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Rechtsberatungsgesetz findet auf Rechtsberatung im Ausland keine Anwendung

OLG Oldenburg

Az.: 12 U 16/01

Urteil vom 29.05.2001


In dem Rechtsstreit hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 05. Januar 2001 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer übersteigt nicht 60.000, DM.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) nicht gegeben ist.

I.
Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, die hierfür eine behördliche Erlaubnis haben. Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das sich im wesentlichen mit der Einziehung von Forderungen befaßt. Unstreitig ist die Klägerin nicht Inhaberin einer entsprechenden behördlichen Erlaubnis. Die Einziehung fremder Forderungen unterfällt zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes unzweifelhaft dem Rechtsberatungsgesetz und damit der Erlaubnispflicht. Gleichwohl ist eine solche Erlaubnis im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil die Tätigkeit der Klägerin bzw. die ihres Tochterunternehmens nicht im Inland, sondern weitgehend im Ausland ausgeübt worden ist und das Rechtsberatungsgesetz nur die Inlandstätigkeit erfaßt (vgl. OLG Hamm, NJWRR 2000, 509; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 5m.w.N.). Nach dem Sinn und Zweck des Rechtsberatungsgesetzes soll u.a. der inländische Schuldner davor geschützt werden, von Inkassounternehmen angegangen zu werden, die keiner behördlichen Kontrolle unterliegen (vgl. OLG Hamm, NJWRR 2000, 509, 510; Mankowski, Der internationale Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes, AnwBl. 2001, 72 m.w.N.). Darüber hinaus verfolgt das Rechtsberatungsgesetz den Zweck, die reibungslose Abwicklung der (inländischen) Rechtspflege sicherzustellen, indem dort nur qualifizierte Berater tätig werden. Schließlich soll das Rechtsberatungsgesetz die deutschen Rechtsanwälte, die einem besonderen Berufsrecht unterworfen sind, vor Nachteilen durch Konkurrenten schützen, die einem solchen Berufsrecht nicht unterworfen sind (vgl. BGH, NJW 1961, 313, 314; Mankowski, a.a.O., m.w.N.). Diese Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes werden im Falle einer Rechtsberatung, die sich schwerpunktmäßig im Ausland abspielt, ersichtlich nicht tangiert. Die Beratung von Mandanten oder die Einziehung von Forderungen im Ausland fällt deshalb von vornherein nicht unter die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes (vgl. OLG Hamm, NJWRR 2000, 509). Findet die Forderungseinziehung aber in Deutschland statt, ist das Rechtsberatungsgesetz auch dann anwendbar, wenn es sich bei einem oder mehreren Beteiligten (Gläubiger, Schuldner oder Inkassounternehmen) um ausländische Unternehmen handelt. Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit unter den Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes fällt, kommt es deshalb maßgeblich darauf an, wo die Tätigkeit des Inkassounternehmens seine Wirkung entfalten soll (vgl. OLG Hamm, NJWRR 2000, 509, 510).

Entgegen der Auffassung der Beklagten lag der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres in S… P… ansässigen Tochterunternehmens I… in R…. Schließlich ging es darum, eine Forderung gegen ein r… Unternehmen einzutreiben. Zu der im Rahmen der Einziehung von Forderungen ausgeübten Tätigkeit gehört es im wesentlichen, sich mit dem Schuldner in Verbindung zu setzen, Verhandlungen zu führen und ggfs. weitere (rechtliche) Schritte einzuleiten, um die Forderung durchzusetzen. Es liegt auf der Hand, daß diese Tätigkeiten vor Ort, das heißt dort erfolgen müssen, wo der Schuldner seinen Sitz hat. So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte hat vereinbarungsgemäß der r… Tochtergesellschaft der Klägerin I… unter dem 04. Januar 2000 (Bl. 13 d.A.) die Vollmacht erteilt, für sie in S… P… tätig zu werden und ggfs. gerichtlich gegen die „P…“ vorzugehen. Dies ist in der Folgezeit auch geschehen. Es haben vor Ort zunächst Verhandlungen zwischen Mitarbeitern der I… und den Direktoren sowie dem Leiter der Rechtsabteilung der „P…“ stattgefunden, die jedoch ohne Einigung geblieben waren. Danach hat die I… die notwendigen Unterlagen zusammengestellt und über ortsansässige Rechtsanwälte Zahlungsklage gegen die „P…“ eingereicht. In den Verhandlungen mit der Schuldnerin und der anschließenden Einreichung der Zahlungsklage lag der Schwerpunkt der mit der Einziehung der Forderung verbundenen Tätigkeit. Der Schwerpunkt lag damit unzweifelhaft in R…. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, daß der abschließenden Vereinbarung der „P…“ mit der Beklagten ein Besuch des Geschäftsführers der Beklagten in S… P… vorausgegangen war. Zur Einziehung der Forderung war es also unbedingt erforderlich, die entscheidenden Maßnahmen vor Ort zu treffen.

Dabei ist es unerheblich, daß es sich bei der Klägerin um ein inländisches Unternehmen handelt und diese die (Haupt) Vertragspartnerin der Beklagten ist. Die Klägerin hat zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten vereinbarungsgemäß ihr r… Tochterunternehmen eingeschaltet, welches dann zur Einziehung der Forderung in R… tätig geworden ist. Bei dem Tochterunternehmen handelte es sich um die Erfüllungsgehilfin der Klägerin, so daß es maßgeblich darauf ankommt, wo diese schwerpunktmäßig tätig geworden ist (vgl. für den umgekehrten Fall eines in Deutschland tätig gewordenen Erfüllungsgehilfen und die Anwendbarkeit der deutschen Rechtsordnung BGH, JZ 1987, 466, 468).

Die Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres Tochterunternehmens ist auch ursächlich für die mit der P… getroffene Ratenzahlungsvereinbarung und die daraufhin geleisteten Zahlungen. Die Klägerin hat im einzelnen vorgetragen, daß Mitarbeiter der I… am 18. Januar 2000 mit den Direktoren sowie dem Leiter der Rechtsabteilung der P… in Verhandlungen getreten seien. Nachdem diese Verhandlungen ohne Einigung geblieben waren, habe die I… ortsansässige Rechtsanwälte eingeschaltet und über diese Zahlungsklage gegen die P… eingereicht. Daraufhin sei am 23. März 2000 seitens der P… zugesagt worden, konkrete Zahlungsvorschläge zu unterbreiten. Nach mehreren ausführlichen Telefongesprächen mit den Direktoren der P… sei von dieser schließlich vorgeschlagen worden, einen ersten Betrag von 150.000, US$ und anschließend monatliche Raten von 45.000, US$ zu zahlen. Diesem Vorschlag habe die Beklagte jedoch nicht zugestimmt. Diesem detaillierten Vortrag der Klägerin, den auch schon das Landgericht als unbestritten angesehen hat, ist die Beklagte nicht konkret entgegen getreten. Allein das Bestreiten mit Nichtwissen reicht insoweit nicht aus, so daß der Vortrag der Klägerin als unstreitig anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Der Senat hat auch keinen Zweifel, daß diese Schritte der I… die P… letztlich dazu gebracht haben, am 29. März 2000 eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu treffen und am 5. April 2000 eine erste Zahlung zu leisten. Dafür spricht schon der zeitliche Zusammenhang. Der Umstand, daß die Zahlungsvereinbarung letztlich mit dem Geschäftsführer der Beklagten direkt geschlossen worden ist, vermag die Ursächlichkeit der Tätigkeit der I… nicht in Frage zu stellen, da insoweit Mitursächlichkeit ausreicht. Deshalb kann dahinstehen, ob sich der Zahlungsanspruch der Klägerin schon aus Ziff. 3.6 ihrer Vertragsbedingungen (Bl. 17 d.A.) ergibt.

II.
Da der Klägerin die geltend gemachten Zahlungsansprüche bereits aus Vertrag zustehen, kann dahinstehen, ob ihr im Falle einer Nichtigkeit des Vertrages ein Vergütungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zustünde, weil die Beklagte die Dienste der Klägerin auf deren Kosten ohne rechtliche Grund erlangt hat (vgl. dazu BGH, WM 2000, 1343, 1345).

III.
Der weiterhin geltend gemachte Auskunftsanspruch folgt aus einer Nebenpflicht des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages (§ 242 BGB), wonach sich die vereinbarte Vergütung nach den tatsächlich vom Schuldner erbrachten Leistungen richtet.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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