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Teilweises Parken auf Radwegen – Abschleppgefahr!

OVG NRW

Az: 5 A 954/10

Beschluss vom 15.04.2011


Leitsatz:

Ein Abschleppen parkender Fahrzeuge ist nicht gerechtfertigt bei einem minimalen Hineinragen in einen Radweg. Eine mehr als nur unwesentliche Einengung des Radwegs liegt jedoch vor, wenn das parkende Fahrzeug den Radweg zu 1/3 einschränkt. Das parkende Fahrzeug stellt in diesen Fällen ein deutliches Hindernis dar und begründet damit eine konkrete Gefährdung und darf abgeschleppt werden (OVG NRW, Urteil vom 15.04.2011, Az: 5 A 954/10).


Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 62,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Die sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Die strittige Abschleppmaßnahme ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung nimmt der Senat entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Ausführungen auf Seite 4, sechster Absatz, bis Seite 6, zweiter Absatz, des erstinstanzlichen Urteils.

Der Einwand des Klägers greift nicht durch, das Abschleppen seines Fahrzeugs sei unverhältnismäßig gewesen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Fall der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern regelmäßig geboten ist. Eine derartige Behinderung kann etwa bei einem Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn gegeben sein.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, NJW 2002, 2122; Urteil vom 14. Mai 1992 – 3 C 3.90 -, BVerwGE 90, 189.

Entsprechendes gilt im Fall eines nicht nur unerheblichen Hineinragens eines Fahrzeugs in einen Radweg. Radfahrer müssen grundsätzlich nicht damit rechnen, dass der Radweg auch nur teilweise blockiert ist.

Vgl. VG Berlin, Urteil vom 18. Mai 1999 – 9 A 40/99 -, DAR 2000, 182.

Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – in beiden Fahrtrichtungen durch Zeichen 241 (Getrennter Rad- und Fußweg) in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO eine Benutzungspflicht angeordnet worden ist. Die Radwegebenutzungspflicht wird gemäß § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO zum Schutz von Radfahrern vor besonderen örtlichen Gefahrenlagen im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs angeordnet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2010 – 3 C 42.09 -, juris, Rn. 25.

Dem entspricht es, dass die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs- Ordnung in der Fassung vom 17. Juli 2009 – VwV-StVO – besondere Vorkehrungen formuliert, um die Sicherheit der Radwegbenutzung bei einer bestehenden Benutzungspflicht sicherzustellen. Nach II.2. VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 muss die Benutzung des Radwegs nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar sowie die Linienführung eindeutig, stetig und sicher sein. Hierzu gehört ausdrücklich eine ausreichende Breite, Befestigung und Freiheit von Hindernissen. Für Radwege, die auch für die Gegenrichtung freigegeben sind, wird eine lichte Breite von durchgehend in der Regel 2,40 m, mindestens 2,0 m verlangt (vgl. II.5. VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 3 und 4).

Zwar ist ein Abschleppen parkender Fahrzeuge nicht schon gerechtfertigt bei jedem minimalen Hineinragen in einen Radweg, dessen Benutzung vorgeschrieben ist. Mit Blick auf höhere Geschwindigkeiten gegenüber dem Fußgängerverkehr und erforderliche Sicherheitsabstände ist es jedoch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn Gefahren durch das Abschleppen solcher Fahrzeuge beseitigt werden, die einen Radweg mehr als nur unwesentlich einengen. Hierbei ist auch dessen jeweilige Verkehrsbedeutung in den Blick zu nehmen.

Eine mehr als nur unwesentliche Einengung des Radwegs lag hier unter Einbeziehung aller maßgeblichen Gesichtspunkte vor. Insbesondere trifft es nicht zu, dass das Fahrzeug des Klägers mit der rechten Fahrzeugseite lediglich etwa 20 bis 50 cm auf dem in Rede stehenden Radweg stand. Die vom Ordnungsdienst der Beklagten gefertigten Lichtbilder lassen anhand der Farbe und Anordnung der Pflastersteine zweifelsfrei erkennen, dass die Vorderseite des Fahrzeugs mehr als zur Hälfte auf dem Radweg stand (vgl. Blatt 4 des Verwaltungsvorgangs). Für den Radverkehr verblieb nur noch etwa 2/3 der Gesamtbreite des für Gegenverkehr ausgebauten Radwegs (vgl. Blatt 2 des Verwaltungsvorgangs). Damit stellte sich das Fahrzeug jedenfalls für den Radverkehr in Gegenrichtung als deutliches Hindernis dar und begründete damit eine konkrete Gefährdung.

Hinzu trat hier eine gesteigerte Verkehrsbedeutung des Radwegs. Ein besonderes Bedürfnis für seine ungehinderte Benutzung ergab sich angesichts der für beide Fahrtrichtungen angeordneten Benutzungspflicht jedenfalls im Zusammenhang mit der Großveranstaltung „…. „, die zeitnah einen verstärkten Verkehr erwarten ließ. Bei dieser Sachlage durfte ein Abschleppen nicht erst dann erfolgen, wenn es tatsächlich zu einer vermehrten Nutzung des Radwegs in beiden Richtungen gekommen wäre. Vielmehr durfte die Beklagte bereits mit Blick auf einen konkret erwarteten verstärkten Verkehr behindernd abgestellte Fahrzeuge abschleppen lassen. Die danach naheliegende Möglichkeit einer sich zuspitzenden Behinderungslage durfte die Beklagte bei der Gefährdungseinschätzung berücksichtigen.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Januar 1995 – 1 S 3083/94 -, juris, Rn. 25 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Darüber hinaus durfte sich die Beklagte ergänzend von spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten leiten lassen, weil sie eine Situation vorfand, in der zahlreiche Fahrzeuge behindernd auf dem Radweg abgestellt waren. Einer effektiven Gefahrenabwehr diente es, die Verkehrsverstöße nicht lediglich durch Bußgeld zu ahnden, sondern gegen die Missstände durch ein konsequentes Abschleppen vorzugehen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, NJW 2002, 2122.

Auch unter diesem Gesichtspunkt drängte es sich nicht auf, allein das Fahrzeug des Klägers nur deshalb stehen zu lassen, weil es weniger weit in den Radweg hineinragte als die anderen Fahrzeuge. Im Gegenteil wäre konkret zu befürchten gewesen, dass ein etwaiges alleiniges Verbleiben seines Fahrzeugs für weitere Verkehrsteilnehmer einen Anreiz geboten hätte, ihre Fahrzeuge wiederum behindernd teilweise auf dem Radweg abzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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