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vorzeitige Aufhebung der Sperre für die Wiederrteilung einer Fahrerlaubnis


Amtsgericht Kehl

Az: 2 Cs 206 Js 15342/13

Beschluss vom 21.03.2014


Tenor

Die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Kehl vom 10.12.2013, Az. 2 Cs 206 Js 15342/13, verhängte Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.


Gründe

Mit dem im Tenor bezeichneten Strafbefehl wurde dem Verurteilten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von zehn Monaten festgesetzt. Der Strafbefehl ist rechtskräftig seit dem 18.12.2013. Bereits am Tattag, dem 24.10.2013, wurde der Führerschein des Verurteilten sichergestellt. Die Sicherstellung dauerte bis zur Rechtskraft des Strafbefehls fort.

Am 25.02.2014 beantragte der Verurteilte die angeordnete Sperre vorzeitig aufzuheben. Zur Begründung seines Antrags legt er eine Bestätigung über die Teilnahme an einem besonderen Aufbauseminar nach dem Modell „DEKRA-Mobil“ vom 18.02.2014 vor. Darüber hinaus hat ihm die Führerscheinbehörde des Landratsamts Ortenaukreis am 11.02.2014 eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt.

Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist als derzeit unbegründet zurückzuweisen. Es komme allenfalls eine Sperrfristverkürzung um drei Monate in Betracht, weil besondere Gründe für eine darüber hinausgehende Fristabkürzung nicht ersichtlich seien. Insofern fehle es derzeit an der Entscheidungsreife. Die weitere Entwicklung bis Anfang Juni 2014 sei abzuwarten.

Die Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ist gemäß § 69a Abs. 7 StGB mit sofortiger Wirkung aufzuheben.

1. Nach § 69a Abs. 7 StGB kann das Gericht die Sperrfrist vorzeitig aufheben, wenn sich Grund zu der Annahme ergibt, dass der Verurteilte nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, und die Sperre mindestens drei Monate bzw. im Fall des §§ 69 Abs. 3 StGB ein Jahr gedauert hat.

Dazu bedarf es keiner zweifelsfreien Feststellung, dass die Ungeeignetheit entfallen ist. Vielmehr genügt eine auf neue Tatsachen gestützte hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich der Verurteilte im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen wird (Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2007, § 69a, Rn. 82).

Die Beurteilung, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, darf nicht schematisch erfolgen. Vielmehr sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Da es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden mit einer Sperrfrist für die Wiedererteilung nicht um eine Strafe, sondern um eine Maßnahme der Sicherung und Besserung handelt, können allein täterbezogene Umstände in die Gefährlichkeitsprognose eingestellt werden (vgl. allgemein dazu Schönke-Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage 2010, Vorbemerkungen zu den §§ 61 ff.). Deshalb verbieten sich – wie auch schon bei der Bemessung der Sperrfrist – jegliche allgemeine strafpolitische Erwägungen oder gar Verweise auf eine Gleichbehandlung zwischen Straftätern, insbesondere auch die Gründung der Entscheidung auf verwaltungsinterne Richtlinien, wie sie die Staatsanwaltschaft für Ersttäter mit einer Alkoholisierung von unter 2 Promille hat (vgl. zu den allgemeinen Grundsätzen der Bemessung der Sperrfrist Fischer, Strafgesetzbuch, 60. Auflage, § 69a Rn. 15). Dem Erfordernis der Einzelfallbeurteilung widerspricht es allerdings nicht, wenn aus der erfolgreichen Teilnahme an standardisierten Kursen für Täter alkoholbedingter Verkehrsstraftaten, im Allgemeinen geschlossen wird, dass durch die Kursteilnahme eine nachhaltige Verbesserung des Täters im Umgang mit Alkohol im Straßenverkehr eingetreten ist. Eine erfolgreiche Kursteilnahme ist aber nur ein Indiz für den Fortfall des Eignungsmangels, weshalb insbesondere bei einer hohen Blutalkoholkonzentration bei der Tat noch weitere Umstände hinzutreten müssen (vgl. Schönke-Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage 2010, § 69a, Rn. 20 mit weiteren Nachweisen).

Die Dauer der angeordneten Sperrfrist ist für die Beurteilung, ob der Verurteilte nunmehr wieder geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ist, kein taugliches Kriterium. Die Bemessung der Sperrfrist beruht auf einer Prognoseentscheidung. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht sicher gesagt werden kann, ob mit Ablauf der Sperrfrist die Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder gegeben sein wird, oder ob sie nicht vielleicht auch schon früher wieder vorliegt. Das Gesetz trägt dem mit der eingeräumten Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung der Sperre nach § 69a Abs. 7 StGB Rechnung. § 69a Abs. 7 StGB ermöglicht sogar die Aufhebung einer lebenslang angeordneten Sperre (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2002, 54). Deshalb ist es mit § 69a Abs. 7 StGB nicht zu vereinbaren, die Sperrfrist – ausgehend vom Zeitpunkt ihres Ablaufs – um eine bestimmte Zeit zu verkürzen, wie es die Richtlinien der Staatsanwaltschaft offenbar vorsehen.

Stellt das Gericht schließlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Täter nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, hat es kein Ermessen, ob es die Sperre vorzeitig aufhebt. Das Wort „kann“ bringt lediglich die Möglichkeit zum Ausdruck, eine bereits rechtskräftig gewordene Entscheidung nachträglich zu ändern (Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2007, § 69a, Rn. 81; a.A. offenbar ohne weitere Begründung LG Hildesheim DAR 2004, 110).

2. Nach dieser Maßgabe ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die formellen (2.a) und materiellen (2.b) Voraussetzungen der Aufhebung der Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gegeben sind, weshalb das Gericht die Sperre mit sofortiger Wirkung aufzuheben hat.

2.a Die mit dem Strafbefehl verhängte Sperre besteht seit über drei Monaten. Ein Fall des § 69a Abs. 3 StGB liegt nicht vor.

2.b Es liegen neue Tatsachen vor, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit begründen, dass der Verurteilte bezogen auf die Teilnahme im Straßenverkehr nicht mehr für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Der Angeklagte hat ausweislich der Bestätigung der DEKRA vom 18.02.2014 nachgewiesen, dass er erfolgreich an einem besonderen Aufbauseminar nach dem Modell „DEKRA-Mobil“ teilgenommen hat. Es wird ihm bescheinigt, dass er einen deutlichen Informations- und Erkenntniszuwachs erfahren und seine Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung und Selbstkritik verbessert sowie selbstverantwortlich die eigenen Verhaltensweisen im Straßenverkehr reflektiert und persönliche Strategien zu Rückfallvermeidung gearbeitet hat. Da es sich bei dem Modell „DEKRA-Mobil“ um einen anerkannten standardisierten Kurs für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer handelt, hat das Gericht keine Zweifel daran, dass die bescheinigten positiven Entwicklungen beim Verurteilten tatsächlich gegeben sind.

Die relativ geringe Alkoholisierung des Verurteilten bei der Tat mit 1,21 Promille lässt keinen Schluss auf eine Alkoholsucht oder einen allgemeinen regelmäßigen oder unkontrollierten übermäßigen Alkoholkonsum zu. Maßnahmen zur Suchtbehandlung scheinen deshalb nicht erforderlich zu sein, um den Verurteilten davon abzuhalten, erneut alkoholbedingte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr zu begehen.

Unter Berücksichtigung der Sicherstellung des Führerscheins des Verurteilten ab dem 24.10.2013 ist es dem Verurteilten bereits seit fast fünf Monaten verwehrt, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Damit ist davon auszugehen, dass der Verurteilte, dem die Fahrerlaubnis das erste Mal entzogen wurde, bereits eindrucksvoll gespürt hat, welche persönlichen Einschränkungen er hat, wenn er nicht über eine Fahrerlaubnis verfügt.

Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Verurteilte seit der Entziehung der Fahrerlaubnis erneut im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr wegen Alkoholkonsums aufgefallen ist.

Schließlich hat das Landratsamt Ortenaukreis am 11.02.2014 erklärt, dass keine Bedenken gegen die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach Ablauf der verkürzten Sperrfrist bestünden.

Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Verurteilte seit der Entziehung der Fahrerlaubnis erneut im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr wegen Alkoholkonsums aufgefallen ist.

Dies alles lässt nur die begründete Annahme zu, dass der Verurteilte zukünftig verantwortungsvoll mit Alkohol im Straßenverkehr umgehen wird.


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