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Kündigung (außerordentliche) – Nebeneinkünfte nicht offenbart

Arbeitsgericht Mainz

Az.: 4 Ca 1795/08

Urteil vom 19.01.2009


In dem Rechtsstreit hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Mainz auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2009 durch den Richter am Arbeitsgericht als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richtern als Beisitzer für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf € 18.500,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der 57 Jahre alte Kläger war seit 1991 bei dem Beklagten, einem vom Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz getragenen Verein, als Leiter der Akademie beschäftigt.

Nach § 2 des Dienstvertrages vom 01. Dezember 1990 fanden auf das Dienstverhältnis, soweit sich aus diesem Dienstvertrag nichts anderes ergibt, die für Beamte der Gemeinden des Landes Rheinland-Pfalz geltenden Vorschriften Anwendung.

Der Kläger erhielt zuletzt eine Vergütung – aufbauend auf der Besoldungsgruppe A 16 – von insgesamt 6.188,00 EUR brutto nebst Dienstwagen.

Der Beklagte bietet Fortbildungslehrgänge an, für die Referenten auf der Grundlage von Honorarverträgen herangezogen werden. Auch der Kläger übte derartige Referententätigkeiten ebenso wie Gutachtertätigkeiten bei der Stellenbewertung durch die „Kommunalberatung“, einer rechtlich unselbstständigen Einrichtung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, gegen zusätzliches Honorar aus.

Schon Ende Juli 2008 wurde der Kläger aufgefordert, seine Honorare und Verdienste aus Projekt- und Seminartätigkeit, die er neben der beamtenrechtlichen Vergütung seit Anfang 2005 erhalten habe, bis zum13.08.2008 offen zu legen.

Am 20.08.2008 wurde der Kläger mit einer Rechnungsstellung über Familienangehörige gegenüber der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz aus den Jahren 1998 bis 2003 konfrontiert, denen eigene Tätigkeiten zugrunde lagen, die jedoch von seiner späteren Ehefrau sowie seinem damaligen Schwager in deren eigenen Namen jeweils in Rechnung gestellt und vom Kläger mit dem Vermerk „sachlich richtig“ unterschrieben wurden.

Insgesamt hatte der Kläger nach der Berechnung der Beklagten in den Jahren 1998 bis 2008 194.698,65 EUR an derartigen Nebeneinkünften bezogen, wovon mindestens ca. 58.000,00 EUR über die genannten beiden anderen Personen abgerechnet wurden.

Am 29. August 2008 wurde der Kläger freigestellt und mit Schreiben vom 29.08.2008 aufgefordert, bis zum 03. September 2008 eine vollständige Aufstellung aller seiner Einkünfte aus freiberuflicher, neben-, ehren- oder sonstiger Tätigkeit in den Jahren 2003 bis 2007 vorzulegen und dabei ggf. anzugeben, inwiefern vom Kläger noch gewisse Tätigkeiten von einem Dritten abgerechnet wurden.

Der Kläger kam dem nicht nach, sondern übersandte stattdessen eine „ärztliche Bescheinigung“ einer Fachärztin für Psychiatrie, wonach er „arbeitsunfähig krank bis voraussichtlich zum 25.09.08 …[und] z. Z. nicht belastbar und stark dekompensationsgefährdet“ sei. Auf einem weiteren Rezept vom folgenden Tage bescheinigte die Psychiaterin ihm: „Herr ……ist wegen gravierender gesundheitlicher Beeinträchtigungen bis zum 25.09. nicht in der Lage, ‚diensttechnische‘ Anforderungen zu erfüllen.“

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten teilte dem bereits mandatierten Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 18. September 2008 mit, man erwarte weiter, dass der Kläger bis 25.09.2008 zu den Tatsachen Stellung nehme, die den dringenden Verdacht begründeten, dass er massiv gegen Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts verstoßen, über den Erbringer von Leistungen getäuscht und damit in erheblicher Weise gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen verstoßen habe. Es stünden insgesamt zwei Leitzordner mit Unterlagen zur Einsichtnahme in der Geschäftsstelle bereit, wobei es dem Kläger freistehe, zu dieser Einsichtnahme und Stellungnahme eine Person seines Vertrauens hinzuzuziehen.

Hierauf ließ der Kläger am folgenden Tage mitteilen, seine behandelnde Ärztin habe ihm dringend davon abgeraten, unter Aufsicht die Aktenordner in der Kommunalakademie einzusehen.

Mit Schreiben vom 26. September 2008, zugegangen am selben Tage, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Hiergegen wendet sich die am 01. Oktober 2008 erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger vorbringt, dass durch die dienstvertragliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen und zudem zunächst ein Disziplinarverfahren durchzuführen sei; ferner sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt.

Die beamtenrechtlichen Regelungen zum Nebentätigkeitsrecht seien in der Verbandspraxis nie angewandt worden, insoweit bestehe eine betriebliche Übung zu seinen Gunsten. Zudem seien die zusätzlich vergüteten Tätigkeiten für den Beklagten keine Nebentätigkeiten im beamtenrechtlichen Sinne, da die Seminartätigkeit unstreitig eine der Kernaufgaben des Beklagten ist. Dabei sei unerheblich, dass diese Seminartätigkeit zusätzlich vergütet wurde, denn hierdurch sei lediglich eine Gleichbehandlung mit anderen Referenten erreicht worden. Eigene Tätigkeit über Familienangehörige abzurechnen sei nicht erfolgt, um Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts zu umgehen oder Steuern zu hinterziehen, sondern um sich einer eventuellen Neiddebatte zu entziehen.

Aufgrund der Verdächtigungen, denen er ausgesetzt gewesen sei, habe er sich zu einer Selbstanzeige bei der Steuerverwaltung genötigt gesehen. Sein Steuerberater habe inzwischen ermitteln können, dass er sehr wohl seine Einkünfte deklariert habe.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 26.09.2008 beendet wurde bzw. durch diese Kündigung beendet wird;

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 den Beklagten zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Akademieleiter weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist vor dem Arbeitsgericht zulässig (1.), aber unbegründet, da der Beklagte zur außerordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses berechtigt war. Die Kündigung ist weder aus formalen Gründen unwirksam (2.), noch verspätet ausgesprochen (3.); schließlich liegen auch wichtige Gründe i. S. v. § 626 BGB vor (4.).

1.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig, da der Kläger in einem Dienstverhältnis zum Beklagten steht, auf welches inhaltlich zwar die beamtenrechtlichen Regelungen Anwendung finden, dessen Begründung – und Beendigung – jedoch privatrechtlich erfolgte (umgekehrter Fall der geläufigen Zweistufenlehre), was den Verwaltungsrechtsweg ausschließt.

Das Dienstverhältnis ist als arbeitnehmerähnliches zu betrachten, so dass die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sind (§§ 2 Abs. 1, 3 b, 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG), da der Kläger ähnlich einem Arbeitnehmer von dem Beklagten wirtschaftlich abhängig ist.

2.

Ob dieser janusköpfigen Gestalt des Dienstverhältnisses vermögen auch die formellen Einwendungen des Klägers gegen die Wirksamkeit der Kündigung nicht zu überzeugen:

a) Ist das Dienstverhältnis privatrechtlich begründet und nur seine inhaltliche Ausgestaltung öffentlichrechtlich definiert, gilt für dessen Beendigung ebenfalls Privatrecht – an dieser Stelle wäre der klägerseits angesprochene topos actus contrarius anzuführen. Ist Grundlage des Dienstverhältnisses ein privatrechtlicher Vertrag, folgt die Beendigung ebenfalls den privatrechtlichen Regelungen.

Mit der Bezugnahme auf die beamtenrechtlichen Vorschriften in § 2 des Dienstvertrages mag das Recht zur außerordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein, das Recht zur fristlosen Kündigung ist indes unverzichtbar (vgl. die Nachweise im Schriftsatz des Beklagten vom 17. Dezember 2008, unter A 2.). Was unverzichtbar ist, kann auch nicht durch unklare allgemeine Geschäftsbedingungen verloren gehen.

b) Folgt die Beendigung privatrechtlichen Regelungen, ist die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht Voraussetzung für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung. Ein solches kann zudem nach § 1 LDG nur für Beamte, auf die das Landesbeamtengesetz Anwendung findet, durchgeführt werden – an der ersten Voraussetzung fehlt es vorliegend -, ganz abgesehen davon, dass der Beklagte als privatrechtlicher Verein ein solches mangels Dienstherrenfähigkeit auch gar nicht durchführen könnte.

c) Ebenso wenig kann dem Kläger darin gefolgt werden, dass die Kündigung als actus contrarius zur Einstellung der Zustimmung des Vorstandes bedurft hätte. Denn der sie unterzeichnende Geschäftsführer ist gesetzlicher Vertreter i. S. v. § 26 BGB und besitzt unstreitig ein Alleinvertretungsrecht. Damit hängen seine Willenserklärungen im Außenverhältnis nicht von der Zustimmung eines Dritten i. S. v. § 182 BGB ab.

Im Übrigen ist der Satzung unstreitig weder direkt zu entnehmen, dass die Entlassung eines Mitarbeiters der Besoldungsgruppe A 9 und höher der Zustimmigkeit des Vorstandes bedürfe, noch ist eine analoge Anwendung dieser Regelung für die Einstellung solcher Mitarbeiter angezeigt: Denn § 17 Abs. 3 der Satzung dient erkennbar dem Schutz des Beklagten vor finanziellen Verpflichtungen durch die eigenmächtige Einstellung von Mitarbeitern; deren Entlassung befreit den Beklagten hingegen von den entsprechenden finanziellen Verpflichtungen.

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3.

Die Kündigung ist auch nicht unwirksam, weil sie nicht rechtzeitig binnen der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt wäre.

Denn es ist zulässig und hemmt die Zweiwochenfrist, wenn der Kündigungsberechtigte nach den ersten Anhaltspunkten für das Vorliegen eines wichtigen Grundes zwar zügig, aber nicht hektisch, Ermittlungen anstellt, die ihm eine umfassende zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhaltes verschaffen. Hierzu gehört auch die – bei einer Verdachtskündigung sogar gebotene – Anhörung des Arbeitnehmers (ErfK – Müller-Glöge, 7. Auflage, § 626 BGB, Rn 265 f. m. w. N.).

Da ein seine Fürsorgepflicht ernst nehmender Arbeitgeber diese Ermittlungen nicht nur mit dem Ziel anstellt, noch mehr Belastendes zu finden, sondern durchaus auch mit der Möglichkeit rechnet, dass sich im Laufe der weiteren Sachverhaltserforschung bzw. in Zusammenhang mit der Anhörung des Arbeitnehmers Entlastendes findet, greift die Argumentation des Klägers zu kurz, der Beklagte stütze die Kündigung lediglich auf Gründe, die ihm bereits am 28. August 2008 bekannt waren.

Insbesondere hinsichtlich des Verdachts der Steuerhinterziehung hätte es der Kläger in der Hand gehabt, dem Beklagten entlastende Informationen zu übermitteln, die dieser angesichts des Steuergeheimnisses nicht selbst sich hätte beschaffen können.

Soweit der Kläger des Weiteren sinngemäß einwendet, der Beklagte hätte dann nicht unmittelbar nach Ende der attestierten Arbeitsunfähigkeit kündigen dürfen, sondern erst seine Genesung abwarten müssen, um ihm die Gelegenheit zu einer näheren Stellungnahme zu geben, folgt dem die Kammer aus zwei Gründen nicht:

Zum einen konnte es für den Beklagten nicht ausgeschlossen sein, dass der Kläger über seinen Anwalt sich äußern würde, und zum anderen konnte – wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausführte – aufgrund der vorgelegten Atteste durchaus damit gerechnet werden, der Kläger werde vor Ablauf des 25. September 2008 wieder ansprechbar sein. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist damit zu rechnen, dass eine ansonsten physisch und psychisch normal veranlagte Person einen Schock mit der Zeit überwindet und nicht exakt für 4 Wochen (28. August 2008 bis 25. September 2008) eine gleichbleibende „Dekompensationsgefährung“ – ein Blick in Pschyrembels Klinisches Wörterbuch zeigt die fehlende Präzision einer solchen Krankheitsbezeichnung – bzw. derart „gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen“ prognostiziert werden können, dass die betreffende Person kalendermäßig exakt bis zum 25. September 2008, 24.00 Uhr, außerstande wäre, sich zu den im Raume stehenden Vorwürfen zu äußern.

Dabei kann dahingestellt bleiben, welche Art von Dekompensationsgefährdung pp. beim Kläger diagnostiziert wurde und wie weitreichend deren Folgen tatsächlich waren. Für die hier allein interessierende Frage, ob der Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB in schädlicher Weise überschritt, kommt es auf dessen und damit auf die Sicht eines medizinischen Laien an, der solche Atteste – jeweils ein einziger Satz auf einem Rezeptblock – vorgelegt bekommt. Hofft er bei dieser Sachlage darauf, dass es innerhalb der vier Wochen doch noch zu einer weitergehenden Stellungnahme des Klägers kommen kann, und entschließt er sich dann dazu, die Frist zur Stellungnahme nicht zu verlängern, um nicht seinerseits die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu versäumen, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

Dass der Beklagte in dieser Zeit nicht untätig blieb, zeigt das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten an den des Klägers, in welchem dem Kläger angeboten wurde, zwei Leitzordner mit Unterlagen unter Hinzuziehung einer Person seines Vertrauens in Einsicht zu nehmen.

4.

Unabhängig von dem auf einen Arbeitszeitbetrug hinauslaufenden Vorwurf des Beklagten, abredewidrig für Nebentätigkeiten keinen der über den Erholungsurlaub hinausgehenden Urlaubstage in Abzug gebracht zu haben, sowie von dem Verdacht, der Kläger habe selbst Steuern bezüglich ihm direkt zugeflossener Honorare hinterzogen, ergeben sich bereits aus dem unstreitigen Verhalten des Klägers zwei wichtige Gründe i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB, die beide gleichermaßen, jeder für sich betrachtet, und umso mehr kumulativ geeignet sind, die fristlose Kündigung seines Dienstverhältnisses zu rechtfertigen:

a) Der Kläger hat unstreitig „entgegen § 8 Abs. 3 NebVO Nebeneinkünfte…. nicht offengelegt und … abgeführt“ (Schriftsatz des Klägers vom 12.01.2009, Seite 13). Seine Auffassung, die fraglichen Einnahmen seien keine solchen i. S. der NebVO („soweit solche vorlagen“) – wobei unklar bleibt, ob sich „soweit“ auf Grund oder Höhe bezieht), so dass ihn auch kein Verstoß gegen die NebV0 treffe, teilt die Kammer nicht.

Seine Argumentation, die Seminartätigkeit sei eine der Kernaufgaben des Beklagten, so dass deren Erledigung durch ihn auch keine Nebentätigkeit, sondern Inhalt des Hauptamtes sei, ist zwar schlüssig. Bei dieser „Zuordnung der Seminartätigkeit zum Hauptamt“ (aaO, Seite 16) hätte der Kläger aber keinerlei zusätzliche Vergütung entgegennehmen dürfen: Denn Tätigkeiten im Hauptamt sind mit der Vergütung in demselben abgegolten, eine Vergütung, die im Falle des Klägers etwa die eines Fachhochschulprofessors mit W 2 – Besoldung deutlich übersteigt.

Der Kläger räumt damit selbst ein, gegen beamtenrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, indem er für Tätigkeiten Rechnungen erstellte und die entsprechende Vergütung entgegennahm, die er sich nicht zusätzlich hätte honorieren lassen dürfen.

Hinzu kommt, dass die Summe solcher Zahlungen, die er als Nebenverdienst forderte und erhielt, dann die Höchstgrenze des § 7 Abs. 2 NebVO (5.000,00 EUR p.a.) überschritt und der darüber hinausgehende Teil – nach der klägerseits nicht näher bestrittenen tabellarischen Übersicht der Beklagten – in Höhe von 136.542,15 EUR bei ihm verblieb, obwohl er gemäß § 8 Abs. 1 NebVO abzuliefern gewesen wäre.

Dieser Verstoß wird nicht dadurch geheilt, dass die entsprechenden Beträge von Vornherein schon nicht als Nebenverdienst hätten in Rechnung gestellt und entgegen genommen werden dürfen.

Hinzu kommt, dass bezüglich der Stellenbewertungen auch der Kläger nicht behauptet, insoweit Tätigkeiten seines Hauptamtes erbracht zu haben.

Dass der Kläger diese Gelder selbst erwirtschafte, weil die Seminargebühren derart hoch angesetzt waren, dass ein „Umsatzerlös von 60 bis 65 %“ verblieb, ändert nichts daran, dass er im Schnitt p. a. mehr als 13.000,00 EUR entgegennahm, die er nach den beamtenrechtlichen Vorschriften, die gemäß § 2 des Dienstvertrages anwendbar waren, nicht hätte entgegennehmen dürfen.

Ebenso wenig entlastet es ihn, dass dies – wenn man seinen Ausführungen folgt – in Kenntnis und möglicherweise mit Billigung von weiteren Mitarbeitern des Beklagten geschah, weil auch ein kollusives Vorgehen weder den Kündigungsgrund noch die Kündigungsberechtigung entfallen lassen würde.

Denn der Kläger trägt nach § 66 Abs. 1 LBG für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen – hier als Leiter der Kommunalakademie die Abrechnung von Honoraren für Tätigkeiten, die eigenem Vortrag zufolge zu seinem Hauptamt gehörten und damit sein dienstliches Handeln betrafen – die „volle persönliche Verantwortung“.

Daneben hat er sein Amt gemäß § 64 Abs.1 Satz 2 LBG „uneigennützig“ nach bestem Gewissen zu verwalten. Verlangt er jedoch – durch die Rechnungsstellung - eine Vergütung seiner Tätigkeit, die ihm bereits im Hauptamt auszuführen obliegt, handelt er grob eigennützig.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst – auch bei Eigengesellschaften einer Gemeinde (BAG, Urteil vom 23.06.1988, 6 AZR 137/86), welche Konstruktion mit der Stellung des Klägers vergleichbar ist: der Arbeitgeber ist privatrechtsförmig organisiert, aber in der Hand kommunaler Gebietskörperschaften – grundsätzlich nicht darauf vertrauen, sein Arbeitgeber wolle mit Gewährung tariflich nicht geschuldeter Leistungen sich verpflichten, sondern muss davon ausgehen, dass schon im Hinblick auf das Haushaltsrecht nur das gewährt werden soll, was dem Arbeitnehmer zusteht.

Für einen Dienstvertrag, der, wie der vorliegende, kein Arbeitsvertrag ist, sondern für den ausdrücklich die Vorschriften für Beamte gelten, kommt eine betriebliche Übung ohnehin nicht in Betracht.

Von der zitierten Rechtsprechung des BAG ausgehend ist hier jedoch in besonderem Maße festzuhalten, dass allein aus dem Umstand, dass die Verfahrensweise des Klägers nie beanstandet wurde bzw. der Beklagte nicht von sich aus die gebotene Ablieferung von Honoraren verlangte, die Rechtswidrigkeit des Handelns des Klägers nicht aufgehoben wird.

Ebenso wenig verliert der Beklagte ein Kündigungsrecht dadurch, dass seine Vertreter – so der Vortrag des Klägers – sein rechtswidriges Handeln billigten. Denn insoweit hätten diese Vertreter ihrerseits pflichtwidrig gehandelt. Solches Verhalten kann aber im öffentlichen Dienst – siehe die Rechtsprechung des BAG zur betrieblichen Übung – nicht dazu führen, dass die Dienststelle daran für die Zukunft gebunden wäre, sei es durch die Verpflichtung zur Beibehaltung einer solchen Handhabung, sei es durch den Verlust eines Kündigungsrechts. Si excessit, privatus est: Wenn ein Vorgesetzter das Verhalten des Klägers billigte, überschnitt er damit die Grenzen seines Amtes.

b) Hinzu kommt – und auch dies ist allein für sich betrachtet ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB – , dass der Kläger in mindestens 21 Fällen – so viele Rechnungen wurden jedenfalls beklagtenseits vorgelegt – Beratungsaufträge, die er selbst wahrnahm, von seiner späteren Ehefrau bzw. seinem früheren Schwager einreichen ließ sowie diese fingierten Rechnungen – in der Summe etwa 58.000,00 EUR betreffend – als „sachlich richtig“ unterzeichnet zur Zahlung anwies.

Zur betrügerischen Form dieser Abrechnung kommt hinzu, dass damit offensichtlich Steuern hinterzogen wurden. Denn mit seiner „jetzigen Ehefrau“ (Schriftsatz vom 12.01.2008, Seite 21) konnte er zum damaligen Zeitpunkt (sie unterzeichnete die Rechnungen noch nicht mit dem den Namen des Klägers einschließenden Doppelnamen) noch keiner „gemeinsamen Veranlagung“ unterlegen haben, wie er auf Seite 22 angibt, um auszuführen, dass sich „steuerrechtlich kein Unterschied [ergäbe], ob Einnahmen über den Ehemann oder die Ehefrau laufen“.

Werden der Kläger, dessen spätere Ehefrau und dessen damaliger Schwager jedoch jeder für sich besteuert, kommt es selbst bei vollständiger Deklarierung zu einer Steuerverkürzung, wenn die anderen beiden aufgrund geringerem Einkommen einem geringeren Grenzsteuersatz unterliegen. Dass die beiden offiziellen Rechnungssteller damals über ein ähnlich hohes Einkommen verfügt hätten wie der Kläger, wird auch von diesem nicht eingewandt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann Steuerhinterziehung eines Angehörigen im öffentlichen Dienst unter bestimmten Voraussetzungen einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen (BAG, Urteil vom 21. Juni 2001, 2 AZR 325/00).

Zwar bezog sich die zitierte Entscheidung auf eine Angestellte der Finanzverwaltung. Während diese jedoch lediglich außerhalb ihres Dienstes Zinseinkünfte, also Einnahmen, die in keinem Zusammenhang mit ihrem Arbeitgeber standen, nicht deklarierte, hat der Kläger sein Amt dazu missbraucht, die Hinterziehung von Steuern auf Einkünfte zu fördern, die der Beklagte auszahlte, indem er die unzutreffenden Rechnungen als „sachlich richtig“ abzeichnete.

Die Einlassung des Klägers, er habe sich einer eventuellen Neiddebatte entziehen wollen, ändert daran nichts, mag dies auch ein zusätzliches Motiv gewesen sein.

Was die zuletzt anzustellende Interessenabwägung anbelangt, teilt die Kammer zwar nicht die Auffassung des Beklagten, wonach der Kläger aus seinen Nebentätigkeiten ein „zweites Standbein“ erlangt habe, denn es ist nicht ersichtlich, wie der Kläger außerhalb des Bereichs des Beklagten seine bisherigen Nebentätigkeiten weiter fortsetzen könnte.

Dem Beklagten ist indes zuzustimmen, dass das beharrliche eigennützige Verhalten des ´Klägers derart gewichtig ist, dass ihm die Fortsetzung des Dienstverhältnisses auch nur bis zum Ablauf einer fiktiven Kündigungsfrist selbst unter der Annahme nicht zuzumuten ist, dass der Kläger bis zum Eintritt des (Alters-)Versorgungsfalles keine weiteren Einkünfte mehr erzielen würde. Aus der Wahl der Lohnsteuerklasse IV kann zudem gefolgert werden, dass seine ihm gegenüber unterhaltsverpflichtete Ehefrau nicht nur über geringfügige Einkünfte verfügt.

Für die Kammer ist ebenfalls nachvollziehbar, dass die fehlende Bereitschaft des Klägers, substantiiert zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, erheblich dazu beigetragen hat, die Vertrauensgrundlage für eine Tätigkeit in einer so herausgehobenen Funktion zerstört hat.

Der Beklagte als von kommunalen Gebietskörperschaften getragener Verein hat schließlich auch ein billigenswertes Interesse daran, dass Verfehlungen wie die streitgegenständlichen in gebührendem Maße sanktioniert werden, um in der Öffentlichkeit dem ansonsten nahe liegenden Korruptionsvorwurf entgegenzutreten.

Dieses Interesse entfällt auch nicht durch die unzureichende Kontrolle des Klägers bzw. durch die – auf der Grundlage seines Vorbringens – denkbare Deckung seines Fehlverhaltens durch andere Personen. Hierdurch möglicherweise gewecktes Vertrauen des Klägers wäre jedenfalls nicht schutzwürdig. Vielmehr wäre es ggf. Sache der Träger des Beklagten, weitere Konsequenzen zu ziehen.

Eine Republik kann von ihren Bürgern nur dann legitimerweise die Befolgung ihrer Rechtsordnung einfordern, wenn sie selbst in ihren Ämtern konsequent für die Einhaltung des Rechts Sorge trägt.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO, 42 Abs. 4 GKG.

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