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Parabolantenne – Beseitigung durch Mieter

LG Krefeld

Az: 2 S 68/09

Urteil vom 10.03.2010


Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.10.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld – Az. 10 C 36/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, eine auf ihrem Balkon befindliche Parabolantenne zu entfernen. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 15. Oktober 2009 (Bl. 116 ff. d.A.) Bezug genommen, § 540 ZPO.

Das Amtsgericht hat der Klage auf Beseitigung stattgegeben. Die von den Beklagten erhobene Widerklage auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren hat es abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten unter Vertiefung und Ergänzung ihres Vorbringens ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren und die Widerklage weiter.

Die Beklagten beantragen, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen und die Kläger auf die Widerklage hin zu verurteilen, die Beklagte von den Kosten in Höhe von 185,64 €, die durch die außergerichtliche Inanspruchnahme des Rechtsanwalts … Krefeld entstanden sind, freizustellen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Begehrens bereits unzulässig. Im Übrigen ist sie zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Hinsichtlich der Widerklage, die das Amtsgericht abgewiesen hatte, ist – wie die Kläger zutreffend ausgeführt haben – die Berufung deswegen unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO genügt. Nach diesen Vorschriften muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und die Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt sowie die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte enthalten, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Hier haben sich die Beklagten in der Berufungsbegründung vom 06. November 2009 (Bl. 140 d.A.) mit der Entscheidung des Amtsgerichts über die Widerklage nicht auseinandergesetzt. Sie haben keinerlei Ausführungen dazu gemacht, warum sie die Abweisung der Widerklage durch das Amtsgericht für rechtsfehlerhaft halten.

2. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

Das Amtsgericht geht zu Recht von einem Anspruch der Kläger auf Beseitigung der Parabolantenne aus § 541 BGB aus. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung des Vermieters fortsetzt. Der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustands (BGH NJW-RR 2007, 1243).

Das Amtsgericht hat die Anbringung der Parabolantenne auf dem Balkon zu Recht als vertragswidrig qualifiziert. Dabei kommt es weniger auf den vom Amtsgericht hervorgehobenen Umstand an, dass die Beklagten die Art und Weise der Anbringung der Parabolantenne mehrfach geändert haben. Entscheidend ist vielmehr, dass die Kläger die ursprünglich erteilte Erlaubnis zur Aufstellung der Antenne wirksam widerrufen haben.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der damalige Vermieter und Eigentümer des Hauses den Beklagten im Jahre 2000 die Anbringung einer Satellitenanlage auf dem Balkon gestattet hat. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass der Vermieter zur Erteilung dieser Erlaubnis nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch verpflichtet gewesen ist, weil die Beklagten im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nur mittels der Parabolantenne Fernsehprogramme aus ihrem Heimatland Marokko empfangen konnten. Können ausländische Mieter ohne Parabolantenne keine ausländischen Programme aus ihrer Heimat empfangen, ist ihre Informationsfreiheit wesentlich eingeschränkt, weil sie vom Informationsfluss und von der Meinungsbildung in ihrem Heimatland abgeschnitten sind, so dass der Vermieter dann regelmäßig die Installation einer Parabolantenne erlauben muss (BVerfG WuM 1994, 251).

Als Erwerber des Hauses im Rahmen einer Zwangsversteigerung waren die Kläger zunächst auch grundsätzlich gemäß §§ 57 ZVG, 566 BGB an die durch den Voreigentümer erteilte Erlaubnis gebunden. Der der Erlaubniserteilung zu Grunde liegende Sachverhalt hat sich aber im Februar 2006 mit der Montage einer Satellitengemeinschaftsanlage für das gesamte Mietshaus entscheidend geändert. Denn mittels dieser Anlage war es den Klägern – wie diese auch nicht in Abrede stellen – fortan möglich, mehrere marokkanische Fernsehsender zu empfangen.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist bei Verfügbarkeit eines Kabelanschlusses regelmäßig ein sachbezogener Grund zur Versagung der Genehmigung einer zusätzlichen Parabolantenne gegeben. Dies gilt auch für ständig in Deutschland lebende Ausländer, wenn diese ihr Informationsinteresse am Empfang von Programmen ihrer Herkunftsländer durch Bezug eines zusätzlichen digitalen Kabelprogramms befriedigen können (BVerfG NJW-RR 2005, 661). Nichts anderes gilt bei einer Satellitengemeinschaftsanlage, mit der – wie vorliegend – einschlägige ausländische Sender empfangen werden können.

Bei dieser Sachlage hätte daher selbst der Voreigentümer die einmal erteilte Erlaubnis widerrufen dürfen. Denn es widerspräche der Billigkeit, wenn der Vermieter sich an einer einmal gegebenen Erlaubnis, zu deren Erteilung er nach Abwägung der widerstreitenden Interessen (Eigentumsbeeinträchtigung gegen Informationsfreiheit) rechtlich verpflichtet war, auch dann noch festhalten lassen müsste, wenn die Voraussetzungen für eine Erteilung entfallen sind, weil dem Informationsinteresse des Mieters ohne Eigentumsbeeinträchtigung genügt werden kann. Für die Kläger als Rechtsnachfolger gilt nichts anderes.

Soweit die Beklagten rügen, sie seien deswegen in ihrer grundrechtlichen Informationsfreiheit beeinträchtigt, weil es mit der neuen Gemeinschaftsanlage nicht möglich sei, in der Wohnung auf mehreren Fernsehern unterschiedliche Sender zu empfangen (Bl. 23 und 142 d.A.), rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ein Sonderinteresse der Beklagten zu begründen, das im Rahmen der Entscheidung über eine Erlaubniserteilung besonders zu beachten wäre. Denn die geschilderte Problematik findet ihre Ursache nicht in der Herkunft der Beklagten, sondern betrifft ebenso alle anderen Mieter, unabhängig von deren Herkunft oder Nationalität.

Nach alledem waren die Kläger zum Widerruf der Erlaubnis zur Installation einer Parabolantenne berechtigt. Konsequenterweise stellte die Nichtbeseitigung der Parabolantenne einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar, so dass das Amtsgericht die Beklagten zu Recht zur Beseitigung verurteilt hat.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.

Streitwert:1.500 €

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