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Prospekthaftungsansprüche – Prospektfehler

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: II ZB 21/10

Beschluss vom 06.12.2011


In dem Rechtsstreit hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2011 beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kos-ten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Kammergericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 445.377,41 €

Gründe:

I.

Der Kläger macht Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagten als Gründungsgesellschafter des geschlossenen Immobilienfonds „…….“ geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der vom Kläger beanstandete Prospekt keine Fehler bei der Aufklärung über die Haftung der Gesellschafter enthalte. Es werde insbesondere keine bestimmte Reihenfolge bei der Haftung für Gesellschaftskredite zugesichert.

Der Kläger hat gegen das ihm am 12. April 2010 zugestellte Urteil am 12. Mai 2010 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 8. Juli 2010 innerhalb der verlängerten Frist begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 bis 3 ZPO als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Berufungsbegründung genüge nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO. Die Berufungsbegründung sei erkennbar nicht auf das angefochtene Urteil zugeschnitten. Sie bestehe aus längeren Textbausteinen, die auf hohem Abstraktionsniveau einen allgemeinen Überblick über einige von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze der Prospekthaftung gäben, und schließe mit der zusammenfassenden Feststellung, dass das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers zu Unrecht verneint, insbesondere rechtsfehlerhaft durchgreifende Einwendungen sowie Verjährung bzw. Verwirkung angenommen habe. Das Landgericht habe aber weder Verjährung noch Verwirkung angenommen, es habe auch keine sonstigen Einwendungen der Beklagten durchgreifen lassen. Die Ausführungen enthielten keine konkreten Rügen gegen die angefochtene noch gegen irgendeine landgerichtliche Entscheidung. Es sei daher nicht erkennbar, in welchen Punkten der Kläger das Urteil des Landgerichts für fehlerhaft halte. Die Berufungsbegründung enthalte keine Stellungnahme zu den die Entscheidung tragenden Argumenten des Landgerichts, mit denen es Mängel des Verkaufsprospekts verneint habe.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.; Beschluss vom 23. Oktober 2003 V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; Beschluss vom 11. Januar 2006 XII ZB 27/04, BGHZ 165, 371, 372 f.).

2.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, weil entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung (noch) gewahrt sind.

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat, wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 513 Abs. 1, § 546 ZPO), die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 VIII ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580; Beschluss vom 26. Juni 2003 III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533; Urteil vom 14. November 2005 II ZR 16/04, NJW-RR 2006, 499 Rn. 9; Beschluss vom 10. September 2009 VII ZB 21/08, ZfBR 2010, 62 Rn. 8; Beschluss vom 1. Oktober 2009 VII ZB 43/09, BauR 2010, 248 Rn. 5; Beschluss vom 31. August 2010 VIII ZB 13/10, WuM 2011, 48 Rn. 7; Beschluss vom 21. September 2010 VIII ZB 9/10, WuM 2010, 694 Rn. 10). Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Streitpunkt eine § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung, ist die Berufung insgesamt zulässig, wenn die bezeichneten Umstände geeignet sind, der angegriffenen Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2002 XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 162; Beschluss vom 1. März 2011 XI ZB 26/08 Rn. 14 m.w.N., juris).

b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des Klägers gerade noch gerecht.

Auch wenn sich die Berufungsbegründung mit der Haftung wegen fehlerhafter Angaben im Emissionsprospekt weitgehend abstrakt beschäftigt, wird mit noch hinreichender Deutlichkeit klar, dass sie rügt, das Landgericht habe mit der gegebenen Begründung das Vorliegen eines Prospektfehlers nicht ablehnen dürfen. Die Berufungsbegründung beanstandet die Auffassung des Landgerichts, bei den Angaben über die Haftung für Gesellschaftskredite sei dem Prospekt keine bestimmte Haftungsreihenfolge zu entnehmen. Die Berufungsbegründung stellt ausdrücklich für den „hiesigen Prospekt“ darauf ab, anhand der Formulierung der Haftungsreihenfolge werde entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Anleger der Eindruck erweckt, vor seiner Inanspruchnahme durch Gläubiger der Gesellschaft werde eine Verwertung der Immobilie erfolgen. Die Berufungsbegründung fährt sinngemäß fort, der jeweilige Anleger lasse sich besser für eine Beteiligung begeistern, wenn die Haftung mit Einschränkungen verharmlost werde. Weiter führt die Berufungsbegründung aus, somit sei „der vorliegende Emissionsprospekt unrichtig, da er den Gesellschaftern ausdrücklich den Eindruck vermittelt[e], die finanzierende Bank müsse vorrangig die GbR in Anspruch nehmen.“ Zu den aus der Sicht des Berufungsführers maßgeblichen Rechtsgrundsätzen für die Feststellung, welchen Eindruck Angaben in einem Emissionsprospekt dem Anleger vermitteln, wird in den die Berufungsbegründung einleitenden Rechtsausführungen unter Bezugnahme auf Rechtsprechungsnachweise darauf hingewiesen, dass „durch die Anhäufung positiver Werturteile unter Missachtung einer ausreichenden Risikodarstellung kein unrichtiger Gesamteindruck beim Anleger über die Chancen und Risiken der Investition entstehen“ dürfe. Mit diesem Angriff gegen die rechtliche Würdigung der beanstandeten Prospektangaben über die Haftung der Gesellschafter durch das Landgericht genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Es ist für die Zulässigkeit der Berufung ohne Belang, ob dieser Angriff begründet ist und ob die Berufungsbegründung weitere Rügen zu rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkten enthält, auf die das angefochtene Urteil gar nicht gestützt ist.

 

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