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Angedrohter Schulverweis für Taten nach dem Unterricht

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 19 E 391/98 – Beschluß vom 21.07.1998 – Vorinstanz: VG Arnsberg – Az.: 10 K 5003/97

Leitsatz:

Ordnungsmaßnahmen können auch bei pflichtverletzendem Fehlverhalten eines Schülers außerhalb des Schulgeländes verhängt werden, wenn ein direkter Zusammenhang zum Schulverhältnis besteht, insbesondere wenn das Fehlverhalten unmittelbar in den schulischen Bereich hineinwirkt (hier: gewaltsamer Übergriff auf einen Mitschüler an der Bushaltestelle vor der Schule).

Normen:

  • SchVG 26 a
  • ASchO § 14
  • ASchO § 19

Sachverhalt:

Weil der Sohn der Kläger den Schüler einer Parallelklasse an der Bushaltestelle vor der Schule geschlagen, getreten, bedroht, seiner Tasche beraubt und in einiger Entfernung kurze Zeit später gezwungen hatte, vor ihm niederzuknien, drohte die beklagte Schule ihm die Entlassung von der Schule an. In dem auf Aufhebung dieser Ordnungsmaßnahme gerichteten Klageverfahren lehnte das VG die beantragte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ab. Den Antrag der Kläger auf Zulassung der Beschwerde gegen diesen Beschluß des VG lehnte das OVG ab.

Aus den Gründen:

Angedrohter Schulverweis
Amdrohung eines Schulverweis für Vergehen nach dem Unterrricht (Symbolfoto: nito/Shutterstock.com)

Es ist bei der im Verfahren zur Bewilligung von Prozeßkostenhilfe – wie hier – vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht zu beanstanden, daß das VG die Verhängung der Ordnungsmaßnahme einer Androhung der Entlassung von der Schule gemäß § 26 a Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 4 SchVG i.V.m. §§ 14, 19 ASchO gegen den Sohn A. der Kläger wegen dessen Fehlverhalten als gerechtfertigt angesehen hat, obgleich dieses Fehlverhalten sich nicht in der Schule, sondern an der Bushaltestelle vor der Schule ereignet hat. Ordnungsmaßnahmen, die gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 1 SchVG und 5 14 Abs. 1 Satz 1 ASchO der Gewährleistung einer geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule sowie dem Schutz von beteiligten Personen dienen, können auch bei pflichtverletzendem Fehlverhalten eines Schülers außerhalb des Schulgeländes verhängt werden, wenn ein direkter Zusammenhang zum Schulverhältnis besteht, insbesondere wenn das Fehlverhalten unmittelbar in den schulischen Bereich hineinwirkt.

Vgl. OVG NW, Beschluß vom 25.4.1996 – 19 B 246/96 -; VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 10.6.1992 – 9 S 1303/92 -; OVG Rh.-Pf., Beschluß vom 4.3.1993 – 2 B 10416/93 -, NVwZ-RR 1993, 480; Bay. VGH, Beschluß vom 10.6.1997 – 7 ZS 97.1403 =, NVwZ-RR 1998, 239; PöttgenJehkul-Zaun, ASchO-Kommentar, 16. Aufl., § 14 Rdn. 1; Margies-KnappGampe-Rieger, ASchO-Kommentar, 3. Aufl., § 14 Rdn. 11; Margies-Roeser, SchVG-Kommentar, 2. Aufl., § 26 a Rdn. 19.

Das ist der Fall, wenn das Zusammenleben der am Schulleben Beteiligten durch das Fehlverhalten gestört oder gefährdet worden ist, vgl. OVG Rh.-Pf. aaO.,

und wenn die Ordnungsmaßnahme daher geeignet und erforderlich ist, u.a. auf einen gewaltfreien Umgang der Schüler miteinander hinzuwirken, dem Schutz der am Schulleben beteiligten Schüler zu dienen und damit eine geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule zu gewährleisten.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Fehlverhalten des Sohnes A. der Kläger, der den eine Parallelklasse besuchenden Mitschüler M. K. an der Bushaltestelle vor der Schule geschlagen, getreten, seiner Plastiktasche beraubt und bedroht hat und – nachdem dieser sich bereits entfernt hatte – ihm nachgefolgt ist und M. gezwungen hat, vor ihm niederzuknien, was M. schließlich. bewogen hat, 10 km zu Fuß nach Hause zu gehen, um nicht im selben Bus mit A. fahren zu müssen, rührte aus der gemeinsamen Beteiligung am Schulleben her. Dieses Verhalten verstieß gegen den Grundsatz des gewaltfreien Umgangs der Schüler miteinander im Bereich der schulischen Sphäre, zu der auch der Schulweg, d.h. der Heimweg von der Schule bzw. der vor der Schule gelegenen Bushaltestelle nach Hause gehört, und zwar unabhängig davon, ob der Täter oder das Opfer zwischen dem Unterrichtsende und dem Antritt der Heimfahrt noch schulfremde Betätigungen ausgeübt haben. Daher ist es unerheblich, ob der geschädigte Schüler M. oder der Schädiger A. vor oder nach dem Vorfall an der Bushaltestelle in die S.’er Innenstadt gegangen sind.

Das Verhalten des geschädigten Schülers M., der nicht wagte, den Bus zu besteigen, in dem er den Schädiger A. vermutete, zeigt, daß durch das Fehlverhalten A.’s auch die geordnete Unterrichts- und Erziehungstätigkeit der Schule beeinträchtigt wurde. Dazu gehört nämlich nicht nur das Lernen in einer angstund gewaltfreien Atmosphäre, sondern auch die Gewährleistung einer möglichst angst- und gewaltfreien Bewältigung des Schulwegs.

Angesichts der Schwere des Angriffs des Sohnes A. der Kläger auf den Mitschüler M., der A. den Verwaltungsakten zufolge weder provoziert noch sich gegen den Angriff zur Wehr gesetzt hat, rechtfertigt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Androhung der Entlassung von der Schule auch unter dem Gesichtspunkt, daß dem Schüler A. gegenüber bisher keine anderen – milderen – Ordnungsmaßnahmen angewandt worden sind. Es handelte sich nicht etwa um eine von beiden Beteiligten aktiv betriebene Rauferei unter Schülern, sondern um einen gewaltsamen, terrorisierenden Übergriff mit Unterstützung dreier Mitschüler auf einen sich nicht wehrenden Schüler, der obendrein durch den Zwang zum Niederknien extrem gedemütigt wurde. Darin ist ein schweres, die Rechte anderer ernstlich verletzendes Fehlverhalten im Sinne von § 26 a Abs. 6 SchVG, § 19 Abs. 4 ASchO zu sehen, das durch eine Androhung der Entlassung von der Schule geahndet werden darf und sollte.

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