabei kleinere oder größere Teile ausgebrochen seien, die sich dann nach und nach kontinuierlich zu einem Schaden entwickelt haben könnten. Daneben hat er aber auch denkbare Abläufe geschildert, bei denen der Defekt am Turbolader nicht ursächlich auf die Beschaffenheit des Fahrzeuges bei Übergabe zurückgeführt werden kann. So hat er ausgeführt, dass etwa eine Verschmutzung des Luftfilters dazu führen könne, dass angesaugte größere Fremdkörper den Turbolader so stark beschädigen, dass der Motorschaden schlagartig auftrete. Ebenso könne eine Ölverschmutzung oder ein kurzzeitiger Ölmangel, insbesondere bei nicht regelmäßigem Austausch des Öls oder Verwendung minderwertigen Öls zu vermehrten Abriebpartikeln führen, die dann in das Öl gelangen und den Schaden verursachen könnten. Ein irgendwann einmal, sei es schon vor zwei Jahren, sei es erst vor zwei Monaten, eingetretener kurzzeitiger Ölmangel, könne während der kurzfristigen Unterversorgung zu Anfangsschäden geführt haben, die den Ausfall des Turboladers zur Folge haben könnten. Als weitere mögliche Ursache für den Defekt des Turboladers hat der Sachverständige schlagartige Schäden infolge einer Undichtigkeit der Verbindung zwischen Luftfilter und Turbolader benannt, durch die Fremdluft mit Fremdkörpern angesaugt worden sein könne, beispielsweise bei einem Loch der Verbindung der zwischen Luftfilter und Turbolader infolge eines Marderbisses oder infolge porösen Schlauchmaterials. Es gebe vielfältige Ursachen für eine Störung der Verbindung zwischen Luftfilter und Turbolader. Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch zahlreiche Schadensursachen, die zum Bruch des Turboladers und plötzlichen Motorausfall geführt haben können, denkbar sind, die nicht auf der Beschaffenheit des Fahrzeuges bei Übergabe beruhen, sondern etwa auf einen Wartungsfehler des Beklagten, wie einen kurzfristig von ihm zu vertretenden Ölmangel (immerhin war er vom 30. Dezember 2004 bis zum Ausfall des Motors in Frankreich mehr als 10.000 km gefahren), auf normalen Verschleiß (poröser Schlauch zwischen Luftfilter und Turbolader) oder auf von niemandem zu vertretende äußere Einwirkung, wie etwa einem Marderbiss, der zu einem Loch in dem Verbindungsschlauch zwischen Schlauch geführt haben kann. Auch die Berufung geht davon aus, dass die Ursache für den Bruch des Turboladers nicht mehr zu ermitteln ist. Sie trägt selbst vor, dass es selbstverständlich möglich sei, dass auch eine Überbeanspruchung, Wartungsfehler, Fehlbedienung o. ä. Umstände einen Bruch des Turboladers provozieren könnten. Dann aber hat der für das Vorhandensein eines Sachmangels schon bei Übergabe beweispflichtige Beklagte gerade nicht bewiesen, dass der Bruch des Turboladers auf die Beschaffenheit des Fahrzeuges bei Übergabe zurückzuführen ist. Das es möglich ist, dass vor Übergabe schon eine Fremdkörpereinwirkung erfolgt gewesen sein kann, die eine Unwucht gebildet hat, die im Laufe der Zeit immer stärker geworden und dann zum Bruch des Turboladers geführt hat, reicht dazu entgegen der Berufung gerade nicht aus, weil der während der Gewährleistungszeit aufgetretene Bruch des Turboladers, der den Motorschaden nach sich gezogen hat, bei Übergabe unstreitig noch nicht vorhanden war. Wie in dem schon erwähnten Turboladerfall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte (NJW 2006, 434, 435), geht die Unaufklärbarkeit, welche von dem Sachverständigen in Betracht gezogenen Ursachen den Turboladerdefekt nach sich gezogen hat, zu Lasten des Käufers. Eine Beweisvereitelung durch die Klägerin infolge Entsorgung des beschädigten Motors liegt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht vor. Das Landgericht hat mit Recht ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der Auftragsunterzeichnung und der Unterzeichnung des Kreditantrages nicht davon ausgehen musste, dass der Beklagte sich auf Gewährleistung berufen und deshalb eine Begutachtung der Motorteile erforderlich sein würde. Unstreitig hatte er zum Zeitpunkt des Reparaturauftrags und selbst bei Entgegennahme des Fahrzeuges nach abgeschlossener Reparatur am 6. Mai 2005 Gewährleistungsansprüche noch nicht erhoben. Erst in der Folgezeit hat er sich anwaltlich beraten lassen und den Darlehensantrag widerrufen. Damit musste die Klägerin nicht rechnen. Dies greift die Berufung auch nicht an. b.) Ein Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3 BGB scheitert aber auch an dem dafür gemäß § 281 Abs. 1 BGB erforderlichen Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung. Unstreitig hat der Beklagte die Klägerin vor Erteilung des Werkauftrages nicht zur kostenlosen Nachbesserung unter Fristsetzung aufgefordert, sondern den Werkauftrag in dem Wissen erteilt, dass die Klägerin nach § 5 III der Garantiebedingungen der vereinbarten Perfect Car-Garantie die Zahlung von 60% der Materialkosten von ihm hierfür als Entgelt verlangte und sich damit auch einverstanden erklärt, indem er zeitgleich den Reparaturauftrag und den Darlehensvertrag für ein aufzunehmendes Darlehen in Höhe von 60% der Materialkosten unterzeichnet hat. Dass die Fristsetzung entbehrlich war, weil die Klägerin die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hat, ist nicht ersichtlich. An das Vorliegen einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (BGH NJW 2006, 1195, 1197). Daran fehlt es hier. Der Beklagte hat der Klägerin sofort einen entgeltlichen Reparaturauftrag erteilt, ohne zuvor zu erklären, dass er geltend mache, dass der Motorschaden auf einem Mangel beruhe, der schon bei Vertragsschluss vorlag. Dass ihm unter Umständen Gewährleistungsansprüche gegenüber der Verkäuferin zustehen konnten, ist zumindest, wenn die Übergabe – wie hier – weniger als 6 Monate zurückliegt und dem Käufer deshalb die Vermutungsregelung des § 476 BGB zugute kommen kann, nicht so fern liegend, dass der Käufer damit nicht zu rechnen brauchte (BGH NJW 2006, 1195, 1197). Es entlastet den Beklagten nicht, dass er sich in Rechtsunkenntnis hierüber befand. Er durfte nicht ohne Gefährdung seiner Gewährleistungsrechte eine Reparatur in Auftrag geben, sei es auch gegenüber der Verkäuferin selbst, wenn er nicht wusste, wodurch der Schaden verursacht worden ist. Er hätte darauf drängen müssen, dass diese Ursache festgestellt wird. Es liegen auch nicht besondere Umstände im Sinne des § 281 BGB vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten, wie etwa beim Kauf eines kranken Tieres die sofortige Hinzuziehung eines Tierarztes oder wenn der Schuldner, ohne dem Gläubiger seine neue Anschrift mitzuteilen, ins Ausland verzogen ist. Der Beklagte hat schlichtweg die Rechtslage verkannt und kann sich nicht darauf berufen, dass ausgerechnet sein Vertragspartner gehalten gewesen wäre, ihn rechtlich zu beraten. Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können. Das gilt ganz allgemein und im vorliegenden Fall umso mehr, als unstreitig ist, dass der Motor bei Übergabe des Fahrzeugs einwandfrei lief und es sich aus Sicht der Klägerin nicht zwingend so darstellen musste, dass der Bruch des Turboladers auf einen von ihr zu vertretenden Sachmangel zurückzuführen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

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