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Schafstall – Nutzungsuntersagung

VG Saarland

Az: 5 K 922/09

Urteil vom 28.04.2010


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 600,– Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine bauaufsichtliche Verfügung, mit dem ihm die Nutzung eines Schuppens als Stallgebäude untersagt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des aus den Parzellen Nrn. … und … (früher: Nrn. … und …) bestehenden Grundstücks in der Gemarkung …, der Stadt A-Stadt. Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Mit Bauschein vom 02.04.2004 wurde dem Kläger auf Widerruf die „Errichtung von Geräteschuppen, Pferdestall“ auf seinem Grundstück genehmigt. Diese Genehmigung wurde auf den Widerspruch eines Nachbarn aufgehoben. Auf der Parzelle Nr. … befinden sich mehrere Schuppen, wobei der Kläger für das streitgegenständliche auf dem östlichen Grundstücksteil stehende Gebäude mit Antrag vom 24.11.2005 die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Stalles in einen Abstellschuppen zum Lagern von Gartengeräten beantragt hatte. Als Ergebnis des Verfahrens 5 K 84/06 wurde dem Kläger vom Beklagten die Erteilung der Baugenehmigung in Aussicht gestellt. Eine Baugenehmigung wurde jedoch nachfolgend nicht erteilt.

Bei einer am 08.12.2008 in Anwesenheit des Klägers durchgeführten Besichtigung der Örtlichkeiten wurde von Mitarbeitern der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Beklagten festgestellt, dass der Kläger an das streitgegenständliche Gebäude einen ca. 1,00 m breiten und ca. 1,50 m hohen Verschlag angebaut hatte und diese bauliche Anlage als Lager und als Schafstall nutzte. In dem Stallteil befanden sich 2 Schafe und 1 Lamm.

Unter dem 02.02.2009 erließ der Beklagte den angefochtenen Bescheid, mit dem dem Kläger ab einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach Zustellung der Anordnung die Benutzung des Schuppens und des daran angebautem Verschlags als Stallgebäude untersagt wurde. Außerdem wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, der zur Haltung von Schafen genutzte Schuppen erfülle nicht die Voraussetzungen einer planungsrechtlichen Zulässigkeit auf dem Grundstück innerhalb eines Gebietes mit allgemeinem Wohngebietscharakter. Die Tierhaltung sei in einem allgemeinen Wohngebiet nur zulassungsfähig, wenn die Anlage, die der Hauptnutzung dienend zu- und untergeordnet sein müsse, sich auf Kleintierhaltung beschränke. Grundsätzlich zulässig seien danach Anlagen für die der Wohnnutzung zuzuordnende, im Rahmen der Freizeitbeschäftigung ausgeübte Haustierhaltung von Kleintieren. Zwar würden Schafe den Kleintieren zugeordnet, allerdings seien Anlagen zur Haltung von Nutztieren in den vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nicht nach § 14 BauNVO zulässig. Die von einer solchen Art der Tierhaltung ausgehenden Immissionen verletzten das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Falls die bauliche Anlage dem Außenbereich zugeordnet werde, scheitere die Zulässigkeit der Anlage an § 35 BauGB, da sie insbesondere keinem landwirtschaftlichen Betrieb diene und damit nicht die Voraussetzungen eines im Außenbereich privilegiert zulässigen Vorhabens erfülle.

Gegen den am 06.02.2009 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 03.03.2009 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, wenn man den streitgegenständlichen Schuppen dem Innenbereich zuordne, sei die beanstandete Nutzung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zulässig, weil danach Nebenanlagen und Einrichtungen für die Kleintierhaltung auch im allgemeinen Wohngebiet zulässig seien. Das Ausmaß der Kleintierhaltung füge sich in die nähere Umgebung ein. In unmittelbarer Nähe befinde sich beispielsweise ein landwirtschaftlicher Betrieb; außerdem werde seit über 60 Jahren auf dem Grundstück des Klägers eine Kleintierhaltung betrieben. Darüber hinaus habe der Beklagte offensichtlich keine Ermessenserwägungen angestellt.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09.07.2009 zurückgewiesen. In dem Bescheid ist ausgeführt, bereits die sich aus dem Nichtvorliegen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die Benutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität einer Nutzung rechtfertige regelmäßig deren Untersagung, es sei denn, die Nutzung wäre offensichtlich genehmigungsfähig. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO werde für die Errichtung von Nebengebäuden und Nebenanlagen zu Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, soweit sie nicht baugenehmigungsfrei seien, ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO gelte § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO auch für Nutzungsänderungen von Anlagen, für deren Errichtung und Änderung bei geänderter Nutzung nach Satz 1 ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchzuführen wäre. Gegenüber einer als genehmigungsfähig anzusehenden Nutzung als Lagerschuppen sei die Nutzung als Schafstall eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung.

In der streitgegenständlichen Verfügung sei zwar hierauf nicht tragend abgestellt worden, sondern es seien ausschließlich materiell-rechtliche Gesichtspunkte angeführt worden. Die materielle inhaltliche Unrichtigkeit einer formell ordnungsgemäßen Begründung sei ein Problem der materiellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes, für dessen Heilung durch Berichtigung, Ergänzung oder Erweiterung der Begründung die Zulässigkeitsschranken für das Nachschieben von Gründen im Verwaltungsprozess gälten. Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Nutzungsuntersagungsverfügung habe eine verfahrensrechtlich erforderliche Baugenehmigung nicht vorgelegen. Zwar sei bei Ermessensverwaltungsakten eine Wesensänderung dann anzunehmen, wenn die bisherige Ermessensbegründung im Kern ausgewechselt oder dem Verwaltungsakt, der bisher als gebundene Entscheidung verstanden würde, erstmals eine Ermessensbegründung gegeben werde. Besonderheiten gälten allerdings in den Fällen intendierten Ermessens. Sei eine ermessenseinräumende Norm dahin auszulegen, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgehe, so müssten besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liege ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so verstehe sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedürfe deshalb nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. An die Ausübung des Entschließungsermessens im Rahmen einer Nutzungsuntersagungsverfügung einschließlich der Begründung stelle die Rechtsprechung geringe Anforderungen. Die ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens setze auch in diesem Zusammenhang regelmäßig nicht mehr voraus als die Feststellung des Vorliegens des Gesetzesverstoßes. Lägen die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten gegen eine Nutzung baulicher Anlagen vor, so müsse der Verantwortliche beim behördlichen Abstellen auf die formelle Illegalität ein entsprechendes Verbot und auch Maßnahmen zur ggf. zwangsweisen Durchsetzung in aller Regel als ermessensgerecht selbst dann hinnehmen, wenn die ausdrücklichen Erwägungen in dem Verwaltungsakt missverständlich seien oder sogar gänzlich fehlten.

Da eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit nicht angenommen werden könne, liege kein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vor. Grundsätzlich seien Anlagen für die im Rahmen der Freizeitbeschäftigung ausgeübte Haustierhaltung (Hobbytierhaltung) von Kleintieren zulässig. Obwohl Schafe den Kleintieren zuzuordnen seien, sollten dennoch Anlagen zur Haltung von Nutztieren, zu denen z. B. Ziegen, Schafe und Schweine gezählt würden, nach herrschender Meinung in den vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nicht nach § 14 BauNVO zulässig sein. Eine Wesensveränderung des Verwaltungsaktes durch Abstellen auf die formelle Illegalität des baulichen Vorhabens sei daher vorliegend nicht gegeben. Auch eine Beeinträchtigung des Betroffenen in seiner Rechtsverteidigung könne nicht erkannt werden, da im Hinblick auf die fehlende formelle Legalität in der mündlichen Verhandlung im Widerspruchsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei.

Der Bescheid wurde dem Kläger am 21.08.2009 zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten zugestellt.

Am 18.09.2009 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gemäß § 82 Abs. 2 LBO lägen nicht vor, da kein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften bestehe. Der streitgegenständliche Schuppen gehöre zum Innenbereich i. S. d. § 34 BauGB. Die Nutzung der Anlage als Stallgebäude sei gemäß § 14 Abs. 1 BauNVO zulässig. Zu den danach zulässigen untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen gehörten auch solche für die Kleintierhaltung. Die Anlage füge sich auch in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Vom Beklagten selbst werde bestätigt, dass Schafe den Kleintieren zuzuordnen seien und dass Anlagen für die Kleintierhaltung sogar in den vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nach § 14 BauNVO zulässig seien. Im Fall des Klägers handele es sich um eine solche Hobby-Tierhaltung. Im Hinblick auf die Eigenart der näheren Umgebung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich in unmittelbarer Nähe ein landwirtschaftlicher Betrieb befinde. Zudem werde auf dem Grundstück des Klägers bereits seit über 60 Jahren Kleintierhaltung betrieben. Der Beklagte habe in der maßgeblichen Verfügung vom 02.02.2009 zur Begründung der bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung auch nicht tragend darauf abgestellt, dass bereits das Nichtvorliegen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die Benutzung einer baulichen Anlage aufgrund der dann bestehenden formellen Illegalität die Nutzungsuntersagung rechtfertige, sondern habe sich darauf erst in seinem Widerspruchsbescheid berufen. In der Ausgangsverfügung habe sich der Beklagte ausschließlich auf materiell-rechtliche Gesichtspunkte zur Begründung der Nutzungsuntersagung bezogen. Insofern komme es auf die Frage der materiellen Zulässigkeit der Nutzung an, die vorliegend gegeben sei. Es sei auch nicht ersichtlich, woraus sich mit Blick auf das baurechtliche Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 BauNVO eine unzumutbare Belästigung der Anwohner ergeben solle. Schließlich habe der Beklagte bei seiner bauaufsichtlichen Entscheidung keinerlei Ermessenserwägungen angestellt, so dass der Bescheid auch aus diesem Grunde rechtsfehlerhaft sei.

Der Kläger beantragt,

1. die bauaufsichtliche Anordnung des Beklagten vom 02.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2009 aufzuheben,

2. die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Örtlichkeit am 27. Januar 2010 besichtigt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Ortsbesichtigung wird auf die den Beteiligten übersandte Niederschrift verwiesen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie die beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die angefochtene Nutzungsuntersagung vom 02.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2009 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 82 Abs. 2 LBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung baulicher Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt werden, untersagen.

Nach der ständigen Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte rechtfertigt allgemein bereits die ohne eine entsprechende, nach § 60 Abs. 1 LBO erforderliche Baugenehmigung aufgenommene Nutzung baulicher Anlagen den Ausspruch einer Nutzungsuntersagung auf der Grundlage des § 82 Abs. 2 LBO, es sei denn die betreffende Nutzung genießt Bestandsschutz oder ist offensichtlich genehmigungsfähig.

Grundlegend: OVG des Saarlandes, Urteil vom 09.03.1984 – 2 R 175/82 -, BRS 42 Nr. 227 = NVwZ 1985, 122 = DÖV 1985, 247 noch zu § 104 Abs. 1 LBO 1974 sowie Beschlüsse vom 01.02.1999 – 2 V 1/99 – und vom 03.07.2007 -2 B 319/07 –

Allein das Fehlen der erforderlichen Genehmigung für die Nutzung baulicher Anlagen berechtigt die Behörde in aller Regel, von dem ihr durch § 82 Abs. 2 LBO eingeräumten Eingriffsermessen im Sinne eines Entschlusses zum Erlass einer solchen Verfügung Gebrauch zu machen.

Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.02.2009 – 2 B 439/08 -, BauR 2009, 1185 (Leitsatz); Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 06.02.1980 – 14 Cs 1776/79 -, BRS 36 Nr. 213 und vom 10.02.1988 – 2 Cs 88.00208 -, BayVBl. 1988, 436; OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.05.1987 – 6 B 10/87 -, NVwZ 1989, 170 = BRS 47 Nr. 199; Hessischer VGH, Beschlüsse vom 26.07.1994 – 4 TH 1779/93 – NVwZ 1995, 922 = BRS 56 Nr. 212; anders für eine dauerhafte Nutzungsuntersagung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.1989 – 5 S 3086/88 -, NVwZ 1990, 480 = UPR 1990, 275 = BRS 49 Nr. 228 und Beschluss vom 22.01.1996 – 8 S 2964/95 – UPR 1996, 314 = DÖV 1996, 750 = BRS 58 Nr. 201.

Verletzt wird der Anspruch des von der Verfügung Betroffenen auf eine fehlerfreie Ermessensausübung jedoch, wenn im konkreten Fall eine Begründung für die Ermessensentscheidung gegeben wird, die sich bei einer näheren Überprüfung als unzutreffend erweist.

Vgl. OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 10.08.1994 – 2 W 24/94 – und vom 02.02.2009, a.a.O..

Vorliegend ist insoweit zu beachten, dass Gegenstand der Überprüfung nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der angegriffene Bescheid in der Form ist, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat.

Im Ausgangsbescheid stützte sich die Untere Bauaufsichtsbehörde des Beklagten zu Begründung der Nutzungsuntersagung auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der Nutzung des Gebäudes als Schafstall, weil sich das Gebäude in einem allgemeinen Wohngebiet befinde und dort eine Haltung von Schafen nicht zulässig sei. Ob diese Ansicht im vorliegenden Fall richtig ist, erscheint zumindest nach den Behauptungen des Klägers offen. So ist nach dem Vortrag des Klägers bereits fraglich, ob es sich tatsächlich um ein allgemeines Wohngebiet handelt. Dieser trägt nämlich vor, dass auf seinem Grundstück bereits seit über 60 Jahren Kleintierhaltung betrieben werde, wobei er allerdings nicht darlegt, ob damit eine Haltung von Schafen gemeint ist oder von anderen Kleintieren, wie z.B. Kaninchen, Hühnern oder dergleichen, bei denen eine Wohngebietsverträglichkeit ohne weiteres bejaht werden kann. Gegen eine langjährige Schafhaltung spricht vorliegend, dass zumindest bei der vom Gericht im Jahr 2007 durchgeführten Besichtigung der Örtlichkeiten keine Schafe auf dem Grundstück des Klägers festgestellt werden konnten. Insofern kann wohl nicht davon ausgegangen, dass eine Prägung der Umgebung durch eine Schafhaltung gegeben ist.

Vgl. zur Möglichkeit der Prägung einer Umgebung durch eine langjährige Großtierhaltung: OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.02.2009, a.a.O..

Aber auch wenn das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebietes bejaht, ergibt sich daraus noch nicht offensichtlich, dass die vom Kläger betriebene Nutzung des streitgegenständlichen Gebäudes als Schafstall bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass Anlagen zur Haltung von Schafen, die ebenso wie Ziegen und Schweine zu den Nutztieren gehören, in den vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nicht nach § 14 zulässig sind.

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Vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 14 BauNVO, Rdnr. 20d.

Allerdings finden sich auch Stimmen in Literatur und Rechtsprechung, wonach sogar Ställe für ein Reitpferd oder ein Pony als Nebenanlagen i.S. des § 14 Abs. 1 BauNVO zulässig sein können, wenn es im Einzelfall der Eigenart des Gebietes nicht widerspricht.

Vgl. Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 10. Aufl. § 14 Rdnr. 7 und OVG Lüneburg, Urteil vom 23.11.1979 – I A 183/78 – NJW 1980, 1408 = DÖV 1980, 523 = BRS 35 Nr. 163; BayVGH, Urteil vom 05.10.2009 – 15 B 08.2380 -, BayVBl. 2010, 147.

Dabei ermöglicht § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als Annex zum Wohnen eine Kleintierhaltung allerdings nur dann, wenn sie in dem betreffenden Baugebiet üblich und ungefährlich ist und den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengt.

So BVerwG, Beschluss vom 15.10.1993 – 4 B 165/93 -, DVBl 1994, 292 = UPR 1994, 103 = DÖV 1994, 266 = ZfBR 1994, 137 = Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 9 = NVwZ-RR 1994, 309 = NuR 1994, 190 = BRS 55 Nr. 51 und OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.07.2002 -10 A 2220/02 -, BauR 2003, 66 = BRS 65 Nr. 73.

Diese Fragen können jedoch vorliegend nicht abschließend geklärt werden. So ist für der Zulässigkeit einer beabsichtigen Tierhaltung auf jeden Fall deren Umfang maßgeblich, insbesondere was die Anzahl der Tiere, die Größe des Stalles sowie das Gelände betrifft, in dem sich die Tiere außerhalb des Stalles aufhalten sollen. Außerdem wäre im vorliegenden Fall gegebenenfalls noch zu klären, ob die Umgebung des Vorhabengrundstücks, wie vom Kläger behauptet, tatsächlich von einer Tierhaltung bereits vorgeprägt ist.

Zugunsten des Klägers ist hinsichtlich der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Schafhaltung zu berücksichtigen, dass sich sein Grundstück teilweise im Außenbereich befindet, in dem eine Schafhaltung durchaus als üblich anzusehen ist. Andererseits ist im Hinblick auf die angrenzende Wohnbebauung eine Rücksichtnahmepflicht des Klägers gegeben, was die von der Schafhaltung ausgehenden Geruchsimmissionen insbesondere im Sommer angeht. Insoweit kann eine endgültige Festlegung über die Zulässigkeit der Schafhaltung erst erfolgen, wenn der Kläger sich verbindlich im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens festlegt, welchen Umfang seine Tierhaltung haben soll.

Für das vorliegenden Verfahren muss diese Frage nicht abschließend geklärt werden, da die Nutzungsuntersagung in der Form zu betrachten ist, die sie durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat. Insbesondere ist die im Widerspruchsbescheid ausgetauschte Begründung für das Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde zu berücksichtigen. Denn die Widerspruchsbehörde durfte die Gründe für das Tätigwerden im Rahmen der Nutzungsuntersagung neu fassen.

Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.02.2009, a.a.O..

Im Widerspruchsbescheid wird jedoch hinsichtlich der Frage des Einschreitens gegen den streitgegenständlichen Schafstall nicht mehr auf die planungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Gebäudes für die Schafhaltung abgestellt, sondern allein auf die formelle Illegalität. Diese Voraussetzungen liegen jedoch offensichtlich vor. So hat der Kläger keine Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudes als Schafstall. Eine solche Genehmigung ist auch nie vom Beklagten in Aussicht gestellt worden. Es wurde lediglich im Rahmen des Verfahren 5 K 84/06 eine Baugenehmigung für eine Nutzung des Gebäudes als „Abstellschuppen“ avisiert, wenn auch nachfolgend nicht erteilt.

Eine Nutzung des Gebäudes als Schafstall ist jedenfalls nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Denn, wie schon ausgeführt, ist bereits die generelle Genehmigungsfähigkeit einer solchen Nutzung des Gebäudes fraglich und selbst wenn man diese im Grundsatz bejaht, muss der Kläger, bevor dies entschieden werden kann, eine umfassende Betriebsbeschreibung über den Umfang der von ihm beabsichtigten Schafhaltung vorlegen. Auch ist zu berücksichtigen, dass er das im Verfahren 5 K 84/06 zur Genehmigung gestellte Gebäude nunmehr durch einen angebauten Verschlag noch vergrößert hat, so dass auch deshalb neue Planvorlagen vorgelegt werden müssen.

Damit ist eine formelle Illegalität der Anlage gegeben und der Beklagte durfte dagegen gestützt auf § 82 Abs. 2 LBO eine Nutzungsuntersagung erlassen. Hinsichtlich der erforderlichen Ausübung des Ermessens ist auf die oben dargelegte Rechtsprechung zu verweisen, wonach es bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Einschreiten keiner weiteren Begründung für die Entscheidung zum Tätigwerden mehr bedarf. Daher ist der angegriffenen Bescheid in der Fassung, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat, nicht zu beanstanden.

Da auch die Zwangsgeldbewehrung den Vorgaben des SVwVG entspricht, ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Bei dieser Kostengrundentscheidung bedarf es auch keines Ausspruches über Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht legt dabei einen Jahreswert der Nutzung von 600,– Euro zugrunde. Das festgesetzte Zwangsgeld ist bei der Streitwertfestsetzung gemäß Ziffer 1.6.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 07./08. Juli 2004 beschlossenen Änderungen – NVwZ 2004, 1327)nicht zu berücksichtigen.

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