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Irreführung durch Verwendung der Bezeichnung Reptilienpraxis


Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

Az: 13 A 34/14

Beschluss vom 25.06.2014


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.


Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils  § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils liegen nur vor, wenn die Klägerin einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. September 2009 – 1 BvR 814/09 -, juris Rn. 11.

Hieran fehlt es.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 20. März 2012, mit welcher der Klägerin die Bezeichnung ihrer Praxis als „Kleintier- und Reptilienpraxis“ untersagt wurde sei, sei rechtmäßig. Die Bezeichnung „Reptilienpraxis“ sei irreführend und damit berufsrechtswidrig in Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 HeilBerG NRW. Sie entspreche nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein vom 15. Januar 1997, zuletzt geändert durch die Satzung zur Änderung der Berufsordnung vom 19. Juni 2013 (BOTÄ). Die Klägerin dürfe zwar – wie in ihrem Internetauftritt erfolgt – die personenbezogene Zusatzbezeichnung „Reptilien“ führen. Die Verknüpfung der Zusatzbezeichnung „Reptilien“ mit dem Bezeichnungsbestandteil „Praxis“ sehe die Berufsordnung aber nicht vor. Die Klägerin schaffe mit der von ihr gewählten Bezeichnung eine mit Verwechselungsgefahren einhergehende Nähe zur „Tierärztlichen Praxis für Reptilien“. Die Berechtigung zum Führen dieser Bezeichnung sei gemäß § 27a BOTÄ an Voraussetzungen geknüpft, die in der Anlage zur BOTÄ geregelt seien. Der durchschnittlich informierte Tierhalter werde durch die von der Klägerin geführte Praxisbezeichnung in die Irre geführt. Er müsse nämlich den unzutreffenden Eindruck gewinnen, die Klägerin habe die nach § 27a Abs. 2 BOTÄ erforderlichen Voraussetzungen nachgewiesen. Die Untersagungsverfügung stehe mit Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang und sei insbesondere nicht unverhältnismäßig.

Die hiergegen gerichteten Einwände der Klägerin rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Anders als die Klägerin meint, hat das Verwaltungsgericht nicht ausgeführt, sie habe keine Weiterbildungskenntnisse im Fachbereich Reptilien. Es hat vielmehr maßgebend darauf abgestellt, dass diese die Voraussetzungen nicht erfüllt, die sie zum Führen der praxisbezogenen Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ berechtigten. In diesem Sinne sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu verstehen, „durch die Bezeichnung „Reptilienpraxis“ suggeriert die Klägerin nicht vorhandene Qualifikationen.“

Das Verwaltungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, die Praxisbezeichnung „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ zu führen. Hierfür genügt die Berechtigung zum Führen der personenbezogenen Zusatzbezeichnung „Reptilien“ ebenso wenig wie das behauptete Vorliegen der nach Anhang 6 zu Anlage 3 zu § 27a BOTÄ erforderlichen personellen und räumlichen Anforderungen an eine „Tierärztliche Praxis für Reptilien“. Die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung setzt vielmehr eine Zulassung voraus, die die Beklagte auf entsprechenden Antrag erteilt, sofern der Antragsteller die erforderlichen Voraussetzungen gegenüber der Beklagten nachgewiesen hat (§ 1 der Richtlinien über die an eine „Tierärztliche Praxis für …“ zu stellenden Anforderungen, Anlage 3 (Anlage zu § 27a BOTÄ). Über eine Zulassung als „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ verfügt die Klägerin nicht. Eine solche Zulassung wird von ihr auch nicht begehrt. Mangels Zulassung unterliegt die Praxis weder der besonderen Überwachung der Beklagten nach Maßgabe des § 2 der Richtlinie über die an eine „Tierärztliche Praxis für …“ zu stellenden Anforderungen, noch ist die Klägerin etwa verpflichtet, sich im besonderen Maße fortzubilden (§ 5 der Richtlinie).

Dass wegen der Nähe zur Bezeichnung „Praxis für Reptilien“ für den durchschnittlich informierten Tierhalter eine Verwechselungsgefahr besteht und deshalb mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG Gemeinwohlbelange bestehen, die es rechtfertigen, das Führen einer solchen Bezeichnung zu untersagen, wird mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es gibt auch keinen Anlass zur Annahme, das Verbot eine solche Bezeichnung zu führen, sei unverhältnismäßig. Angesichts des dem Satzungsgeber nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 32 Nr. 5 und 6, §§ 33 ff. HeilBerG NRW zugestandenen weiten Regelungsermessens ist § 27a BOTÄ nicht zu beanstanden.

Vgl. hierzu bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Januar 2014 – 13 A 392/13  -, juris, und vom 6. September 2009 – 13 A 583/08 -, juris.

Der Klägerin ist eine Beschränkung auf die nach § 13 Abs. 3 BOTÄ zulässigen Praxiskennzeichnungen berufsrechtlich zumutbar. Sofern sie die Voraussetzungen zum Führen der Praxisbezeichnung nach § 27a BOTÄ erfüllt, bleibt es ihr unbenommen, die Zulassung als „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ zu beantragen. Im Übrigen ist ihr nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 6 Abs. 4 BOTÄ sowohl der Hinweis auf die Zusatzbezeichnung „Reptilien“ (vgl. § 2 Nr. 1.23 der Weiterbildungsordnung der Tierärztekammer Nordrhein vom 27. Januar 1998, zuletzt geändert durch Satzung zur Änderung der Weiterbildungsordnung vom 19. Juni 2013) als auch ein Hinweis auf einen Tätigkeitsschwerpunkt erlaubt.

2. Die Berufung ist ferner nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. An einer grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der Frage,

„ob zur Darstellung von Tätigkeitsschwerpunkten im Hinblick auf die Behandlung bestimmter Tierarten diese Tierarten in der Praxisbezeichnung genannt werden dürfen, wenn die Bezeichnung nicht der in § 27a Berufsordnung vorgegebenen Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für …“ entspricht und somit von den Regelungen der Berufsordnung abweicht, der Praxisinhaber nach persönlichen, räumlichen und apparativen Voraussetzungen aber eine qualifizierte und die Möglichkeiten einer durchschnittlichen Tierarztpraxis deutlich übertreffende Behandlung gewährleisten kann,“

fehlt es, wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, schon deshalb, weil mit der Bezeichnung „Reptilienpraxis“ nicht auf einen Tätigkeitsschwerpunkt verwiesen wird. Im Übrigen folgt aus § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 6 Abs. 4 BOTÄ auf Tätigkeitsschwerpunkte hinweisen zu dürfen. Dies gilt auch dann, wenn die Praxis den Voraussetzungen des § 27a BOTÄ nicht genügt.

Soweit die Klägerin die Frage,

„ob hierin (Abweichung von der in der Berufsordnung vorgesehen Bezeichnung) überhaupt eine den Regelungen der Berufsordnung widersprechende Werbung gesehen werden kann“,

für grundsätzlich bedeutsam hält, fehlt es an einer Klärungsbedürftigkeit. Zwar rechtfertigt, wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, allein der Umstand, dass die BOTÄ die Verwendung der Bezeichnung „Reptilienpraxis“ nicht vorsieht, kein Verbot. Es begegnet jedoch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, das Führen von Zusätzen, die im Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu Irrtümern führen können, als berufswidrig zu verbieten.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Juni 2010 -1 BvR 1198/10 -, NJW 2010, 3705 und vom 8. Januar 2002 -1 BvR 1147/01 -, NJW 2002, 1331 =  DVBl 2002, 691.

Ob eine Verwechselungsgefahr besteht, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Eine solche hat das Verwaltungsgericht bejaht. Weshalb die Einschätzung fehlerhaft sein könnte, legt die Klägerin nicht dar. Ebenso wenig legt sie dar, weshalb diese Frage einer Prüfung in einem Hauptsacheverfahren bedürfte.

4. Im Hinblick auf den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) werden die Darlegungsanforderungen verfehlt. Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht. Die Klägerin zeigt mit ihrer Zulassungsbegründung schon keinen das angefochtene Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz auf, der von einem Rechtssatz eines der genannten Gerichte abweicht. Eine nach Auffassung der Klägerin unrichtig erfolgte Rechtsanwendung der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Februar 2002 -1 BVR 1644/01 – niedergelegten Grundsätze genügt hierfür nicht.

5. Schließlich lässt das Zulassungsvorbringen auch keinen zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensmangel erkennen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor. Die Frage, ob die Praxis der Klägerin im Hinblick auf den Punkt „Apparative und sonstige Voraussetzungen“ die Anforderungen erfüllt, die durch die Berufsordnung an eine „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ gestellt werden, war nicht entscheidungserheblich, weil die Praxis nicht als „Tierärztliche Praxis für Reptilien“ zugelassen war und die Klägerin eine solche Zulassung auch nicht erstrebt(e). Aus diesem Grunde ist auch der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör im Sinne des Art. 103 GG nicht dadurch verletzt worden, dass das Verwaltungsgericht ihr keine Gelegenheit gegeben hat, zu ihren Qualifikationen ergänzend Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3,  52 Abs. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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