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MPU wegen Alkoholtat vor 10 Jahren

VERWALTUNGSGERICHT DARMSTADT

Az.: 6 G 935/03(1)

Beschluss vom 24.06.2003


In dem Verwaltungsstreitverfahren wegen Recht der Fahrerlaubnisse einschl. Fahrerlaubnisprüfungen hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt am 24. Juni 2003 beschlossen:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, vor Abgabe der Führerscheinakte an den Gutachter zwecks Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über den Antragsteller die gesamte schriftliche Korrespondenz mit dem Antragsteller-Bevollmächtigten zu entfernen, betreffend die Verwertung des Urteils des Amtsgerichts Dieburg vom 11.05.1992 sowie des Obergutachtens vom 03.02.1993 (Bl. 29 bis 34,36 bis 42 der Führerscheinakte).

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt

Der mit Schriftsatz vom 24.04.2003 gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsgegner aufzugeben, vor Abgabe der Führerscheinakte an den Gutachter zwecks Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die gesamte Korrespondenz mit dem Antragsteller-Bevollmächtigten, betreffend die Verwertung des Urteils des Amtsgerichts Dieburg vom 11.05.1992 und des Obergutachtens vom 03.02.1993, aus der Führerscheinakte zu entfernen, ist zulässig und in der Sache auch begründet, da die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer derartigen Anordnung gegeben sind (§ 123 Abs. l VwGO). Nachdem der Antragsteller die Bescheinigung über den noch ausstehenden Sehtest und seine Einverständniserklärung zur Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens als Alkohol-Ersttäter erteilt hat, dürfte der erforderliche Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben sein; denn der nunmehr bevorstehende nächste Schritt im Verfahren auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis ist die Übersendung der Führerscheinakte an den Gutachter zwecks Erstellung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über den Antragsteller. Auch wenn die damit verbundene Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde darauf gerichtet ist, dass der Antragsteller nicht als (Alkohol-)Wiederholungstäter, sondern als Ersttäter zu begutachten ist, hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch dahin glaubhaft gemacht, dass vor der Übersendung der Führerscheinakte an den Gutachter die gesamte schriftliche Vorkorrespondenz mit den Bevollmächtigten des Antragstellers über die Verwertung des Urteils des Amtsgerichts Dieburg vom 11.05.1992 und des Obergutachtens vom 03.02.1993 zu entfernen ist. Dies ergibt sich aus dem gesetzlichen Verwertungsverbot des § 2 Abs. 9 StVG. Nach § 2 Abs. 9 StVG sind Registerauskünfte, Führungs- und Gesundheitszeugnisse sowie Gutachten spätestens nach 10 Jahren von Amts wegen zu vernichten. Dies hat die Fahrerlaubnisbehörde m Bezug auf das Urteil des Amtsgerichts Dieburg vom 11.05.1992 und später – nach Ablauf der 10-Jahres-Frist – auch in Bezug auf das Obergutachten vom 03.02.1993 getan. In gleicher Weise ist aber auch die in der Führerscheinakte befindliche Korrespondenz – beginnend mit dem Schriftsatz des Antragsteller-Bevollmächtigten vom 02.12.2002 und endend mit dem Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde vom 24.04.2003 – zu entfernen, weil, sie Hinweise auf eine Vorverurteilung des Antragstellers und auf eine daraufhin erforderliche Begutachtung des Antragstellers als Alkohol-Ersttäter enthält. Darauf deuten schon die Ausführungen in dem ersten Schriftsatz des Antragsteller-Bevollmächtigten vom 02.12.2002 (Seite 2) hin, dass bei einem Auftrag zur Erteilung eines neuen medizinisch-psychologischen Gutachtens dem Gutachter weder die Vorverurteilung durch das Amtsgericht Dieburg vom 11.05.1992 „noch das hierauf beruhende Obergutachten des Dipl.-Psychologen K (Obergutachter im Land Rheinland-Pfalz) vom 03.02.1993 verfügbar zu machen“ seien. Dabei ist die Erwähnung des Namens des Dipl.-Psychologen K in diesem Zusammenhang für jeden Gutachter schon ein Hinweis auf eine Alkohol-Vortat; denn Dipl.-Psychologe K ist in Fachkreisen gerade als Sachverständiger für Gutachten bei Fahrerlaubnisbewerbern bekannt, die im Straßenverkehr durch Führen eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss aufgefallen sind. Würde diese Vorkorrespondenz nicht aus der Führerscheinakte entfernt, würde das Verwertungsverbot des § 2 Abs. 9 StVG in unzulässiger Weise unterlaufen werden. Der Grundsatz der Vollständigkeit der an den Gutachter zu übersendenden Führerscheinakte findet dort seine Grenze, wo er zu einer Umgehung des gesetzlichen Verwertungsverbotes fuhren würde. Dabei spielt es keine Rolle, ob die mit dem Schriftsatz vom 02.12.2002 begonnene Vorkorrespondenz um die Verwertbarkeit der Verurteilung vom 11.05.1992 und des Obergutachtens vom 03.02.1993 überhaupt durch die Fahrerlaubnisbehörde veranlasst war oder wer diese Korrespondenz letztlich – wie der Antragsgegner meint – zu vertreten hat. Der mit dem Verwertungsverbot des § 2 Abs. 9 StVG bezweckte Schutz des Fahrerlaubnisbewerbers vor einer Konfrontation mit vorausgegangenen Vorverurteilungen und Gutachten bedingt die Entfernung auch von darauf bezüglicher Vorkorrespondenz in der Führerscheinakte, ganz-gleich, aus welchem Grund der Bevollmächtigte des Antragstellers hierfür eine Veranlassung gesehen hat.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. l VwGO stattzugeben.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 13 Abs. l, 20 Abs. 3,25 GKG.

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