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Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne

 OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Az.: 15 U 3503/03

Urteil vom 28.04.2004

Vorinstanz: LG München I, Az.: 22 O 6258/02


In dem Rechtsstreit wegen Forderung erlässt der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2004 folgendes Endurteil:

Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 02.05.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren von den Beklagten den Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Beitritt zu einer Publikums-KG entstanden sei.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen, mit dem das Landgericht München I am 02.05.2003 die Klage abgewiesen hat. In dem Urteil ist u.a. ausgeführt, Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) wären ebenso verjährt wie Ansprüche aus c.i.c. im übrigen hätten keine Vertragsverhandlungen zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) stattgefunden. Dasselbe gelte für die Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 2), mit dem im übrigen auch kein Auskunfts- oder Beratungsvertrag zustande gekommen sei. Der Beklagte zu 4) hafte nicht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung, da er nicht zu den Initiatoren gezählt habe. Besondere Hinweise auf seine Sachkunde habe der Beklagte zu 4) nicht erteilt und auch kein besonderes Vertrauen der Kläger in Anspruch genommen. Die Kläger hätten auch nicht vermocht, ein besonderes wirtschaftliches Interesse des Beklagten zu 4) darzulegen, der auch nicht nach den Grundsätzen der c.i.c. hafte. Als selbständiger Handelsvertreter hafte der Beklagte zu 4) nicht selbst. Ein Fall, in dem ausnahmsweise eine Eigenhaftung eingreife, sei nicht gegeben. Im übrigen würde es auch an einem Verschulden des Beklagten zu 4) fehlen. Selbst bei einer unterstellten schuldhaften Pflichtverletzung würde es an der Kausalität für den von den Klägern behaupteten Schaden fehlen, den sie im übrigen nicht hinreichend substantiiert dargelegt hätten. Aus denselben Gründen hafte auch die Beklagte zu 3) den Klägern nicht auf Schadensersatz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (Blatt 435/451 d.A.) Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihren Anspruch weiter.

Sie haben beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 26.05.2003 die Beklagten zu 1) – 4) als Gesamtschuldner zur Zahlung von EUR 29.447,26 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übertragung bzw. Abtretung sämtlicher Rechte an beiden Beteiligungen der Kläger an der … KG in Höhe von nominal DM 50.000,– und DM 20.000,– an die Beklagten als Gesamtberechtigte;

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts München I vom 02.05.2003 aufzuheben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Zivilkammer des Landgerichts München I zurückzuverweisen.

Die Beklagten haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 28.04.2004 (Blatt 687/691 d.A.) wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Auch nach Auffassung des Senats stehen den Klägern keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Gründe des Ersturteils verwiesen.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist folgendes auszuführen:

1. Keine Haftung der Beklagten zu 1):

a) Dass nach Auffassung des Ersturteils keine Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn gegen die Beklagte zu 1) bestehen, haben die Kläger mit ihrer Berufungsbegründung nicht angegriffen;

b) zutreffend sind jedoch im Ersturteil auch Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinn verneint worden. Wie bereits im Ersturteil ausgeführt, wird in der Rechtsprechung eine derartige „uneigentliche Prospekthaftung“ für Mängel des Prospekts oder Nichterfüllung der übernommenen Pflichten (z. B. Kontrolle der Mittel Verwendung) wegen c.i.c. demjenigen auferlegt, der mit dem Anleger als Vertreter, Sachverwalter oder Garant persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat (Palandt/Heinrichs, BGB; 63. Aufl., § 280 Rn. 58). Da unstreitig unmittelbare Vertragsverhandlungen zwischen Organen der Beklagten zu 1) und den Klägern nicht stattgefunden haben, käme eine Haftung der Beklagten zu 1) aus „uneigentlicher Prospekthaftung“ nur dann in Betracht, wenn die Beklagte zu 3) oder der Beklagte zu 4) als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB angesehen werden könnten. Auch dies hat das Ersturteil jedoch zutreffend verneint. Die Kläger weisen zwar zu Recht darauf hin, dass sich der Schuldner auch grundsätzlich Fehler etwaiger Hilfspersonen des Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muss (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 278 Rn. 9), eine Haftung für ein eventuelles Verschulden der Beklagten zu 3) oder 4) nach § 278 BGB scheitert jedoch vorliegend bereits daran, dass diese nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit der Beklagten zu 1) tätig geworden sind. Ob dies der Fall war, richtet sich nach dem konkreten Pflichtenkreis der Beklagten zu 1) wie er durch Art und Inhalt des mit den Klägern abgeschlossenen Vertrages festgelegt wurde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 278 Rn. 13). Das Ersturteil hat den vertraglich festgelegten Pflichtenkreis der Beklagten zu 1) ausführlich beschrieben und hieraus zutreffend den Schluss gezogen, dass die Beklagte zu 1) nur als Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin anzusehen ist. Im Rahmen dieser Aufgaben sind die Beklagten zu 3) und 4) jedoch nicht für die Beklagte zu 1) tätig geworden.

Darüber hinaus wären Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 1) auch – wie ebenfalls im Ersturteil zutreffend ausgeführt – sowohl nach § 68 StBerG als auch nach § 12 Nr. 2 des Treuhandvertrages (Anlage B 1.2) verjährt.

Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine Steuerberatungsgesellschaft. Als solche ist sie auch gemäß ihrem Briefkopf nach außen hin und so auch gegenüber den Klägern aufgetreten (Anlage B 1,1). Unabhängig davon, ob die Verjährungsregelung des § 68 StBerG unmittelbar zu Gunsten der Beklagten zu 1) eingreift, verjähren Ansprüche gegen sie jedenfalls gemäß § 12 Nr. 2. des Treuhandvertrages spätestens 3 Jahre nach ihrer Entstehung. Diese vertragliche Regelung ist entgegen der Auffassung der Kläger, obwohl auf sie das AGBG a.F. anwendbar ist, nicht wegen unangemessener Benachteiligung der Kläger nach 9 Abs. 1, 2 AGBG a.F. unwirksam. Als unzulässig wird in der Rechtsprechung lediglich die Abkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus Delikt nach § 852 BGB a.F. gegen einen Rechtsanwalt nach § 51 b BRAO oder gegen einen Steuerberater nach § 68 StBerG angesehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., 9 AGBG Rn. 136). In der in der Berufungsbegründung zitierten Entscheidung des BGH hatte dieser die Abkürzung einer Verjährungsfrist auf 1 Jahr in einem formularmäßig verwendeten Treuhandvertrag im Rahmen eines Bauherrenmodells wegen unangemessener Benachteiligung für unwirksam erklärt, da diese Frist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (BGH NJW 1986, 1171, 1172). Die in dem vorliegenden Treuhandvertrag enthaltene Verjährungsregelung orientiert sich dagegen exakt an der für Steuerberater geltenden gesetzlichen Regelung.

Schließlich fehlt es für einen Schadensersatzanspruch der Kläger an der schlüssigen Geltendmachung eines kausal durch ein Verhalten der Beklagten zu 1) verursachten Schadens in der geltend gemachten Höhe. Auch hierzu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Ersturteils verwiesen werden (Blatt 449/450 d.A.).

2. Keine Haftung des Beklagten zu 2):

Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 2) aus „eigentlicher“ oder „uneigentlicher Prospekthaftung“ scheitern aus den oben unter 1. dargelegten Gründen.

Den Klägern stehen jedoch auch keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 264 a StGB zu. Der Kapitalanlagebetrug nach § 264 a StGB ist zwar als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen (Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl., § 823 Rn. 65), die Kläger haben jedoch eine strafbare Handlung des Beklagten zu 2) zu ihren Lasten nicht substantiiert dargelegt. Dabei kann dahinstehen, ob der in zweiter Instanz erstmals gebrachte Vortrag der Kläger bezüglich angeblicher „Kick-Back-Zahlungen“ gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unzulässig ist, da die Kläger nicht hinreichend dargelegt haben, dass sie diesen Vortrag nicht schon in erster Instanz hätten bringen können, wenn sie sich frühzeitiger um Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart bemüht hätten. Der Beklagte zu 2) hat die Behauptungen der Kläger, an ihn seien grundlos von Dezember 1990 bis Februar 1997 über 2,6 Mio. SFR geflossen, er habe sich auch überhöhte Funktionsträgergebühren auszahlen lassen, substantiiert bestritten. Die Kläger haben nicht dargelegt, welcher Anteil an diesem Geld auf den von ihnen gezeichneten DLF-Fonds entfallen ist, sie haben auch die Tatbestandsmerkmale der von dem Beklagten zu 2) angeblich begangenen Straftat nicht näher dargelegt. Eine Beweiserhebung zu dem unsubstantiierten Sachvortrag der Kläger durch Vernehmung der Zeugen Sch… oder R… war daher nicht veranlasst. Im übrigen haben weder die Vernehmungen dieser Zeugen noch die weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen genügenden Anlass zur Klageerhebung jedenfalls im Zusammenhang mit dem DLF-Fonds gegeben, obwohl die Staatsanwaltschaft über wesentlich bessere Erkenntnisquellen verfügen dürfte als die Kläger.

3. Keine Haftung der Beklagten zu 3):

Entsprechend den Ausführungen im Ersturteil steht dem Kläger kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 3) zu.

a) Ein Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne scheitert daran, dass die Beklagte nicht zu dem Kreis der das Management bildenden Initiatoren, Gestaltern und Gründern der Gesellschaft oder der sonstigen „Hintermänner“ zu zählen ist;

b) Ansprüche aus „uneigentlicher Prospekthaftung“ könnten nur aufgrund eines besonderen Verhaltens des Beklagten zu 4) gegenüber der Beklagten zu 3) dann bestehen, wenn diese gemäß § 278 BGB für diesen als ihren Erfüllungsgehilfen einstehen müsste. Letzteres ist nicht entscheidungserheblich, da auch der Beklagte zu 4) – wie sich aus den nachfolgenden Anmerkungen unter 4. ergeben wird – den Klägern nicht auf Schadensersatz haftet;

c) das Unterlassen einer Plausibilitätsprüfung des zur Werbung der Kläger verwendeten Prospekts können diese der Beklagten zu 3) nicht vorwerfen. Laut den Entscheidungsgründen des Ersturteils war es unstreitig, dass die Beklagte zu 3) eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen hat (Blatt 449 d.A.). Eine Berichtigung des Tatbestandes nach § 320 Abs. 1 ZPO haben die Kläger nicht beantragt. Mit Rechtsmittel gegen das Urteil ist eine Berichtigung des Tatbestandes nicht zu erreichen; diese muss auch dann beantragt werden, soweit die unrichtigen Tatbestandsteile sich räumlich in den Entscheidungsgründen befinden (BGH NJW 1997, 19ch; Thomas/Putzo/Reich hold, ZPO, 25. Aufl., § 320 Rn. 1).

4. Keine Haftung des Beklagten zu 4):

a) Schließlich haftet auch der Beklagte zu 4) den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf Schadensersatz. Bereits im Ersturteil sind Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 4) aus Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinne sowie aus c.i.c. ausführlich erörtert und zutreffend verneint worden. Auch in der Berufungsbegründung haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt, inwieweit der Beklagte zu 4) den Eindruck besonderer Sachkunde erweckt bzw. besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Der BGH hat entschieden, dass ausnahmsweise auch der an den Vertragsverhandlungen unmittelbar oder mittelbar beteiligte Dritte für die Verletzung von Schutz- und Aufklärungspflichten dann haftet, wenn er das Vertrauen des Verhandlungspartners dadurch auf sich gelenkt und den Vertragsschluss gefördert hat, dass er unter Hinweis auf seine konkrete Sachkunde und seinen Sachverstand sowie auf das Ansehen seiner Person keinen Zweifel am Misslingen des Projekts aufkommen lässt (BGH WM 1986, 1047). Der Vortrag der Kläger, der Beklagte zu 4) habe durch sein Auftreten im Rahmen der von ihm durchgeführten Informationsveranstaltung den Eindruck erweckt, er verfüge insbesondere hinsichtlich der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung und deren Sicherheit und Rentierlichkeit über eine besonders ausgeprägte Sachkunde, ihm sei auch bei der späteren Beratung der Kläger offensichtlich bewusst gewesen, dass von seinem Auftreten und seiner Empfehlung eine Beteiligung der Kläger an der Fondsgesellschaft maßgeblich abhängen würde, reicht entgegen der Auffassung der Kläger nicht aus, um eine unmittelbare Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 4) aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens bejahen zu können, zumal die Kläger selbst vorgetragen haben, der Beklagte zu 4) habe nichts weiter getan, als ihnen den Prospekt „zum Einlesen“ zu hinterlassen. Zudem haben sie unstreitig die vom Beklagten angebotene Anfertigung einer Wirtschaftsanalyse abgelehnt, da sie ihm keine näheren Auskünfte über ihre Vermögensverhältnisse erteilen wollten. Auch dies spricht – wie vom Erstgericht festgestellt – dagegen, dass der Beklagte zu 4) ein besonderes Vertrauen der Kläger in Anspruch genommen hat. Der von den Klägern zitierte vom BGH in NJW 1971, 1309 entschiedene Fall lässt sich mit dem hier Vorliegenden nicht vergleichen. Der BGH hatte dort eine Schadensersatzpflicht aus c.i.c. zu Lasten eines Finanz- und Grundstücksmaklers bejaht, der mit der finanziellen Betreuung eines Bauwerks beauftragt war und einen Handwerker zur Fortsetzung von Metallbauarbeiten veranlasst hatte, ohne auf die schlechte wirtschaftliche Lage der Bauherren hinzuweisen. Die dem dort entschiedenen Fall zugrunde liegenden Beziehungen zwischen dem Handwerker und dem von den Bauherren beauftragten Makler lassen sich mit dem hier gegeben Verhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 4) nicht vergleichen;

b) Der Beklagte zu 4) haftet den Klägern auch nicht aus c.i.c. in Zusammenhang mit einem Anlagevermittlungs- oder Anlageberatungsvertrag bzw. aus schuldhafter Verletzung vertraglicher Nebenpflichten eines solchen Vertrages. Den Unterschied zwischen Anlageberater und Anlagevermittler sieht der Senat darin, dass ein Anlageberater im Allgemeinen dann vom Kapitalanleger hinzugezogen wird, wenn Letzterer keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat (BGH.NJW-RR 1993, 1114). Der Anleger erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung (BGH, a.a.O.). Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert (BGH, a.a.O.). In diesen Fällen muss der Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, besonders differenziert und fundiert beraten (BGH, a.a.O.).

Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, tritt der Anlageinteressent dagegen selbständiger gegenüber (BGH, a.a.O.). Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustande gekommene Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es – jedenfalls grundsätzlich – vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden, da ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen kann. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil zumindest offen legen (BGH NJW-RR 2000, 998; NJW 2002, 2641 f.).

Mit dem Ersturteil ist das vorliegend zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 4) bestehende Rechtsverhältnis als Anlagevermittlungsvertrag anzusehen, da hinreichende Anhaltspunkte für einen Anlageberatungsvertrag fehlen. Unstreitig haben die Kläger keine Provision an den Beklagten zu 4) entrichtet. Auf die Unterscheidung kommt es aber vorliegend nicht wesentlich an, da in beiden Fällen dem Beklagten zu 4) die oben dargelegten Pflichten oblegen haben. Diesen Pflichten ist der Beklagte zu 4) hinreichend nachgekommen. Dies ist bereits im Ersturteil umfassend ausgeführt. Dort ist auch zutreffend festgehalten, dass der Beklagte zu 4) den Klägern jedenfalls den Prospekt Teil A übergeben hat, aus dem sich alles ergeben habe, was die Kläger für ihre Anlagenentscheidung wissen mussten. Die Kläger haben auch in zweiter Instanz – wie oben dargelegt – nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte zu 4) eigens auf seine besondere Sachkunde hingewiesen hat. Ein Hinweis auf mangelnde Sachkunde war vorliegend nicht geboten. Dem Beklagten zu 4) oblag es hier auch nicht, eine eigene Plausibilitätsprüfung durchzuführen, da die Beklagte zu 3), für die er auftrat, diese bereits durchgeführt hatte, wie sich aus dem Ersturteil als unstreitig ergibt.

Der Anlagevermittler ist zwar verpflichtet, Berichte in der „seriösen“ Wirtschaftspresse zu verfolgen und auszuwerten, er muss sich jedoch entgegen der Auffassung der Berufung nicht über alle sog. Branchendienste wie „Kapitalmarkt-Intern“, „Platow-Brief“ oder „DFI gerlach-report“ informieren und dies an eventuelle Interessenten weitergeben (OLG München, OLG-Report 2003, 254). Mag auch die von der Klägern zitierte „Wirtschaftswoche“ zu den „seriösen“ Informationsquellen gerechnet werden, so vermag die unterlassene Aufklärung bezüglich eines kritischen Berichts in dieser Zeitung seitens des Beklagten zu 4) nicht seine Haftung gegenüber den Klägern zu begründen. Entgegen der vom OLG Gelle in seinem Urteil vom 15.08.2002 vertretenen Ansicht enthielt der Artikel in der „Wirtschaftswoche“ nach Auffassung des erkennenden Senats keine derart schwerwiegenden Warnungen bezüglich spezieller Risiken des von dem Beklagten zu 4) vermittelten Fonds, das ein Unterlassen des Hinweises auf diesen Bericht als schuldhafte Verletzung der dem Anlagevermittler obliegenden Aufklärungspflicht angesehen werden könnte. Soweit in dem Zeitungsartikel bezweifelt wird, dass das Musical „Miss Saigon“ mindestens – wie geplant – 10 Jahre gespielt wird, ergibt sich aus dem den Klägern vom Beklagten zu 4) übergebenen Prospekt in dem Kapitel „Chancen und Risiken“ eine durchaus zurückhaltende Bewertung, wenn es dort u.a. heißt: „Die Vorverkaufszahlen der „Miss Saigon“ lassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt darauf schließen, dass hier die Wiederholung des Erfolgs von „Cats“ oder „Das Phantom der Oper“ möglich erscheint … Bei der vorliegenden Festlaufzeit des Mietvertrages von 15 Jahren ist es wahrscheinlich, dass die Aufführung der „Miss Saigon“ seitens des Mieters durch eine Nachfolge-Produktion ersetzt werden muss … Soweit ersichtlich, konzentriert sich die Stella-Unternehmensgruppe bei der Auswahl der von ihr für den deutschen Markt produzierten Musicals nur auf solche, die in den USA und in Großbritannien bereits Erfolge belegen konnten. Dies ist selbstverständlich keine Erfolgs-Garantie für die deutsche Produktion. Durch diese Vorgehensweise kann das durchaus bestehende Risiko eines totalen Misserfolges deutlich eingegrenzt werden … Zu beachten ist auch die Konkurrenzsituation im Hinblick auf gleichfalls als Musical-Theater zu nutzende Immobilien. Sicher wird niemand erwarten, dass in Deutschland dutzende von verschiedenen Musicals gleichzeitig mit großem wirtschaftlichen Erfolg aufgeführt werden können …“. Im Hinblick auf diese deutlich formulierten Hinweise auf die Risiken war der Beklagte zu 4) nicht verpflichtet, die Kläger darüber zu informieren, dass auch in der „Wirtschaftswoche“ derartige Risiken kritisch beleuchtet wurden. Dasselbe gilt für die weiteren in der „Wirtschaftswoche“ vom 23.03.1995 sehr allgemein gehaltenen Hinweise auf Risiken des streitgegenständlichen Fonds. Auch auf diese ist in dem Ausgabeprospekt bereits hinreichend hingewiesen worden.

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Die Behauptung der Kläger, der Beklagte zu 4) habe ihnen eine Rendite von 7 % garantiert, zumindest aber als höchst sicher dargestellt, ist – wie vom Erstgericht festgestellt – schon in sich selbst widersprüchlich. Auch in zweiter Instanz haben die Kläger insoweit widersprüchlich vorgetragen. Auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 28.08.2003 haben sie behauptet, der Beklagte zu 4) habe eine sichere Rendite von 7 % in Aussicht gestellt (Blatt 524 d.A.). Auf Seite 22 des Schriftsatzes vom 19.04.2004 heißt es, der Beklagte zu 4) habe (unzutreffende) Aussagen zur angeblich sicheren Rendite der Fondsbeteiligung von 7 % gemacht (Blatt 649 d.A.). Zutreffend hat das Erstgericht ausgeführt, weshalb eine Parteivernehmung der Kläger nach § 448 ZPO nicht veranlasst war. Eine Vernehmung des erstmals in zweiter Instanz von den Klägern als Beweis angebotenen Beklagten zu 4) als Partei war ebenfalls nicht veranlasst. Zum einen ist nach wie vor eine „Garantie“ einer sicheren Rendite von 7 % jährlich durch den Beklagten zu 4) nicht substantiiert behauptet, zum anderen ergibt sich eine Prognose von mindestens 7,1 % Rendite nach Steuern pro Jahr – allerdings nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen – bereits aus dem Anlageprospekt selbst. Darüber hinaus ist das Beweisangebot in zweiter Instanz jedoch nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unzulässig, da die Kläger nicht hinreichend dargelegt haben, weshalb sie nicht bereits in erster Instanz den Beklagten zu 4) als Partei für Ihre Behauptung angeboten haben.

5. Ein Anspruch der Kläger scheitert auch – wie ebenfalls im Ersturteil festgestellt – bereits daran, dass sie den von ihnen behaupteten Schaden nicht schlüssig dargelegt haben. Trotz ausdrücklichen Hinweises durch das Erstgericht haben sie die aus ihrer Beteiligung realisierten Steuervorteile nicht angegeben. Diese wären im Wege der Vorteilsausgleichung vorliegend schadensmindernd zu berücksichtigen gewesen.

Die Kläger haben dies noch nicht einmal in zweiter Instanz nachgeholt, obwohl das Ersturteil auch auf diesen Gesichtspunkt entscheidend abhebt. Eines eigenen Hinweises des Senats darauf, dass er ebenfalls diesen Gesichtspunkt für wesentlich erachtet, bedurfte es nicht. Möglicherweise hatte auch ein entsprechender Vortrag der Kläger hierzu nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückgewiesen werden müssen, es sei denn, sie hätten hinreichend dargetan, dass ihr unterlassener Vortrag in erster Instanz nicht auf ihrer Nachlässigkeit beruhte. Zwar hat grundsätzlich der Schädiger die Vortragslast, wenn er Vorteilsausgleichung behauptet (BGHZ, 84, 141 (149)). Jedoch muss der Geschädigte, der allein über seine tatsächliche Besteuerung verbindlich Auskunft geben kann, bei konkretem Sachvortrag der Gegenseite seinerseits den Hergang substantiiert darlegen, er darf sich als derjenige, der die bessere Kenntnis hat, dann nicht auf Bestreiten oder eine unklare Darstellung beschränken (BGH NJW 1984, 2524 f.). Dies gilt entgegen der Auffassung der Kläger nicht nur in den Fällen, in denen der Geschädigte außergewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt hat, sondern in allen Fällen, in denen eine Anrechnung der Steuervorteile dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet, noch den Schädiger unbillig entlastet (BGH NJW 2002, 1711 f.). Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde, andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt (BGH, a.a.O.). So sind Steuervorteile dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Schadensersatzleistung für den Kläger ebenfalls zu versteuern ist (BGH a.a.O.). Das Erstgericht hat bereits festgestellt, dass dies vorliegend nicht der Fall wäre. Es handelte sich ggf. um eine Schadensersatzleistung wegen schuldhafter Verletzung einer Aufklärungspflicht im Rahmen eines Anlagevermittlungsvertrages. Vorliegend war der Hinweis der Beklagten auf die steuerlichen Vorteile der Kläger (Bl. 202/203 d.A.) als hinreichend substantiierter Sachvortrag anzusehen, da sich bereits aus der Konstruktion des von den Klägern gezeichneten Fonds ergibt, dass ihnen steuerliche Vorteile zugute kommen sollten. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall gewesen sein, so wären insoweit die Kläger darlegungspflichtig gewesen. Eine Schätzung der Steuervorteile der Kläger nach § 287 ZPO war dem Senat mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht möglich.

6. Nur ergänzend, da es hierauf nicht mehr ankommt, ist anzumerken, dass der Senat entsprechend der Auffassung der Kläger das Angebot an diese gemäß Anlage B 38 vom 24.07.1998, ihre Beteiligungen zu verkaufen, als ein Problem des mitwirkenden Verschuldens im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB anzusehen ist und nicht die Kausalität zwischen einer schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beklagten und dem den Klägern entstandenen Schaden in Frage stellen könnte.

III.

Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die im vorliegenden Verfahren aufgetretenen Rechtsfragen hat der Senat im Rahmen der anerkannten Rechtsprechungsgrundsätze behandelt. Das Abweichen von der Meinung eines anderen OLG, hier – soweit ersichtlich – lediglich des OLG Celle, das in dem o.a. Urteil eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht seitens der dortigen Vertriebsgesellschaft bejaht hat, stellt die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht dermaßen in Frage, dass eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheint. Vor allem lassen sich die vom OLG Celle mit Urteilen vom 15.08.2002 entschiedenen Fälle nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichen. Dort nahm – soweit ersichtlich – die Vertriebsgesellschaft keine eigene Plausibilitätsprüfung des Prospektes vor. In beiden Fällen war jeweils nur die Vertriebsgesellschaft verklagt worden. Zu einer Verantwortlichkeit der Beklagten im vorliegenden Fall hatte das OLG Celle keine Veranlassung, Stellung zu nehmen. Im übrigen begründet nicht schon jede Abweichung der Berufungsgerichte untereinander das Vorliegen von grundsätzlicher Bedeutung (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 543 Rn. 11), als deren Untertan das Kriterium der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu sehen ist (Zöller/Gummer, a.a.O., § 543 Rn. 13). Selbst wenn der Senat den vorliegenden Prospekt und die Verpflichtung von Anlageberatern oder Vermittlern zur Aufklärung über Presseberichte abweichend vom OLG Celle beurteilt, ist keine allgemeine Rechtsunsicherheit zu befürchten.


 

 

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