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Radfahrer – Kollision mit Autofahrer – Verschuldensquoten

Oberlandesgericht Celle

Az.: 14 U 159/98

Urteil vom 05.08.1999

Vorinstanz: LG Hannover, Az.: 14 O 263/97


In dem Rechtsstreit hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 1999 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – das am 23. April 1998 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 24.550,43 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01. August 1997 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 05. November 1996 in …

den zukünftigen materiellen Schaden zu 50 % zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist,

den zukünftigen immateriellen Schaden, soweit dieser zurzeit noch nicht sicher voraussehbar ist, unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 % zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beträgt für jede Partei weniger als 60.000 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das zur weiteren Sachdarstellung in Bezug genommene Urteil des Landgerichts hat nur teilweise Erfolg. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner aus dem Unfallereignis vom 05. November 1996 der Klägerin, die mit ihrer Berufung eine volle Ersatzpflicht gegen die Beklagten erreichen will, Schadensersatz nur nach einer Haftungsquote von 50 % zu leisten, §§ 7, 9, 17 StVG, 823 BGB, 3 PflVG. Sowohl die Beklagte zu 1.) als Führerin ihres Pkw als auch die Klägerin als Radfahrerin haben den Unfall verschuldet. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die ortskundige Klägerin, die an das Unfallgeschehen selbst keine eigene Erinnerung mehr har, war dabei, von dem Rad-Fußweg der Straße P… aus die Straße A… als Radfahrerin in Höhe der dortigen Fußgängerfurt zu überqueren. Der Senat geht hierbei von einer Fahrweise der Klägerin aus, wie sie der Kfz-Sachverständige M… alternativ in den Anlagen 1 und 5 bzw. 2 und 6 in seinem Gutachten in den Akten 680 Js 4028/97 der StA Hannover vom 03. August 1998 dargestellt hat (vgl. hierzu Bl. 32 u. 33 bzw. Bl. 36 u. 37 Bd. II der obigen Beiakte, die der Senat zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat). Danach hat die Klägerin den Rad-Fußweg auf dem P… in Höhe der vor der Fußgängerfurt befindlichen Randsteinabsenkung verlassen und hat die Fahrbahn der Straße A… leicht schräg fahrend in Richtung auf die Fußgängerfurt zu überqueren begonnen, wobei sie, als die den Bereich dieser Furt erreichte, von dem Pkw der Beklagten zu 1.) angefahren wurde. Zu einer solchen Fahrweise der Klägerin ist der Sachverständige M… auf Grund der unstreitigen Beschädigungen an dem Fahrrad und an dem Pkw gelangt. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Gutachten (vgl. Bl. 6 Mitte bis Bl. 7 oben = Bl. 7 bis 8 Bd. II der oben genannten Beiakten) u. a. Folgendes festgestellt: „Aus dem vorliegenden Schadensbild, entsprechend dem direkten Anstoß von hinten gegen das Vorderrad des Fahrrads, ohne dass am dahinter liegenden Hauptrahmen irgendwelche Anstoß- oder Kontaktspuren erkennbar sind, ergibt (sich) ein(en) sicherer Rückschluss darauf, dass offensichtlich die Beteiligte M… unmittelbar vor Kollision in Erkennung der Gefahr eine instinktive heftige Ausweichbewegung nach links vollzog, sodass das Vorderrad dadurch stark eingeschlagen war und es durch den Pkw Opel nahezu ausschließlich zu einem Anstoß mit der linken vorderen Stoßfängerecke gegen den hinteren Bereich des eingeschlagenen Vorderrades am Fahrrad kam. Die entspricht auch der Drehung des Fahrradlenkers nach rechts um etwa 90 Grad. Die Radfahrerin wurde dabei streifend von der linken Flanke des Pkw Opel erfasst und anschließend leicht nach links in die Endlage auf der Fahrbahnoberfläche auf der Straße A… geworfen, wobei sich die Wurfweite der Radfahrerin ergibt aus der noch vorhandenen eigenen Fahrgeschwindigkeit im Zuge des Ausweichmanövers, dem Umstürzen auf die Seite und zusätzlich der Mitnahme durch die Flanke des Pkw Opel Kadett. Das angestoßene Fahrrad erfuhr dabei eine Drehung, geriet so im Umstürzen mit dem Hinterrad unter den Pkw Opel und wurde dabei offensichtlich vom linken Hinterrad des Fahrzeuges überrollt“. – Aus diesen sachverständigen, einleuchtenden Feststellungen ergibt sich zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Kollision die Fußgängerfurt gerade erreicht hatte und dass somit – entgegen den Behauptungen der Beklagten – die Kollision nicht erst einige Meter hinter der (von der Beklagten zu 1.) dann schon passierten) Fußgängerfurt erfolgt sein kann. – Ohne Erfolg haben die Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Juli 1999 der Verwertung des Gutachtens widersprochen. Ihnen war, wovon sie in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 1999 auch Gebrauch gemacht haben, im Termin am 13. Juli 1999 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der vom Senat beabsichtigten Verwertung des gemäß § 286 ZPO zur Klärung der Sachlage für ausreichend gehaltenen Gutachtens des Sachverständigen M… eingeräumt worden. Das Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 1999 erfordert nicht – von Amts wegen – die Einholung eines anderen Gutachtens. Das Gutachten kann urkundenbeweislich vollen Umfangs verwertet werden, weil mit ihm, wie ausgeführt, ein überzeugender Beweis geführt wird (vgl. Zöller-Greger, 19. Aufl., § 402, Rdn. 6 c m. w. N.). Die Beklagten vermögen die Annahmen des Sachverständigen M… zum Kollisionspunkt nicht erheblich in Frage zu stellen. Allein aus der Endlage der Klägerin und der geringen Eigengeschwindigkeit des Pkws ergibt sich nichts Sicheres für den Kollisionspunkt. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen wurde das umstürzende Rad durch die Flanke des Pkw noch etwas mitgenommen. – Auch die vom Landgericht für glaubwürdig gehaltene Aussage des Zeugen P… (Bl. 115 – 117 d. A.), der sich als Beifahrer in dem Pkw der Beklagten zu 1.) befand, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Der Zeuge, der die Rad fahrende Klägerin vor der Kollision nicht wahrgenommen hatte, hat angegeben, dass sich der Pkw bereits einige Meter, etwa eine Fahrzeuglänge, hinter der Fußgängerfurt befunden habe, als es zum Unfall gekommen sei. Auch der Senat sieht keinen Anhaltspunkt dafür, die Angaben des Zeugen als solche in Zweifel zu ziehen; er würde bei einer erneuten Vernehmung ersichtlich keine anderen Angaben machen. Die Bekundungen des Zeugen geben aber nur dessen Eindruck vom Unfallgeschehen wieder, und sie berücksichtigen nicht die vom Sachverständigen anhand der Beschädigungen der beteiligten Fahrzeuge gezogenen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Geschehensablauf. Der Senat gibt deshalb dem auf objektiven Feststellungen beruhenden Ergebnis des Sachverständigen den Vorzug vor der Schilderung des Zeugen P…. – Der Senat folgt dem Sachverständigen auch darin, dass die Beklagte zu 1.), die bei ihrem Linksabbiegemanöver aufmerksam den Bereich der Fußgängerfurt zu beobachten hatte, um kreuzenden Fußgängern den Vorrang zu gewähren, nach den beiden in den genannten Anlagen zum Gutachten alternativ dargestellten Fahrverläufen auch die zunächst neben der Fußgängerfurt in den Fahrbahnbereich einfahrende Klägerin bei der wegen Dunkelheit und feuchter Fahrbahnoberfläche erforderlichen gesteigerten Aufmerksamkeit spätestens 2 Sekunden vor der Kollision hätte wahrnehmen können, sodass sie bei der dann gebotenen unverzüglichen Einleitung einer starken Bremsung etwa 2 m vor der Kollision zum Stillstand gekommen wäre. Aus diesen Feststellungen des Sachverständigen folgt, dass die Beklagte zu 1.) ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft.

Aber auch die Klägerin trifft ein Mitverschulden. Sie durfte nicht dem Rad-Fußweg des P… aus die Fahrbahn der Straße A… überqueren, weil hierfür, was ihr als Ortkundige bekannt sein musste, keine für Radfahrer ausgewiesene Straßenführung vorhanden war, und sich der Radweg nicht fortsetzte. Selbstverständlich durfte die Klägerin auch nicht den ausschließlich Fußgängern vorbehaltenen Fußgängerüberweg benutzen. Hinzu kommt, dass der Klägerin klar sein musste, dass sie durch ihre Fahrweise für die Beklagte zu 1.) nicht von vornherein und nur bei gesteigerter Aufmerksamkeit zu erkennen war und dass die Beklagte zu 1.) nicht ohne weiteres mit einem schräg von links auftauchenden Radfahrer rechnen brauchte.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt in Anbetracht der verkehrswidrigen Fahrweise der Klägerin und des eher leichten Verschuldens der Beklagten zu 1.), wobei aber die von ihrem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr mit zu ihrem Nachteil zu berücksichtigen war, zu einer hälftigen Haftung der Beklagten.

Der Klägerin steht unter Berücksichtigung ihrer Mitverschuldensquote von 50 % ein Schmerzensgeld von 22.500 DM zu. Hierbei ist davon auszugehen, dass die unfallbedingten Verletzungen und ihre Folgen ein (ungequotetes) Gesamtschmerzensgeld von 45.000 DM rechtfertigen würden: Die Klägerin hat insbesondere einen Schädelbruch mit Beteiligung der Schädelbasis (Schädelhirntrauma) davongetragen, wobei nach einer Bescheinigung des Facharztes für Chirurgie Dr. G… vom 13. März 1997 (Bl. 22 d. A.) aus chirurgischer Sicht eine folgenlose Heilung eingetreten ist; allerdings ergibt sich aus einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. G… vom 9. Oktober 1997 (Bl. 82 d. A.), dass die Klägerin wegen der Unfallfolgen seinerzeit in seiner Behandlung war, und die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit seinerzeit noch nicht abzusehen war. Darüber hinaus bestehen ausweislich eines Berichts der Neurologischen Abteilung der D…-Klinik in B… vom 23. Juli 1997 (Bl. 48 f. d. A.) vor allem Drehschwindelattacken und Gleichgewichtsstörungen mit Kopfschmerzen und Ohrgeräuschen, die jedenfalls auch als Folge des erlittenen Schädelhirntraumas interpretiert werden.

Bezüglich des geltend gemachten materiellen Schadens hat die Klägerin in der Klageschrift (S. 14 f. = Bl. 14 f. d. A.) in Verbindung mit den Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 4. September 1997 (Bl. 43 f. d. A.) einen Gesamtbetrag von 4.100,85 DM belegt. Hiergegen haben die Beklagten nichts an Substanz vorgebracht (vgl. S. 6 unten ihres Schriftsatzes vom 5. Januar 1999 = Bl. 223 d. A.). Demgemäß waren der Klägerin 50 % hiervon, was den Betrag von 2.050,43 DM ergibt, zuzusprechen.

Auf den zuerkannten Gesamtbetrag von 24.550,43 DM stehen der Klägerin die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen in der gesetzlichen Höhe von 4 % zu, §§ 291, 288 BGB.

Da bei den beschriebenen Verletzungen künftige Schäden eintreten können. war dem Feststellungsbegehren der Klägerin unter Berücksichtigung der obigen Haftungsquote in dem sich aus dem Tenor dieses Urteils ergebenden Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs

Radfahrer – Kollision mit Autofahrer – Verschuldensquoten


Oberlandesgericht Celle

Az.: 14 U 159/98

Urteil vom 05.08.1999

Vorinstanz: LG Hannover, Az.: 14 O 263/97


In dem Rechtsstreit hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 1999 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – das am 23. April 1998 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 24.550,43 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01. August 1997 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 05. November 1996 in …

den zukünftigen materiellen Schaden zu 50 % zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist,

den zukünftigen immateriellen Schaden, soweit dieser zurzeit noch nicht sicher voraussehbar ist, unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 % zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beträgt für jede Partei weniger als 60.000 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das zur weiteren Sachdarstellung in Bezug genommene Urteil des Landgerichts hat nur teilweise Erfolg. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner aus dem Unfallereignis vom 05. November 1996 der Klägerin, die mit ihrer Berufung eine volle Ersatzpflicht gegen die Beklagten erreichen will, Schadensersatz nur nach einer Haftungsquote von 50 % zu leisten, §§ 7, 9, 17 StVG, 823 BGB, 3 PflVG. Sowohl die Beklagte zu 1.) als Führerin ihres Pkw als auch die Klägerin als Radfahrerin haben den Unfall verschuldet. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die ortskundige Klägerin, die an das Unfallgeschehen selbst keine eigene Erinnerung mehr har, war dabei, von dem Rad-Fußweg der Straße P… aus die Straße A… als Radfahrerin in Höhe der dortigen Fußgängerfurt zu überqueren. Der Senat geht hierbei von einer Fahrweise der Klägerin aus, wie sie der Kfz-Sachverständige M… alternativ in den Anlagen 1 und 5 bzw. 2 und 6 in seinem Gutachten in den Akten 680 Js 4028/97 der StA Hannover vom 03. August 1998 dargestellt hat (vgl. hierzu Bl. 32 u. 33 bzw. Bl. 36 u. 37 Bd. II der obigen Beiakte, die der Senat zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat). Danach hat die Klägerin den Rad-Fußweg auf dem P… in Höhe der vor der Fußgängerfurt befindlichen Randsteinabsenkung verlassen und hat die Fahrbahn der Straße A… leicht schräg fahrend in Richtung auf die Fußgängerfurt zu überqueren begonnen, wobei sie, als die den Bereich dieser Furt erreichte, von dem Pkw der Beklagten zu 1.) angefahren wurde. Zu einer solchen Fahrweise der Klägerin ist der Sachverständige M… auf Grund der unstreitigen Beschädigungen an dem Fahrrad und an dem Pkw gelangt. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Gutachten (vgl. Bl. 6 Mitte bis Bl. 7 oben = Bl. 7 bis 8 Bd. II der oben genannten Beiakten) u. a. Folgendes festgestellt: „Aus dem vorliegenden Schadensbild, entsprechend dem direkten Anstoß von hinten gegen das Vorderrad des Fahrrads, ohne dass am dahinter liegenden Hauptrahmen irgendwelche Anstoß- oder Kontaktspuren erkennbar sind, ergibt (sich) ein(en) sicherer Rückschluss darauf, dass offensichtlich die Beteiligte M… unmittelbar vor Kollision in Erkennung der Gefahr eine instinktive heftige Ausweichbewegung nach links vollzog, sodass das Vorderrad dadurch stark eingeschlagen war und es durch den Pkw Opel nahezu ausschließlich zu einem Anstoß mit der linken vorderen Stoßfängerecke gegen den hinteren Bereich des eingeschlagenen Vorderrades am Fahrrad kam. Die entspricht auch der Drehung des Fahrradlenkers nach rechts um etwa 90 Grad. Die Radfahrerin wurde dabei streifend von der linken Flanke des Pkw Opel erfasst und anschließend leicht nach links in die Endlage auf der Fahrbahnoberfläche auf der Straße A… geworfen, wobei sich die Wurfweite der Radfahrerin ergibt aus der noch vorhandenen eigenen Fahrgeschwindigkeit im Zuge des Ausweichmanövers, dem Umstürzen auf die Seite und zusätzlich der Mitnahme durch die Flanke des Pkw Opel Kadett. Das angestoßene Fahrrad erfuhr dabei eine Drehung, geriet so im Umstürzen mit dem Hinterrad unter den Pkw Opel und wurde dabei offensichtlich vom linken Hinterrad des Fahrzeuges überrollt“. – Aus diesen sachverständigen, einleuchtenden Feststellungen ergibt sich zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Kollision die Fußgängerfurt gerade erreicht hatte und dass somit – entgegen den Behauptungen der Beklagten – die Kollision nicht erst einige Meter hinter der (von der Beklagten zu 1.) dann schon passierten) Fußgängerfurt erfolgt sein kann. – Ohne Erfolg haben die Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Juli 1999 der Verwertung des Gutachtens widersprochen. Ihnen war, wovon sie in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 1999 auch Gebrauch gemacht haben, im Termin am 13. Juli 1999 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der vom Senat beabsichtigten Verwertung des gemäß § 286 ZPO zur Klärung der Sachlage für ausreichend gehaltenen Gutachtens des Sachverständigen M… eingeräumt worden. Das Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 1999 erfordert nicht – von Amts wegen – die Einholung eines anderen Gutachtens. Das Gutachten kann urkundenbeweislich vollen Umfangs verwertet werden, weil mit ihm, wie ausgeführt, ein überzeugender Beweis geführt wird (vgl. Zöller-Greger, 19. Aufl., § 402, Rdn. 6 c m. w. N.). Die Beklagten vermögen die Annahmen des Sachverständigen M… zum Kollisionspunkt nicht erheblich in Frage zu stellen. Allein aus der Endlage der Klägerin und der geringen Eigengeschwindigkeit des Pkws ergibt sich nichts Sicheres für den Kollisionspunkt. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen wurde das umstürzende Rad durch die Flanke des Pkw noch etwas mitgenommen. – Auch die vom Landgericht für glaubwürdig gehaltene Aussage des Zeugen P… (Bl. 115 – 117 d. A.), der sich als Beifahrer in dem Pkw der Beklagten zu 1.) befand, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Der Zeuge, der die Rad fahrende Klägerin vor der Kollision nicht wahrgenommen hatte, hat angegeben, dass sich der Pkw bereits einige Meter, etwa eine Fahrzeuglänge, hinter der Fußgängerfurt befunden habe, als es zum Unfall gekommen sei. Auch der Senat sieht keinen Anhaltspunkt dafür, die Angaben des Zeugen als solche in Zweifel zu ziehen; er würde bei einer erneuten Vernehmung ersichtlich keine anderen Angaben machen. Die Bekundungen des Zeugen geben aber nur dessen Eindruck vom Unfallgeschehen wieder, und sie berücksichtigen nicht die vom Sachverständigen anhand der Beschädigungen der beteiligten Fahrzeuge gezogenen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Geschehensablauf. Der Senat gibt deshalb dem auf objektiven Feststellungen beruhenden Ergebnis des Sachverständigen den Vorzug vor der Schilderung des Zeugen P…. – Der Senat folgt dem Sachverständigen auch darin, dass die Beklagte zu 1.), die bei ihrem Linksabbiegemanöver aufmerksam den Bereich der Fußgängerfurt zu beobachten hatte, um kreuzenden Fußgängern den Vorrang zu gewähren, nach den beiden in den genannten Anlagen zum Gutachten alternativ dargestellten Fahrverläufen auch die zunächst neben der Fußgängerfurt in den Fahrbahnbereich einfahrende Klägerin bei der wegen Dunkelheit und feuchter Fahrbahnoberfläche erforderlichen gesteigerten Aufmerksamkeit spätestens 2 Sekunden vor der Kollision hätte wahrnehmen können, sodass sie bei der dann gebotenen unverzüglichen Einleitung einer starken Bremsung etwa 2 m vor der Kollision zum Stillstand gekommen wäre. Aus diesen Feststellungen des Sachverständigen folgt, dass die Beklagte zu 1.) ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft.

Aber auch die Klägerin trifft ein Mitverschulden. Sie durfte nicht dem Rad-Fußweg des P… aus die Fahrbahn der Straße A… überqueren, weil hierfür, was ihr als Ortkundige bekannt sein musste, keine für Radfahrer ausgewiesene Straßenführung vorhanden war, und sich der Radweg nicht fortsetzte. Selbstverständlich durfte die Klägerin auch nicht den ausschließlich Fußgängern vorbehaltenen Fußgängerüberweg benutzen. Hinzu kommt, dass der Klägerin klar sein musste, dass sie durch ihre Fahrweise für die Beklagte zu 1.) nicht von vornherein und nur bei gesteigerter Aufmerksamkeit zu erkennen war und dass die Beklagte zu 1.) nicht ohne weiteres mit einem schräg von links auftauchenden Radfahrer rechnen brauchte.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt in Anbetracht der verkehrswidrigen Fahrweise der Klägerin und des eher leichten Verschuldens der Beklagten zu 1.), wobei aber die von ihrem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr mit zu ihrem Nachteil zu berücksichtigen war, zu einer hälftigen Haftung der Beklagten.

Der Klägerin steht unter Berücksichtigung ihrer Mitverschuldensquote von 50 % ein Schmerzensgeld von 22.500 DM zu. Hierbei ist davon auszugehen, dass die unfallbedingten Verletzungen und ihre Folgen ein (ungequotetes) Gesamtschmerzensgeld von 45.000 DM rechtfertigen würden: Die Klägerin hat insbesondere einen Schädelbruch mit Beteiligung der Schädelbasis (Schädelhirntrauma) davongetragen, wobei nach einer Bescheinigung des Facharztes für Chirurgie Dr. G… vom 13. März 1997 (Bl. 22 d. A.) aus chirurgischer Sicht eine folgenlose Heilung eingetreten ist; allerdings ergibt sich aus einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. G… vom 9. Oktober 1997 (Bl. 82 d. A.), dass die Klägerin wegen der Unfallfolgen seinerzeit in seiner Behandlung war, und die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit seinerzeit noch nicht abzusehen war. Darüber hinaus bestehen ausweislich eines Berichts der Neurologischen Abteilung der D…-Klinik in B… vom 23. Juli 1997 (Bl. 48 f. d. A.) vor allem Drehschwindelattacken und Gleichgewichtsstörungen mit Kopfschmerzen und Ohrgeräuschen, die jedenfalls auch als Folge des erlittenen Schädelhirntraumas interpretiert werden.

Bezüglich des geltend gemachten materiellen Schadens hat die Klägerin in der Klageschrift (S. 14 f. = Bl. 14 f. d. A.) in Verbindung mit den Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 4. September 1997 (Bl. 43 f. d. A.) einen Gesamtbetrag von 4.100,85 DM belegt. Hiergegen haben die Beklagten nichts an Substanz vorgebracht (vgl. S. 6 unten ihres Schriftsatzes vom 5. Januar 1999 = Bl. 223 d. A.). Demgemäß waren der Klägerin 50 % hiervon, was den Betrag von 2.050,43 DM ergibt, zuzusprechen.

Auf den zuerkannten Gesamtbetrag von 24.550,43 DM stehen der Klägerin die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen in der gesetzlichen Höhe von 4 % zu, §§ 291, 288 BGB.

Da bei den beschriebenen Verletzungen künftige Schäden eintreten können. war dem Feststellungsbegehren der Klägerin unter Berücksichtigung der obigen Haftungsquote in dem sich aus dem Tenor dieses Urteils ergebenden Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

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