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Softwarekaufvertrag – Widerruf bei Öffnung der Schutzhülle

Landgericht Bochum

Az: 17 O 108/09

Urteil vom 03.11.2009


Die einstweilige Verfügung vom 07.09.2009 wird bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

T a t b e s t a n d :

Beide Parteien vertreiben im Internet bundesweit Computer und Computerzubehör. Im Rahmen ihres Internetauftritts fand sich am 11.08.2009 unter der Überschrift „Widerrufsfolgen“ u. a. der nachfolgende Text:

„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40,00 EUR nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“

Weder in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch in ihren Angeboten oder den Versandkostenregelungen erfolgte eine Regelung oder ein weiterer Hinweis darauf, dass dem Kunden nach Vertragsschluss die Verpflichtung zur Zahlung der Rücksendekosten im Widerrufsfall bei einem Warenwert von bis zu 40.00 EUR auferlegt wird.

Unter der Ziff. 4.2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen fand sich am 11.08.2009 die nachfolgende Regelung:

„Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden (z. B. T-Shirts mit Ihrem Foto und Ihrem Namen) oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder bei Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger von Ihnen entsiegelt worden sind (z. B. Software-CDs, bei denen die Cellophanhülle geöfffnet wurde).“

Die Verfügungsklägerin hält die Widerrufsbelehrung hinsichtlich der Tragung der Rücksendekosten bei einem Warenwert nicht über 40,00 EUR sowie das Beispiel in Ziff. 4.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für wettbewerbswidrig. Sie hat daher mit Schriftsatz vom 05.09.2009 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, die das erkennende Gericht durch Beschluss vom 07.09.2009 mit dem nachfolgenden Inhalt erlassen hat:

„Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,– und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken über einen Internetauftritt oder sonstige Fernkommunikationsmittel, Bestellungen von Letztverbrauchern für Computerzubehör und Computerkomponenten entgegen zu nehmen oder solche Angebote an diese zu richten und dabei in den AGB sowie der Belehrung der Verbraucher über das ihnen zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu bestimmen:

a) In der Widerrufsbelehrung: „Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der Bestellten entspricht und wenn der Preis der zurück zu sendenden Sache einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt …“, sofern den Verbrauchern im Falle des Verbraucherwiderrufs die Rücksendekosten nicht tatsächlich vertraglich auferlegt wurden.

b) „Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Lieferungen von …Software, sofern die gelieferten Datenträger von Ihnen entsiegelt worden sind (z.B. Software-CD, bei denen die Cellophanhülle geöffnet wurde).“ wie am 11.08.2009 unter der Internetadresse „http://www…..“ erstmals festgestellt.“

Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 25.09.2009.

Die Verfügungsklägerin beantragt, die einstweilige Verfügung vom 07.09.2009 aufrecht zu erhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, die einstweilige Verfügung vom 07.09.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die von der Verfügungsklägerin beanstandete 40-Euro-Regelung als Teil der Widerrufsbelehrung über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sei. Hinsichtlich des Beispiels unter 4.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten ist sie der Auffassung, dass eine Cellophanhülle als Siegel im Sinne des § 312 d Abs. 4 Nr. 2 BGB einzustufen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 03.11.2009.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen. Der Antrag auf ihren Erlass war begründet.

Gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG kann die Verfügungsklägerin die begehrte Unterlassung in beiden Punkten verlangen.

a)

Der Inhalt der von der Verfügungsbeklagten verwendeten Widerrufsbelehrung ist hinsichtlich der Kosten der Rücksendung bei einem Warenwert von bis zu 40,00 EUR als Wettbewerbsverstoß zu werten. Insoweit setzt die dort beschriebene Kostenfolge nach § 357 Abs. 2 S. 3 BGB die gesonderte vertragliche Regelung zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher voraus. Eine bloße Wiedergabe der Rechtsfolgen einer solchen Vereinbarung im Rahmen der Widerrufsbelehrung ersetzt diese Vereinbarung selbst nicht. Dies folgt nach Überzeugung des Gerichts schon aus der Stellung und der Funktion der Widerrufsbelehrung. Als deutlicher Hinweis darauf, dass eine gesonderte Vereinbarung erforderlich ist und nicht durch bloße Angaben in der Widerrufsbelehrung ersetzt werden kann, sind das gesetzliche Muster zur Widerrufsbelehrung und die dahingehenden Gestaltungshinweise (Anlage 2 zur BGB-Info-Verordnung) zu werten. Denn nach dem Gestaltungshinweis Nr. 8 sind die hier streitgegenständlichen Angaben in der Widerrufsbelehrung nur dann zu machen, wenn entsprechend § 357 Abs. 2 S. 3 eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden ist.

b)

Auch die Regelung 4.2 in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten stellt einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG dar. Zwar entspricht der Text vor der Klammer den gesetzlichen Vorgaben von § 312 d Abs. 4 BGB und ist daher so nicht zu beanstanden. Dies gilt jedoch nicht für das von der Verfügungsbeklagten in der Klammer verwendete Beispiel „Cellophanhülle“.

Eine Entsiegelung im Sinne von § 312 d Abs. 4 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn der Verbraucher einen solchen Teil der Verpackung des Datenträgers entfernt oder durchtrennt hat, der nach der Verkehrsauffassung durch einen entsprechenden Hinweis eindeutig als Siegel gekennzeichnet ist. Dazu muss nicht das Wort „Siegel“ verwendet werden, es genügt etwa die Warnung, den betreffenden Teil der Verpackung erst dann zu öffnen, wenn man die Ware sicher behalten möchte. Keinesfalls ausreichend ist es jdoch, wenn der Verbraucher nicht weiter gekennzeichnete Klarsichtfolien, Klebestreifen und Ähnliches entfernt (Münchener Kommentar – Wendehorst, BGB, 5. Aufl., § 312 d Rdnr. 66; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 312 d Rdnr. 10). In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht Hamm (MMR 2008, 178) eine Klausel für unzulässig erachtet, nach der eingeschweißte Ware durch das Öffnen der Verpackung entsiegelt und vom Umtausch ausgeschlossen werden sollte.

Die Kammer folgt diesen Standpunkten. Danach muss für eine Versiegelung im Sinne des § 312 d Abs. 4 Nr. 2 BGB der Charakter einer Verpackung als Versiegelung eindeutig erkennbar sein. Für eine bloße Cellophanhülle ohne weitere Kennzeichen oder Aufdrucke gilt dies nicht. Denn Cellophanhüllen und Folien dienen im Vertrieb in erster Linie nur dem Schutz der Waren vor Verschmutzungen.

Nach alledem war die einstweilige Verfügung somit zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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