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Nutzungsausfallentschädigung bei älteren Kraftfahrzeugen

BGH

Az: VI ZR 112/04

Urteil vom 25.01.2005


Leitsatz:

Zur Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung bei einem älteren Kraftfahrzeug (im Anschluß an das Senatsurteil vom 23. November 2004 – VI ZR 357/03 – zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).


Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2005 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. März 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 9. Juli 2001, bei dem sein Pkw, ein 9 1/2 Jahre alter Renault 25 V 6 mit einer Laufleistung von ca. 160.000 km, durch einen niederländischen Lkw beschädigt wurde. Die volle Haftung des Unfallgegners steht dem Grunde nach außer Streit. Der Pkw war nicht mehr fahrbereit. Ein Sachverständiger schätzte die Reparaturkosten auf 2.793,13 Euro und den Wiederbeschaffungswert auf 2.812,11 Euro. Der Kläger wies das Regulierungsbüro am 3. August 2001 darauf hin, daß er zur Vorfinanzierung der Reparatur nicht in der Lage sei. Er meldete den Pkw am 29. Oktober 2001 ab. Der Haftpflichtversicherer ersetzte am 15. November 2001 die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten von 2.626,70 Euro. Als Nutzungsausfallentschädigung erstattete er dem Kläger weitere 601,28 Euro (14 Tage à 84 DM). Am 26. November 2001 ließ der Kläger ein Ersatzfahrzeug zu.

Der Kläger hat eine weitere Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 7.235,29 Euro verlangt (131 Tage à 117 DM abzüglich gezahlter 601,28 Euro). Dabei hat er für die Berechnung des Tagessatzes die Tabellen von Sanden/Danner zugrunde gelegt und das Fahrzeug wegen seines Alters um eine Gruppe herabgestuft. Das Landgericht hat den Nutzungsausfall auf der Grundlage der Vorhaltekosten in Höhe von 15,74 Euro pro Tag ermittelt und unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 30 % dem Kläger weitere 2.058,52 Euro zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat eine Nutzungsausfallentschädigung von insgesamt 7.175,47 Euro (130 Tage à 117 DM abzüglich gezahlter 601,28 Euro) für gerechtfertigt erachtet und der Klage in Höhe weiterer 5.116,95 Euro stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, auch ein länger andauernder Nutzungsausfall könne auf der Grundlage der Tabellen von Sanden/Danner (jetzt: Sanden/Danner/Küppersbusch) ermittelt werden. Unerheblich sei, ob für diesen Zeitraum normalerweise ein Fahrzeug angemietet worden wäre und ob hierbei gegebenenfalls ein günstigerer Mietzins hätte vereinbart werden können. Dieser Gesichtspunkt betreffe allein die Schadensminderungspflicht, die der Kläger nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts aber nicht verletzt habe. Da er den Versicherer auf seine finanzielle Lage hingewiesen habe, hätte dieser es in der Hand gehabt, zur Abwendung eines größeren Nutzungsausfallschadens einen Vorschuß zu leisten und dadurch den Kauf eines Ersatzfahrzeugs zu einem früheren Zeitpunkt zu ermöglichen. Der Kläger brauche sich wegen des Alters seines Fahrzeugs auch nicht auf die – eventuell um einen Zuschlag zu erhöhenden – Vorhaltekosten verweisen zu lassen. Insoweit genüge vielmehr eine Herabstufung in der Tabelle um eine Gruppe. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sei schließlich auch nicht durch den Wert des Fahrzeugs begrenzt.

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Die Revision wendet sich allein gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß dem Kläger für das im Unfallzeitpunkt fast zehn Jahre alte Fahrzeug für die Ausfallzeit von 130 Tagen ein Tagessatz von 59,82 Euro zuzubilligen sei. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Die Ermittlung der Schadenshöhe liegt gemäß § 287 Abs. 1 ZPO im freien tatrichterlichen Ermessen und ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 322, 330 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß eine Schadensschätzung auf der Grundlage der Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch eine zwar mögliche, aber keine verbindliche Methode der Schadensermittlung ist. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils geht hervor, daß das Berufungsgericht sich seines Ermessens sehr wohl bewußt war. Es hat nämlich im einzelnen dargelegt, weshalb es vorliegend eine Schadensermittlung anhand der Tabellen trotz der wegen der Dauer des Nutzungsausfalls und des Alters des Fahrzeugs gegebenen Besonderheiten für sachgerecht erachtet. Einer weitergehenden Darlegung bedurfte es nicht.

2. Die Heranziehung der Tabellen läßt vorliegend keinen Rechtsfehler erkennen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Tatrichter auch bei älteren Fahrzeugen nicht gehalten, in jedem Einzelfall bei der Beurteilung der entgangenen Gebrauchsvorteile eine aufwendige Berechnung anzustellen. Vielmehr darf er im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO bei der Schadensschätzung eingeräumten Ermessens aus Gründen der Praktikabilität und der gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle auch bei älteren Fahrzeugen mit den in der Praxis anerkannten Tabellen arbeiten (Senatsurteil vom 23. November 2004 – VI ZR 357/03 – Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Aus Rechtsgründen ist auch nichts dagegen zu erinnern, daß das Berufungsgericht dem Alter des Fahrzeugs durch eine Herabstufung um eine Gruppe Rechnung getragen hat (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2004 – VI ZR 357/03, Umdruck S. 10).

3. Einer Schadensschätzung auf der Grundlage der Tabellen von Sander/Danner/Küppersbusch steht vorliegend auch nicht die lange Dauer des Nutzungsausfalls entgegen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch insoweit die Grundsätze der Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO nicht verkannt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung nicht etwa schematisch durch den Wert des Fahrzeugs begrenzt ist (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 – X ZR 49/86 – NJW 1988, 484, 486). Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die Gebrauchsvorteile, die dem Kläger durch die Beschädigung seines Fahrzeugs täglich entgangen sind, während der Zeit des Nutzungsausfalls vermindert hätten. Dafür, daß die Höhe der Ausfallentschädigung letztlich den Wert des Fahrzeugs erheblich übersteigt, ist im vorliegenden Fall nicht der Geschädigte, sondern allein der Schädiger verantwortlich, denn dieser hätte es in der Hand gehabt, den Kläger durch eine schnellere Ersatzleistung oder aber durch Zahlung eines Vorschusses finanziell in die Lage zu versetzen, eine Reparatur oder eine Ersatzbeschaffung zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) ist im Streitfall nicht ersichtlich und wird von der Revision ausdrücklich auch nicht geltend gemacht.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


 

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