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Aufklärungspflicht eines Rechtsanwalts über Prozessrisiken


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein

Az: 11 U 88/13

Urteil vom 27.05.2014


Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 16. Mai 2013 – 4 O 153/12 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Gründe

Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 544 Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin kann den Beklagten nicht wegen eines anwaltlichen Beratungsfehlers gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen. Nach der vor dem Senat wiederholten Beweisaufnahme steht nämlich eine anwaltliche Pflichtverletzung nicht fest. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass ein unterstellter Beratungsfehler kausal für den von der Klägerin geltend gemachten Vermögensschaden geworden wäre. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Es kann nicht angenommen werden, dass der Zeuge D. über etwaige Risiken, die aufgrund einer möglichen Verjährung der Gewährungsleistungsansprüche hinsichtlich der Brandmeldeanlage bestanden haben konnten, nicht hinreichend durch den Beklagten aufgeklärt worden wäre.

a)

Der Auftraggeber eines Rechtsanwalts muss eigenverantwortlich über Art und Weise einer gerichtlichen Rechtsverfolgung entscheiden können. Soweit er hierzu nicht in der Lage ist, muss der Rechtsanwalt ihn über die Notwendigkeit, Erfolgsaussichten und Gefahren eines Rechtsstreits ins Bild setzen (Sieg, in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 631). Der Inhalt der Pflicht, über das Prozessrisiko aufzuklären, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Rechtsanwalt muss allerdings konkret beschreiben, woraus sich ein Prozessrisiko ergibt. Er muss über Unsicherheiten aufklären, die daraus folgen können, dass eine Rechtsfrage von der Bewertung der Umstände des Einzelfalls abhängt (Sieg a. a. O. Rn. 637).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Klägerin eine entsprechende Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten zwar schlüssig dargelegt hat. Denn auch wenn man mit dem Beklagten von einer fünfjährigen Verjährungsfrist für die Gewährungsleistungsansprüche des Zeugen D. ausgeht, muss der Beklagte seinen Mandanten darüber ins Bild setzen, dass die Beurteilung der Verjährungsfrage genaue tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der Bedeutung der Brandmeldeanlage für das von dem Zeugen betriebene Schullandheim, der Art und Weise der Installation der Brandmeldeanlage und der geltend gemachten Mängel an dieser Brandmeldeanlage voraussetzte. Darüber hinaus musste der Zeuge darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein Prozesserfolg notwendig zur Voraussetzung hatte, dass das angerufene Gericht den Tatsachenvortrag des Zeugen sowie die rechtliche Würdigung hinsichtlich der Verjährungsfrage nachvollzog. Diese Aufklärung soll der Beklagte unterlassen haben, indem er dem Zeugen D. nach Lektüre der einschlägigen Kommentierung als sicher hinstellte, dass die Verjährungsfrist 5 Jahre betrage, ohne auf Unsicherheiten hinsichtlich der Feststellbarkeit der für die entsprechende Subsumtion erforderlichen Tatsachen und auf etwaige Risiken hinsichtlich einer entsprechenden richterlichen Würdigung in einem Rechtstreit hinzuweisen.

Der Beklagte allerdings ist dem klägerischen Vortrag insoweit substantiiert entgegengetreten. Er hat auf Seite 2 des anwaltlichen Schriftsatzes vom 7. November 2012 vortragen lassen, dass er darauf hingewiesen habe, dass ein Prozess immer ein Risiko berge, da bereits anhand der nachgeschlagenen Entscheidungen durchaus unterschiedliche Beurteilungen in der Rechtsprechung möglich seien. Zudem erkundigte sich der Beklagte unstreitig mit Blick auf die Verjährungsfrage über die Einzelheiten der Installation der Brandmeldeanlage. Eine solche Aufklärung wird man im Hinblick darauf, dass die Verjährungsfrist tatsächlich fünf Jahre betrug, als hinreichend ansehen müssen.

b)

Die einschlägige Verjährungsvorschrift ist vorliegend § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB. Danach verjähren im Rahmen eines Kaufvertrages Gewährleistungsansprüche in fünf Jahren bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat.

Der Vertrag zwischen dem Zeugen D. und der Firma P. Nord ist als Kaufvertrag einzuordnen. Verpflichtet sich ein Unternehmer, einen Gegenstand zu liefern und zu montieren, so kommt es für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag – mit Montageverpflichtung – oder als Werkvertrag darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund steht und je weniger die individuellen Anforderungen des Kunden und die geschuldete Montageleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrages geboten (BGH, Urt. v. 3. März 2004 – VIII ZR 76/03, NJW-RR 2004, 850 [850]). So verhält es sich hier. Schwerpunkt der von der Firma P. Nord geschuldeten Leistung war die Lieferung der Komponenten für eine Brandmeldeanlage. Ausweislich der Rechnung vom 13. August 2004 (vgl. 2. Anl. z. Klagschrift v. 3. Feb. 2010 aus dem Vorprozess) sollten die Kosten für die Montage mit 1.716,00 € lediglich knapp 21 % der Gesamtnettosumme von 8.362,49 € ausmachen. Zudem beschränkte sich die Montageverpflichtung auf Teilarbeiten. Schließlich umfasste die Lieferverpflichtung serienmäßig hergestellte Teile die keine Einzelanfertigungen waren. Diese Gesichtspunkte sprechen für die Annahme eines Kaufvertrages.

Die von der Firma P. Nord gelieferten Komponenten, die als Sachgesamtheit die Brandmeldeanlage ausmachen, wurden entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet und verursachten – so der Vortrag der Klägerin – dessen Mangelhaftigkeit.

Brandmeldeanlagen werden üblicherweise für ein Bauwerk verwendet. Diese Voraussetzung ist objektiv zu bestimmen. Erforderlich ist nicht, dass derartige Sachen fast ausschließlich oder meistens für Bauwerke verwendet werden oder bei den meisten Bauwerken derartige Sachen verwendet werden. Vielmehr sind nur Sachen ausgenommen, deren Verwendung für ein Bauwerk so selten ist, dass mit ihr nicht zu rechnen ist (Faust, in: BeckOK BGB, Stand 1. März 2011, § 438 Rn. 24). Brandmeldeanlagen werden regelmäßig durch Verschraubungen und Verkabelungen in Gebäuden installiert.

Mit der von dem Lieferanten teilweise durchgeführten und vom Zeugen D. vollendeten Installation der Brandmeldeanlage ist diese tatsächlich im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB für das Gebäude verwendet worden. Erforderlich ist insoweit, dass die Sache im Zuge der Errichtung eines Bauwerks verwendet wird, wobei allerdings dazu außer der Neuerrichtung auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten zählen, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und die Sache mit dem Gebäude fest verbunden wird. Hinsichtlich dieser Voraussetzung kann auf die Rechtsprechung zu der entsprechenden Verjährungsvorschrift im Werkvertragsrecht zurückgegriffen werden (BGH, Urt. v. 9. Okt. 2013 – VIII ZR 318/12, juris, Rn. 19). Danach ergibt sich Folgendes:

Die Abgrenzung, in welchen Konstellationen Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk unter anderem für die Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind, ist nach den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu treffen. Instandsetzungs- und Umbauarbeiten sind jedenfalls dann Arbeiten bei Bauwerken, wenn entsprechende Leistungen bei Neuerrichtung Arbeiten bei Bauwerken wären und wenn sie nach Umfang und Bedeutung solchen Neuarbeiten vergleichbar sind (BGH, Urt. v. 22. Sept. 1983 – VII ZR 360/82; NJW 1984, 168 [168]). Insoweit ist im Hinblick auf die Gefahr, dass Mängel an bauwerksbezogenen Leistungen häufig erst nach Jahren erkannt werden, bei der vorzunehmenden Abwägung ein großzügiger Maßstab anzulegen (Dölle, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 2850). Schließlich kann bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Lieferung von Bauteilen bzw. von Bauwerksarbeiten die konkrete Zweckbestimmung des betroffenen Gebäudes nicht außer Betracht bleiben (BGH, Urt. v. 22. Nov. 1973 – VII ZR 217/71, juris, Rn. 14). Das bedeutet für diesen Fall, dass mit der Berufung in der Tat entscheidend darauf abzustellen ist, dass die Installation der Brandmeldeanlage den weiteren Betrieb des streitgegenständlichen Gebäudes als Schullandheim sicherstellen sollte. Dem Zeugen D. waren entsprechende öffentlich rechtliche Auflagen gemacht worden. Ohne die Nachinstallation der Brandmeldeanlage wäre der Weiterbetrieb des Schullandheims ordnungsrechtlich unzulässig gewesen, und der Zeuge D. hätte mit dem Erlass einer Einstellungsverfügung rechnen müssen. Damit waren die Lieferung und die Installation der Brandmeldeanlage wesentlich für die Benutzbarkeit des Gebäudes als Schullandheim. Wäre das Gebäude in dem Zeitraum der streitgegenständlichen Lieferung erst insgesamt errichtet worden, so hätte der Zeuge D. den Einbau der Brandmeldeanlage von vornherein in die Bauplanung aufnehmen und realisieren müssen. Damit ist vorliegend auch die Vergleichbarkeit mit entsprechenden Neubauarbeiten gegeben.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Installation die Brandmeldeanlage mit dem Gebäude fest verbunden wurde. Dabei sind an die Festigkeit der Verbindung jedenfalls keine besonders großen Anforderungen zu stellen, wenn die Verbindung mit dem Gebäude nur eng und dauerhaft ist (OLG Hamm, Urt. v. 11. Nov. 1975 – 21 U 42/75, NJW 1976, 1269 [1269]). Vorliegend sollte die zu liefernde Brandmeldeanlage mit all ihren Komponenten in dem Schullandheim installiert werden. Die Arbeiten umfassten unstreitig nicht nur die Verschraubungen einzelner Brandmelder an den Gebäudedecken, sondern auch die Installation der Zentrale und weiterer Bauteile. Im Rahmen der Verkabelung wurden die Kabel außen durch Abseiten gezogen und dann jeweils durch die Wände nach innen geführt (vgl. S. 3 d. Klagschrift in diesem Rechtsstreit). Die Einzelkomponenten mögen zwar je für sich jeweils leicht wieder entfernt werden können, indem die Verschraubungen für einzelne Brandmelder wieder gelöst bzw. die Kabelschächte geöffnet und die Kabel wieder herausgezogen werden. Dies ändert aber nichts daran, dass die Sachgesamtheit durch die verschiedenartigen Installationen dauerhaft und fest mit dem Gebäude verbunden ist und eben nicht ohne erheblichen Aufwand und Eingriffe in die Gebäudesubstanz, etwa durch das Öffnen der Kabelschächte, wieder entfernt werden könnte.

Schließlich hat sich nach Maßgabe des klägerischen Vortrags die Fehlerhaftigkeit der Brandmeldeanlage auch insofern ausgewirkt, als nunmehr das betroffene Bauwerk als mangelhaft anzusehen ist. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn der Mangel das Bauwerk betrifft, was auch bei sogar kleineren Reparaturen und Umbauten der Fall sein kann (Grunewald, in: Ehrmann, BGB, 13. Aufl., § 438 Rn. 12). Es ist darauf abzustellen, ob die Kaufsache bei ihrer gewöhnlichen Verwendung typischerweise geeignet ist, bei dem Bauwerk zu dessen Errichtung oder Reparatur sie eingesetzt wird, einen Mangel zu verursachen, und ob dies tatsächlich geschehen ist (Westermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 438 Rn. 20). Liegt der Mangel bloß in der Einbauleistung und nicht in der Fehlerhaftigkeit des Baumaterials, greift die lange Verjährungsfrist dagegen nicht (BT-Drs. 14/6040, S. 228). Vorliegend soll die Brandmeldeanlage – so der Vortrag der Klägerin – mehrfache Mängel aufweisen. Der Schaltkasten der Anlage soll für eine Brandmeldeanlage ungeeignet, die Anlage insgesamt für die Dimension des Schullandheims unpassend sein. Zudem bemängelt die Klägerin das Fehlen einer Zertifizierung für die Anlage und das Auftreten zahlreicher Fehlalarme (vgl. S. 2 d. Klagschrift im Vorprozess). Aufgrund der gewerbeaufsichtlich geforderten Installation einer funktionierenden Brandmeldeanlage für den Weiterbetrieb des Schullandheims schlagen diese behaupteten Fehler auf das Gebäude durch. Damit betreffen die geltend gemachten Mängel jedenfalls in wesentlichen Teilen die Ausstattung, den Zuschnitt und die Funktionalität der Anlage und sind damit jedenfalls nicht ausschließlich auf den Einbau dieser Anlage als solchen zurückzuführen. Die Klägerin macht zwar insoweit geltend, dass lediglich Planungs- und Installationsfehler vorgelegen hätten und gerade keine Mängel an der Brandmeldeanlage als solcher. Tatsächlich mögen Planungsfehler und zum Teil auch Installationsfehler für Fehlfunktionen der Brandmeldeanlage ursächlich gewesen sein. Hierauf deuten die Feststellungen des im selbständigen Beweisverfahren eingeschalteten Sachverständigen hin, auf welchen die Klägerin in dem letzten Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 6. Januar 2014 auf den Seiten 6 f. Bezug nehmen lässt. Nach ihrem eigenen Vortrag jedoch beruhen die Fehlfunktionen der Brandmeldeanlage, wie dargelegt, maßgeblich auf einer falschen Zusammenstellung der Komponenten der Brandmeldeanlage und auf einer fehlenden Zertifizierung. Die Klägerin hat im Rahmen der Klagschrift dieses Rechtsstreits auf die Antragsschrift im selbständigen Beweisverfahren vom 9. Januar 2009 (Anlage K3) Bezug nehmen lassen. In dieser wurde gerügt, dass die Brandmeldeanlage die erforderliche Zertifizierung für den Anlageneinbau nicht aufgewiesen habe und dass die Anlage als solche für das von ihm betriebene Ferienwohnheim in der betreffenden Größe aufgrund seiner Konstruktionsweise von vornherein nicht geeignet gewesen sei. Zudem sei der Schaltkasten der Anlage für den Betrieb einer Brandmeldeanlage ungeeignet. Diese Fehler mögen planungsbedingt sein. Sie konnten sich naturgemäß erst nach der Installation der Brandmeldeanlage auswirken. Sie betreffen indes die Funktionalität der Anlage als solche.

c)

Nach Maßgabe der oben genannten Kriterien hat sich im Rahmen der vor dem Senat durchgeführten Anhörung des Beklagten und Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen D. ergeben, dass dem Beklagten kein Beratungspflichtverstoß vorgeworfen werden kann.

Der Beklagte hat in seiner Anhörung eine hinreichende Belehrung des Zeugen D. behauptet. Danach soll es sich so verhalten haben, dass sich der Beklagte hinsichtlich der Verjährungsfrist zunächst nicht im Klaren war. Nach Lektüre der einschlägigen Kommentierung habe er dem Zeugen auseinandergesetzt, dass sich nach Maßgabe der Literatur und der Rechtsprechung gute Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage. Es sei allerdings unsicher, wie die befassten Gerichte den streitgegenständlichen Fall entscheiden würden. Es bestünden aber gute Prozessaussichten. Diese Erläuterungen sind nach Maßgabe der obigen Ausführungen in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und geben – wenn auch in knapper Form – die seinerzeitigen Prozessrisiken richtig wieder.

Der Inhalt der Aussage des Zeugen D. ist wiederum nicht geeignet gewesen, dem Senat die Überzeugung darüber zu verschaffen, dass der Parteivortrag des Beklagten unrichtig gewesen ist und eine Belehrung des Zeugen über etwaige Prozessrisiken im Hinblick auf die Verjährungsfrage tatsächlich nicht erfolgte. Zwar hat der Zeuge Entsprechendes bekundet. Danach soll der Beklagte den Prozesserfolg als sicher dargestellt haben. Nach dessen Schilderung solle er, der Zeuge, auf der rechten Seite gewesen sein und er müsse in den Prozess gehen. Zweifel über den Prozesserfolg seien nicht zur Sprache gekommen. Einen Prozess, der nicht 100-prozentig ausgehen würde, hätte er, der Zeuge, sich seinerzeit ohnehin nicht erlauben können. Allerdings sprechen zwei Gesichtspunkte gegen die Glaubhaftigkeit dieser Aussage.

Zum einen hat der Zeuge keine verlässliche Erinnerung an den Inhalt der vom Beklagten gegebenen Erläuterungen mehr zeigen können. So hat er nicht angeben können, mit welchen Worten der Beklagte einen Prozesserfolg als sicher hingestellt haben soll. Entsprechend hat der Zeuge auf ausdrückliche Nachfrage nicht ausschließen können, dass er die Belehrung des Beklagten, die er nicht sicher hatte wiedergeben können, lediglich so wahrnahm, als wäre von einem sicheren positiven Prozessausgang die Rede gewesen, ohne dass dies vom Beklagten tatsächlich so erklärt worden war.

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Zum anderen ist auffällig, dass der Zeuge auf mehrfache Nachfrage betont hat, dass er auch bei überwiegenden Chancen nicht geklagt und auch ein geringes Prozessrisiko nicht in Kauf genommen hätte. Dies ist allerdings im Hinblick auf die auch in der Vernehmung vor dem Senat noch spürbare Verärgerung des Zeugen über das Geschäftsgebaren der Lieferantin der Brandmeldeanlage nicht recht nachvollziehbar. Darüber hinaus passt diese Einlassung des Zeugen nicht zu seiner Erklärung anlässlich seiner Zeugenvernehmung vor dem Landgericht. Danach soll der Beklagte von „guten Chancen“ für einen Prozesserfolg gesprochen haben (vgl. S. 4 d. dortigen Prot.). Die Anstrengung eines Rechtsstreits bei guten Chancen widerspricht aber der nachträglichen Einschätzung des Zeugen, dass er zu einer Inkaufnahme eines wenn auch nur geringen Prozessrisikos nicht bereit gewesen sei. Alles in allem hat damit die Zeugenaussage Unwägbarkeiten gezeigt, die eine Überzeugung des Senats von einem Beratungspflichtverstoß des Beklagten nicht erlauben.

Es kann dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er nach dem erstinstanzlichen Prozessverlust aufgrund der abweichenden Beurteilung der Verjährungsfrage durch das Landgericht Flensburg in seinem Urteil vom 17. Dezember 2010 den Berufungsrechtszug nicht auf eigene Kosten durchgeführt hat. Insoweit ist zu beachten, dass der Kläger vorgetragen hat, dass der Beklagte ursprünglich die Berufung gegen seinen Willen eingelegt habe. Im Nachgange sei dem Beklagten lediglich gestattet worden, die Berufung auf eigene Kosten durchzuführen. Hierzu war der Beklagte indes nicht verpflichtet. Eine solche Verpflichtung kann sich nur auf Grundlage eines bestehenden Mandats mit einem entsprechenden Auftrag und bei Vergütungspflicht seitens des Auftraggebers ergeben, denn die Rechtsverfolgung gegenüber Dritten und die Vertretung vor Gerichten durch einen Rechtsanwalt ist dienstvertraglicher Natur (Fischer, in: BeckOK BGB, Stand 1. Aug. 2013, § 675 Rn. 6). Außerhalb eines dienstvertraglichen und vergütungspflichtigen Auftrages musste der Beklagte für den Zeugen D. nicht tätig werden.

Nicht feststellbar ist zudem die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung des Beklagten im Rahmen der Beratung für den geltend gemachten Schaden, der in den Prozesskosten bestehen soll. Es kann nämlich nicht als feststehend erachtet werden, dass der Zeuge D. bei einer genaueren Aufklärung über die gegebenen Prozessrisiken von dem Rechtsstreit gegen die Verkäuferin der Brandmeldeanlage Abstand genommen hätte.

Der Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden obliegt nach allgemeinen Regeln demjenigen, der Schadensersatz verlangt; denn es handelt sich dabei um eine anspruchsbegründende Voraussetzung (Fischer a. a. O. Rn. 995). Hat der Anwalt vertragliche Aufklärungshinweis- und Beratungspflichten verletzt, ergibt sich in jedem Fall die Frage, wie der Mandant gehandelt hätte, wäre er ordnungsgemäß ins Bild gesetzt worden.

Vorliegend hat der Beklagte auf Seite 5 des anwaltlichen Schriftsatzes vom 7. November 2012 die Kausalität im obigen Sinne bestreiten lassen.

Für den Zeugen D. streitet insoweit nicht die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Zwar gilt die Vermutung, dass der Mandant bei pflichtgemäßer Beratung des Anwalts dessen Hinweisen gefolgt wäre, dies allerdings nur, sofern für den Mandanten bei vernünftiger Betrachtungsweise aus damalige Sicht nur eine Entscheidung nahegelegen hätte (Fischer a. a. O. Rn. 1005). Im vorliegenden Fall hätte der Zeuge D. von einem Gewährleistungsprozess gegen die Verkäuferin der Brandmeldeanlage Abstand nehmen können. Es wäre jedoch wirtschaftlich und rechtlich gut vertretbar gewesen, den Prozess durchzuführen, wie es tatsächlich geschehen ist. Tatsächlich erfolgte die Klageerhebung – wie oben ausgeführt – in unverjährter Zeit, so dass aus damaliger Sicht gute Prozessaussichten bestanden. Der Kläger konnte jedenfalls hoffen, spätestens im Rechtsmittelzuge zu obsiegen. Der Zeuge D. hat ausweislich der Seite 4 des landgerichtlichen Protokolls ausdrücklich ausgeführt, dass er keinen Prozess geführt hätte, wenn keine guten Chancen bestanden hätten, diesen zu gewinnen. Aus dieser Formulierung ist zu ersehen, dass der Zeuge für die Prozessführung keine Erfolgsgarantie voraussetzte, sondern bereit war, ein wenn auch geringes Prozessrisiko hinzunehmen.

Auch unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen D. vor dem Senat kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser bei Kenntnis des Prozessrisikos von einer Prozessführung abgesehen hätte. Zwar hat er Entsprechendes bekundet, dies allerdings nicht in glaubhafter Weise. Insoweit kann auf die bereits oben dargestellte Beweiswürdigung zur Frage des Vorliegens eines Beratungspflichtverstoßes des Beklagten verwiesen werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist mangels Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht zuzulassen.


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