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Rechtschutzfall – zeitliche Festlegung des Rechtschutzfalles

Landgericht Dortmund

Az: 2 S 1/11

Beschluss vom 24.01.2011


Die Kammer weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Der Berufungsklägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses, zu den Hinweisen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

Gründe

Die zulässige Berufung hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, keine Aussicht auf Erfolg.

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

I. Die Parteien waren in der Zeit v. 1.1.2008 bis Anfang 2010 über eine Privat-, Berufs-, Verkehrs- und Wohnungs-Rechtsschutzversicherung unter Geltung der ARB 2008 miteinander verbunden. Der Kläger hatte Ende 2006/Anfang 2007 eine Wohnung angemietet, in der sich zu Beginn des Jahres 2009 erstmals Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelbildung zeigten. In Absprache mit dem Vermieter beseitigte der Kläger die sichtbaren Mängel in seiner Wohnung bei Kostenübernahme durch den Vermieter selbst. Nachdem die Mängel wieder auftaten und weitere hinzukamen, minderte der Kläger die Miete. Um nach inzwischen erfolgter Beendigung des Mietverhältnisses die notwendigen Nachweise noch führen zu können, beabsichtigt er die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, für das er Deckung von der Beklagten aus der Rechtsschutzversicherung begehrt, die diese wegen angeblicher Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalles verweigert. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, wogegen sich die Beklagte mit der Berufung wehrt.

II. Der Rechtsschutzfall richtet sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 d) ARB 2008, da der Kläger keinen Schadensersatzanspruch gegen seinen Vermieter geltend machen will –wofür § 4 Abs. 1 Satz 1 a) ARB maßgebend wäre-, sondern eine Beweissicherung wegen vorgenommener Mietminderung anstrebt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 d) ARB 2008 besteht Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles von dem Zeitpunkt an, zu dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Entgegen der auch mit der Berufung vertretenen Auffassung der Beklagten ist der streitgegenständliche Rechtsschutzfall bedingungsgemäß nach dem 1.1.2008, dem Beginn des Versicherungsschutzes, § 7 ARB, eingetreten. Die von der Beklagten mit der Behauptung, die Feuchtigkeitsschäden beruhten auf einem schon bei Begründung des Mietverhältnisses und damit vor Versicherungsbeginn bestehenden Baumangel reklamierte Vorvertraglichkeit liegt, wie das Amtsgericht zutreffend entschieden hat, nicht vor.

1.

Die Festlegung eines verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 d) ARB 2008 richtet sich allein nach der vom VN behaupteten Pflichtverletzung. Dieses Vorbringen muss (erstens) einen objektiven Tatsachenkern – im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil – enthalten, mit dem der VN (zweitens) den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet, der den Keim für eine rechtliche Auseinandersetzung enthält, und worauf er (drittens) seine Interessenverfolgung stützt (BGH VersR 2009, 109; OLG Hamm r+s 2011, 23; Wendt MDR 2008, 717 [718, 721] und r+s 2008, 221 [222, 226 f.]). Der vorgetragene Tatsachenkern muss dabei die Beurteilung erlauben, ob der damit beschriebene Vorgang den zwischen den Parteien ausgebrochenen Konflikt jedenfalls mit ausgelöst hat, also geeignet gewesen ist, den Keim für eine (zukünftige) rechtliche Auseinandersetzung zu legen. Weiterer qualifizierender Voraussetzungen bedarf es insofern nicht; ein adäquater Ursachenzusammenhang reicht mithin aus.

Daran gemessen ist der Versicherungsfall im Jahre 2009 nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten. Denn der Kläger hat die diversen Feuchtigkeitsschäden nicht auf einen schon bei Begründung des Mietverhältnisses bestehenden Baumangel zurückgeführt. Diese Behauptung hat vielmehr die Beklagte vor und während des Deckungsverfahrens selbst aufgestellt, ersichtlich in dem Bestreben, den Rechtsschutzfall in die Vorvertraglichkeit zu drängen. Es kommt indes allein auf den Vortrag des Klägers an, der die Behauptung der Beklagten, die Mängel der Mietwohnung beruhten auf einem schon bei Begründung des Mietverhältnisses bestehenden Baumangel, stets bestritten hat. Unter Zugrundelegung des allein maßgeblichen vom Kläger behaupteten Rechtsverstoßes ist der Rechtsschutzfall mit dem Auftreten der Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelbildung im Jahre 2009 eingetreten, nachdem die erste Mängelbeseitigung offenkundig fehlgeschlagen war, jedenfalls nicht vor erstmaligem Auftreten der Schäden und damit nach Beginn des Versicherungsschutzes (OLG Düsseldorf r+s 2001, 198 unter III 2; AG Mannheim VuR 2009, 148; Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8.Aufl. § 4 ARB 2008 Rn. 76; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 28., Aufl., § 4 ARB 2008, Rn. 108; Obarowski in Beckmann/Matusche Beckmann, Versicherungsrechts.-Handbuch, 2. Aufl., § 37 Rn. 371; Cornelius-Winkler, jurPR-VersR 2/2009 Anm. 1).

Neben der Sache liegt der mit der Berufung erhobene Vorwurf, das Amtsgericht habe gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, weil es dem Beweisantritt der Beklagten, durch Zeugenvernehmung ihre Behauptung des Vorliegens eines Baumangels bei Begründung des Mietverhältnisses wahrzuhalten, nicht nachgegangen sei. Auf die Schlüssigkeit, Substantiiertheit, Entscheidungserheblichkeit oder gar Erweislichkeit des vom Versicherungsnehmer behaupteten Rechtsverstoßes kommt es nicht an (BGH a.a.O.).

2.

Entgegen der Auffassung der Berufung wird die Vorvertraglichkeit des Versicherungsfalles auch nicht dadurch begründet, dass der Vermieter dem Kläger mangelhafte Lüftung der Wohnung vorgeworfen hat und die Schimmelbildung dadurch verursacht sieht. Dieser von einem Dritten erhobene Pflichtenverstoß würde einen selbständigen Rechtsschutzfall darstellen, der, selbst wenn er als schon vor Versicherungsbeginn begonnener Dauerverstoß zu werten wäre, die Deckungspflichtigkeit des vom Kläger behaupteten (weiteren) Rechtsschutzfalles nicht hindern könnte.

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